Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

dann muss man von Regierungsseite aus einfach nur feststellen können, dass es so falsch nicht sein kann, was wir dort getan haben, wenn Sie so lange

(Barbara Ahrons)

reden und so wenig Punkte finden, die Sie mit Inhalt füllen können.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich kann auch verstehen, dass das nicht so ganz einfach ist in einer Situation, in der der Senat selber ein Konjunkturprogramm von 250 Millionen Euro auflegt, bei dem er Investitionen in dieser Größenordnung vorzieht und 300 Millionen Euro des Bundesprogramms zur Verfügung gestellt werden, wodurch sehr viele Maßnahmen finanziert werden, die – das muss man zugeben – im Wirtschaftsausschuss zwischen uns nicht strittig sind. Dann bleibt für Sie natürlich nicht mehr viel übrig, um eine Lücke zu finden und zu sagen, dass noch etwas fehlt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie wollen uns wieder die Existenzberechtigung abspre- chen!)

Insofern lassen Sie mich jetzt einfach ein paar Punkte noch einmal aufzählen, die zeigen, dass dieser Senat angesichts einer schweren Finanzund Wirtschaftskrise angemessen reagiert, und dann noch auf ein, zwei Ihrer Vorschläge eingehen, bei denen ich das Gefühl habe, dass Sie den Ernst der Lage nicht wirklich begriffen haben.

Wenn man sich das Konjunkturprogramm anschaut, dann sieht man dort – Frau Ahrons hat es eben erwähnt – einen ganz wesentlichen Schwerpunkt auf der Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen. Das Erste ist, dass die Auftragsvergabe der öffentlichen Hand gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise für die mittelständische Wirtschaft umso wichtiger wird.

Umso wichtiger ist, dass wir jetzt auch die Ausschreibungsbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen verändert haben. Wir werden dort kleinere Lose ausschreiben, die wir regionaler vergeben können als in der Vergangenheit, sodass der örtliche Mittelstand gefördert wird. Und die öffentlichen Unternehmen werden verpflichtet, dies auch in ihren Auftragsvergaben vorzunehmen. Ich glaube, das ist etwas, was wir alle seit vielen Jahren gefordert haben. Es ist gut, dass wir diese Forderung jetzt in der Krise endlich umsetzen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

In der Tat finde ich es ganz lobenswert, dass Sie 30 Millionen Euro mehr Bürgschaften für kleine und mittelständische Unternehmen fordern, aber wir finden, das reicht nicht. Darum haben wir im Konjunkturprogramm in dem Bereich 130 Millionen Euro vorgesehen. Das wird deutlich mehr Effekte erzielen als das, was Sie vorschlagen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Insbesondere werden wir, obwohl der Hamburger Hafen jetzt nicht mehr die boomenden Zeiten hat,

die wir aus der Vergangenheit kennen, in dem Bereich nicht die Investitionen zurückstellen, sondern wir werden dort Jahr für Jahr für die nächsten vier Jahre 250 Millionen Euro investieren.

(Ingo Egloff SPD: Ja, für die nächsten vier!)

Das ist ein höherer Betrag, als jemals in den Jahren vorher pro Jahr investiert wurde. Auch das ist ein großer Erfolg und wird uns in dem Bereich auch in die Lage versetzen, dass, wenn es wieder aufwärts geht, der Hamburger Hafen dann auch für zukünftige Herausforderungen gerüstet ist.

(Ingo Egloff SPD: Was ist danach?)

Ich muss mich doch wirklich sehr wundern, weil wir in den Haushaltsberatungen sind. Denn Sie haben sehr energisch gefragt, ob in der mittelfristigen Haushaltsplanung die Hafeninvestitionen eingestellt seien oder nicht. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: In die mittelfristige Finanzplanung kann man vieles hineinschreiben. Die Illusion, die Sie hegen, dass, wenn man einfach nur eine Zahl hineinschreibe, das Geld da sei, war auch in der Vergangenheit nicht so.

