Protokoll der Sitzung vom 11.05.2006

Herr Neumann, bitte.

Herr Hesse, Sie preisen die Radfahrerkompetenz der Abgeordneten in einem solchen Maße an, deswegen frage ich Sie, ob Sie bereit sind, mit mir zusammen die 55 Kilometer bei den Cyclassics zu fahren?

– Mit Ihnen?

(Michael Neumann SPD: Ja! – Petra Brinkmann SPD: Mit der SPD!)

Lieber Kollege Neumann, ich weiß zwar, dass die SPD Probleme hat, sich durch gute Politik auszuzeichnen und deswegen lieber Rad fährt, aber ich habe auch keine Probleme, diese Aufmerksamkeit, die Sie durch das Radfahren versuchen zu erlangen, mit Ihnen gemeinsam zu teilen. Selbstverständlich fahren wir beide auch den Cyclassics Fahrrad. Das ist zugesagt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Nichtsdestotrotz möchte ich hier zum Radfahren sprechen. Ich glaube, es müsste zwischen allen Fraktionen – und das war das, was ich in den letzten Monaten festgestellt habe – Einvernehmen geben, dass nicht nur immer mehr Menschen das Rad benutzen, sondern dass, je

besser das Radfahren und auch das Benutzen von Fahrrädern funktioniert, der gesamte Verkehrsablauf unserer Stadt davon profitiert und wir auch eine bessere Lebensqualität in der Stadt bekommen. Ich sage Ihnen zu, dass sich die CDU-Fraktion und der CDU-Senat in Zukunft dafür einsetzen werden, dass Fahrradfahren in unserer Stadt noch mehr Spaß macht – und es macht Spaß und ich kann es nur empfehlen – und dass Fehler der Vergangenheit endlich beseitigt werden und ein Neuanfang in dieser Stadt stattfindet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte aber auch einen Punkt ansprechen, der immer wieder im Zusammenhang mit Radfahren genannt wird, und das ist das Thema Radfahren und Recht und Gesetz. Die CDU begrüßt ausdrücklich die Kontrollen, die auch bei Radfahrern stattgefunden haben. Wir sagen, gerade in Richtung Behörde für Inneres: Weiter so. Wir wollen, dass auch gegen Verstöße von Radfahrerinnen und Radfahrern in unserer Stadt konsequent vorgegangen wird. Es kann nicht sein, dass rote Ampeln in unserer Stadt einen Autofahrer zum Anhalten bringen sollen, aber einzelne Radfahrer in unserer Stadt meinen, diese Ampeln nicht befolgen zu müssen. Da sagen wir: Weiter so, Senat, weiterhin konsequentes Vorgehen, auch gegen Verstöße von Radfahrerinnen und Radfahrern.

Es gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, leider keinen Deut daran zu rütteln, dass Hamburg in nationalen Vergleichstests nicht gut abschneidet.

(Christa Goetsch GAL: Na, haben Sie das erkannt! Das ist ja toll!)

Wir haben beim Fahrradklimatest einen Abstiegsplatz und können auch in anderen Bereichen nicht mit anderen Städten mithalten. Das steht unserer Stadt nicht gut zu Gesicht, das müssen wir verändern, da haben wir als CDU einen anderen Anspruch. Deswegen werden wir es verändern und dafür sorgen, dass auch diese Stadt in einigen Jahren Preise für ihre Radfahrpolitik bekommt. Dieses ist möglich und das werde ich Ihnen gleich darstellen.

(Beifall bei der CDU)

Die Kollegen Lühmann und Timmermann waren mit mir vor einigen Tagen in Kiel – mittlerweile schwarz-grün regiert – und haben festgestellt, was man in wenigen Jahren in einer Stadt wie Kiel erfolgreich für eine gute Radfahrpolitik machen kann. Kiel ist mittlerweile – Kollege Lühmann, Sie wissen das – sowohl vom ADAC als auch vom ADFC bundesweit mit einem zweiten Platz ausgezeichnet worden und diesen zweiten Platz haben sie sich verdient. Der ist ihnen nicht in die Hände gefallen, sondern es ist eine jahrelange Arbeit gewesen, dass Kiel tatsächlich eine radfahrfreundliche Stadt geworden ist und uns deutlich gemacht wurde, dass Kiel auch nicht aufhört, sondern dass Schwarzgrün in Kiel weiter daran arbeitet und dass es über alle Parteigrenzen hinweg einen großen Konsens gibt, dass das auch gut ist und weitergemacht werden soll.

