Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

wir gemeinsam auf einem guten Weg und dann lassen Sie uns den weitergehen. – Danke.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Jetzt hat Frau Senatorin Schnieber-Jastram das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei so viel Lob kann ich eigentlich nur noch mit einstimmen und sagen: Ich freue mich, dass wirklich, ich glaube, alle Fraktionen, alle Abgeordneten hier die Frage der Jugendbegegnung, des Jugendaustausches ausgesprochen positiv beurteilen. Man kann das eigentlich auch gar nicht negativ sehen, weil jeder, der einmal erlebt hat, wie sich Kinder, wie sich junge Menschen begegnen, kann das eigentlich nur positiv sehen. Das ist heute eine ganz wichtige Voraussetzung, das ist ein ganz wichtiger Faktor, der das ganze Leben später prägt. Ich finde es sehr, sehr wichtig und werde mich bemühen, dort, wo es immer neue Gelegenheiten gibt, dieses auch zu unterstützen und zu fördern.

Ich hoffe, dass es auch gelingt, in dieser Stadt solch ein Klima dafür zu haben. Es gehört immer auch dazu, dass es Familien gibt, die Austauschschüler, die Sportler, Sänger, was auch immer es an Austauschen gibt, mit aufnehmen. Diese Portion an Gastfreundschaft macht solche Austausche sehr häufig sehr viel leichter. Wir haben – und das ist in dem Senatsbericht auch deutlich geworden – dargestellt, was wir unternommen haben. Da, wo es noch Lücken gibt, werden wir uns bemühen, sie aufzufüllen, um den Austausch einfach leichter zu machen. Ich bin sicher, dass auch in Zukunft alle dazu beitragen werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD und der GAL)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen dann zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/3379 an den Europaausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Ich rufe Punkt 43 auf, Drucksache 18/3471, Antrag der SPD-Fraktion: Mehrgenerationenhäuser als Kinder- und Familienzentren einrichten.

[Antrag der Fraktion der SPD: "Mehrgenerationenhäuser" als "Kinder- und Familienhilfezentren" einrichten – Drucksache 18/3471 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen. Ich habe schon gesehen, Frau Dr. Hilgers wünscht das Wort und das hat sie dann auch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sollten jetzt in Hamburg eine Chance für Hamburgs Kinder wahrnehmen und einen Punkt aus dem Berliner Koalitionsvertrag offensiv und zügig

bearbeiten. In diesem Koalitionsvertrag bietet sich unter dem Stichwort "Mehr Generationenhäuser" ein guter Ansatz für die Einrichtung Hamburger Kinder- und Familienzentren. Dieses Thema hatten wir schon im Dezember hier im Hause andiskutiert.

Im Koalitionsvertrag ist unter dem genannten Stichwort skizziert, ein neuer, gemeinwesenorientierter Ansatz der Förderung und Unterstützung, Hilfe für Familien im Sinne einer verzahnten, kombinierten und in die Gemeinde hinein geöffneten Angebotsstruktur. Es geht um die Bildung von sozialraumbezogenen Kristallisationspunkten, die fördernde Angebote für Familien und Generationen unter einem Dach und aus einer Hand ermöglichen. Solche Kristallisationspunkte können zum Beispiel Kitas oder Familienberatungseinrichtungen sein. Im Koalitionsvertrag steht auch schon eine finanzielle Hausnummer dabei, und zwar, dass in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt in Deutschland ein Mehrgenerationenhaus geschaffen werden soll mit einer so genannten Start-upFörderung von 40 000 Euro per anno auf fünf Jahre Laufzeit. Hier muss, Frau Senatorin, der Senat aufpassen, dass Hamburg nicht nur als eine Einheitsgemeinde gezählt wird, sondern wenigstens ein Projekt je Bezirk durchsetzt. Das wären dann immerhin 280 000 Euro per anno und auf die fünfjährige Projektlaufzeit 1,4 Millionen Euro.

