Zweitens: Wir wollen aber auch, dass man die besonderen Ansprüche von Kindern, aber auch von Jugendlichen
stärker und individueller berücksichtigt. Die Grünen - das kann man einmal lobend erwähnen - haben in einem anderen Bundesland gefordert, einen Kinderwarenkorb einzuführen. Wir sollten nicht sagen, ein Kind ist ein bestimmter Prozentsatz von einem Erwachsenen - beispielsweise 60 oder 80 Prozent -, sondern wir sollten darauf eingehen, dass es dort ganz spezielle Bedarfe gibt, die aus Sicht der Sozialdemokraten entsprechend abgebildet werden müssten. Auch hier fordern wir Sie auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen.
Der dritte Punkt ist, dass es den Ländern im SGB XII ermöglicht worden ist, entsprechende Spielräume zu nutzen, das heißt, insbesondere bei der Entwicklung der Lebenshaltungskosten. Sie haben dort leider - das ist aber in anderen Bereichen auch geschehen - die landespolitischen Spielräume für die Menschen in unserer Stadt nicht genutzt. Sie haben die SGB XII-Regelsätze nur im Rahmen der Rentenanpassung erhöht und Sie haben nicht die Möglichkeiten genutzt, die Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen, die bei uns im letzten Jahr um 1,7 Prozent gestiegen sind. Das war falsch. Auch hier hat es dazu geführt, dass Sie sich dort, wo Sie Verantwortung wahrnehmen konnten, vor der Verantwortung gedrückt haben. Auch das war schlecht für die Menschen in unserer Stadt und das müssen wir alle deutlich kritisieren.
Da die Verhältnisse in den Ländern, aber auch in den Städten speziell sind - wir alle wissen, wie lebenswert, aber auch wie teuer das Leben in Hamburg ist -, ist es aus unser Sicht erforderlich, dass die Länder in diesen Bereichen Handlungsspielräume erhalten. Daher ist unsere dritte zentrale Forderung, sich auf Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass Familien in Großstädten, in denen die Lebenshaltungskosten höher sind, entsprechend mehr Unterstützung bekommen.
Ich glaube, da werden Sie, Frau Senatorin, aber auch die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, uns wohl nicht widersprechen können. Herr Frankenberg unterstellt uns immer so gern Populismus. Noch eine Anmerkung zum Thema TÜV. Es ist schon merkwürdig, was Sie vorhin gesagt haben. Es geht um Menschen und dann kann man keinen TÜV fordern. Zum einen haben sehr viele CDU-Politiker einen TÜV bei Pflegeheimen gefordert, zum anderen kann ich mich daran erinnern - vielleicht habe ich das auch falsch verstanden -, dass diese Senatorin sich gerühmt hat, einen Familien-TÜV einzuführen. Wie passt das zusammen?
Sie können nun wirklich nicht behaupten, dass dieser Antrag voller Populismus steckt. Uns Sozialdemokraten geht es darum, dass wir uns in dieser Stadt mit dem Thema Hartz IV und Kindern befassen, damit es den Kindern in unserer Stadt in ein, zwei Jahren besser geht. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der von der SPD-Fraktion eingebrachte Antrag - Sie haben es selbst gesagt -, behandelt ein Thema, über das Deutschland diskutiert. Es ist kein spezielles Hamburger Thema, sondern ein Bundesthema. Sie haben es richtig erkannt, aber Sie brauchen natürlich auch diese Bühne, um noch einmal darüber zu sprechen. Das kann ich verstehen.
Die Hamburger SPD spielt sich gern als Anwalt der Schwachen, Kranken und Armen auf. Eine Armutsdebatte ist das Ziel. Das ist kein Populismus mehr, ich finde es schlicht und einfach unseriös, was Sie hier machen.
Man muss beachten, dass Hartz IV und Arbeitslosengeld II - mit unserer Unterstützung - rotgrüne Gesetzgebungen gewesen sind. Wir bekennen uns dazu, aber die SPD regiert im Bund mit. In Hamburg tun Sie so, als hätten Sie mit der ehemaligen rotgrünen Bundesregierung überhaupt nichts zu tun.
Nun dachten Sie, Sie sind besonders schlau, mixen ein paar Äußerungen von verschiedenen Ministerpräsidenten zusammen und machen daraus einen Antrag. Aber, ich sage Ihnen ganz ehrlich, Herr Kienscherf, Sie sind hier an der falschen Stelle. Trauen Sie sich doch einmal etwas und kandidieren Sie für den Bundestag. Dann könnten Sie Ihre Reden dort halten.
