Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

(Beifall bei der GAL – Beifall bei Jörn Frommann CDU)

Frau Dr. Lappe hat das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! An der Debatte haben Sie gesehen, wie wichtig es ist, dass wir uns im Ausschuss unterhalten. Ich würde

mich freuen, wenn das Verfahren so läuft, wie Herr Schulz und Herr Hesse es vorgeschlagen haben.

(Beifall bei der GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den GAL-Antrag aus der Drucksache 18/2457 abstimmen.

Wer stimmt diesem zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte den Antrag aus der Drucksache 18/2296 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so.

Wer möchte die Drucksache 18/2296 nachträglich an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zum Wahlergebnis. Bei der Wahl eines stellvertretenden ehrenamtlichen Mitglieds der Kommission für Bodenordnung sind 97 Stimmzettel abgegeben worden. Davon waren zwei Stimmzettel ungültig, 95 Stimmzettel waren gültig. Herr Dieter Dreyer erhielt 88 Ja-Stimmen, sieben Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen. Damit ist Herr Dreyer gewählt worden.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 45, Drucksache 18/2409 (Neufassung), Antrag der CDU-Fraktion: Hamburger Bürger-Dialog "Bürger-Beteiligung an der Haushaltsplanung".

[Antrag der Fraktion der CDU: Hamburger Bürger-Dialog "Bürger-Beteiligung an der Haushaltsplanung" – Drucksache 18/2409 (Neufassung) –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/2460 ein Antrag der SPD-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der SPD: "Bürgerbeteiligung an der Haushaltsplanung" ist kein Ersatz für die Volksgesetzgebung oder politische Entscheidungen zugunsten von Schwerpunkten – Drucksache 18/2460 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Kruse.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Alle Jahre wieder treffen wir uns und machen Haushaltsberatungen. Im Zuge dieser Haushaltsberatungen kommen wir häufiger in die Situation, dass wir Einschnitte vornehmen müssen. Das ist dann der Moment, wo wir auch in der Öffentlichkeit ein interessiertes Echo bekommen. Einschnitte vorzunehmen ist natürlich keine beliebte Handlung, aber wir werden uns wohl auch noch die nächsten paar Jahre damit beschäftigen müssen.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

In welchen Bereichen können wir einschneiden? Wir haben die Situation, dass im Betriebshaushalt 90 Prozent der Mittel fest gebunden sind. Das heißt, wir haben einen großen Berg Personalkosten. Das ist klar, Dienstleistun

gen werden von Menschen erbracht und die müssen auch bezahlt werden. Rund 40 Prozent sind weg.

Wir haben inzwischen einen nicht zu vernachlässigenden Teil von Zinsaufwendungen – ungefähr 12, 13 Prozent –, den wir auch nicht einfach streichen können.

Das geht "lustig" so weiter und am Ende haben wir 90 Prozent, an denen wir kurzfristig gar nichts machen können, und wir haben noch 10 Prozent, innerhalb derer wir unsere Spareinschnitte machen müssen. Das führt unweigerlich dazu, dass wir sie genau da machen, wo es weh tut und wo natürlich die Betroffenen, die Zuwendungsempfänger, ganz anderer Meinung sind. Sie empfinden es als ungerecht, wenn sie unvermittelt in die Situation kommen, dass beispielsweise die Filmförderung gekürzt wird oder die Schwimmbäder reduziert werden. Die Regierenden – egal, wer es jeweils ist – sagen, das können wir nicht ändern, so sind die Gegebenheiten. Es ist auch richtig, kurzfristig können wir das nicht ändern. Mittelfristig schon, mittelfristig können wir auch an den Bereich der 90 Prozent heran. Das würde es spannend machen, einen größeren Gestaltungsspielraum zu bekommen. Mittelfristig bedeutet das, dass man über die Jahre hinwegblicken und sich überlegen muss, wo es hingehen soll. Man muss eine Zielvorstellung haben, was die Stadt beispielsweise 2016 noch an Leistungen erbringen soll, wo die Prioritäten sind, wo man etwas zurücknehmen kann.

