Protokoll der Sitzung vom 26.05.2004

Wir versuchen, einen Punkt im GAL-Zusatzantrag zu prüfen, nämlich ob die Stadt die Fläche als Zwischenerwerber kauft. In Zeiten leerer Kassen sind Zwischenfinanzierungen von Grundstücken nur im Ausnahmefall zu begründen. Sollte sich der Bund aber weiterhin renitent verhalten, müssen wir dieses wohl ernsthaft in Betracht ziehen.

Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben doch besten Einfluss auf die Bundesregierung. Vielleicht können Sie dort die Herzen für Jenfeld erwärmen.

(Beifall bei der CDU)

Der Antrag ist deshalb auch als politisches Signal zu werten. Das Signal lautet, dass nun endlich die Brachfläche in Jenfeld bebaut werden muss. Gerade zum siebenhundertjährigen Geburtstag des Stadtteils, der im nächsten Monat gefeiert wird, muss die Politik den Bürgern vor Ort eine Perspektive aufzeigen, denn warten mussten die Jenfelder in der Vergangenheit schon lange genug. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Quast.

Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Liebe Frau Hochheim, dass Sie bei diesem Thema nicht daran vorbeikommen konnten, den Bund jetzt schon zu prügeln, obwohl das Projekt noch gar nicht begonnen wurde, ist bedauerlich, zumal Sie dabei unterschlagen, was an Bundesmitteln alles in den Stadtteil Jenfeld geflossen ist, um das Programm der sozialen Stadtteilentwicklung zusammen mit Hamburger Mitteln zu ermöglichen. Das hatten Sie vorhin noch gelobt. Dann vergessen Sie bitte nicht, was der Bund dort auch mit Geld getan hat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wenn es darum geht, die Abwanderung von Familien ins Umland zu stoppen, wenn es darum geht, familiengerechten Wohnraum in Hamburg zu schaffen, und wenn es darum geht, etwas für Jenfeld zu tun, dann steht die SPD-Fraktion an der Seite des Senats und notfalls auch an der Seite der CDU.

(Michael Neumann SPD: Das war nun mal Wäh- lerwille!)

Es entspricht unserem Bestreben, auf der Fläche der Lettow-Vorbeck-Kaserne einen Beitrag zu diesen Zielen zu leisten und die Chancen für Jenfeld, die Sie beschrieben haben, zu nutzen. Das hat die Wandsbeker SPD übrigens im Stadtteil, aber auch gegenüber diesem und dem Vorgängersenat stets so vertreten.

Die CDU-Fraktion hat uns einen Antrag vorgelegt, der vorgibt, das Ziel zu verfolgen, die Lettow-VorbeckKaserne durch die Schaffung von nachfragegerechtem, individuellem Wohneigentum zu einem familiengerechten Zentrum Jenfelds zu machen. Wenn man das vernimmt und die heutige Presseberichterstattung verfolgt, könnte man meinen, dass auf dem Kasernengelände ein großes Wohnungsgebiet nur für Familien entstehen wird. Doch wie ist die Situation nun wirklich?

Der CDU-geführte Senat hat vor zwei Jahren beschlossen, dieses Gelände in der ersten Tranche für Gewerbeflächen aufzunehmen, obwohl der Bezirk Wandsbek sich vorrangig für Wohnungsbau auf dem Kasernengelände ausgesprochen hatte. Das können Sie, Frau Dr. Hochheim, auch nachlesen, das wurde im letzten Jahr bestätigt.

Auf die damalige Senatsposition beziehen Sie sich heute in Ihrem Antrag und sprechen ausdrücklich nur von den vom Senat für Wohnungsbau vorgesehenen Flächen.

Wie sieht die Rechnung tatsächlich aus? Die Kasernenfläche ist circa 35 Hektar groß. 3,5 Hektar nutzt der Bundesgrenzschutz und er wird sie weiter nutzen. Ebenfalls

3,5 Hektar nutzt der Hamburger Fußballverband, der ebenfalls dort bleiben soll. Es verbleiben also 28 Hektar. Auf diesem Areal will der Bund Flächen für den Zoll und das Bundesprüfungsamt erhalten. Ein Teil der Kaserne soll unter Denkmalschutz gestellt werden und ausweislich der Senatspläne sollen 10 Hektar als Gewerbefläche genutzt werden. Am Ende bleibt also mit Glück ein Drittel der Fläche der ehemaligen Kaserne überhaupt für Wohnungsbau verfügbar.

Ihr Antrag, liebe Frau Hochheim, leistet – anders, als Sie das hier mündlich vortragen – keinen Beitrag, den Schwerpunkt tatsächlich in Richtung Wohnungsbau zu verschieben. Was Sie mit Ihrem Antrag tatsächlich machen, ist, wortreich ein Verfahren zu beschreiben, wie es ohnehin von der damaligen Behörde für Bau- und Verkehr angelegt war. Erklären müssten Sie aber schon, was Sie unter einer schlanken Aufstellung des Bebauungsplans verstehen. Das Verfahren ist doch weitgehend gesetzlich definiert. Was wollen Sie weglassen? Die Bürgerbeteiligung oder worum geht es Ihnen dabei?