Es ist klar, dass die Lebensumstände für Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, schwierig sind. Es ist finanziell problematisch, darüber sind wir uns auch alle einig. Es ist für die Familien belastend und gerade für die Kinder, die dort aufwachsen, ist es eine bedrückende Situation. Man braucht gar nicht drum herumzureden. Es ist für die Familien, die davon betroffen sind, nach meiner Auffassung nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein seelisches Problem. Daher bin ich froh, dass der Arbeitsmarkt in Hamburg und auch in Deutschland wieder angesprungen ist, dass Arbeitsplätze zunehmen, dass die Arbeitslosigkeit sinkt - die Langzeitarbeitslosigkeit mittlerweile ebenfalls -, und wir eine wesentlich bessere Ausgangslage haben als noch vor Kurzem. Es hilft den Menschen, wenn sie in Arbeit kommen und nicht von staatlichen Transferleistungen abhängig sind.
Feststellen möchte ich, dass die Bereitstellung des notwendigen und bedarfsgerechten Lebensunterhalts für Familien von uns ausdrücklich befürwortet wird.
Zu Ihren Forderungen aus dem Antrag möchte ich im Einzelnen Folgendes sagen: Zurzeit läuft eine Prüfung beim Bundessozialministerium; es liegen aber noch keine Ergebnisse vor. Ich warne vor Schnellschüssen, auch wenn Sie vielleicht der Verlockung nicht widerstehen konnten, hier einen Antrag einzubringen, aber das bringt dem Thema relativ wenig.
Einkommensrhythmus und Verbraucherstichprobe im Zwei- statt im Fünfjahresrhythmus: Mich würde da zum Beispiel die Einschätzung des Statistischen Bundesamtes interessieren, inwieweit das machbar und auch sinnvoll ist.
Ob der Regelsatz für Familien mit Kindern bedarfsgerecht ist, wird zurzeit ebenfalls auf Bundesebene geprüft. Wenn es nicht so sein sollte, dann ist natürlich eine Neuregelung erforderlich, nur können wir jetzt den Prüfungen nicht vorgreifen.
Besondere Lebenslagen in Hamburg als Großstadt berücksichtigen: In anderen deutschen Großstädten haben wir zurzeit die gleichen Regelsätze. Auch das muss man berücksichtigen, wenn man darüber spricht.
Daher ist eine Bundesratsinitiative nach meiner Auffassung zum gegenwärtigen Zeitpunkt abzulehnen. Ich möchte mir abschließend die Bemerkung erlauben, dass Ihr Antrag für uns Christdemokraten ein bisschen wie ein Misstrauensantrag gegen den eigenen Bundesminister, Herrn Müntefering, wirkt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich müssen die Regelsätze überprüft werden und sie müssen auch häufiger als alle fünf Jahre überprüft werden. Das muss transparent stattfinden, da hat die SPD völlig recht. Das ist nichts, was die SPD mal so eben sagt, sondern das haben letztes Jahr im Bundestag auch Bündnis 90/Die Grünen beantragt und es war auch der Beschluss der Landesmitgliederversammlung der Grünen.
Das zeigt uns ganz deutlich, dass wir Transparenz nicht nur bei der Pflege brauchen, über die wir vorhin gesprochen haben, sondern auch bei der Zusammensetzung des Warenkorbs. Es gibt 48 Einzelpositionen, von denen zum Teil 100 Prozent, aber zum Teil eben auch nur 37 Prozent gegeben werden. Uns und den Menschen, die davon leben müssen, muss einmal erklärt werden, warum sich dies so zusammensetzt. Warum stehen einem für Mobilität nur 37 Prozent dessen zur Verfügung, was die untersten 20 Prozent der Einkommensbezieher in Hamburg oder in Deutschland zur Verfügung haben, und zwar 60 Cent Fahrkosten pro Tag?
Falls sie ein Fahrrad haben und einen neuen Schlauch, eine Luftpumpe, eine Lampe oder was auch immer kaputt ist, brauchen, haben sie nur 60 Cent pro Tag zur Verfügung. Frau Schnieber-Jastram, wenn Sie immer sagen, sozial sei, was Arbeit schaffe, dann erzählen Sie mir bitte einmal, wie ich mit 60 Cent pro Tag in Hamburg herumfahren und mich bewerben soll; das geht nicht. Wenn man es auf den Monat hochrechnet, kommt man auf 18 Euro. Dann müssen wir den Menschen, denen wir diesen Regelsatz antun, aber auch für 18 Euro eine Monatsfahrkarte geben, wenn wir möchten, dass sie sich bewerben. Und damit Ihre Worte, sozial sei, was Arbeit schaffe, wahr werden.
Erzählen Sie mir bitte, wie man mit diesem Regelsatz Bewerbungsmappen erstellen soll. Jede Mutter oder jeder Vater, der Kinder hat, die Bewerbungen schreiben, weiß, was unendliche Kopien, Mappen und immer wieder das Porto von 1,45 Euro kosten. Es ist Wahnsinn, was da mal eben vom Regelsatz gezahlt werden muss. Sie sagen, das müsse man nicht überprüfen, das sei doch alles drin - klasse.
