Protokoll der Sitzung vom 14.02.2007

(Dr. Andreas Mattner CDU: Ulla Schmidt!)

und die angeblich nur 300 Kilometer im Monat mit einem neuen, modernen, effizienten, Sprit sparenden Auto zurückzulegen? Niemand hindert Sie daran, Sie müssen es nur machen, Sie müssen Ihrer Vorbildfunktion als Bürgermeister gerecht werden.

Diese Vorbildfunktion will ich aber nicht nur auf diese privat zurückgelegten 300 Kilometer beschränken, weil die tatsächlich das wenigste sind, was uns ernsthaft interessiert. Was uns vielmehr interessieren muss ist die Frage, wie es denn mit dem öffentlichen Fuhrpark aussieht, wie unser Senatsfuhrpark zusammengesetzt ist. Haben wir Hybridwagen im Fuhrpark? Wie sehen denn die öffentlichen Fuhrparke der Verwaltung aus, wie wird da gefahren? Wie wird die Vorbildfunktion, die die Stadt gegenüber den Bürgern hat, ausgefüllt? Dazu werden wir wahrscheinlich noch viele Fragen stellen müssen.

Wenn Sie diese Vorbildfunktion ernsthaft wahrnähmen, dann hätten Sie wahrscheinlich einen größeren Einfluss gerade auf die deutsche Autoindustrie, die drei große Fehler begeht. Sie hat den Rußfilter verpennt, sie hat die Hybridtechnologie verpennt und sie setzt ziemlich stark auf diese sogenannten Sports-Utility-Vehicles, die den größten Zuwachs am Markt haben. Da muss man sich doch wirklich fragen, wie denn die Zukunftsperspektive der deutschen Autoindustrie aussieht. Die kann doch, wenn sie auf dem Weltmarkt bestehen will, nur darin bestehen, heute die Entwicklungen zu ökologisch sinnvolleren Autos nachzuvollziehen und sich an die Spitze der Entwicklung zu setzen, statt hinterher zu trödeln. Genau da müssen Sie, Herr von Beust, Farbe bekennen. Sie sind Umweltkommissar der CDU, dann müssen Sie auch an dieser Stelle dafür sorgen,

(Olaf Ohlsen CDU: Ist richtig, Herr Lühmann!)

dass im Interesse der Zukunftsfähigkeit der deutschen Autoindustrie möglichst hohe Standards eingehalten werden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Mit diesen Fehlentwicklungen, die wir bei den SportUtility-Vehicles und anderen haben, geht noch eine zweite Fehlentwicklung einher. Den Porsche Cayenne zum Beispiel mit 500 PS zum Brötchenholen braucht kein Mensch.

(Olaf Ohlsen CDU: Was fahren Sie denn für ein Auto?)

Autos, die 250 Kilometer in der Spitze und mehr laufen, sind die Spritfresser und Umweltzerstörer schlechthin. Solange der Besitz eines solchen Autos als ein prestigeträchtiges Modell angesehen werden kann, solange liegen wir völlig falsch. Wir wissen offenkundig, dass den Fahrern dieser Fahrzeuge die Spritpreise an den Zapfsäulen herzlich egal sind. Es wird immer so getan, als wäre Deutschland ein Hochpreisland in Bezug auf Kraftstoffe, aber bei dieser Entwicklung, die am weitesten vorangaloppiert und in der Trends für die Bevölkerung gesetzt werden, in dem Bereich ist es völlig egal, wie viel verbraucht wird. Gegen diese Fehlentwicklung hilft in der Tat nur das, was Herr von Beust im eingangs erwähnten Interview als Tabubruch erklärt hat: Wir brauchen ein Tempolimit, und zwar fix und bundesweit.

(Wolfhard Ploog CDU: Haben wir doch!)

Nein, Herr Ploog, wir haben kein generelles Tempolimit auf den Autobahnen.

Sie müssen sich auf diesem Gebiet bewegen, da muss etwas passieren. Wir können übrigens in Hamburg anfangen. Das einzige Teilstück Autobahn, die BAB 7 zwischen dem Elbtunnel und dem Horster Dreieck, das noch kein Tempolimit hat, hatte eines und wer es damals aufgelöst hat, war Herr Schill.

(Olaf Ohlsen CDU: Nee! – Wolfhard Ploog CDU: Stimmt, da haben Sie recht!)

Diesen einzigen Fehler auf Hamburger Gebiet können Sie schon mal sofort ausmerzen und dann können wir uns gemeinsam an die Bundesratsarbeit machen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Herr Engels hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lühmann, Ihr Antrag rangiert auf der Tagesordnung unter Klimaschutz. Ich weiß, dass das nicht die Überschrift Ihres Antrags ist,

(Olaf Ohlsen CDU: Thema verfehlt!)

sondern dort steht präziser: "Hamburger Bundesratsinitiative für ein Tempolimit und eine Senkung der CO2-Emissionen". Das hat etwas mit Klimaschutz zu tun, aber der Begriff Klimaschutz,

(Jörg Lühmann GAL: Darüber habe ich auch ge- sprochen!)

auf den Sie am Anfang sozusagen im Nachklappern zur Aktuellen Stunde eingegangen sind, ist natürlich nicht vollständig abgehakt.

