„In solchen Fällen bedarf es – insbesondere wenn schulpolitische Fragen tangiert sind – der besonderen Ermächtigung“
Nach dieser seit 14 Jahren geltenden Regelung hätten ganz offensichtlich viele der Aussagen, die wir in den letzten Wochen gelesen haben, nicht ohne Zustimmung der Behörde veröffentlicht werden dürfen. Es gibt also gar keinen neuen Maulkorberlass, sondern eine SPDRichtlinie, die nicht eingehalten wurde.
Man hätte den öffentlichen Aufschrei, über den wir heute diskutieren, sicherlich vermeiden können, wenn man einfach auf diesen Erlass noch einmal hingewiesen hätte. Das hat die Behörde aus zwei Gründen nicht getan. Zum einen ist die Dienstanweisung von 1990, wie wir nun alle gesehen haben, immer sehr frei interpretiert worden
und zum anderen ist es auch bei lokalen Themen sinnvoll, dass die Pressestelle informiert wird. Sie kann dann den Schulleiter im Umgang mit den Medien beraten, sie ist bei Nachfragen der Presse gleich im Thema und sie kann – das erleben wir immer wieder – bei konkreten Problemen der einzelnen Schule auch im Hause gleich nachhaken, wo ein Thema eventuell auf dem Dienstweg versandet ist.
Die Verfügung vom 28. April ist folglich nicht mehr als eine Ergänzung der Dienstanweisung von 1990. Ich freue mich daher auf weitere Diskussionen nicht nur mit Eltern
und Schülern, sondern auch mit Lehrern und Schulleitern. Die von uns geplante Vorgehensweise bei der Schulentwicklungsplanung zeigt, dass wir die Betroffenen so frühzeitig wie noch nie einbinden wollen, um das Know-how vor Ort zu nutzen, und ich bin sicher, dass auch die Medien dabei wieder mehr Stoff bekommen werden, als sie täglich abdrucken können. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir hatten hier einmal einen Bildungssenator, der ließ kein Fettnäpfchen aus, um breit hineinzutreten. Das war Rudolf Lange. Ole von Beust hat ihn murksen lassen, um die FDP loszuwerden und dann die Wahl selbst zu gewinnen.
Wir Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker haben zusammen mit den Betroffenen, also den Schülern, Eltern und Lehrern, gehofft, dass mit Frau Dinges-Dierig jetzt andere Zeiten kämen, dass es nun besser würde, weil ja jetzt jemand käme, der auch noch fachkompetent sei.
Der Brief der Senatorin an alle Lehrerinnen und Lehrer zu Beginn ihrer Amtszeit mit der Ankündigung eines vertrauensvollen Dialogs ließ auch darauf hoffen. Doch seit zwei, drei Wochen ist das alles völlig vorbei. Stichworte: Der Zickzackkurs im Streit um die Zukunft der Berufsschulen, die Ankündigung größerer Klassen, gute Schüler dürfen einfach mal so nach Hause geschickt werden, die kurzfristige Ankündigung von Schulschließungen ohne entsprechend nachvollziehbare Argumente, eine unausgegorene Diskussion um Dorfschulen in der Großstadt und jetzt das erneute Zahlenchaos in der BBS mit der Folge eines Baustopps bei 17 Schulen. Man fühlt sich natürlich irgendwie schon daran erinnert – darauf werde ich gleich noch kommen –, ist das denn nicht alles vorbei gewesen?
Und dann kommt die Krone des Ganzen, worüber wir heute diskutieren. Sie meinen, dieser so genannte Maulkorberlass sei das Gleiche, was es vorher schon gegeben habe. Das ist es eben nicht, es ist die kleinkarierte Auslegung dessen, was damals großzügig erlaubt worden ist.
Hier sollen vor allem die Schulleiter zum Verstummen gebracht werden und dieser Erlass ist ein Zeichen des Misstrauens genau gegenüber den Pädagogen vor Ort, die mit den vielfältigen Problemen des Schulalltags fertig werden müssen und dabei gleichzeitig auch noch qualitätsvollen Unterricht leisten sollen. Wer Misstrauen ausdrückt, der hat Angst. Sie, Frau Senatorin, haben offensichtlich Angst vor eigenen Fehlern, Sie haben aber vor allen Dingen Angst vor einer öffentlichen Diskussion über die Missstände und die Zukunft des Hamburger Bildungswesens. Nur eine eigenständige selbstbewusste Bildungsdebatte kann die Befreiung bringen, auf die man in der Bildungsszene seit dem Chaos-Regime von Rudi Lange wartet.
Herr Heinemann, nur indem man das zulässt und weiterhin offensiv ermöglicht, kann eine notwendige Diskussion über die beste Bildung und damit über die Zukunft unserer Kinder erfolgreich sein. Man muss sich doch einmal, Herr Heinemann, vor Augen führen, dass seit Wochen eine Debatte in der Stadt geführt wird, in der die Eltern der Schwächsten des dreigliedrigen Schulsystems, der Hauptschüler, die Sie ja so großartig stärken wollen, zusammen mit den Lehrerinnen und Lehrern, die sie unterrichten, in aller Öffentlichkeit als Versager, als Rabeneltern beziehungsweise bei den Lehrern als Weicheier verunglimpft werden. Die Eltern können sich naturgemäß nicht wehren und die Lehrer bekommen einen Maulkorb umgehangen.