Kommen wir zum Essen: Beim Regelsatz hat man prozentual 4,23 Euro pro Tag fürs Essen. Jeder von uns hat wahrscheinlich eben nebenan für Würstchen und so weiter schon ein bisschen mehr ausgegeben, aber der andere lebt davon den ganzen Tag. Die Kinder leben von 2,57 Euro täglich. Der Staatsrat sagt, das sei gesund und davon könne man sich auch ordentlich ernähren. Darüber habe ich nachgedacht und mir überlegt, wenn ich jeden Tag Pellkartoffeln mit Quark koche, ist es günstig. Ich kann auch öfter Kohl und Rüben kochen, das ist auch günstig und auch noch gesund. Aber seien wir mal ehrlich: Wenn ich selber irgendwo auf dem Wochenmarkt oder in einem Supermarkt bin und Blaubeeren sehe, möchte ich die den Kindern auch anbieten. Die Frage bleibt, ob man davon gesund und ausreichend leben kann. Irgendwie mag das vielleicht gehen, aber dass es ausreichend ist, glaube ich mitnichten.
Wir müssen auch noch bedenken, dass von diesem Regelsatz alles bezahlt werden muss: der Kühlschrank, der kaputt geht, die Waschmaschine. Das bedeutet, dass von diesem Regelsatz auch noch Rücklagen gebildet werden müssen. Falls sie sich einen Friseur leisten können, müsste der davon bezahlt werden. Ebenso ist die Zuzahlung von Arzneien, Rezeptgebühr, Praxisgebühr, alles, was die Gesundheitsreform neu beschert hat, in diesem Regelsatz enthalten, aber nicht neu eingeflossen. Von daher bedarf es natürlich einer Überprüfung.
Für Gesundheit und Kosmetik hat man 8 Euro im Monat zur Verfügung. Als ich mir eben ein Erkältungsmittel für meinen Hals holte, hatte ich diese 8 Euro ausgegeben. Nun fehlt aber das Geld für alles andere wie Haarshampoo oder was auch immer.
- Nein, das gibt es natürlich nicht zurück, weil es keine verschreibungspflichtigen Medikamente sind. Herr Hesse, auch wenn man für Kinder Hustensaft oder Lutschpastillen braucht, muss das der Regelsatz abdecken. Caritas und Diakonie und viele Hilfseinrichtungen in Hamburg können ein Lied davon singen, was sie ergänzen müssen, was nicht zu schaffen ist, ob es nun ein Kind ist, das eine Kariesbehandlung braucht, oder ältere Menschen, die inkontinent sind und sich ihre eigenen Windeln nicht mehr vom Regelsatz leisten können, weil der Regelsatz auch für die Bedarfssicherung im Alter gilt. Vieles muss davon bezahlt werden. Ob es Konfirmation, Einschulung, Kindergeburtstage oder Sonderbedarfe sind, alles deckt der Regelsatz ab, die Frage ist nur wie.
Das ist nie transparent dargestellt worden und das muss es aber. Ich als Mutter weiß, dass, wenn die Füße wachsen, auch neue Schuhe gekauft werden müssen, und im Monat hat man für ein Kind 20 Euro für Bekleidung und Schuhe zur Verfügung.
Frau Schnieber-Jastram, wenn Sie meinen, sozial sei, was Arbeit schaffe - ich zitiere Sie da gerne -, dann schaffen Sie auch die Bedingungen für die Menschen, wieder in diese Gesellschaft zurückzufinden, um sich überhaupt auf dem Arbeitsmarkt zu bewerben, um nicht mit zu kleinen oder abgewetzten Schuhen anzukommen, ein ordentliches Bild abzugeben und wieder eingestellt zu werden. Das geht nicht mit 60 Cent pro Tag für Fahrkosten und bei Kindern mit 26 Cent, das ist einfach zu wenig.
Noch kurz zum Abstimmungsverhalten: Wir stimmen allen Punkten des SPD-Antrags bis auf 1.3 zu. Dem stimmen wir nicht zu, weil wir nicht der Meinung sind, dass das Leben in der Stadt besonders teuer ist. Wir machen uns auch Gedanken darüber, welcher Stadtteil teurer ist, und eine Gettoisierung wollen wir wirklich nicht. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen hat eine schöne Veranstaltung im Kaisersaal stattgefunden. Herr Senator Uldall empfing eine illustre Gesellschaft. Es war die HanseLog, lauter arrivierte Manager und Unternehmer. Ich freue mich, dass ich darauf Bezug nehmen kann. Herr Uldall hat die These vertreten, Deutschland sei Globalisierungsgewinner und die Zentrale der Gewinner sei Hamburg - so in etwa verkürzt.