Protokoll der Sitzung vom 01.10.2008

kungsgrad, sodass wir zu dem Zeitpunkt gesagt haben, für uns ist dieses Kraftwerk akzeptabel.

Jetzt haben wir noch einmal über eine lange Zeit Debatten in dieser Stadt ausgehalten und austragen müssen. Ich bin allen Beteiligten dankbar, dass man weder auf CDU- noch auf GAL-Seite die Nerven verloren und auf irgendeine populistische Strömung gesetzt hat. Genauso wie wir von Wirtschaftsseite ist vor allem die GAL für diesen Entscheidungsprozess kritisiert worden. Er hat lange gedauert, aber das musste auch so sein. Herausgekommen ist eine abgewogene und sowohl ökologisch als auch ökonomisch vernünftige Entscheidung. Ökologisch vernünftig ist sie deswegen, weil die Belange des Gewässerschutzes in größtmöglichem Maße hervorragend beachtet werden. Ökonomisch vernünftig ist sie, weil diese Entscheidung auch das Entwicklungspotenzial zukünftiger Firmenansiedlungen mit im Auge hat, sodass wir mit einer Genehmigung quasi für alle Zukunft der Elbe von der Wärmelast her nicht alles verbauen. Es ist ein schwieriger Prozess gewesen. Besonders freut mich, dass wir in diesem Prozess einen Weg gefunden haben, der in die Zukunft weist. Das sind die neuen eigenen Stadtwerke und vor allem das Konzept "Klimaschutz für Hamburg", das wir 2007 begonnen haben und das wir nun weiter deutlich ausbauen.

(Michael Neumann SPD: Wieso haben Sie das noch vor einem Jahr abgelehnt?)

Herr Neumann, Sie haben uns Koalitionsvorschläge gemacht. Das Einzige, was Sie damit bewiesen haben, ist, dass Sie sich auch in vier Jahren nicht in der Lage sehen, selbst in eine Koalition einzutreten.

(Beifall bei der CDU)

Ihre Partei, Herr Neumann, hat in dieser Debatte wirklich alles im Angebot gehabt. Das Dumme ist, dass der Bürger es auch mitbekommen hat. Sie haben dem einen gesagt, es ist ein Unding, dass die CDU die Wirtschaft so hinhält und nicht entscheidet, und dem anderen, Sie wollen das Kraftwerk nicht. Dann haben Sie gesagt, Sie finden es eigentlich ganz gut, wenn das Kraftwerk reduziert laufen würde. Innerhalb Ihrer Partei, zwischen Herrn Egloff und Frau Schaal, war alles möglich.

(Michael Neumann SPD: Wieso haben Sie die Stadtwerke vor einem Jahr abgelehnt?)

Das ist ja das Interessante, Sie sind noch nicht einmal kompromissfähig. Politik ist Diskurs. Man streitet sich, man hat seine Ansichten und dann findet man für das Ganze einen vernünftigen Konsens. Da Sie das nicht können, sitzen Sie da, wo Sie sitzen.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker GAL – Michael Neumann SPD: Politik ma- chen, heißt bei Ihnen, man macht das, was man will!)

Wir müssen ganz klar sehen, dass das, was wir herausgeholt haben, das optimal Mögliche an Genehmigungen in einem Rechtsstaat ist. Es wird auf dieser Welt kein besseres konventionelles Kraftwerk geben. Das ist wahr und das werden Sie auch wissen. Das ist vom Wirkungsgrad so und auch von der Mühe, die wir uns in diesem Prozess gemacht haben, die ökologischen Belange möglichst hochzustellen, sodass wir eine Genehmigung geben konnten, die aber gleichzeitig diese Belange unterstreicht und herausstellt. Darüber bin ich sehr froh. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Egloff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der eine Koalitionspartner muss feststellen, dass er sich nicht durchsetzen kann, und der andere Koalitionspartner hat ruhig zugeschaut, wie man sich abstrampelt. Der Bürgermeister sozusagen vor dem Hamsterkäfig und die GAL im Hamsterrad.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Da klat- schen nicht einmal Ihre eigenen Leute!)

Heute hätte es sich gehört, Herr Bürgermeister, wenn Sie angesichts der Bedeutung dieses Projekts für die Freie und Hansestadt Hamburg den Mut gehabt hätten, nach vorne zu gehen und Ihre Sicht der Dinge als Bürgermeister dieser Stadt darzulegen. Das haben Sie nicht getan. Sie überlassen wiederum das Geschäft Ihrem grünen Koalitionspartner.

