Protokoll der Sitzung vom 21.01.2009

Das Wort bekommt Herr Yildiz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst sage ich: Kinderlärm hin oder her – das wird seit acht Monaten, seit ich in der Bürgerschaft bin, ständig diskutiert. Es ist eine Tatsache, dass Kindertagesstätten aufgrund der Gesetzgebung nicht weiter existieren können. Es ist notwendig, dass die Bundesbaunutzungsverordnung im Rahmen einer Bundesratsinitiative geändert wird, denn nur so können wir zu einer grundlegenden Lösung der Streitigkeiten um die Genehmigung von Kindertageseinrichtungen in Wohngebieten kommen. Daher werden wir den Antrag der SPD unterstützen.

Trotzdem wollen wir auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen, in dem ich persönlich Herrn Roock Recht gebe: Auch wenn wir diese Bundesratsinitiative starten und diese Baunutzungsverordnung geändert wird, werden die alten B-Pläne weiterhin immer wieder rechtlich ein Problem sein. Insofern sind wir der Auffassung, dass diese Bundesratsinitiative richtig und sinnvoll ist, sie aber nicht ausreichen wird. Wenn dies verwirklicht würde, müssten wir uns auf Landesebene auch überlegen, wie wir mit den alten Plänen umgehen, wie wir die Gesetzgebung soweit ändern, dass diese B-Pläne nicht so umgesetzt werden, dass den Kindertageseinrichtungen erlaubt wird, dass sie dort …

(Hans-Detlef Roock CDU: Das ist Bestand- teil des Antrages! – Gegenruf von Christiane Schneider DIE LINKE: Mehmet, weiter!)

Ich rede über den SPD-Antrag. Letztendlich sind wir für den SPD-Antrag und werden ihn unterstützen. Beim CDU-Antrag sind einige Punkte richtig. Ich bestreite das nicht. Das Problem ist – ich erlebe dies auch bei anderen Anträgen –, dass, wenn man einen Antrag gestellt hat, die CDU und die GAL einen Gegenantrag stellen, damit der Ursprungsantrag abgelehnt werden kann. Ich habe auch erwähnt, dass diese Bundesratsinitiative, sollte sie verwirklicht werden, nicht ausreichend wäre. Wir sind jedoch dagegen, dass man Anträge stellt, damit Anträge über Änderungen in den Bundesgesetzen abgelehnt werden. Wir werden dem CDUAntrag nicht zustimmen. – Danke schön.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Dann gebe ich Frau Veit noch einmal das Wort.

Das ist nett, Herr Präsident. Ich mache es auch kurz.

(Beifall bei Jörg Hamann CDU)

Eins kann man Ihnen wirklich nicht vorwerfen, Herr Roock: dass Sie sich irgendwie schlau gemacht hätten. Ich würde wirklich gern wissen, wer das alles bei Ihnen rechtlich geprüft hat, dass jeweils nicht die neueste Fassung der Baunutzungsverordnung auf die alten Baustufenpläne angewandt wird. Was Sie erzählt haben, ist wirklich einfach Quatsch.

(Beifall bei der SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Da saßen hervorragende Juristen dran!)

Im Übrigen hat Frau Blömeke gerade gesagt, unser Punkt sei jetzt in Ihrem Antrag mit enthalten. Herr Roock hat erklärt, warum er unseren Punkt gerade nicht haben wolle. Ist er nun darin oder nicht? Sie sollten klären, was Sie an dieser Stelle mit der Baunutzungsverordnung eigentlich meinen beantragen zu wollen. Das wäre hilfreich. Ich nenne Ihnen gern die Gründe für unsere Ablehnung Ihres Antrages: Abgesehen von den ganzen Grammatikfehlern, die darin enthalten waren, …

(Zurufe von der CDU: Hey, hey!)

Ja, das ist wirklich wahr. Das sind lauter falsche Tempora. Es beginnt mit der Überschrift: "Kindertageseinrichtungen in reinen Wohngebieten ermöglichen". Was ist denn da mit den Baustufenplänen? Darauf gehen Sie gar nicht ein. Sie gehen nur auf die reinen Wohngebiete ein. Das geht uns nicht weit genug. Dann haben Sie Ihre alte Drucksache nicht abgearbeitet und kommen mit einer neuen, die in wesentlichen Teilen das Gleiche ist. In Ihrem Petitum gibt es kein einziges Datum. Das einzige Datum, das wir sehen, ist eine Evaluation

(Christiane Blömeke)

nach vier Jahren. Da sind die Kinder längst an ihren Primarschulen gelandet.

