Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Der Abgeordnete Ekkehart Wersich hat mir mitteilen lassen, dass er an der Abstimmung nicht teilnehmen werde.

Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 18/6288 an den Kulturausschuss zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen.

Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drs. 18/6288 annehmen? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 49, Drs. 18/6289, Antrag der CDU-Fraktion: Investitionsfonds des Sonderinvestitionsprogramms "Hamburg 2010", hier: Bau einer Demonstrationsanlage zur Produktion von Mikroalgen gekoppelt an eine CO2-Elimination aus Rauchgas.

[Antrag der CDU-Fraktion: Investitionsfonds des Sonderinvestitionsprogramms "Hamburg 2010" hier: Bau einer Demonstrationsanlage zur Produktion von Mikroalgen gekoppelt an eine CO2-Elimination aus Rauchgas - Drs. 18/6289 -]

Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion an den Umweltausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? - Herr Kruse.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Maier, Geld für gute Sachen, zweiter Teil.

CO2 kam schon immer aus aller Munde und ist jetzt in aller Munde. Wir diskutieren häufiger hier und anderswo über das Thema Klimaschutz und über kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen. Da es nun einmal Fakt ist, dass wir, solange wir fossile Energien verbrennen, auch zusätzliches CO2 freisetzen. Es geht also immer darum, was man damit machen kann, wie wir es aus der Welt bekommen oder wie wir verhindern, dass es in die Welt kommt.

Es gibt technische Überlegungen - sie sind sicherlich sehr spannend -, dieses zu sequestrieren und dann hat man die Tonnen von CO2 auf Lager. Man pumpt sie dann vielleicht in die Erde oder sonst wo hin. Man schafft damit natürlich keine neuen Werte, sondern vielleicht nur Überraschungen für zukünftige Generationen von Archäologen, weil sie sich fragen werden, was die eigentlich damit wollten.

Da wir in Hamburg nicht so viele Salzkavernen haben, könnten wir auf die Idee kommen, das Zeug auf Flaschen zu ziehen und jeden Mitbürger zu bitten, 100 Flaschen auf Dauer im Keller einzulagern.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wir haben keinen Kel- ler!)

Was können wir damit machen? Aus der Forschung heraus ist eine Idee entstanden, dieses CO2 noch einmal zu nutzen, ähnlich wie in der Abfallwirtschaft, dass man Abfälle als Wertstoffe betrachtet. Es gibt inzwischen - von Seiten der Forschung erprobt - die Technologie mit Bioreaktoren, CO2 durch Algen. Ich muss jetzt nicht die Fotosynthese erklären, aber Sie kennen das noch aus dem Biologieunterricht. Oder möchten die Fußballfreunde, dass ich einen kurzen Exkurs dahin mache?

(Bernd Reinert CDU: Muss ja nicht sein!)

Nein? Er würde auch nicht kurz sein.

(Gesine Dräger SPD: Wenigstens die Formel!)

Auf jeden Fall wissen wir, dass das funktioniert. Unter der freundlichen Einwirkung von Sonnenlicht wird neue Biomasse produziert und diese Biomasse in der Algenproduktion hat den großen Vorteil, dass man es kanalisieren kann, ob man daraus mehr in Richtung Proteine oder Fette arbeiten will oder ob man es als Biomasse für Bau

stoffe oder zur neuen energetischen Verwendung einsetzen will.

Dieses Projekt ist mit hohem Aufwand erforscht. Was jetzt fehlt, ist die Umsetzung. Der erste Schritt einer Umsetzung ist ein sogenannter industrieller Demonstrator, wo man in der Größe einer vernünftigen wirtschaftlichen Anlage erste Bemühungen unternehmen kann. Wir haben die Chance, dieses zukunftsweisende Projekt nach Hamburg zu holen. Wir wollen im Klimaschutz - nicht nur im Bereich der Wasserstofftechnologie, sondern auch in anderen Bereichen - zeigen, was möglich ist. Dieses Projekt könnte innerhalb von zwei Jahren - so ist die Einschätzung - in den großen Maßstab übergehen und damit auch in die Wirtschaftlichkeit. Daher glaube ich, dass dieses Projekt - wie das Projekt eben - ein Selbstgänger sein müsste. Ich hoffe auf die Zustimmung des gesamten Hauses. - Danke sehr.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Frau Dr. Schaal.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kruse, die Idee, mit Hilfe der Algen aus CO2 dann Biogas oder Biodiesel herzustellen, klingt gut. Wir wissen ja, dass das im Aquarium bereits funktioniert. Nun wollen Sie eine halbe Million Euro investieren, um das Ganze im Maßstab eines Gewächshauses entwickeln zu lassen.