Laut Information aus dem Ministerium sollte sich Hamburg spätestens ab Mitte des Jahres bewerben. Frau Schnieber-Jastram, Sie haben bei der Debatte in der Aktuellen Stunde darauf hingewiesen, dass Stadtteile lebendig gehalten werden sollen, auch von ihrer Infrastruktur her. Wir haben insofern hier und heute schon eine Idee aus unserem montäglichen Besuch unserer Fraktion vor Ort in Barmbek, bei unserem Kollegen Willi Buss, genauer gesagt in Hohenfelde mitgebracht. Beim dortigen Besuch im Müttertreff Hohenfelde, der auch eine Kita dabei hat, plus die niedrigschwellige Beratung für Eltern, wurde nochmals darauf hingewiesen, dass der Senat die einzige noch im Stadtteil vorhandene Schule, nämlich die Grundschule Ifflandstraße, dichtgemacht hat. An dieser Grundschule war auch eine Kita der Kirchengemeinde St. Gertrud. Diese Kita fällt nun leer, weil die Eltern, weil die Grundschule dichtmacht, keine Anschlussperspektive sehen. Dort sind die Anmeldungen von 100 auf 35 gesunken.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Das war schon seit Jahren so!)

In der Kita, hören Sie zu.

Insbesondere Familien mit ihren kleinen Kindern – sagten uns die Frauen aus dem Müttertreff – überlegen oder haben schon den Stadtteil verlassen. Die Kita macht dicht, die Kita im Müttertreff aber läuft über. Die haben Platzprobleme. Wie wir uns überzeugen konnten, hat der Müttertreff in Hohenfelde das Know-how, das Projekt "Mehrgenerationenhaus", so wie es da skizziert ist, in Angriff zu nehmen. Wir könnten uns gut vorstellen, dass zum Beispiel dieser Müttertreff zusammen mit anderen das Schulgebäude übernimmt und dort zu einem Kristallisationspunkt im Sinne der Anforderungen des Projekts aus dem Koalitionsvertrag mitgestaltet, denn Betreuungs- und Bildungsangebote für Kinder und Eltern mit besonderer Berücksichtigung der frühkindlichen Förderung und Erhöhung des Bildungsanteils haben die drauf. Beratung, zum Beispiel in Erziehungs- oder Gesundheitsfragen haben die drauf. Begleitung in Krisensituationen – Tren

nung, Überschuldung – können die unserer Einschätzung nach auch. Weiterbildung auch für Eltern, zum Beispiel Sprachförderung, lässt sich organisieren. Auch das Thema praktische Lebenshilfe – Haushaltsführung, Kochen, Ernährung, Einstieg, Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit lässt sich dort organisieren. Dies ist ein konkretes Beispiel und ich denke, dieses Beispiel zeigt, dass wir hier vieles nicht neu erfinden müssen, sondern wir müssen nur gucken, wie wir diese Punkte finden, an denen solch ein Angebot dann zusammengeführt wird.

(Beifall bei der SPD)

Die Diskussionen des letzten Jahres, auch und gerade im Sonderausschuss, haben gezeigt, dass wir diese Weiterentwicklung und die Partner aus den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden dafür brauchen. Wenn aber Sie, Frau Senatorin, wie heute Mittag bei der Verabschiedung des schwerkranken, von mir hoch geschätzten und verehrten Caritas-Direktors, Norbert Kessler, die versammelte Gemeinde als Sozialmafia etwas sehr gewollt witzig ansprechen,

(Dirk Kienscherf SPD: Unglaublich!)

dann hilft das – gelinde gesagt – nicht weiter, sondern ist eher peinlich.

(Beifall bei der SPD)

Wir begrüßen es, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, dass der Antrag an den Ausschuss überwiesen wird, denn wir helfen gerne mit weiteren Vorschlägen für konkrete Projektanträge.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke GAL)

Frau Koop, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben heute schon eine große Einigkeit gezeigt, was die Kinder- und Jugendpolitik hier in der Stadt betrifft. Ich denke, dass wir uns in der Familienpolitik und über die Zielrichtung im Klaren oder auch einig sind. Dass die Wege dahin manchmal etwas anders sind, sehen wir immer wieder an Ihren Anträgen. Wir haben auch im Bund eine große Einigkeit. Wenn wir sehen, dass heute die finanzielle Besserstellung der Familien in Bezug auf Kinderbetreuung durchgekommen ist, kann man das nur sehr begrüßen und kann eigentlich nur sagen: Weiter so. Aber Geld alleine ist es eben doch nicht. Auch die Prävention oder der Schutz der vernachlässigten Kinder ist ein wichtiger Aspekt. Aber worum es mir geht, ist eigentlich die Stärkung der Akzeptanz der Familie überhaupt in der Gesellschaft und da kommt es sehr darauf an, dass das Miteinander der Generationen wieder konfliktfreier wird und dass es auch selbstverständlicher wird.