Das kann doch alles nicht wahr sein. Dann fragt man sich, wo denn die Schutzgöttin – in Anführungszeichen – ist, die sich als Unternehmensleiterin vor ihre Untergebenen stellen sollte. Gar nichts findet statt, diese Verunglimpfung darf einfach ungestoppt weitergeführt werden. Das kann doch so nicht weitergehen in dieser Stadt, da ist man doch völlig von den Socken.
Frau Senatorin, wir fordern Sie auf, doch einmal Vertrauen in Ihre, beamtenrechtlich gesehen, Untergebenen zu haben. Die wissen nämlich ziemlich genau, wo es Probleme gibt und was in der Bildungspolitik angepackt werden sollte. Aber eines werden wir Sozialdemokraten auch deutlich machen. Wer war es denn, der diese Senatorin persönlich ausgesucht hat, weil er keine Jasager und Abnicker um sich haben wollte? Der Bürgermeister persönlich war es.
Also ist er auch dafür verantwortlich, wenn solche Fehler gemacht werden und Herr Heuer Ihnen zum Beispiel dieses Zitat um die Ohren werfen muss. In dem Sinne, nur weiter so, Herr Bürgermeister.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. – Es gibt doch noch eine, Herr Dr. Maier. Es wäre ganz hilfreich, wenn man sich rechtzeitig melden würde. Ich habe die Wortmeldung dort nicht gesehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Goetsch, Ihr Temperament hat offenbar die eine oder andere Debatte hier im Hause schon manchmal kräftig gewürzt, so habe ich es mir sagen lassen. Dieses Thema müssen wir jedoch vielleicht etwas anders angehen, denn gerade dieses Thema steht in einem – ich sage es jetzt einmal mit meinen Worten – vermeintlichen Spannungsfeld zwischen Loyalität und Meinungsfreiheit.
Deshalb sollten wir uns zunächst einmal an die Fakten erinnern; sie wurden hier schon mehrfach genannt. Die Dienstanweisung für Lehrerinnen und Lehrer und anderes pädagogisches Personal von 1985, also zu Zeiten von Schulsenator Grolle von der SPD, überarbeitet 1990, regelt, dass die Schulleitungen in eigener Sache mit der Öffentlichkeit kommunizieren können und auch sollen. In schulpolitischen Fragen oder bei schulübergreifenden Themen müssen die Schulleiter – auch dieses Wort kam bereits – eine Ermächtigung zu öffentlichen Äußerungen von der Behörde einholen, so wörtlich. In unserem heutigen Sprachgebrauch ist das ein etwas ungewöhnlicher Begriff. Diese Regelung besteht also seit fast 20 Jahren, auch unter den Senatorinnen Raab und Pape von der SPD und auch, als Ihre Partei, Frau Goetsch, die GAL, im Senat war, wurde diese nicht geändert.
Darüber hinaus gibt es als Grundlage noch eine Reihe beamten- und arbeitsrechtlicher Regelungen zum Thema Verschwiegenheitspflicht. Ich habe zu Beginn der neuen Legislaturperiode die Gelegenheit genommen, diese Richtlinie in Richtung Presseanfragen etwas zu präzisieren. Das bedeutet, dass alle öffentlichkeitswirksamen dienstlichen Antworten von BBS-Mitarbeitern auf Presseanfragen vor ihrer Beantwortung mit der Pressestelle des Hauses abzustimmen sind. Damit wird in meinen Augen als Nebenprodukt der Kommunikationsfluss nicht nur von der Behörde an die Schulbasis …
Danke. Frau Senatorin, Sie sprechen gerade die Pressestelle an. Wie bewerten Sie denn das Behördenpapier bezüglich der Steuerungsgruppe, dass Ihr Pressesprecher nachweislich der Ausführungen von Beamten die Öffentlichkeit in den letzten zweieinhalb Jahren öffentlich bewusst irregeführt hat?
Ich war dabei, die Anweisung von 1985, überarbeitet 1990, mit den darüber hinaus begleitenden arbeitsrechtlichen und beamtenrechtlichen Bestimmungen und der Bedeutung des Kommunikationsflusses sowohl von der Schule in die Behörde als auch umgekehrt als Fakten aufzuzählen. Was am 28. April betont wurde, nimmt Schulleitern nicht das 1985 definierte Recht auf eigene Kommunikation in eigener Sache und aus eigenem Antrieb unter Beachtung des Grundsatzes der Loyalität. Es präzisiert nur den Teil der alten Dienstanweisung aus SPD-Regierungszeiten, der von Ermächtigung redet. Die
verantwortlichen Personen in Bezug auf die Beantwortung öffentlichkeitswirksamer Anfragen sind der Pressesprecher oder die Behördenleitung in schulpolitischen Fragen und das ist alles. Das hat nichts mit einem grundsätzlichen Maulkorb zu tun, aber viel mit der Mindestform an Loyalität eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin, unabhängig davon, ob es sich um Beamte, Angestellte oder Arbeiter handelt.