Auch wir in Hamburg wollen diesen Paradigmenwechsel in der Radverkehrspolitik. Wir als CDU wollen diesen Paradigmenwechsel. Wir wollen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, aus den Fehlern, die wir alle gemacht haben. Da meine ich nicht nur die letzten Jahre, in der wir in der Verantwortung waren, sondern alle Parteien, die hier im Parlament vertreten sind. Wir wollen neue Ansätze durch eine Radverkehrskonzeption für unsere

Stadt. Ich möchte gerne aus einer Pressemitteilung des ADFC Anfang dieser Woche zitieren, was der Fachclub zu diesem Vorstoß der CDU-Fraktion und zur Radverkehrspolitik gesagt hat.

Stefan Warda, verkehrspolitischer Sprecher des ADFC, ärgerte sich auch über Fehlausgaben:

"Radverkehrsförderung war uneffektiv und sogar destruktiv, weil jahrelang unter allen Landesregierungen den Bezirken kurzfristig Sondermittel zur Verfügung gestellt wurden. Unter hohem Zeitdruck wurde dieses Geld überwiegend in völlig unsinnige oder überflüssige Radwege versenkt. Radwege wurden damit meist dort gebaut, wo kaum Bedarf war, weil so unbequeme Konflikte an anderen, wirklich wichtigen Radwegen elegant umgangen werden konnten. Grundsätzlich fehlte aber bislang ein übergeordnetes Radverkehrskonzept, das die Schwachstellen des Radverkehrsnetzes angehen muss."

Der Antrag der CDU-Politiker könnte aber Hamburgs Radverkehr nachhaltig verändern und sogar verbessern. Dazu meinte Warda:

"Meilensteine für Hamburgs Radverkehr könnten die Forderungen der CDU-Politiker nach einem Leitbild für ein neues Radverkehrskonzept, einem Maßnahmenplan sowie einem Qualitätsmanagement werden."

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hören wir bitte auf die Experten, binden wir doch die Experten ein, glauben wir doch nicht immer selber zu wissen, wofür wir das Geld ausgeben, sondern diskutieren wir gemeinsam, wohin das Geld für die Radfahrer in unserer Stadt fließen soll. Das ist besser, lernen wir aus unseren gemeinsamen Fehlern und machen wir es in Zukunft besser.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Kollege Lühmann, liebe Kollegin Timmermann! Ich möchte noch etwas zu dem Zusatzantrag sagen, der hier vorliegt. Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir auch in dieser Frage einen interfraktionellen Antrag hinbekommen hätten und vielleicht auch noch die eine oder andere gemeinsame Forderung heute hätten einbringen können. Das hat leider nicht geklappt. Deswegen möchte ich zu dem einen Punkt, auf den mich Frau Timmermann gestern noch angesprochen hat, zumindest jetzt schon etwas sagen, und zwar zu dem Punkt Finanzen. Natürlich kostet das alles Geld und ich sage Ihnen hiermit auch zu, dass sich die CDU-Bürgerschaftsfraktion dafür einsetzen wird, dass die entsprechenden Gelder auch beim Senat eingefordert werden. Das heißt aber nicht, dass wir mit Blick auf ein oder zwei Jahre sagen, in einem Jahr ist alles gut und erledigt, sondern hier handelt es sich um eine langfristige Konzeption. Bevor man sagt, wie viel Geld man wofür ausgeben möchte, muss man erst einmal wissen, wofür. Deswegen werden wir die Radverkehrskonzeption erstellen und anschließend entscheiden, in wie viel Jahren wir mit welchem finanziellen Aufwand Verbesserungen herbeiführen können.

Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir heute aus mehreren Gründen ablehnen. Zum einen würde dieser Antrag, der, glaube ich, aus 23 Punkten besteht

(Jörg Lühmann GAL: 22!)

22, Entschuldigung –, die Umsetzung unseres Antrags, eine Konzeption zu entwickeln, unnötig erschweren, denn

er würde in vielen Punkten schon etwas vorwegnehmen, was wir in unserer Konzeption erst einmal beraten und weiterentwickeln wollen. Wir wären in einer Abstimmung dieser Konzeption nicht mehr flexibel, wenn wir Ihren Antrag annehmen und die Konzeption schon vorwegnehmen würden und sagen, das ist das Ergebnis. Das geht nicht und das wollen wir nicht. Wir haben im Übrigen – Kollege Lühmann weiß das – auch schon einzelne Punkte Ihres Antrags im Stadtentwicklungsausschuss abgelehnt. Durch mehrmaliges Stellen von Anträgen oder einzelner Punkte werden diese auch bei der CDU nicht zustimmungsfähiger. Deswegen werden wir sie auch heute nicht annehmen.

Ich möchte dennoch sagen, dass ich mich über die Gespräche, die bisher zwischen den Fraktionen in der Frage "Förderung von Radverkehrspolitik" stattgefunden haben, sehr gefreut habe. Ich glaube, dass wir heute eine sehr gute Ausgangsbasis hier im Parlament haben, um in Zukunft gemeinsam einen neuen Wege in der Radverkehrspolitik in unserer Stadt zu gehen. Deswegen bitte ich Sie und fordere Sie auf: Stimmen Sie heute für die Radfahrerinnen und Radfahrer in unserer Stadt, stimmen Sie für den CDU-Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Timmermann, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für Hamburgs Radfahrerinnen und Radfahrer. Die CDU entdeckt die Radfahrer und das hoffentlich auch mit finanziellen Konsequenzen.

Seitens der Regierungsfraktion wird der Senat ersucht, ein Radwegekonzept zu erarbeiten. Diese Konzeption soll neben Maßnahmenplan Aussagen zur Finanzierung und Priorität erhalten. Ich hätte mir gewünscht, Herr Hesse, dass die Regierungsfraktion auch eigene Forderungen stellt, konkrete Inhalte formuliert und nicht ausschließlich den Senat bittet, Vorschläge zu machen. Etwas mehr Kreativität und Ideenreichtum hätte ich mir schon vorstellen können.

Dies gilt insbesondere bezüglich der Bereitstellung von Haushaltsmitteln, da keine klare Forderung gestellt wird. Sie haben gerade eben noch einmal formuliert, dass Sie der Auffassung seien, dass die Bezirke das Geld verschwenden oder unnütz einsetzen. Es ist jedoch aus unserer Sicht die Grundvoraussetzung, dass man, wenn man etwas erreichen will, auch deutlich macht, Geld in die Hand nehmen zu wollen. Sie haben es eben erläutert, dass dies für Sie eine Selbstverständlichkeit sei, aber aus Ihrem Antrag wird das nicht deutlich. Sie haben in der Einleitung etwas über Finanzen gesagt.

Mit unserem Antrag machen wir deutlich, welche Maßnahmen nötig sind, um das Radfahren in einer menschlichen Metropole sicherer und attraktiver zu gestalten.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehört selbstverständlich auch ein Alltagsradverkehrsnetz abseits der Hauptverkehrsstraßen, wie Sie es auch gefordert haben, Herr Hesse. Sie möchten gern von Langenhorn bis zum Rathaus mit dem Fahrrad fahren. Planungen für ein solches Netz – bei uns hieß es seinerzeit "Velonetz" – gibt es bereits. Es muss bei Bedarf in

den Fachbehörden nur entsprechend modifiziert werden und, wenn Sie dies wirklich wollen, müssen Sie Haushaltsmittel bereitstellen. Genau das fordern wir im Punkt 2 unseres Antrages.