2016 ist zum Beispiel ein Zeitraum – wenn man 2003 von 70 000 Beschäftigten ausgeht –, in dem allein aufgrund der Altersentwicklung 28 000 Menschen in Pension gegangen sein werden. Das bedeutet natürlich, dass wir bis 2016 einen großen Gestaltungsspielraum haben, sodass man sich überlegen kann, welche Stellen nachbesetzt oder eingespart werden oder in welchen Bereichen umgeschichtet wird. Das kann man mittelfristig tun. Dafür müssen wir uns eine klare Zielsetzung geben.

Nun können wir natürlich in althergebrachter Art und Weise sagen: Schauen wir in unser Innerstes und wir werden die Antwort finden. Aber vielleicht ist es ein bisschen moderner, möglichst viele Menschen daran zu beteiligen, was in dieser Stadt 2010/2016 geschehen soll. Der richtige Weg ist natürlich der Dialog mit dem Bürger.

Nun sind wir aber nicht in einer kleinen Schweizer Gemeinde, wo wir uns alle auf dem Marktplatz versammeln, den Rütlischwur leisten, dann ein bisschen "einen ausschnacken" und sagen, wo es längsgehen soll.

(Wilfried Buss SPD: Das würdet ihr ja noch nicht mal akzeptieren bei eurer Volksgesetzgebung!)

1,7 Millionen Menschen können sich nicht auf dem Hamburger Rathausmarkt versammeln, das kriegen wir nicht hin, bei aller Begeisterung, die wir in dieser Stadt für große Veranstaltungen entfalten.

Nun ist es aber Gott sei Dank so, dass wir natürlich – die Zeiten haben sich geändert – technische Möglichkeiten haben. Da gibt es das Instrument des Internets. Das kann man nicht nur dahin gehend nutzen, dass man per E-Mail seine Steuererklärung machen kann, sondern man kann damit natürlich auch perfekt in einen Dialog eintreten. Das ist nicht neu, das wird in vielen Bereichen gemacht. Sie können auch zu sachlichen Themen in Foren einsteigen und diskutieren. Das haben wir auch schon erprobt. Sie erinnern sich vielleicht an den Dialog Wachsende Stadt, der im Internet stattgefunden hat, aus dem eine

Vielzahl von Vorschlägen herausgekommen ist. Von diesen Vorschlägen sind auch einige in die Umsetzung gelangt.

Nun ist Haushalt zwar ein sprödes Thema, aber Haushalt betrifft jeden. Wir sollten die Möglichkeit eröffnen und sagen, wir wollen gemeinsam, alle als Bürger, Rahmenbedingungen und Wege diskutieren, Möglichkeiten sehen, wo wir zukünftig Akzente setzen wollen und wo vielleicht auch mehr und verstärkt Subsidiarität greift, wo also die Bürger sagen, den Teil machen wir lieber selber, der Staat soll andere Aufgaben wahrnehmen. Diesen Dialog möchten wir internetgestützt führen. Das möchten wir zum Jahreswechsel anschieben, um rechtzeitig für die Beratung des nächsten Doppelhaushalts umzusteuern, denn das ist die erste Gelegenheit – perspektivisch für die Zeiten 2010/2016 – damit anzufangen. Dann wird es uns auch gelingen – weil natürlich in der Vorbereitung auch mehr Transparenz und eine andere Sprache für den Haushalt gefunden werden muss –, für Haushaltsentscheidungen mehr Akzeptanz in der Bevölkerung zu bekommen und nicht den Eindruck zu erwecken, "die da" – und das sind wir alle, die paar, die hier noch sitzen und sich für Haushalt interessieren – sind dann die Bösen und "die da" haben das dann so entschieden.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Dafür gibt es auch an- dere Gründe!)