(Beifall bei der SPD)

Anscheinend war Herr von Beust sich von Anfang an sicher, dass es so ausgehen würde, wie es jetzt ausgegangen ist, denn schließlich hat er die Verträge abgeschlossen und er wusste auch, was er Vattenfall zugesagt hatte.

(Wilfried Buss SPD und Dr. Andreas Dressel SPD: Genauso ist es!)

Die rechtlichen Fragen lagen auf dem Tisch und das, was jetzt passiert ist, kommt also nicht überraschend, jedenfalls dann nicht, wenn man mit der nötigen Nüchternheit an die Sache herangeht. Wenn man aber von dem Wunsch beseelt ist, meine Damen und Herren, das Kraftwerk zu verhindern, dass man die Realität ausblendet, die der alte Senat unter von Beust längst geschaffen hatte, dann kann man sich schon einmal vergaloppieren. Dann dauert der Erkenntnisprozess natürlich auch ein bisschen länger, etwa auch derjenige, dass die Stadt Gefahr läuft, im Verweigerungsfalle Schadenersatzzahlungen in existenzbedrohender Höhe

(Rüdiger Kruse)

ausgesetzt zu sein. Das hat Herr Kerstan in seiner gestrigen Presseerklärung zugestanden und die Senatorin hat es heute gesagt.

Von Ihnen, meine Damen und Herren von der GAL, wurde das, was am 16. April in der Bürgerschaft vorgetragen wurde, noch als "dummes Gequatsche" abgetan. So viel zu der Frage, wer in der Realität angekommen ist, Sie oder wir. Wir jedenfalls früher als Sie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Der Bürgermeister hat vor der Wahl durch sein Handeln längst die Weichen gestellt. Trotz aller Schwüre, die wir heute wieder gehört haben, hier würden jetzt Ökonomie und Ökologie in Eintracht gebracht werden, ist nur festzustellen, dass die Ökologie durch diese Vorfestlegung gar nicht mehr gewinnen konnte.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN – Viviane Spethmann CDU: Wovon Sie gerade etwas verstehen!)

Herr Kerstan, versuchen Sie nicht, die Schuld anderen zuzuweisen. Hier sind keine sozialdemokratischen Finsterlinge am Werk, die auf allen Ebenen versuchen, ein Kohlekraftwerk durchzusetzen, sondern wir haben zu konstatieren, es gibt aufgrund der Handlung des Senats eine Rechtslage. Sie haben eine Fehleinschätzung zur rechtlichen Situation gehabt und die haben Sie korrigieren müssen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Es geht auch nicht darum, auf Auflagen zu verzichten, meine Damen und Herren. Aber nachdem, was wir in dem bisher laufenden Verfahren an rechtlicher Einschätzung vonseiten der Umweltbehörde gesehen haben, die durch das Oberverwaltungsgericht korrigiert wurde, möchte ich, wenn Auflagen gemacht werden, dass diese Bestand haben. Ich hoffe, dass die rechtliche Prüfung dieses Mal besser als beim letzten Mal ausgefallen ist.

(Beifall bei der SPD, bei Elisabeth Baum und Dr. Joachim Bischoff, beide DIE LINKE)

Kommen wir zum Schluss zum ordnungspolitischen Rahmen, Herr Schira, den Sie angemahnt haben. Das ist ein sehr wichtiges Thema, denn es bleibt die Frage, was jetzt angesichts der Tatsache, dass man um die Genehmigung dieses Kraftwerks nicht herumkommt, zu tun ist. Wir alle wissen, wie viele Kraftwerke in Norddeutschland beantragt worden sind: drei in Brunsbüttel, eines in Stade, eines in Wilhelmshaven, eines in Emden, zusätzlich 7500 Megawatt regenerative Energie aus Schleswig-Holstein. Jetzt ist Zeit für für die Setzung eines ordnungspolitischen Rahmens. Ihre Aufgabe als Senat wird es sein, dieses im norddeutschen Kontext herzustellen. Kümmern Sie sich darum und führen Sie nicht irgendwelche Prozes

se, die Sie am Ende nur verlieren können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei Elisabeth Baum und Dr. Joachim Bischoff, beide DIE LINKE)

Das Wort bekomme Frau Heyenn.

(Viviane Spethmann CDU: Nicht wieder rechnen!)

Herr Kruse, mit Zertifikaten werden die CO2-Emissionen nicht weniger. Wenn Moorburg gebaut wird, wird der CO2-Ausstoß in dieser Region mehr sein, egal, wie viele Zertifikate wir haben. Weltweit nimmt die CO2Emission trotz der Zertifikate zu. Das ist ein sehr schlechtes Argument für Umwelt.