Das ist natürlich etwas, was in den letzten Jahren ein bisschen hinten runtergefallen ist. Wir haben uns 30 Jahre lang um den Schutz unserer natürlichen Ressourcen sehr gekümmert, um den Naturschutz, aber um unsere sozialen Ressourcen war es nicht besonders gut bestellt. Man hat eigentlich gedacht, dass das schon von selber immer wieder nachwächst, aber dass auch die sozialen Ressourcen endlich sind, damit werden wir heute konfrontiert. Eines der sozialen Tugenden ist ja die Rücksichtname, die Toleranz und die Solidarität, die wir einüben wollen, aber die man natürlich über Schule oder

über andere Institute weniger gut einübt. Selbstverständlicher, nachhaltiger und einfacher passiert es in der Familie. Darum ist es auch wichtig, dass mehrere Generationen in der Familie präsent sind. Die älteren Semester hier, ein paar sehe ich auch darunter, werden sicherlich noch in Mehrgenerationenfamilien oder auch im Umfeld aufgewachsen sein. Ich bin in einem Vier-GenerationenUmfeld aufgewachsen. Dass man das als Kind natürlich anders erlebt als Erwachsener muss man natürlich auch sagen. Erwachsene haben sich lange dagegen gewehrt, mit Großeltern und womöglich Urgroßeltern zusammenzuleben. Aber mit dem Schwinden unserer sozialen Ressourcen ist natürlich auch eine soziale Entfremdung und Verarmung einhergegangen und das ist etwas, was wir heute zu spüren bekommen. Mehrgenerationeneinrichtungen sind wichtig und im Grundsatz sind wir auch ganz klar bei Ihnen und sagen auch dass das, was von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag vorgeschrieben ist, eine vernünftige Blickrichtung dahin ist. Aber es kann nicht nur die Begegnungsstätte und die Neueinrichtung sein. Das, was Sie jetzt als Beispiel gebracht haben, ist ein interessanter Vorschlag. Das werden wir sicherlich auch im Ausschuss diskutieren. Aber ich glaube auch, dass es wichtig ist, dass man den Alltag, das Miteinander morgens, mittags, abends irgendwo mit einbezieht. Dabei muss es nicht mit den Älteren, dabei muss es nicht die eigene Großmutter, also die leibliche oder der eigene Großvater sein.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Frau Koop, ich möchte für Ruhe sorgen. Es ist ein unglaubliches Gebrummel im Hintergrund auf allen Seiten. Ich bitte um mehr Ruhe, um Aufmerksamkeit für alle Rednerinnen und Redner. Bitte, Frau Koop, fahren Sie fort.

Dieses Leben im Alltag Generationen untereinander ist uns sehr wichtig und das sehen Sie auch aus unserem Regierungsprogramm, denn wir haben hineingeschrieben, dass wir Wohnquartiere so gestalten wollen, dass ein problemloses, konfliktfreies Miteinander der Generationen wichtig ist. Da kann Solidarität wachsen, wobei bei mir immer ein bisschen – und das atmet Ihr Antrag auch durch …

(Unruhe im Hause – Glocke)

Frau Koop, entschuldigen Sie, ich meinte das wirklich ernst und es hat sich niemand von denen, die vorher gequasselt haben, daran gehalten. Ich bitte Sie wirklich um mehr Ruhe. Sie brauchen gar nicht mit den Fingern auf die andere Seite zu zeigen. Zeigen Sie auf sich selbst und dann würde das alles gut funktionieren. Bitte, Frau Koop.

In der Schule sage ich immer, wenn jeder dafür sorgt, dass er den Mund zu hat, dann haben wir Ruhe, aber ich würde mich natürlich nicht erdreisten, das Ihnen vorzuschlagen.