(Olaf Ohlsen CDU: In Lokstedt funktioniert das auch!)

Abgesehen davon, dass es natürlich wichtiger ist, dass man CO2 vermeidet, als es nachträglich von irgendwelchen Algen auffressen zu lassen, könnte man der Sache durchaus etwas Positives abgewinnen. Hier haben Sie recht, Herr Kruse. Aber der Form nach ist der Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, überhaupt nicht zustimmungsreif,

(Wolfhard Ploog CDU: Müssen Sie auch nicht!)

sondern schlichtweg eine Zumutung, denn er lässt wesentliche Fragen offen. Der Sache angemessen wäre es, alle Fragen im Ausschuss offen zu behandeln. Das will die CDU aber nicht.

Das ist nicht nur schade, sondern auch unverständlich. Man fragt sich, wen oder was haben Sie eigentlich zu verbergen, Herr Kruse? Hinter diesem Projekt stehen ja nicht nur Sie, sondern auch Wissenschaftler und Unternehmen.

Man kann dem Antrag zwar entnehmen, dass die Firmen E.on, Shell sowie auch die BASF und Wintershall an dem Projekt beteiligt sind, aber offen bleibt, in welcher Form. Ebenso unbeantwortet ist die Frage nach der wissenschaftlichen Kompetenz, die hier eingebracht werden soll. Wer sind die Wissenschaftler oder die wissenschaftlichen Institute, die an dem Projekt mitarbeiten? Sind Wissenschaftler der Universität Hamburg dabei oder kommen sie aus Bremen, an deren Privatuniversität ein solches Forschungsprojekt läuft? Wir erhalten keine Informationen.

Herr Kruse, Sie sprechen auch sonst für Ihre Fraktion in Sachen Haushalt. Sie haben in Ihrem Antrag aber nichts über die Gesamtkosten des Projektes gesagt und auch nicht beschrieben, wofür Sie eigentlich die geforderten

Mittel haben wollen. Sind die geforderten Mittel für Personal, Sachmittel oder geht das in die Investition? Wie sieht es überhaupt mit der Gesamtfinanzierung aus? Es gibt Ihrerseits keine Ansage.

Am 30. Mai konnten wir in der Zeitung lesen, dass das Bundesforschungsministerium am gleichen Tag über einen Förderantrag von 4 Millionen Euro entscheiden werde. In der Liste der bewilligten Projekte von diesem Datum ist das Algen-Projekt aber nicht dabei. Wir würden schon ganz gern wissen, wie der Sachstand ist, Herr Kruse. Wurde die Entscheidung nur verschoben, wird später entschieden oder wurde der Förderantrag sogar abgelehnt?

(Vizepräsidentin Dr. Verena Lappe übernimmt den Vorsitz.)

Wir wissen auch nicht, wer eigentlich den Förderantrag gestellt hat und wer Träger des Projektes ist.

Dann stellt sich natürlich auch die Frage, ob das Projekt überhaupt realisierbar ist, wenn das Bundesforschungsministerium die beantragten 4 Millionen Euro nicht bewilligt. Reichen dann überhaupt die Mittel von einer halben Million Euro, die Sie hier beantragen, und das, was die Unternehmen möglicherweise in dieses Joint Venture investieren, aus, um das geplante Projekt in dem Umfang zu realisieren? Beteiligen sich die Unternehmen an dem Antrag auch noch, wenn die Forschungsmittel nicht fließen?

