Dieser Betreuer, den Sie immer wieder gerne als Kronzeugen herbeirufen, dieser Betreuer, der in diesem ganzen Verfahren eine ausgesprochen unrühmliche Rolle spielt, der dem Jugendlichen mehr geschadet hat, als er ihm genutzt hat, dieser Betreuer ist bereits vor Wochen von seinem eigenen Träger abgemahnt worden. Inzwischen dürfen in diese Wohngruppe, die dieser Betreuer leitet, keine weiteren Jugendlichen mehr eingewiesen werden. Das sind die Maßnahmen, die Sie präferieren, um diese Jugendlichen anzusprechen. Ich glaube, Frau Blömeke, Sie haben bewiesen, dass Sie es nicht können.
Ich will etwas zu dem Versuch sagen, so zu tun, als ob der berühmte Manuel G. erst im hohen Alter von zehn Jahren plötzlich, überraschenderweise straffällig geworden wäre, zufälligerweise genau in dem Alter, wo der Senat in dieser Stadt gewechselt hat. Nehmen Sie zur Kenntnis, und das können Sie selbst in der "Bild"-Zeitung und vielen anderen Zeitungen nachlesen, dass dieser Jugendliche bereits im Alter von vier Jahren zum ersten Mal durch Gewalttaten aufgefallen ist.
Da er 1990 geboren wurde, war das 1994. Wenn hier ein Jugendhilfesystem gründlich versagt hat, dann war es Ihres. Wir haben heute die Reste dessen wegzuräumen, was Sie jahrelang versäumt haben. Sie tragen die Verantwortung und Sie stehlen sich aus dieser Verantwortung.
Wir werden weiterhin eine Einrichtung, die wir für richtig halten, die in ihrer Konzeption richtig ist, mit der Senatorin und mit dem Senat weiter betreiben. Wir stehen als Fraktion hinter diesem Senat und der Zweiten Bürgermeisterin, weil wir der festen Überzeugung sind, dass dieses Konzept der Jugendhilfe richtig ist. Wir wollen den Jugendlichen eine letzte Chance bieten, bevor auf Sie der Knast wartet. Sie wollen das nicht, Sie wollen Kuschelpädagogik. Wir stellen uns der Realität, Sie nicht.
Dann kommen wir zum zweiten Thema, von der GALFraktion angemeldet: Fleischskandale ohne Ende, weiter wurschteln geht nicht mehr.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Kette der Fleischskandale in den letzten Monaten reißt nicht ab. Lassen Sie uns einmal die Schlagzeilen der letzten Monate Revue passieren. Oktober 2005: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Händler, der tonnenweise Schlachtabfälle importiert hatte, einfach zu Lebensmitteln umdeklariert und an Lebensmittelproduzenten verkauft hat. November 2005: Kühlhäuser in mehreren Bundesländern werden durchsucht. Verdorbenes und überlagertes Fleisch wird sichergestellt. Januar 2006: Tonnenweise verfaulte Wildproduk
te werden beschlagnahmt. Ende August 2006 beschlagnahmen die Behörden 110 Tonnen überlagertes Fleisch, dessen Haltbarkeitsdatum um bis zu vier Jahre überschritten war.
Es ist offensichtlich so, dass tatsächlich einiges faul ist im Staate Deutschland. Wer angesichts dieser nicht abreißenden Kette von Fleischskandalen nur noch von einzelnen schwarzen Schafen spricht, wie es teilweise getan wird, der will entweder von der eigenen Verantwortung ablenken oder die eigene Untätigkeit bemänteln. Vielmehr ist es so, dass das ganze System des Lebensmittelhandels und der Lebensmittelkontrolle krank ist.
Hamburg steht bisher nicht im Zentrum der Fleischskandale. Hamburg hat aus meiner Sicht bisher einfach Glück gehabt. Denn alleine mit der Qualität der Lebensmittelkontrolle in Hamburg kann das nichts zu tun haben. Aus meiner Sicht gibt es erstens zu wenige Lebensmittelkontrollen in Hamburg, zweitens sind diese zu planlos, drittens zu lasch und viertens sind die Ergebnisse zu geheim.
Zu dem ersten Punkt – zu wenig Kontrollen. Es wird zu wenig kontrolliert, weil es schlicht zu wenig Kontrolleure gibt.
Im Institut für Hygiene und Umwelt ist die Zahl der besetzten Stellen in den Jahren 2000 bis 2005 von 75,4 auf 69,1 gesunken. Die Zahl der Untersuchungen von tierischen Produkten sank im gleichen Zeitraum von 1418 auf 624, also auf weniger als die Hälfte. In den Bezirken hat man das gleiche Bild: Dort ist die Zahl der Lebensmittelkontrolleure in den Jahren 1995 bis 2005 von 73 auf 61 zurückgegangen.