Auf unserer gemeinsamen Fahrradexkursion mit dem ADFC in Kiel konnten wir eine Vielzahl von innovativen Maßnahmen sehen, die zur Steigerung des Radverkehrs in Kiel geführt haben. Hinweisen möchte ich insbesondere – das haben Sie ja auch deutlich gemacht – auf die Einrichtung eines Fahrradbeirates oder -forums, der kontinuierlich zusammentritt, sich für die Umsetzung eines Fahrradnetzes einsetzt und konkrete Vorschläge zur Verbesserung dieses Netzes macht. Durch die Teilnahme der zuständigen Verbände – Sie haben darauf hingewiesen, dass man dieses Fachwissen natürlich braucht – und der Institution – aber für uns ist es wichtig, dass auch die Abgeordneten aus der Bürgerschaft und den Bezirksversammlungen dabei sind – wird natürlich die Akzeptanz neuer Maßnahmen erst erreicht. Man muss dies mit den Bezirken machen, da die Bezirke eine hohe örtliche Kompetenz haben. Diese müssen mit eingebunden werden, wenn man solch einen Beirat einrichtet.

(Beifall bei der SPD)

Bedingt durch die ständig steigenden Benzinkosten – Sie haben auch darauf hingewiesen – wird das Fahrrad immer häufiger als Verkehrsmittel benutzt. Um dem gerecht zu werden, bedarf es eines intakten Radverkehrsnetzes. Uns geht es insbesondere um die schwächeren Verkehrsteilnehmer, die Kinder und Jugendlichen, die mit dem Fahrrad zur Schule und zu ihrer Freizeitaktivität fahren. Ihnen muss so viel Sicherheit wie möglich und nötig geboten werden. Es kann nicht hingenommen werden, dass in der Unfallstatistik bei den Fahrradfahrern steigende Zahlen bei den Verkehrsunfällen zu verzeichnen sind. Ich gebe Ihnen Recht, dass es natürlich Kontrollen geben muss, auch bei den Fahrradfahrern. Das ist aber der geringere Teil. Man muss dafür sorgen, dass die Fahrradwege in einem Zustand sind, dass sie wirklich sicher sind.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Willfried Maier GAL – Vizepräsidentin Bettina Bliebenich über- nimmt den Vorsitz.)

Dem Thema "Sicherheit für Fahrradfahrer" wird in unserem Antrag in einer ganzen Reihe von Punkten Rechnung getragen. Dies fängt an mit dem Punkt 5, der Herrichtung von Radverkehrsanlagen nach den Kriterien der PLAST 9, geht weiter mit dem Punkt 6, dem konsequenten Sichern der Radverkehrsanlagen gegen das Abstellen von Kraftfahrzeugen bis hin zum Punkt 10, das Umfeld von Schulen und Straßen, die Teil des Radwegenetzes sind, als Fahrradstraßen einzurichten, auf denen das Fahrrad das bestimmende Fahrzeug ist. Herr Lühmann wird sicherlich noch intensiver darauf und auf weitere Dinge eingehen.

Mit diesen Maßnahmen ist der Radverkehr besser zu fördern. Wir kommen dem Ziel damit einen Schritt näher. Ziel muss es sein – Sie haben es eben auch formuliert –, dass wir beim Fahrradklimatest nicht immer den letzten Platz einnehmen, sondern dass dort eine Veränderung eintritt.

Sie haben eben angekündigt, unserem Antrag nicht zuzustimmen. Ich hätte gehofft, Sie hätten an der einen oder anderen Stelle ein Signal gegeben und einigen Punkten unseres Antrags zugestimmt, anstatt auf die

Ideen der Fachbehörde zu warten. Sie müssen doch konkret sagen, welche Maßnahmen man heute schon einführen kann. Es gibt Maßnahmen, die schon jetzt auf den Weg gebracht werden können. Dieses Signal hätten Sie setzen sollen.

Wir glauben, dass unser Antrag der richtige Weg ist, damit Hamburg zu einer fahrradfreundlichen Stadt wird. Wir hoffen, dass das eine oder andere aus unserem Antrag bei der Umsetzung der Konzeption in der Fachbehörde mit einfließt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Lühmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Timmermann, ganz so sicher wie Sie bin ich mir nicht, dass dies heute ein guter Tag für den Radverkehr ist.