Vom Grundsatz her ist es natürlich richtig, dass ein Tempolimit ein erwägenswerter Gesichtspunkt für eine Reduzierung des Treibstoffs ist. Sie schreiben in Ihrer Drucksache richtig, dass der Treibstoffverbrauch überproportional steige, wenn man mit Tempo 250 fahre, und haben vorhin Porsche genannt. Aber Sie haben in Ihrer Debatte weitgehend an der Sache vorbeigeredet. In Ihrem Antrag steht "auf Autobahnen" und Sie haben dauernd über die Stadt gesprochen. Ich nenne Ihnen mal das Problem in der Stadt.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Es ist zwar so, dass bei hohen Geschwindigkeiten der Verbrauch überproportional steigt, es aber ein Optimum einer Geschwindigkeit gibt, die nicht bei null liegt, was den Verbrauch angeht, sondern je nach Fahrzeug und Gangschaltung erst im Bereich von ungefähr 50 liegt. Die Behauptung, mit zunehmender Geschwindigkeit steige der Treibstoff, trifft so nicht zu. Es gibt ein Minimum, das wäre das Optimum. Das war das Ziel unserer Verkehrspolitik und auch der Tempomaßnahmen in der Stadt. Wenn zum Beispiel der Verkehr dauernd zu Staus führt, dann ist das natürlich ein entsetzlich hoher CO2-Ausstoß, den man einkalkulieren muss. Es kommt also nicht nur darauf an, immer von Tempolimit zu sprechen, sondern mit Verstand für ein vernünftiges und flüssiges Tempo zu sorgen, was zur Reduzierung von CO2 führt. Es ist nicht so, wie Sie sagen, dass jedes Tempolimit automatisch den Treibstoffverbrauch minimiere; das trifft einfach nicht zu. Diese Politik haben wir von Anfang an verfolgt und die haben Sie vorher nicht verfolgt, im Gegenteil, Sie haben noch Bremsermaßnahmen eingebaut. Ich erinnere zum Beispiel an die Busspuren und zahlreiche Initiativen Ihrerseits, möglichst Straßenspuren dichtzumachen. Im Grunde genommen haben Sie eine Verkehrsverhinderungspolitik betrieben, die letzten Endes dazu geführt hat, dass gerade in unserer Stadt der Treibstoffverbrauch unrealistisch hoch war.

(Beifall bei der CDU – Olaf Ohlsen CDU: So ist das!)

Das gleiche gilt, weil Ihr Antrag nur auf Autobahnen zielt, Sie aber allein die Stadt genannt haben, natürlich auch für Autobahnen. Im Grundsatz ist Tempolimit ein erwägenswerter Gedanke, aber der Verkehr hat natürlich auch gewisse Aufgaben, die von volkswirtschaftlicher

Bedeutung sind. Es geht natürlich auch darum, dass Güter und Waren, aber auch Menschen, die Dienstleistungen vertreten, in einer vernünftigen Zeit von Ort zu Ort kommen. Wenn Sie zum Beispiel eine Geschwindigkeitsminderungsmaßnahme betreiben, die dafür sorgt, dass wir doppelt so viele Autos brauchen, um Waren und Güter zu transportieren, dann haben Sie das Gegenteil von CO2-Minderung betrieben.

(Beifall bei der CDU)

Sie müssen also bei diesen Fragen nicht nur einseitig argumentieren, sondern den ganzen Komplex der Überlegungen mit einbeziehen.

Ich werfe Ihnen leider vor – ich hoffe, dass wir uns darüber in Zukunft vernünftig unterhalten, das geht auch zum Teil in Ihre Richtung –, dass Sie hierbei viel zu einseitig vorgegangen sind und nur auf ein Schlagwort gesetzt haben, das Sie meinen, im Moment politisch-populistisch gut anwenden zu können, das aber in der Sache nicht zutrifft. Aber ich bin gerne bereit, auch Ihnen einmal Lektionen zu erteilen – wie Sie das versucht haben –, welche Treibstoffverbräuche verschiedene Tempos haben, welche Tempos dafür sorgen, dass es nicht zu Staus kommt, die sehr CO2-steigernd wirken, und wie wir andere Maßnahmen differenziert treffen können, damit wir zum gemeinsam gewünschten Erfolg, nämlich einer Reduzierung von CO2, kommen. Insofern können wir natürlich Ihrem Punkt 1 mit dieser schlichten generellen Tempolimitierung nicht zustimmen.