Was Sie mit Ihrem Antrag verfolgen, ist die Ausrichtung der Wohnbebauung ausschließlich auf familiengerechte Wohnungen, schwerpunktmäßig als Eigenheim. Sicher ist, wir brauchen mehr familiengerechte Wohnungen in Hamburg auch im Eigentumssegment. Wir wollen auch familiengerechten Wohnraum auf der Fläche der LettowVorbeck-Kaserne schaffen und wir wollen dies auch mit Eigenheimen verwirklichen. Aber wir wollen das nicht ausschließlich so.

Es ist nicht sinnvoll, in Hamburg neue Quartiere dieser Größe zu schaffen, die ausschließlich für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe vorgesehen sind. Wir wollen dem sich in Hamburg ständig verstärkenden Trend der Segmentierung der Bevölkerungszusammensetzung in den einzelnen Stadtteilen entgegenwirken. Wir wollen, wo dies gelingen kann, gemischte Quartiere, in denen Jung und Alt, In- und Ausländer, Familien und Singles leben, und Menschen, die sich Eigenheime leisten können und wollen, und solche, die das eben nicht können oder wollen. Deshalb brauchen wir Quartiere, in denen die Menschen verschiedene Wohnungen und Wohnformen passend für ihre jeweilige Lebenssituation finden können,

(Beifall bei der SPD)

und zwar so, dass sie nach Abschluss einer Lebensphase einen Stadtteil nicht nur deshalb verlassen müssen, weil sie dort keinen bedarfsgerechten Wohnraum mehr finden. Das ist kontraproduktiv. Nur das Verbleiben in einem Quartier trägt dazu bei, dass Stadtteile auch sozial stabil bleiben.

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

Wir sollten die Chancen für ein gemischtes Wohnquartier nutzen und diese nicht vergeben, gerade hier, wo es nötig ist und wo es gilt, so auch die Erfolge der sozialen Stadtteilentwicklung in Jenfeld dauerhaft zu sichern.

Deshalb wollen wir auf dem Gelände vornehmlich familiengerechte Wohnformen, aber nicht ausschließlich. Wir wollen dort Eigentumsmaßnahmen unterstützen, aber auch Mietwohnungen. Deshalb wollen wir dort Reihenhäuser realisieren, aber auch Geschosswohnungsbau.

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

Nur so kann dort ein neues Zentrum Jenfeld auch wirklich entstehen, wie Sie es formulieren.

Wer sich mit den Gründen befasst, warum Familien aus Hamburg wegziehen, weiß, dass dieses nicht vordringlich deshalb so ist, weil sie Eigentum erwerben wollen. Nur rund die Hälfte zieht im Umland tatsächlich in Eigenheime. Eines der wichtigsten Bedürfnisse ist dabei, den Lärmbelastungen einer Stadt zu entfliehen. Dies Bedürfnis werden wir in einer Großstadt sicherlich nie vollkommen befriedigen können. Wir sollten aber versuchen, wenn wir ein neues Wohnquartier entwickeln, die Lärmbelästigungen von vornherein möglichst gering zu halten, um dieses überhaupt attraktiv zu machen.

Dazu gehört auch zu prüfen, ob der Hubschrauberlandeplatz, der dort existiert und auch weiter vorgesehen ist, so bleiben muss oder ob es Alternativen gibt. Verstehen Sie mich nicht falsch, mir geht es nicht darum, Hubschrauberlandeplätze für Polizei und Rettungswesen zu verlegen. Die brauchen wir in Hamburg und damit müssen die Hamburger auch leben. Wenn es nur um ungefähr fünf Starts und Landungen im Monat geht, ist das sicherlich kein Problem. Ein Problem wird es aber dann, wenn dieser Hubschrauberlandplatz – so ist die augenblickliche Situation – regelmäßig für Filmaufnahmen genutzt wird und er inmitten eines Wohngebiets liegt. Da sollte man prüfen, ob es andere Möglichkeiten gibt. Das fordert auch unser Antrag.

(Beifall bei der SPD und bei Martina Gregersen GAL)

Es gibt noch eine Reihe offener Fragen im Zusammenhang mit der Überplanung der Lettow-Vorbeck-Kaserne. Ich nenne nur einige:

Wann steht das Gelände wirklich zur Verfügung? Welche Teile stehen zur Verfügung? Werden Teile der Kaserne unter Denkmalschutz gestellt? Wie sind diese dann nutzbar? Müssten wir Erweiterungsflächen für das Studio Hamburg oder für den Fußballverband schaffen? Werden CDU und Senat dem Bund den Schwarzen Peter zuschieben, wenn die Grundstücke nicht günstig genug sind? Das lässt sich aufgrund Ihrer Ausführungen, Frau Dr. Hochheim, die Sie schon heute nicht unterdrücken konnten, vermuten. Die Frage ist, ob wir das dann so mit Ihnen gemeinsam machen wollten. Weiterhin ist die Frage zu klären, wann endlich das lang angekündigte Wohnungsbauförderungsprogramm des Senats für junge Familien kommt.