Das was ich mit der gewachsenen Solidarität sagte, ist mir sehr wichtig. Ihr Antrag zeigt immer ein bisschen Ihren Hang zur institutionalisierten Solidarität, aber wir wissen, dass das Mehrgenerationenwohnquartier und auch die Mehrgenerationenhäuser sicherlich dazu bei

tragen können, dass ein besseres Miteinander in der Stadt stattfindet. Ich denke, wir sollten dabei aber auch daran denken, dass wir schon eine Menge an Einrichtungen haben – Frau Schnieber-Jastram hat darauf hingewiesen – und an diese Einrichtungen könnten wir solche Dinge auch anknüpfen. Ich denke, im Ausschuss haben wir noch viel Gelegenheit dazu, darüber zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU)

Frau Blömeke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Keiner kann, glaube ich, ernsthaft etwas gegen Mehrgenerationenhäuser haben. Ich glaube, eigentlich wünschen wir uns das alle: Einen Ort, an dem Jung und Alt zusammenkommen, an dem Generationen ihren Platz haben und sich wie selbstverständlich im Alltag begegnen können. Das ist sehr gut. Im Mittelpunkt eines solchen Generationenhauses steht die Philosophie der Hilfe zur Selbsthilfe. Menschen aus der Nachbarschaft sind die Experten, die anderen bei ihren Problemen, bei ihren Sorgen und ihren Fragen helfen. Alte Menschen sollen sich um junge kümmern, junge um alte, also umgekehrt. Das ist gut. Ohne Zweifel: Solch eine Stadtteileinrichtung können wir in Hamburg auch gut gebrauchen. Übrigens wären wir damit nicht die ersten, denn in Niedersachsen gibt es bereits solche Mehrgenerationenhäuser, und zwar schon seit geraumer Zeit. Aus Landesmitteln hat Niedersachsen Sach- und Personalkosten bereitgestellt, denn das ist noch ein Punkt, der mir ganz wichtig ist. Solch ein Mehrgenerationenhaus ist nicht nur einmal errichtet und auf fünf Jahre finanziert, sondern es ist natürlich auch wichtig, dass die Finanzierung weiterläuft.

Niedersachsen hat also aus Landesmitteln Sach- und Personalkosten bereitgestellt und damit die Einrichtung von über 20 solcher Mehrgenerationenhäusern finanziert. Nun ist die Familienministerin auch auf den Geschmack gekommen und will 30 solche Mehrgenerationenhäuser in ganz Deutschland fördern. Da liegt der Gedanke nahe, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, mit einem Antrag dafür zu sorgen, dass wir hier in Hamburg auch ein Stück von diesem Kuchen, der Mehrgenerationenhäuser heißt, abbekommen. Soweit kann ich Ihnen inhaltlich folgen.

Jetzt verlasse ich ein bisschen den Pfad der großen Einigkeit, die wir heute demonstriert haben, denn für mich gibt es an diesem Antrag noch drei Diskussionspunkte, die mir ganz wichtig sind. Zum einen halte ich den Zeitpunkt, einen solchen Antrag zu stellen, für absolut verfrüht. In Berlin rechnet man frühestens im Sommer mit einem Konzept zu den Mehrgenerationenhäusern.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Bis dahin haben wir die Vorlage fertig!)

Daher macht es aus meiner Sicht wenig Sinn, über einen Antrag zu entscheiden – das wollen wir auch noch nicht, ich weiß, er wird überwiesen, finde ich auch gut – und in dem Antrag inhaltlich etwas zu fordern, was nachher gar nicht zu dem Konzept passt, das von der Bundesregierung verabschiedet wird und wofür es dann definitiv auch Geld gibt.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ein bisschen kleinlich!)

Die Forderung, in jedem Hamburger Bezirk unter Einbeziehung der Bundesmittel ein solches Mehrgenerationenhaus zu errichten, wäre zwar durchaus wünschenswert, Frau Hilgers, dem stimme ich völlig zu, aber unrealistisch, jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt, denn die Familienministerin spricht selber von 30 Mehrgenerationenhäuser für ganz Deutschland. Wir haben 16 Bundesländer. Da kann man sich leicht ausrechnen, dass für jedes Bundesland nicht einmal zwei Mehrgenerationenhäuser kommen. Ich finde dann, so gerne ich es auch für Hamburg hätte, den Wunsch nach sieben Mehrgenerationenhäuser im Moment etwas unrealistisch. Das ist auch ein Punkt, über den wir noch reden müssen.