Es ist nun einmal so, dass wir für mehr Kontrollen auch tatsächlich mehr Kontrolleure brauchen. Diese zusätzlichen Stellen könnten auch finanziert werden. Es ist nicht so, dass wir etwas fordern, wofür wir keine Gegenfinanzierung vorgeschlagen hätten. Wir sagen, dass zusätzliche Kontrollen der gesamten Branche nützen, gerade denjenigen nützen, die auch jetzt schon sauber arbeiten, und dass deswegen zusätzliche Kontrollen auch über Gebühren finanziert werden können und sollen und dass das auch große Akzeptanz in der Branche genießt. Dem verweigern Sie sich leider.
In Hamburg wird eben nicht nur zu wenig, sondern auch zu planlos kontrolliert. Das macht der Vergleich zwischen den Bezirken deutlich. In Eimsbüttel werden überwachungspflichtige Betriebe im Schnitt dreimal im Jahr kontrolliert, in Wandsbek weniger als einmal. Im Bezirk Mitte werden siebenmal so viele Ordnungswidrigkeiten festgestellt wie im Bezirk Eimsbüttel.
Die Senatorin hat vor ein paar Jahren bei einem so genannten Gammelfleischgipfel in Berlin auch die Forderung nach einem bundeseinheitlichen Kontrollstandard mit abgenickt. Nur leider müssen wir feststellen, dass sie noch nicht einmal für einen einheitlichen Standard hier in Hamburg sorgen kann. Das ist ein ziemlich deutliches Versagen, Frau Senatorin.
Wenn Verstöße entdeckt werden, wird in Hamburg zu lasch bestraft. Im Bezirk Eimsbüttel beispielsweise hat
2004 nur jeder siebte Verstoß zu einem Bußgeldbescheid geführt. Im Jahr 2005 stehen 23 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren nur 6500 Euro an Bußgeldern gegenüber – also nicht einmal 300 Euro je Verfahren. Für jemanden, der hunderttausende Euro Umsatz macht, ist das nur ein Taschengeld. Eine abschreckende Wirkung kann von solchen Bußgeldern wirklich nicht ausgehen.
Eine angemessene Verfolgung von Straftaten im Lebensmittelbereich ist etwas, was Sie – verbal zumindest – auf dem Gipfel in Berlin unterstützt haben. Aber ich frage Sie: Wenn das so wichtig ist, warum kommt hier dann nicht eine Initiative, dass wir in Hamburg für Norddeutschland eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für den Lebensmittelbereich einrichten? Wo ist die Umsetzung, warum bleibt es immer nur bei diesen Verbalien, Frau Senatorin?
Schließlich sind die Ergebnisse zu geheim. Die Verbraucher werden nicht über die Kontrollergebnisse informiert. Die Namen von Betrieben werden nicht genannt. Hier rangieren die Betriebsgeheimnisse von Lebensmittelpanschern für den Senat offenbar höher als die Interessen der Verbraucher. Hier wird Täterschutz zum Datenschutz umetikettiert. Statt Geheimniskrämerei brauchen wir Transparenz und aktive Information der Verbraucher. Ein einfaches System existiert ja. Wir müssen nur zu unserem nördlichen Nachbarn schauen – nach Dänemark. – Ich komme damit auch zum Ende. – Dort passiert das relativ einfach. Wer als Imbiss oder als Restaurant sauber ist, bekommt an seine Tür einen Smiley, der lächelt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Maaß, auf den ersten, den allgemeinen Teil Ihrer Rede möchte ich nicht weiter eingehen. Aber auf den zweiten möchte ich sehr gerne eingehen, denn der betraf Hamburg. Dazu gibt es einiges zu sagen.
Ein wenig habe ich das Gefühl, als wenn Sie sich die Zahlen in Ihrer Rede – und auch die in Ihrer Pressemeldung – so hinschnippeln, wie Sie …
Wie Sie mit dem Zahlenmaterial, das auf Ihre Große Anfrage geliefert wurde, – genau das meine ich – umgegangen sind, da muss ich schon sagen: Ich habe Ihr Verhältnis zur Wahrheit nicht ganz verstanden.
Genau diese Zahlen, wie Sie sie in den Zusammenhang setzen, zum Beispiel in der Pressemitteilung, genau das will ich Ihnen gleich beweisen, ist nicht richtig! Darauf komme ich gleich zu sprechen.
Zum Beispiel ist von Ihnen in der Zeitung zu lesen, eben haben Sie es auch noch einmal erwähnt, dass sich die Untersuchungsaufträge beim Institut für Hygiene und Umwelt von 1418 im Jahr 2000 auf 624 im Jahr 2005 reduziert hätten. Sie schreiben dann in einer Zeitung, das läge – mit der kleinen Einschränkung "wahrscheinlich" – daran, dass wir zu wenig Lebensmittelkontrolleure hätten. Genau das ist nicht der Fall. Der Senat hat darauf eindeutig geantwortet.
Und zwar hat es zwei EU-Aufträge gegeben, die bis 2003 kleinteilig auch Antibiotika und Ähnliches untersuchen ließen und danach nivellierten sich die Untersuchungsaufträge wieder auf ein ganz normales Verhältnis, auf eine ganz normale Zahl. Das hat mit der Anzahl der Lebensmittelkontrolleure überhaupt nichts zu tun.