(Beifall bei der SPD)

Sie sehen, es macht Sinn, im Ausschuss über diese Anträge zu reden. Deswegen werden wir uns dem Überweisungsbegehren der GAL anschließen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Lieven.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Frau Hochheim, Sie haben einen schönen Wunschzettel aufgeschrieben, wie Sie sich vorstellen, dass die Entwicklung der Lettow-Vorbeck-Kaserne weitergehen soll. Das ist nicht der erste Wunschzettel, es gab schon mehrere. Dazu komme ich aber gleich.

Bei der Recherche war ich sehr erstaunt, als ich über eine Pressemitteilung der Umweltbehörde vom Januar dieses Jahres stolperte, in der die Umweltbehörde feststellte, sie hätte beim Flächenrecycling einen neuen Spit

zenwert aufgestellt. Darin war auch die Lettow-VorbeckKaserne aufgeführt. Die Umweltbehörde verkündete, sie hätte in 2003 50 Hektar recycelt und 28 Hektar würde die Lettow-Vorbeck-Kaserne ausmachen. Das ist doch eigentlich ganz toll. Da hieß es, auf diesen recycelten Flächen würden neue Büros, Wohnungen und Gewerbeflächen entstehen. Das ist hervorragend. Dann brauchten wir hier eigentlich gar nicht zu stehen und uns darüber zu unterhalten. Die Umweltbehörde hat im Wahlkampf bereits verkündet, dass das alles fertig gestellt worden ist.

(Hans-Detlef Roock CDU: Die Umweltbehörde macht doch keinen Wahlkampf!)

Das war ihr ehemaliger Koalitionspartner gewesen. Daran brauchen Sie sich nicht mehr zu erinnern. Das haben Sie natürlich am liebsten schon vergessen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Sie haben damals die Recyclingbilanz aufgehübscht, frisiert sozusagen, denn Flächenrecycling hatte für den letzten Senat keine Priorität. Das zeigt sich eindeutig daran, dass Sie dort keinerlei vorzeigbare Erfolge erzielt haben. Im Gegenteil. Recycelt haben Sie in der letzten Legislaturperiode hauptsächlich alte Bebauungspläne aus den Achtziger- und Neunzigerjahren, so zum Beispiel in Wohldorf-Ohlstedt, Am Immenhorstweg, Hinsenfeld oder Königskinderweg. Das, meine Damen und Herren von der CDU, ist kein Flächenrecycling, das ist Flächenverbrauch. Da haben Sie etwas missverstanden.

(Beifall bei der GAL)

Ich verstehe Ihren Antrag jetzt so, dass Sie das in Zukunft anders machen wollen. Das zeigt, dass Sie lernfähig sind, was im Grunde genommen zu begrüßen ist.

Apropos lernfähig. Mit Interesse haben wir im Regierungsprogramm die Ankündigung gelesen, jetzt einen Masterplan Konversionsflächen aufstellen zu wollen. Das ist begrüßenswert. So etwas haben wir gefordert und im letzten Jahr auch Haushaltsanträge dazu eingebracht. Nun legen Sie aber erst einmal mit einem Einzelvorhaben los und keineswegs mit einem Masterplan. Das ist vielleicht verständlich vor dem Hintergrund, dass dieses Projekt Lettow-Vorbeck-Kaserne hochgradig überfällig ist, aber es ist in keiner Weise konsequentes und stringentes Handeln.

Deswegen bleiben Sie, was den Masterplan angeht, in der Bringschuld. Sie müssen das in den Haushaltsberatungen für den anstehenden Doppelhaushalt konkretisieren und zeigen, wie Sie alle Konversionsflächen in Hamburg – das sind über 50 mit 500 Hektar Fläche – angehen wollen und dort eine Entwicklung in Gang setzen wollen. Mit einer Einzelfläche kommen Sie da nicht aus dem Wort, das Sie selbst aufgestellt haben. Sonst heißt es: Versprochen und gebrochen.

Zu Ihrem heutigen Antrag, Frau Hochheim. Man muss bei dieser Frage eigentlich zwei Ebenen unterscheiden, nämlich erstens, was städtebaulich wünschenswert ist – darüber gibt es wahrscheinlich unterschiedliche Auffassungen in der Nuance –, und zweitens, wie man es erreicht und wie es tatsächlich vorangebracht werden kann. In Wandsbek gibt es seit einigen Jahren Konsens darüber, dass man dort roundabout zwei Fünftel Gewerbe, zwei Fünftel Wohnungsbau und ein Fünftel Grün haben will. Damit hat man eigentlich eine tragfähige Grundlage für einen städtebaulichen Wettbewerb und könnte an der