Dass wir jetzt über den nächsten Doppelhaushalt hinaus für vier Jahre die 250 Millionen Euro pro Jahr gesichert haben, ist eine deutliche Verbesserung. Insofern kann ich diese Versuche, in dem Bereich jetzt auch noch etwas zu kritisieren, wie Sie es in Ihrem Antrag tun, nicht ganz verstehen. Ich glaube, das Signal für den Hafen, der im Moment schwer gebeutelt ist, ist deutlich. Wir erhöhen die Investitionen, wir werden sie für vier Jahre verstetigen und es gibt das politische Bekenntnis des Senats, das, was darüber hinaus notwendig ist, zu finanzieren. Ich glaube, das ist angemessen und notwendig in der Krise und ein wichtiges Signal.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Man muss wirklich anfangen, daran zu zweifeln, ob Sie das alles ernst meinen gerade angesichts der Generaldebatte, in der wir über die HSH Nordbank sehr lange geredet haben, eine öffentlich-rechtliche Bank, bei der man das Gefühl hat, dass, obwohl Sie im öffentlichen Besitz war, dort nicht unbedingt alles so gelaufen ist, wie es hätte laufen sollen. Da haben Sie zu Recht viele Punkte sehr kritisiert. Und was ist Ihr Vorschlag in der Wirtschaftsdebatte? Lasst uns doch einfach eine neue öffentlich-rechtliche Bank gründen, die noch ganz viele weitere Projekte finanziert, die bisher nicht finanziert wurden. Ich glaube, das zeigt, dass Sie den Ernst der Debatte bei der HSH Nordbank nicht begriffen haben.

(Ingo Egloff SPD: Sie haben nicht begriffen, wie man regionale Wirtschaftspolitik macht, Herr Kerstan, das ist das Problem!)

Sie nehmen Ihre eigenen Argumente nicht ernst, denn dann würden Sie nicht fordern, bevor wir diese Krise bewältigt haben, schon die nächste Bank

zu gründen, die uns dann vielleicht weitere Probleme bringt.

(Ingo Egloff SPD: Sie reden wie Herr Uldall!)

Ich glaube, es ist gut, dass wir es nicht getan haben. Unser Vorschlag ist ein seriöser durchfinanzierter Vorschlag, der in der mittelständischen Wirtschaft für Impulse sorgen wird. Ich glaube, damit werden wir einen großen Schritt vorangehen können. Ihre Vorschläge würden uns nicht weiterbringen, sondern eher zurückwerfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Bischoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir werden der Drucksache 19/2250, der Konjunkturoffensive, zustimmen. Es ist richtig – das ist schon von der SPD-Fraktion bemerkt worden –, dass von der großartigen Einladung von Herrn Gedaschko, dass er dieses Konjunkturprogramm überfraktionell gestalten wolle, nicht viel übrig geblieben ist, um nicht zu sagen gar nichts. Es ist auch richtig, dass wir – zumindest unsere Fraktion – aus den Bezirken eine ganze Reihe von kritischen Anmerkungen haben, weil Sie auch die Bezirke und die politischen Träger in den Bezirken nicht beteiligt haben an diesem Programm.

Trotz dieser Vorbehalte stimmen wir dieser Drucksache zu. Ich möchte aber noch einmal sagen, Herr Kerstan, wenn Sie sich jetzt hinstellen und sagen – Sie haben das eben mehrfach formuliert –, das sei eine angemessene Reaktion der Regierungskoalition, dann möchte ich das doch entschieden infrage stellen und dazu noch einmal argumentieren mit Blick auf die Argumente, die gestern und vorgestern gefallen sind.

Ich nehme durchaus zur Kenntnis – das war nicht immer meine Wahrnehmung der CDU-Fraktion –, dass Herr Freytag ein wirklich bemerkenswertes Plädoyer gehalten hat für die zentrale Rolle des Staates in einer historischen Krisenkonstellation, in der wir zweifelsohne stecken.

Wenn ich auf der anderen Seite an den Diskussionsbeitrag von Herrn Wersich gestern denke, ist mein oder unser Eindruck, dass Sie immer wieder davor zurückschrecken, eine wirksame staatliche Intervention zu betreiben. Das war eben auch, Frau Ahrons, bei Ihnen zu hören. Ich sehe, dass Sie motiviert sind, weil Sie große ordnungspolitische Vorbehalte gegen die Rolle des Staates haben. Aber auf der einen Seite zu sagen, wir müssen in der Situation staatlich intervenieren, auf der anderen Seite aber zurückzuschrecken, das konkret in den Bereichen zu machen, ist aus meiner Sicht der zentrale Widerspruch, der sich auch in der Hamburger Konjunkturoffensive findet.