(Michael Neumann SPD: Hoffen wir es nicht! – Ingo Egloff SPD: Das werden wir zu än- dern wissen! – Jens Kerstan GAL: Das ist doch gut!)

Wenn man einen Interfraktionellen Antrag will, kann man das nicht unter drei Fraktionen stattfinden lassen. Wir haben vier Fraktionen. Die Tatsache, dass Sie die Fraktion DIE LINKE nicht einmal gefragt haben, schließt einen Interfraktionellen Antrag in solch einem Thema für uns aus. Einen Satz noch zu Frau Blömeke: Sie haben gesagt, es handele sich um Spezialfälle, die Kitas "Marienkäfer" und jetzt Rewentlowstraße. Ihre Ruhe und Sachlichkeit, die Sie an den Tag legen, zeichnet sich dadurch aus, dass Sie wieder vorhaben, um den Kindergarten eine Mauer zu bauen. Das tragen wir nicht mit.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, darf ich um Aufmerksamkeit bitten?

(Ingo Egloff SPD: Das war aber nur an die CDU gerichtet!)

Es ist doch erstaunlich, dass die Worte des Präsidiums immer so ungehört verhallen.

Wir kommen dann zur Abstimmung, da weitere Wortmeldungen nicht vorliegen. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 19/1902 und 19/ 2024 an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Zunächst zum gemeinsamen Antrag von CDU- und GALFraktion aus Drucksache 19/2024. Wer möchte diesen annehmen, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich angenommen worden.

Nun zum Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/1902. Wer möchte diesem folgen, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Bevor ich nun zum Punkt 14 der Tagesordnung komme: Es war mir eben deutlich zu laut. Ich darf Sie deshalb bitten, Nebengespräche draußen zu führen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf, den Senatsantrag: Aufhebung des Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes.

[Senatsantrag:

Aufhebung des hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes (Lebenspartnerschaftsausführungsgesetz) – Drs 19/1692 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Müller von der GAL-Fraktion, Sie haben es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie haben heute einen Gesetzentwurf zur Abstimmung vorliegen …

(Glocke)

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob es so schwer ist, dies zu verstehen.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Ich darf Sie wirklich bitten, dem Redner die Möglichkeit zu geben, sich hier so artikulieren zu können, sodass es sich jeder, der interessiert ist, anhören kann. Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Sie haben hier eine Drucksache vorliegen, die besagt, dass das Hamburger Lebenspartnerschaftsausführungsgesetz aufgehoben werden solle. Einige meiner Kollegen haben mich gefragt: Farid, schafft Hamburg jetzt die Homo-Ehe ab? Ich kann Sie alle beruhigen, das ist nicht der Fall.

(Ingo Egloff SPD: Jetzt sind wir aber beru- higt!)

Weil dies so ist, ist es auch Anlass, darüber nachzudenken, wie weit wir bei der Frage der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe in diesem Land und in Hamburg gekommen sind.

Inzwischen wissen wir, dass wir Ende 2008 2500 eingetragene Lebenspartnerschaften in Hamburg hatten, also leben mehr als 5000 Lesben und Schwule in Hamburg in eingetragener Lebenspartnerschaft. Es wären noch viel mehr, wenn die Gleichstellung endlich vollendet wäre, und zwar gerade im finanziellen Bereich. Die Gleichstellung ist bereits dort umgesetzt, wo man für den oder die andere eintreten muss, nämlich bei Arbeitslosigkeit, bei Krankheit oder man ein Sozialfall wird. Da muss in einer Lebenspartnerschaft eingesprungen werden. Aber in dem Lebensabschnitt, in dem es einem gut geht, haben die Lebenspartenr nicht die Möglichkeit, für schlechte Zeiten etwas zurückzulegen, da werden Lebenspartner immer noch wie Fremde behandelt. Das ist zurzeit aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nicht änderbar. Es ist auch leider so, dass sich die Große Koalition bisher nicht mit einem Gesetzentwurf hervorgetan hat, um dies zu ändern. Das ist einer der wesentlichen Gründe, warum Paare immer noch

(Carola Veit)

zögern, tatsächlich den Weg zum Standesamt einzuschlagen.