Ich komme damit zum Punkt 2. Da geht es um die 120 Gramm pro Kilometer, die im Moment auch auf europäischer Ebene in der Debatte sind. Es ist einzuräumen, dass deutsche Fahrzeuge zwar sehr gute Eigenschaften haben. Bei ihnen wurde zum Beispiel zuerst der Katalysator eingeführt. Aber sie haben, was den CO2-Ausstoß betrifft, einen gewissen Nachholbedarf und das wissen Sie. Wir haben es nach schwerwiegenden und schwierigen Verhandlungen – Herr Verheugen kann Ihnen ein Lied davon singen – erreicht, dass wir uns gegen die Initiative, die im Wesentlichen die deutsche Autoindustrie treffen würde, auf 130 Gramm pro Kilometer geeinigt haben. Ich halte das für eine vernünftige Lösung, die im Detail natürlich auch noch erörtert werden kann – auch im Ausschuss, denn der Überweisung haben wir zugestimmt.

Nur, schlicht und ergreifend einmal eben ohne Kenntnisnahme der Diskussion, die auf europäischer Ebene und auf Bundesebene – auch unter dem Einfluss der Bundesregierung und natürlich auch unter Wahrung der Interessen der deutschen Automobilindustrie – stattgefunden hat, alles zu fordern, geht nicht. Wir können nämlich unglaublich viele Maßnahmen wie soziale Maßnahmen, Bildungsmaßnahmen und im Übrigen auch Umweltmaßnahmen nicht tätigen, wenn wir schlicht und ergreifend einen wichtigen Industriezweig in eine sehr schwierige Situation treiben. Das muss ich dazu auch einmal sagen. Ihre ganzen Umwelteffekte sind dahin, wenn dieses Land daran krankt, dass ein wichtiger Teil der Industrie nicht mehr wie bisher in aller Welt ihre Produkte produzieren und verkaufen kann. Sie werden sich noch wundern.

(Beifall bei der CDU)

Um es zusammenzufassen: Die generelle Richtung, die Sie angeben, ist nicht falsch. Wir sollten tatsächlich überlegen, an welcher Stelle ein Tempolimit notwendig ist und an welcher nicht. Im Übrigen kann man auch einmal über

legen, ob es nicht auch ein Mindesttempo geben sollte, um zu einer Stauvermeidung zu kommen, das einmal nebenbei. Auch hier sollte man bitte noch differenzieren. Der zweite Punkt, dass deutsche Fahrzeuge ihren Treibstoffverbrauch durch Nutzung neuer Technologien weiter senken müssen, ist unumstritten. Insofern stimmt die Richtung Ihres zweiten Teils, nur die Zahlenvorgabe geht schlicht und ergreifend an den Realitäten vorbei. – Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Bevor Frau Dr. Schaal das Wort bekommt, wäre es ganz hilfreich, wenn diese Gegenparlamente an den Enden der Sitzreihen sich auflösen würden beziehungsweise aus Höflichkeitsgründen vielleicht dort nicht so gesessen wird, dass man nur Rückseiten sieht. – Frau Dr. Schaal, Sie bekommen das Wort.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Ich habe es Ernst gemeint. Vielleicht hilft es einigen Abgeordneten auch, wenn man sie namentlich aufruft und darauf hinweist, dass Gegenparlamente und Gegendebatten zu unterlassen sind. Ich finde, wir sollten jetzt einfach dieser Debatte zuhören und Frau Dr. Schaal bekommt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas überrascht, Herr Engels, denn was Sie hier geboten haben, war im Grunde genommen eine Fundamentalkritik am Bürgermeister.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Denn der Erste Bürgermeister war es doch, der sehr populistisch, wie Sie sagen, gefordert hat, dass die bürgerlichen Parteien einmal über ein Tempolimit auf Autobahnen nachdenken müssten, um den Klimaschutz voranzubringen. Aber ich denke, Herr Engels, das Nachdenken und das "Darüber sprechen" alleine hilft nicht, vor allen Dingen nicht dem Klima – Handeln ist angesagt. Das gilt natürlich auch für den Ersten Bürgermeister. Ich bin eigentlich etwas enttäuscht, dass er nicht hier ist, denn er hat schließlich die Debatte losgetreten. Es sind seine Thesen und es wäre gut, mit ihm darüber zu reden. Das geht nun leider nicht.

Allerdings schließen wir uns dem Antrag der GAL an. Wir sind der Meinung, der Bürgermeister sollte in den Bundesrat gehen und für ein generelles Tempolimit auf Autobahnen und auch dafür, dass der CO2-Ausstoß von Pkw bis 2012 auf 120 Gramm pro Kilometer begrenzt wird, werben. Liebe Kollegen in der CDU, schließen Sie sich also dem Antrag und uns an,

(Beifall bei Christian Maaß GAL)

denn Ihre Kollegen auf Bundesebene sind schon viel weiter. Die CDU-Kollegen auf der Bundesebene sind geradezu entfesselt und wollen die Grünen in Sachen Klimaschutz übertreffen. Allerdings wartet die Welt immer noch auf Ihre Vorschläge.

(Beifall bei der GAL)

Aber hier haben Sie doch schon einmal die Möglichkeit vorzupreschen. Das ist doch eine schöne Gelegenheit. Sie sollten den Antrag gleich beschließen und den Bürgermeister bitten, in den Bundesrat zu gehen.