Frau Ahrons, Sie haben angeknüpft an die Bemerkung von Bürgermeister Ole von Beust, der zu Recht sagt, wir stecken in der Krise stecken, wir können sie nicht vermeiden, wir müssen aber handeln, um die Talfahrt abzudämpfen. Das heißt, bei unseren Interventionen hier und heute entscheiden wir darüber, wie lange die Krise dauert und was angemessen ist, Herr Kerstan. Es müsste aus unserer Sicht ein weit energischeres Gegensteuern erfolgen, weil Nichthandeln oder zögerliches Handeln, was Sie machen, letztlich eine größere Verschuldung nach sich zieht.

Ich sage das deshalb, Herr Kerstan, weil wir sicherlich über die Frage der Angemessenheit der Konjunkturpakete Hamburgs und der Republik in diesem und im nächsten Jahr noch weitere Debatten führen werden. Ein zu gering dimensioniertes Konjunkturprogramm birgt immer die Gefahr, dass wir in eine sehr ausgedehnte Phase der Stagnation hineinschlittern. Dann würde sich die Haushaltslage weiter verschlechtern und wir müssten zusätzlich einen Prozess der Schrumpfung der Produktion, der Beschäftigung und des Einkommens in Kauf nehmen.

Sie nehmen das jetzt als Argument nicht ernst, aber aus unserer Sicht brauchen wir nicht nur ein Konjunkturprogramm – Herr Kerstan, dann reden wir in ein paar Monaten darüber –, sondern wir brauchen Maßnahmen gegen Depression. Der Staat muss selbst als Investor auftreten, sonst drohen die Milliarden, um die es dann letztlich geht, in der Liquiditätsfalle oder in der Sparquote zu versickern. Jeder Euro, der in den Wirtschaftskreislauf gepumpt wird, muss vielfache Wirkung entfalten. Das ist, jedenfalls nach meiner Einschätzung, bei Ihrer Hamburger Konjunkturoffensive nicht der Fall.

Um das klarzustellen: Was Sie inhaltlich vorschlagen, zusätzliche Investitionen, Förderung der öffentlichen Infrastruktur mit den Schwerpunkten Bildung, Gesundheit, Verkehr, ist aus unserer Sicht richtig. Sie sollten mehr tun und nicht einfach bei der Kofinanzierung des Bundesprogramms stehen bleiben. Hamburg hat, das ist gar nicht strittig unter uns, enormes Potenzial für einen eigenständigen Beitrag, um gegen diese Gefahr der Dämpfung und Depression vorzugehen. Aber außer diesen Bereichen öffentlicher Investitionen – meine Kollegin wird Ihnen das nachher noch einmal darlegen – sind wir fest davon überzeugt, dass ein umfassendes Landesprogramm gegen Armut und soziale Spaltung, die Abschaffung der Ein-Euro-Jobs und die Ausweitung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen ein viel wirksamerer Beitrag zur Konjunkturstabilisierung wäre und wir uns nicht allein auf öffentliche Investitionen in die Infrastruktur konzentrieren dürfen.

Jeder Euro, der in die Wirtschafts- und Einkommenskreisläufe gepumpt wird, sollte eine möglichst große Wirkung entfalten. Auch bei Investitionen in

(Jens Kerstan)

öffentliche Infrastruktur gibt es diese Multiplikatoreffekte, wie die Ökonomen das nennen, aber bei Maßnahmen gegen Armut und soziale Spaltung und bei einer aktiven Arbeitsmarktpolitik haben wir unbestritten viel stärkere Effekte.