Was fehlt denn noch? Zum Erbschaftsrecht haben Bundestag und Bundesrat jetzt einen Reformvorschlag vorgelegt, nach dem eingetragene Lebenspartner immerhin ein Stück weit gleichgestellt werden, aber immer noch nicht völlig. Dort haben wir einen Schritt nach vorn gemacht. Wir haben ebenso in all den anderen Fragen einen Schritt nach vorn gemacht, die die Renten betreffen. Es gibt jedoch momentan überall in den Bundesländern entweder Klagen oder in CDU-regierten Bundesländern sogar Gesetzentwürfe, um endlich auch die Gleichstellung der Landesbeamten zu erreichen. Da können wir in Hamburg Vollendung melden. Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, hat der Senat in der letzten Woche Eckpunkte für einen Gesetzentwurf für ein Landesbeamtenrecht vorgelegt, in dem es die absolute und völlige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe gibt. Das ist ein Anlass, zu dem man hier klatschen darf, meine Damen und Herren.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL, der CDU und der LINKEN)

Es geht nicht nur darum, eine Minderheit bürgerrechtlich gleichzustellen, sondern es geht auch darum, wie wir mit den Menschen dieser Stadt umgehen, ob man immer noch Unterschiede aufgrund der sexuellen Orientierung oder Identität macht. Ich bin froh, dass meine Wahrnehmung ist, dass wir dies in dieser Stadt nicht mehr wollen. Demzufolge ist das, was der schwarz-grüne Senat jetzt vorgelegt hat, nur noch eine Vollendung dessen, was die Mehrheit in dieser Stadt will.

Nicht so glücklich ist, während wir in den Ländern und in Hamburg eine völlige Gleichstellung im Landesbeamtenrecht anstreben und dieses noch in dieser Bürgerschaft verabschieden werden, dass dies im Bund leider nicht geschieht. Dort hat die Große Koalition Ende letzten Jahres zwar das Bundesbeamtenrecht reformiert, aber die Gleichstellung nicht vollzogen. Hamburg hat noch einen letzten Versuch unternommen und einen Antrag im Bundesrat gestellt, doch noch einmal nachzudenken und den Vermittlungsausschuss anzurufen. Es ist nicht einzusehen und auch nicht gut zu erklären. Es gibt sehr viele Bundesbeamte, die in Hamburg arbeiten und leben. Warum diese völlig anders gestellt sein sollten als die Hamburger Landesbeamten, muss man den Menschen erst einmal erklären. Ich kann es nicht. Ich hoffe, dass der SPD in den nächsten Wochen ein bisschen dazu einfällt.

Das Thema Bürgerrechtspolitik darf man in Hamburg nicht nur im verengten Fokus sehen und sich fragen, was man damit zu tun habe. Bürgerrechtspolitik wollen wir Grüne mit unserem Koalitionspartner zusammen in Zukunft als eine Werbung für diese liberale und offene Stadt Hamburg auf unse

re Fahnen schreiben. Dieses Thema, wie wir in dieser Stadt mit Minderheiten umgehen, hat damit viel zu tun. Es ist ein Baustein. Wir sind alle sehr froh, dass wir weiter vorankommen und Hamburg noch in diesem Jahr sagen kann, es habe die Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft mit der Ehe vollzogen. Das freut mich und ich hoffe, dass wir im Hause Einigkeit haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Heintze.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! So kurz der Senatsantrag in diesem Fall daherkommt, schließt er doch ein zähes Ringen hier im Hause ab. Ich erinnere noch die Ablehnung der CDU 2001, als SPD und GAL nach vorn marschierten und sagten, wir bräuchten nun dringend eine Homo-Ehe. Dies wurde hübsch illustriert, ich glaube, mit Farid Müller und Lutz Kretschmann zusammen in der Hochzeitskutsche. Das wird man heute nicht mehr brauchen. Es war ein harter Weg, auf dem wir uns als CDU in Hamburg zu keinem Zeitpunkt der Diskussion verschlossen haben, sondern uns weiterbewegt und unsere Position weiterentwickelt haben, und zwar in sehr kurzer Zeit. Auch in der heutigen Fraktion sind noch viele dabei, die damals mitgerungen haben, die Positionen von damals mit erarbeitet und modifiziert haben und die sich diesem Thema geöffnet haben. Wir sind in dieser Stadt parteiübergreifend und – das sage ich bewusst – volksparteiübergreifend in den letzten fünf Jahren sehr weit gekommen, was die Belange von Lesben und Schwulen betrifft.