Protokoll der Sitzung vom 04.09.2008

(Harald Krüger CDU: Bestens, bestens!)

Herr Ploog hätte das als Luftnummer bezeichnet, was in Ihrem Antrag steht, denn Sie fordern geradezu das, was wir 2005 schon beschlossen haben, nämlich dass zum 31. Dezember 2008 die Hamburgische Bauordnung evaluiert wird. Da frage ich mich wirklich, ob Sie es nötig haben, den Senat daran zu erinnern, dass er sich an Recht und Gesetz hält. Die Frage steht ja im Raum, wenn man überlegt, was sich leider unter Beteiligung der BSU im Sommer abgespielt hatte. Aber wenn das die Aufarbeitung der Affäre vom Sommer ist, dann muss es vielleicht sein. Ich denke jedenfalls, dass es eigentlich nicht nötig ist, eine hamburgische Behörde, einen hamburgischen Senat daran zu erinnern, sich an das zu halten, was in den Gesetzen steht. Das wird er nämlich tun und ich weiß auch, dass die BSU längst daran arbeitet, die Hamburgische Bauordnung zu evaluieren. Sie wissen es auch, Herr Roock, denn Sie haben sogar die Pressemitteilung von Senator Gedaschko aus dem vergangenen Jahr zitiert, in der steht, dass die Architekten und die Bauherren längst aufgefordert gewesen sind, ihre Bewertungen auch schon im Jahre 2007 abzugeben.

Gleichwohl habe ich den Eindruck, dass Sie eigentlich schon alles wissen. Sie wissen schon, was gut und was schlecht ist. Sie brauchen die Evaluierung gar nicht mehr abzuwarten, Herr Roock. Was denn nun? Wollen Sie die Evaluierung, wollen Sie einen Bericht, wollen Sie, dass wir gemeinsam daran arbeiten,

(Hans-Detlef Roock CDU: Dann müssen Sie mal den Antrag lesen!)

dass wir gemeinsam noch einmal durchgehen, welche Probleme es gibt und möglicherweise verbessern oder wollen Sie nur wieder eine Debatte haben mit irgendeinem belanglosen Thema bestreiten? Das jedenfalls legt diese Forderung nahe.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das war dem Thema angemessen. Vielen Dank.

Meine Damen und Herren! Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der Evaluierung, denn es gab – anders als Sie es dargestellt haben, Herr Roock – nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen, sondern es gab auch erhebliche Kritik und Befürchtungen, gerade von den Experten in der Anhörung, die wir sehr intensiv durchgeführt haben. Ich glaube, wir haben dieses Gesetz, die Hamburgische Bauordnung, wie wenige Gesetze der letzten Legislaturperiode, im Vorfeld ernsthaft diskutiert und haben auch viele Verbesserungsvorschläge gemacht.

(Hans-Detlef Roock CDU: Nichts anderes habe ich gesagt!)

Umso trauriger ist es, dass Sie weder die Vorschläge von der SPD noch die von der GAL damals berücksichtigt haben. Ich glaube, einiges wird auch noch auf uns zurückkommen, wenn wir uns tatsächlich mit der Evaluierung befassen werden. Wir sind gespannt, was aus der Baugenehmigung mit Konzentrationswirkung geworden ist, ein durchaus umstrittener Sonderweg, den Hamburg dort gegangen ist. Wir sind vor allen Dingen gespannt, wie die Bauprüfämter damit umgegangen sind. Wie sind die Kollegen dort qualifiziert worden, um neuen, sehr viel vielfältigeren Aufgaben nachzukommen und was heißt das eigentlich für das, was sie bewältigen mussten.

Sie haben die Abstandsflächendiskussion erwähnt. Wir sind gespannt, welche Konsequenzen das in den letzten Jahren gehabt hat und wie es die Bauherren und vor allen Dingen auch die Betroffenen bewerten.

Dann die Denkmalschutzaspekte. Sie haben damals den Denkmalschutzvorbehalt gestrichen, was dazu geführt hat, dass denkmalwürdige Bausubstanz vom Abbruch bedroht war und auch abgerissen wurde. Was heißt das eigentlich? Was müssen wir dort noch tun. Es geht auch um die Frage, die heute auch schon eine Rolle gespielt hat, nämlich was wir eigentlich für die Kinder tun. Was bedeuten die Veränderungen, die Sie für die Ausweisung

(Hans-Detlef Roock)

von Spielplätzen und Kinderspielflächen bei Wohnungsneubauten in die Bauordnung hineingeschrieben haben? Auch dort höre ich nicht nur Gutes, sondern dass es auch viele negative Effekte gibt, die wir so nicht wollten.