Zu allen diesen Fragen schweigen sich die Antragssteller aus und wir wissen noch nicht einmal, an wen eigentlich das Geld, das Sie hier beantragen, gezahlt wird. Als Haushaltssprecher einer Fraktion sollte man zumindest wissen, wem man das Geld in die Hand drückt.

Wir lesen in Ihrem Antrag auch davon, dass Kompetenzen über leistungsfähige Partner aus der Forschung und der Industrie in nachhaltigen Kooperationsstrukturen zusammengeführt werden. Das ist - gelinde gesagt - ziemlich wolkig, Herr Kruse, um nicht zu sagen CO2– haltiger Wortqualm. Wenn das Algenprojekt in zwei Jahren anwendungsreif sein soll, wie Sie formuliert haben, dann könnte man eigentlich jetzt schon etwas konkreter sagen, in welche Anwendung es mündet und wie es funktioniert. Hierüber lesen wir aber auch nichts in Ihrem Antrag. Es müsste dann doch irgendeine Forschungs- oder Demonstrationsanordnung geben.

Wir erfahren aus der Zeitung, dass man mit dieser Anlage auf einer Fläche von ungefähr einem Hektar 150 Tonnen Algen produziert, die 450 Tonnen CO2 auffressen können. Ein mittleres Kraftwerk produziert zehntausend Mal so viel CO2. Soll eine Anlage für die Algenproduktion, die dieses CO2 beseitigt, auch zehntausend Mal so groß sein? Mir erscheint das ziemlich unrealistisch oder das Projekt ist noch nicht anwendungsreif und schon gar nicht in zwei Jahren, wie hier beschrieben ist.

Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, wie Sie zu den Angaben in Sachen Wirtschaftlichkeit gekommen sind. Sie überraschen uns, dass in diesem Projekt ein Umsatzpotenzial von 3,4 Milliarden Euro steckt und 28.000 Beschäftigte Arbeit finden können. Woher haben Sie diese Zahlen? Sie erschließen sich nicht mittelbar, Herr Kruse.

Meine Damen und Herren von der CDU, es wäre Ihrem Antrag und der Sache besser bekommen, Sie hätten alle

diese Informationen nicht unter den Tisch fallen lassen, sondern mit uns im Ausschuss darüber gesprochen. Sie hätten Ihre Projektpartner vorstellen und sie selbst vortragen lassen sollen.

Nochmals, die Sache hätte eine bessere Behandlung und vor allen Dingen eine Erörterung im Ausschuss verdient. Daher werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, sondern uns enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Herr Maaß, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dr. Schaal hat das Wesentliche gesagt.

(Olaf Ohlsen CDU: Dann kannst Du Dich ja wieder hinsetzen!)

Wenn man eine halbe Million Euro vergibt, dann möchte man als Parlament eigentlich auch genau wissen, wohin das Geld geht, was genau mit diesem Geld geschehen und wo diese Anlage errichtet werden soll. Das alles ist in Ihrem Antrag nicht enthalten. Ihrem Antrag ist noch nicht einmal zu entnehmen, dass die Anlage auf Hamburger Gebiet errichtet werden soll. Ich gehe einmal zu Ihren Gunsten davon aus, dass das der Fall ist. Aber man kann doch nicht auf der Basis eines solchen Antrages ohne eine Ausschussberatung eine halbe Million Euro unter die Leute bringen. Das geht doch wirklich nicht, Herr Kruse.

(Beifall bei der GAL und bei Gerhard Lein SPD)

Wir sehen grundsätzlich ein, dass der Ansatz gut ist und dass man sich auch über das Verbleiben des CO2 Gedanken machen muss. Es wird uns voraussichtlich und zumindest auf globaler Ebene nicht gelingen, in der erforderlichen Zeit bis Mitte dieses Jahrhunderts die CO2Produktion tatsächlich so stark zu reduzieren. Daher stimmen wir Grüne - und hier gibt es innerhalb der Umweltszene durchaus Leute, die das anders sehen -, den Wissenschaftlern zu, die erklären, dass wir uns auch über die Sequestrierung von CO2 Gedanken machen müssen.