In diesem Sinne haben wir, glaube ich, eine schöne Sache aufgebaut. Wir sagen, wir machen einen Hamburger Bürgerdialog, aufgesetzt auf den Erfahrungen, die wir schon im Prozess Wachsende Stadt gemacht haben. Dafür bitte ich um möglichst fulminante Unterstützung. Die sollte Ihnen leicht fallen,

(Gesine Dräger SPD: Eher nicht!)

weil wir als Regierungsfraktion nicht gesagt haben, wir fordern den Senat auf, das zu tun, sondern wir haben natürlich als Parlamentarier gesagt, Haushalt ist Parlamentsrecht. Das wird auch Herrn Dr. Maier freuen, wenn wir sagen, deswegen binden wir es beim Haushaltsausschuss an. Wir sagen nicht, der Senat soll das machen und er soll dann die Ergebnisse in seinem Sinne verwerten. Es ist unsere primäre Aufgabe, einen anständigen Haushalt aufzubauen und diesen mit dem Bürger abzustimmen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Richtig!)

Darum ist unsere Entscheidung, diese Aufgabe da anzusiedeln, wo sie hingehört, originär beim Parlament. Daher dürfte Ihnen, hoffe ich, die Entscheidung leicht fallen, das zu einer gemeinschaftlichen Entscheidung zu machen und den CDU-Antrag zu unterstützen. Darum bitte ich Sie.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Dräger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Herr Kruse, wir diskutieren das in der Tat in eher kleinerem Kreis. Das ist bei Haushaltsthemen manchmal so. Ich möchte Sie ein bisschen beglückwünschen. Sie sind seit einem halben Jahr haushaltspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion und das ist Ihre erste große Initiative zum Thema Haushalt. Es ist nicht einmal der Senator da und auch kein Staatsrat, der sich

das anhören mag. Das sagt vielleicht ein bisschen etwas darüber aus, wie ernst die haushaltspolitischen Initiativen der CDU-Fraktion vom Senat genommen werden.

(Olaf Ohlsen CDU: Wir sitzen alle hier! – Wolfhard Ploog CDU: Der Senat soll ja nicht beschließen!)

Der Senat hat offenbar kein großes Interesse, weder an Ihren Vorschlägen noch an der Bürgerbeteiligung, die hier veranstaltet werden soll.

(Zurufe von der CDU)

Wir sehen, es trifft Sie ganz offenbar, denn so viel Begeisterung, so viel Unruhe auf Ihrer Seite ist völlig ungewohnt.

Aber zurück zum Antrag: Wir werden Ihnen, Herr Kruse, den Tag nicht verderben und wir werden Ihrer Vorlage heute zustimmen, denn bei diesem Senat, bei dieser CDU-Regierung, muss man so viel Beteiligungsmöglichkeiten mitnehmen wie es gibt, denn man bekommt sie nur krümelweise und man bekommt sie auch immer nur so, dass sie formal nicht entscheidend sind, sondern lediglich Anregungen geben können. Das ist sehr bedauerlich.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Das stimmt nicht!)

Sie haben in der Neufassung Ihrer Drucksache auch die Bezüge zum Thema Volksbegehren und Volksgesetzgebung herausgenommen und setzen diese Beteiligungsformen nicht mehr gegeneinander. Sie haben offenbar gemerkt, dass dies, wenn Sie es darin lassen würden, zu verräterisch wäre, was die Frage in ihrer geringen Wertschätzung von wirklich direkten Beteiligungsformen im Vergleich mit Entscheidungskompetenz anbelangt. Das ist auffällig, aber das macht es uns noch ein Stückchen leichter, dem Antrag heute zuzustimmen. Insofern ist das gut.

In einem haben Sie recht: TuTech und DEMOS ist ein supertolles Projekt, das entwickelt worden ist, eine internetgestützte Beteiligungsplattform, die weit über das hinausgeht, was man beispielsweise aus Chat-Foren kennt, in denen gesichert ist, dass alles einigermaßen strukturiert abläuft.

Die Begeisterung für dieses Projekt teile ich. Sie wissen, dass mir diese technischen Möglichkeiten sehr am Herzen liegen. Mich stört aber, wenn von dieser Stelle so getan wird, als könne man mit Internetbeteiligung einen Dialog mit allen Bürgern dieser Stadt führen, um ein repräsentatives richtiges Bild zu erhalten. Das stimmt nicht und das wissen Sie auch.