Dass Sie unsere Programme nicht übernehmen, ist ja okay, doch unsere Fraktion findet es ziemlich deprimierend, dass Sie diesen Gesichtspunkt überhaupt nicht berücksichtigt haben. Das ist kein Hoffnungszeichen für die nächsten Monate. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Dann bekommt das Wort Senator Gedaschko.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Selten fand wohl eine Haushaltsdebatte in einer solchen Lage statt, die zwar jetzt noch eher medial, aber wahrscheinlich schon sehr bald in dieser Stadt auch real sehr schlimm in Erscheinung treten wird. Uns alle eint der Wille zu kämpfen, uns dagegen zu stemmen, das Unheil abzuwenden und doch wissen wir, dass der Schlüssel zur Lösung des Problems nicht wirklich bei uns liegt.

Wenn man die Lage Hamburgs vergleicht mit der eines Menschen, der Fieber hat, dann ist es so, dass wir in Hamburg zwar vielleicht das letzte halbe Grad des Fiebers bekämpfen können, vielleicht auch ein Grad, was uns aber nicht gelingen wird, ist die Ursache des Fiebers zu bekämpfen. Und man muss die Ursache bekämpfen, wenn man denn letztendlich weiterleben will. Gleichwohl muss das Leben des Patienten erhalten werden, solange die Instrumente zur Bekämpfung der Ursache nicht da sind. Und das ist unsere Aufgabe, vor der wir hier stehen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Der Schlüssel zur Bekämpfung der Krise liegt letztendlich nicht bei einer Genossenschaftsbank, sondern er liegt darin, den Interbankenverkehr weltweit wieder zum Funktionieren zu bekommen. Damit richten sich die Hoffnungen und Erwartungen der Menschen an die G-20, die sich in Kürze zusammensetzen werden. Diese Erwartungen zu erfüllen, ist eine riesige Aufgabe und ich hoffe, dass es gelingt; wir haben keine Alternative als die Erfüllung dieser Erwartungen.

Gleichwohl müssen wir natürlich auch hier das Fieber bekämpfen. Und ich möchte mich ausdrücklich sowohl bei der SPD als auch bei der LINKEN bedanken, dass sie angekündigt haben, dem Konjunkturpaket zuzustimmen. Das freut mich und die Debatte zum Konjunkturpaket war eigentlich auch gekennzeichnet von einer großen Übereinstimmung.

Ich hatte vor der Sitzung schon angekündigt, ich würde die SPD loben. Ich mache es einfach schon jetzt, nicht erst am Ende. Ihre Anträge sind weitestgehend auch eingeflossen in das Konjunkturpaket, das wir aufgesetzt haben. Das ist auch nicht verwunderlich, denn wenn man die Probleme sieht und bei klarem Verstand ist und wenn alle, die bei klarem Verstand sind, auch handeln, dann kommt man auch zu den gleichen Ergebnissen. Es ist ein gutes Zeichen für die Menschen in dieser Stadt, dass es im Parlament eine breite Basis dafür gibt, in dieser Situation nicht in Klein-Klein zu machen, sondern die Probleme auch gemeinsam anzugehen; dafür an dieser Stelle ein herzliches Danke.

(Beifall bei der CDU, der GAL und der SPD)

Speziell zum Thema Hafen ist das eine oder andere gesagt worden. Auch hier eine Bitte: Die Konkurrenz freut sich, wenn wir uns in Hamburg selber zerreden. Ich habe dort vorne – ich habe ihn jetzt nicht mitgebracht, weil die Debatte einen anderen Verlauf genommen hat, als ich es nach dem ersten Tag erwartet hatte – den Finanzplan 1998 liegen und hatte mir darin die Zahlen zum Hafen angesehen. Die Summe, die wir jetzt für die nächsten vier Jahre verlässlich für den Hafen vorgesehen haben, stimmt auch angesichts unserer Probleme: nicht kleckern, sondern klotzen, und das zur rechten Zeit. Das sollten wir auch als Botschaft nach draußen tragen, eine solche Summe hat es für den Hafen noch nie in so kurzer Zeit gegeben. In dieser Zeit werden wir viele der Infrastrukturprobleme – und da brauchen wir gar nicht mit dem Finger aufeinander zu zeigen, wir tragen doch gemeinsam Verantwortung – zu einem Großteil lösen können. Das Problem der Hafenbahnsanierung beispielsweise werden wir Ende des Jahres gelöst haben. Auch das ist gerade in diesen Zeiten – wir stehen im Wettbewerb – ein deutliches Signal an unsere anderen Häfen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)