Nicht ganz unwichtig ist natürlich auch die Frage, was die Hamburgische Bauordnung für den Wohnungsneubau in Hamburg heißt. Sie haben damals das Wohnungsbauerleichterungsgesetz einkassiert, mit dem in den Neunzigerjahren über 80 000 Wohnungen in Hamburg schnell und zügig genehmigt wurden, als die Wohnungsnot groß war. Schauen wir uns die Zahlen an. Die Wohnungsbauzahlen werden Jahr für Jahr schlechter. Sie sind im Jahr 2007 wieder 25 Prozent schlechter als im Vorjahr. Ganz im Gegensatz zu dem, was Sie uns immer verkauft haben. Welchen Beitrag hat die Hamburgische Bauordnung möglicherweise nicht mehr geleistet, um Wohnungsbau in Hamburg zu verbessern. Das sind alles Punkte, die wir diskutieren wollen und über die wir uns auseinandersetzen werden. Wir sind auch gespannt, welche Signale die GAL setzen wird, welche Signale Frau Senatorin Hajduk und ihre Mitstreiter setzen werden, wenn es darum geht, die alten Forderungen, die wir zum großen Teil durchaus als berechtigt angesehen haben, die 2005 von ihr abgelehnt worden sind, ins Baurecht einzubringen, um es wirklich zu einem modernen, einer Großstadt wie Hamburg angemessenen Baurecht zu machen. Da sind wir gespannt, was auf uns zukommt.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Becker.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nun zu etwas ganz anderem. Es wird Sie nicht wundern, dass wir heute dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen werden.

(Ingo Egloff SPD: Das wundert uns über- haupt nicht!)

Es ist eine klare Sache, dass das beschlossen worden ist. Nichtsdestotrotz ist es gut, wenn wir mit möglichst breiten Erkenntnissen aus allen Bereichen in den Diskussionsprozess kommen. Dieses Gesetz war eine einschneidende Maßnahme. Es hat zu großen Veränderungen geführt, die Abstandsflächen sind erwähnt worden. Es mag auch noch andere Spielfelder geben, zum Beispiel der Umgang mit Kinderspielplätzen und Freiflächen nach dieser Gesetzesänderung oder die Problematik von Energieschutzfassaden, die über die Grundstücksgrenzen hinausragen. Es gibt da ein paar Themen. Ich denke, es ist konstruktiv, wenn wir die bereits vorhandenen Erkenntnisse, aber auch die aufseiten der Fraktionen und der Verwaltung sammeln und dann alle Beteiligten einbeziehen, um diese Erkenntnisse dann in der Abwägung

im Ausschuss zu diskutieren und zu sehen, wo es vernünftig ist nachzusteuern. Herr Quast, wenn Sie sagen, man muss eine Behörde nicht zu rechtmäßigem Handeln auffordern oder sie daran erinnern, das zu tun, dann glaube ich, dass Sie das bald auch wieder versuchen werden und dann werden wir Sie daran erinnern.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Carola Veit SPD: Dazu brauchen Sie auch Anträge! Das ist ja echt traurig!)

Das Wort bekommt Herr Bischoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich den Zwischenruf von Herrn Quast richtig verstanden habe, haben wir hier wieder einmal einen der wenigen Fälle, wo alle Fraktionen der Meinung sind, dass wir solch einen Bericht gut gebrauchen können und den mit aller Energie auf den Prüfstand legen werden. Das ist wichtig, das ist völlig unstrittig. Natürlich kann man sagen, wieso das noch einmal eingefordert werden muss, wenn das gesetzlich festgelegt ist. Das kann sicherlich irritieren, aber ich finde das positiv. Wir von der LINKEN stimmen jedenfalls zu und freuen uns darauf, dass wir den nächsten Bericht bekommen. Dann werden wir gucken, an welchen Punkten nachzusteuern ist. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und bei Jan Quast SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Wer den CDU-Antrag aus der Drucksache 19/926 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 47, Antrag der Fraktionen der CDU und der GAL: Lernen im Lebenslauf – informelle Kompetenzen für die Vermittlung in Arbeit nutzen.

[Antrag der Fraktionen der CDU und der GAL: Lernen im Lebenslauf – informelle Kompetenzen für die Vermittlung in Arbeit nutzen – Drs 19/925 –]

Wir haben in der ersten Debatte gelernt, dass Lärm Stress erzeugt und den sollten wir jetzt ein bisschen vermeiden.

Wer wünscht das Wort? – Herr Lemke, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Antrag geht zurück auf ei

(Jan Quast)

ne Initiative von Frau Dr. Hochheim und ich begründe den Antrag sozusagen stellvertretend.

Wenn Sie sich den Lebenslauf eines Menschen ansehen, dann gibt es dort in der Regel eine Familiengeschichte und eine Darstellung formeller Kompetenzen, die man in Schule, Universität und Ausbildung erworben hat. Man kann diese Kompetenzen meistens anhand irgendwelcher Zertifikate und Zeugnisse nachweisen. Das kann man auch vorlegen, aber jeder Mensch kann viel mehr als das. Kompetenzen werden im Verlauf eines Lebens auf vielfältigem Wege erworben. Einige Beispiele: Das bekannteste Kompetenzfeld ist die Familie und jeder, der in einer Familie zusammenlebt, erwirbt zwangsläufig Kompetenzen.