Frau Senatorin Hajduk, mir liegt es fern, mit Häme darauf zu reagieren, dass Sie ein Kohlekraftwerk genehmigen mussten. Ich habe verstanden, dass es Ihnen wirklich schwergefallen ist. Sie müssen sich aber auch vorhalten lassen, dass Sie als GAL im Wahlkampf und auch schon vorher den Eindruck erweckt haben, man könnte und wolle ein Kohlekraftwerk aus reinen klimaschutzpolitischen Argumenten verhindern. Sie haben diesen politischen Willen im Wahlkampf deutlich gemacht. Ich habe nachgelesen, dass zum Beispiel Frau Senatorin Goetsch – damals als Fraktionsvorsitzende – Herrn von Beust ein Brikett auf den Tisch gelegt hat.

(Olaf Ohlsen CDU: Die hat er verheizt!)

Heute sieht es so aus, als hätten Sie ihm die Kohle gebracht.

Das Problem, dass es dieses Dilemma gegeben hat und dass Sie so wie jetzt entscheiden mussten, liegt unter anderem daran, dass die CDU kurz vor dem Ende ihrer Alleinregierung im November 2007 noch eine vorläufige Baugenehmigung erteilt hat. Unter Demokratieaspekten muss kritisch betrachtet werden, dass eine Regierung kurz vor dem Ende einer Legislatur noch so weitreichende Entscheidungen trifft. Schließlich haben wir es mit einem Gebäude zu tun, das 40 Jahre lang die Luft und das Wasser verpestet.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben gestern gesagt, dass Sie alles darauf gesetzt haben, um eine Chance im Genehmigungsverfahren zu haben. Gegen eines muss ich mich für meine Person und auch für meine Fraktion ganz stark verwahren. Wir halten es für eine Selbstverständlichkeit, dass alles nach Recht und Gesetz geht. Aber plötzlich, als Sie das Paradigma gewechselt haben, von der politischen Entscheidung gegen ein Kohlekraftwerk, mussten Sie einen Ausweg finden. Plötzlich sagten Sie, Sie machen es nach Recht und Gesetz. Das Argument ist so

(Ingo Egloff)

platt, denn es ist selbstverständlich, dass wir alle Recht und Gesetz respektieren. Das war im Grunde ein kleiner Ausweg für Sie. Sie haben gestern gesagt, Sie und Ihr Staatsrat haben es juristisch falsch eingeschätzt, aber gleichzeitig haben Sie gesagt, Sie würden, wenn Sie auf Mai zurückblenden könnten, alles noch einmal so machen. Da kann ich Ihnen nicht mehr folgen, denn Sie haben eine grundlegende falsche Einschätzung gehabt und Sie wollten – das gestehe ich Ihnen zu – sicherlich dieses Kraftwerk verhindern.

Wir sind der Auffassung, dass die Politik und damit die Menschen, die hier leben, bei solchen Projekten entscheiden müssen, ob so ein Kraftwerk gebaut wird oder nicht und ob diese Belastung für die Umwelt wirklich gewollt ist. Es kommt auch noch hinzu, dass wir weder die Abwärme noch den Strom dieses Kraftwerks werden brauchen können, schon gar nicht, wenn Sie den kommunalen Energiebetrieb "Hamburg Energie" gründen wollen. Dann haben wir zusätzliche Angebote an Wärme und Energie.

(Wolfgang Beuß CDU: Na, das ist doch pri- ma!)

Sie haben von der LINKEN natürlich die volle Unterstützung, wenn Sie auf Bundesebene dazu beitragen wollen, dass die Politik überall dort, wo sie gefragt ist, entscheiden kann. Wir können es überhaupt nicht akzeptieren, dass ein Unternehmen wie Vattenfall entscheidet, was in dieser Stadt passiert. Das ist Aufgabe der Politik, das muss wieder Aufgabe der Politik werden. Wir werden alles tun, auch Sie unterstützen, dass wir das erreichen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Egloff und Herr Neumann, ich musste mich sehr wundern, als ich Ihren Ausführungen gefolgt bin.

(Michael Neumann SPD: Das überrascht mich wiederum nicht!)

Als ich Ihre und unsere Äußerungen im Wahlkampf verfolgt habe, bin ich davon ausgegangen, dass wir eine übereinstimmende Einschätzung hatten, nämlich dieses Kohlekraftwerk Moorburg aus klimapolitischen Gründen nicht zu wollen.