Meine Damen und Herren! Das ist hier kein Jeder-kann-mitmachenWettbewerb, sondern eine Parlamentsdebatte.
Zunächst einmal hat das Konzept "Wachsende Stadt", das Sie nicht wirklich kritisieren, dazu geführt, dass auch die Wirtschaft wieder wächst, dass die Chancen wachsen, dass wir durch die HafenCity überhaupt wieder auf der internationalen Tagesordnung sind. Herr Senator Freytag, aber auch viele kluge Leute vor ihm haben gesagt,
dass uns gute und vernünftige Wirtschaftspolitik viele Arbeitsplätze und das Geld zum Ausgeben bringt. Ich finde es absolut peinlich, wenn Sie ein Interview mit dem Bürgermeister, in dem er sich erlaubt, auch einmal nachzudenken, zurückzugucken …
Wenn Sie es einem Bürgermeister nicht erlauben, auch einmal nachdenkliche Worte zu sagen, es könnte natürlich auch noch besser sein, dann finde ich es einfach zu schlicht zu sagen, Sie müssen überall noch mehr Geld hineintun. Frau Senatorin Schnieber-Jastram hat ein schweres Erbe übernommen, indem sie die Kindergärten erst einmal auf Vordermann gebracht hat und wir Bildungspläne für die Vorschule überhaupt eingeführt haben.
Bei uns lernen die Kinder inzwischen Deutsch und ich hoffe darauf, dass wir in wenigen Jahren genau die Früchte ernten können, dass nämlich die Kinder ihre Chancen, die sie unter Ihrer Regierung nicht hatten, wahrnehmen können, weil sie Deutsch sprechen können, wenn sie in die Schule kommen und es dann egal ist, wer ihnen zuhause etwas sagt, sondern sie sich selbst ihr Leben hier in Deutschland erschließen können.
Dass Sie immer ein Integrationskonzept fordern, das kennen wir inzwischen. Aber Sie haben inzwischen auch gesehen, dass die Senatorin eine große Gruppe von Migranten, Zuwanderern, Menschen ausländischer Herkunft, aber auch anderer verantwortlicher Menschen in dieser Stadt zusammengerufen hat und seit Jahren daran arbeitet, konkrete Schritte voranzubringen. Es sollte Ihnen auch nicht entgangen sein, dass inzwischen ein Handlungskonzept aus all diesen Schritten, die in den letzten Jahren vorgenommen wurden, entwickelt wird.
Nur, was lohnt es? Da zitiere ich Hakki Keskin. Der war ja einmal bei Ihnen in der Partei und ist heute in der PDS. Das ist ein Zeuge, den Sie vielleicht sogar akzeptieren könnten. Er sagt, er habe jahrelang Diskussionen um Konzepte geführt und sei so müde, er sei froh, dass in Hamburg Konkretes passiere.
Insofern ist diese Stadt nicht gespalten, sondern sie wächst weiter zusammen und zwar für alle. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Freytag, Sie müssen sich entscheiden: Finden Sie es nun gut, dass Sie die Stadt von der SPD übernommen haben, war die Stadt gut aufgestellt oder nicht?
Wenn Sie hier die Stadtteile aufzählen, die Probleme haben, und den Sozialdemokraten vorwerfen, diese gebaut zu haben, kann ich nur erwidern: Im Prinzip haben die Sozialdemokraten seit 1949 fast alle Stadtteile dieser Stadt gebaut.
Die Stadt ist in einem guten Zustand gewesen, als Sie sie übernommen haben. Das kann man angesichts dessen, was wir heute in Hamburg vorfinden, nicht mehr unbedingt behaupten.
Die Großsiedlungen sind ja nicht entstanden, weil wir soziale Probleme zusammenballen wollten, sondern weil wir zu den Zeiten wirklich Wohnungsnot hatten. Der Osdorfer Born ist in den Sechzigerjahren infolge der Flutkatastrophe in Wilhelmsburg entstanden, als wir in Hamburg Wohnungen brauchten.
Noch etwas: Als es dann in diesen Gebieten tatsächlich zu Problemen gekommen ist, haben Sozialdemokraten etwas unternommen. Wir haben seit den Achtzigerjahren Programme zur sozialen Stadtentwicklung aufgelegt. Das, Herr Roock, sind die Programme, die evaluiert wurden. Diese Programme sind laut externen Experten erfolgreich gewesen.
Ihr Programm, das Sie angekündigt haben, läuft doch noch gar nicht. Herr Senator Freytag hat doch Stadtteile aufgezählt. Das sind doch fast nur Stadtteile, die schon 2001 im Programm waren. Sie haben doch im Prinzip seitdem nichts mehr getan! Sie haben nichts Neues auf den Weg gebracht.
Dort waren die Punkte aufgezählt, die wichtig sind. Dort stand drin, dass wir Quartiersmanager brauchen und dass wir dort Betriebsmittel einsetzen müssen, dass wir Nachsorge betreiben müssen. Was Sie unter Nachsorge in solchen Stadtteilen verstehen, ist aber, die Einrichtungen zu schließen, die diese Stadtteile stabilisieren. Das ist Ihre Nachsorge.