(Carola Veit SPD: Erzählen Sie doch mal, Herr Lemke!)

Genau. Kompetenzen über Kinderkrankheiten, Ernährung, Kita-Gutscheine – Frau Veit, Sie haben bestimmt auch schon Erfahrungen mit Kita-Gutscheinen gesammelt –, über Kochen, Aufgaben werden erfüllt als Elternvertreter in Kita oder Schule. Eine Familie ist auch eine Managementaufgabe. Völlig klar, der Schwierigkeitsgrad steigt mit zunehmender Anzahl der Familienmitglieder permanent an.

Weitere Kompetenzen, die man zum Beispiel in einer Familie erwirbt sind Pflege von kranken Familienmitgliedern oder auch nur die Organisation dieser Pflege. Kompetenzen kann man auch bei Sportvereinen erwerben als Trainer, Betreuer, bei der Mieterselbsthilfe oder beim Hobby. Ich könnte diese Liste endlos fortsetzen. So vielfältig wie das Leben ist, so vielfältig sind auch die Kompetenzen, die man erwerben kann. Gerade bei älteren Menschen ist es so, dass die über Qualifikationen informeller Art verfügen, über die es gar keine Zeugnisse gibt. Das erschwert natürlich diesen Menschen den Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt. Hier gilt es, an diesem Punkt zu arbeiten. Man muss auch sehen, dass der Arbeitsmarkt selbst manchmal auch die verrücktesten Kompetenzen nachfragt. Ich erinnere mich daran, dass ich vor einiger Zeit von einem Bekannten gefragt worden bin, ob ich jemanden kenne, der sich mit Geflügelzerkleinerungsmaschinen auskennt. Das finde ich schon ziemlich irrsinnig als Kompetenz, aber sogar das wird nachgefragt.

Dieser Antrag hat also das Ziel, diese Kompetenzen, über die es keine Zertifikate gibt, in der Arbeitsvermittlung sichtbar und nutzbar zu machen. Jetzt fragen Sie mich vielleicht, ob man diese Kompetenzen nicht einfach aufschreiben kann. Nein, so einfach geht das nicht. Das erste Problem ist, dass sich die Menschen dieser Kompetenzen meistens gar nicht bewusst sind, was sie eigentlich alles könnten. Das ist eben das Problem.

(Michael Neumann SPD: Sie aber nicht!)

Wenn man das selbst einmal versucht, gelingt es einem nur zu einem kleinen Teil, das aufzuschreiben. Die Wissenschaft hat sich dieser Sache angenommen. Es gibt mehrere Systeme, die Menschen helfen, eigene Kompetenzen aufzuspüren. Eines dieser Systeme ist der Profilpass. Das funktioniert im Prinzip so, dass Lebensbereiche systematisch abgefragt werden. In diese Bereiche wird in einer Art deduktivem Prozess eingedrungen und so findet man systematisch diese Kompetenzen. Das hat übrigens noch einen interessanten Nebeneffekt, wenn man diese Dinge tut. Die Menschen werden sich teilweise erstmals ihrer Kompetenzen bewusst. Sie gewinnen daraus natürlich Selbstbewusstsein. Montessori würde sagen, sich der eigenen Fähigkeiten bewusst werden, ist eine Ermutigung. Das, finde ich, ist in diesem Zusammenhang auch ein sehr gutes Wort.

(Ingo Egloff SPD: Was Sie alles wissen, Herr Lemke!)

Na ja, irgendwann muss ich es auch einmal anbringen dürfen, Herr Egloff.

Aber zunächst einmal muss diese Bilanzierungsarbeit geleistet werden. Da ist es so, dass diese Bilanzierungsarbeit zum Beispiel bei der Arbeitsverwaltung auch in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen werden kann. Es handelt sich hier also um einen Antrag auf der Schnittstelle Weiterbildung, Arbeitsmarktpolitik.

(Vizepräsident Wolfhard Ploog übernimmt den Vorsitz.)

Wenn man diese Bilanzierung durchgeführt hat, dann muss man noch ein technisches Verfahren finden, das anderen ermöglicht, diese mühevoll gewonnenen Informationen wiederzufinden und zu nutzen. Das ist der Inhalt dieses Antrages. Ich bin der Meinung, dass das eine sehr gute Sache ist, die uns sicher gerade im schwierigen Bereich der Vermittlung Langzeitarbeitsloser helfen wird. Ich bitte Sie ausdrücklich alle um Ihre Zustimmung zu diesem sehr sinnvollen Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Frau Badde.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich könnte es ganz kurz machen und sagen, das haben wir alles schon und wir stimmen zu,

(Beifall und Zurufe von der CDU: Bravo!)

aber ein paar Worte möchte ich doch dazu verlieren. Wir wollten nämlich die Gelegenheit nicht auslassen, die CDU und die GAL zu diesem wunderbaren Antrag und dieser verspäteten Einsicht zu beglückwünschen, dass auch informell erworbene

(Dittmar Lemke)