Ich finde es durchaus toll, dass auf der Veddel jetzt 300 Studenten in günstigen Wohnungen wohnen. Das trägt sicherlich zur Durchmischung bei und bringt Kaufkraft in das Gebiet. Aber Sie verschweigen hier, dass die städtischen Unternehmen SAGA und GWG auch mal eben die Mieten in den Wohnungen um 15 Prozent für alle anderen erhöht haben.
Oder in St. Georg: Kaum ist der neue Mietenspiegel erschienen und das Wohnanlagenverzeichnis veröffentlicht, erhöht die SAGA als erstes die Mieten in St. Georg um 25 Prozent. Was sind das für Vorgehensweisen von einem städtischen Wohnungsunternehmen? Insofern verstehe ich Ihre Aussage und dass Sie es als Unsinn bezeichnen, SAGA und GWG zu verscherbeln. Das ist aus Ihrer Sicht Quatsch. Wir finden es auch falsch – damit kein falscher Eindruck entsteht –, aber Sie können das Unternehmen doch so schön ausnehmen. Sie greifen den Unternehmen und Mietern in die Tasche. Sie ziehen 600 Millionen Euro heraus, um Ihre Projekte zu finanzieren. Das bezeichnen Sie dann auch noch als große Politik.
Das, was Sie in Hamburg tun, ist das genaue Gegenteil davon. Sie haben keine eigenen Ideen, Sie sind froh, dass wir Programme aufgelegt haben und wenn Sie diese einigermaßen hinüberretten. Fangen Sie an, etwas Eigenes zu machen, was gut ist für die Stadtteile, und nicht, was diejenigen Stadtteile, die schlecht bestellt sind noch weiter schwächt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schira hat vorhin auch etwas Richtiges gesagt, als er auf den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung verwiesen hat, in dem festgehalten ist, dass sich die Spaltung zwischen Arm und Reich in ganz Deutschland geöffnet hat. Der Bürgermeister – Frau Machaczek, Sie haben es auch gemerkt – denkt zuweilen nach. Er hat registriert, dass das auch Hamburg betrifft. Auch in Hamburg ist die Spaltung zwischen Arm und Reich größer geworden. Das müssen Sie doch auch wahrnehmen und zugestehen. Da müssen Sie doch auch sagen, das, was der Bürgermeister gesagt habe, das, was in ganz Deutschland der Fall sei, sei auch in Hamburg der Fall. Das sind Sie sich doch gegenüber Ihrer Ehrlichkeit schuldig.
Herr Senator Freytag hat aufgezählt, was alles getan wird. Das ist nicht wenig, richtig. Hamburg hat eine starke und gute Tradition in der sozialen Stadtteilentwicklung. Sie wurde in den frühen Neunzigerjahren begründet und diese wurde auch in der Legislaturperiode von 1997 bis 2001 fortgeführt. Dort ist eine Vielzahl der Gebiete gestartet, die der Senator eben benannt hat. Nach 2001, 2002, 2003, 2004, 2005 kam nichts in der sozialen Stadtteilentwicklung, keine weiteren Gebiete, keine neuen Gebiete, nichts.
Vier Jahre lang hat man nichts getan. Man hat überlegt, evaluiert und jetzt sind eine Reihe neuer Gebiete tatsächlich zur Reife gelangt. Das ist erst einmal ganz gut. Aber was haben wird denn für eine Situation? Gleichzeitig wurden in diesen vier Jahren, in denen man die Hände in den Schoß gelegt hat, die Mittel heruntergefahren. Gegenwärtig haben wir jetzt nur noch 7,5 Millionen Euro in der sozialen Stadtteilentwicklung. Dem stehen Anmeldungen aus den Bezirken in Höhe von 14,8 Millionen Euro gegenüber. Man kann es sich leicht ausrechnen: Das bedeutet, dass von den vielen einzelnen kleinen, mittleren und größeren sozialen Stadtteilentwicklungsprojekten, von denen jedes einzelne ein Baustein für eine soziale Stadt ist, viele Projekte leer ausgehen. Warum passiert das auch zum starken Maße? Wenn man in die Behörde hineinhorcht, hört man, das Gebiet XY – ich nenne es nicht, es ist aber ein ganz bestimmtes – könne leider nicht ins Programm aufgenommen werden, denn der neue Schwerpunkt Wilhelmsburg brauche viel Geld. Einen großen Haufen bilden Sie da, einen sozialen Leuchtturm im Wilhelmsburg. 100 Millionen Euro, sehr schön. Gut für Wilhelmsburg. Richtig, aber es ist ja nicht nur Wilhelmsburg, das diese Aufmerksamkeit braucht. Das haben Sie ja selbst gemerkt. Zwei, drei, fünf Stadtteile oder sind es zehn, die so viel Aufmerksamkeit bräuchten? Wir brauchen nicht einen sozialen Leuchtturm im Wilhelmsburg, wir brauchen mindestens so viele soziale Leuchttürme, wie es Stadtteile gibt, die vom Abrutschen bedroht sind.
Ich finde es engagiert, wie Senator Freytag hier das Programm "Soziale Stadtteilentwicklung" verteidigt. Da heißt es, es sei ein integratives Programm, ein übergreifendes Programm, alle Behörden müssten daran mitwirken, die BWA, die Sozialbehörde, die Schulbehörde. Aber leider muss Herr Freytag das alles allein machen.