Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

Insofern freue ich mich darauf, diese Debatte noch einmal zu führen, wenn wir endlich die Zahlen haben. Vielleicht können wir heute andere Themen ausführlicher behandeln, zu denen es mehr Fakten gibt und die man mit mehr Substanz diskutieren kann.– Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Michael Neumann SPD: LBK! Asklepios!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der nächsten Woche werden die Zahlen zur Steuerschätzung vorgelegt werden, der Senat wird darauf reagieren und ich finde es vernünftig, im Parlament vorher, wenn wir schon einschätzen können, dass es einen kräftigen Einbruch geben wird, darüber zu diskutieren. Das ist ein ganz normales Vorgehen und ich finde es vernünftig und klug, wenn das Parlament das macht und nicht nur wartet, was der Senat tut.

(Beifall bei der Linken und vereinzelt bei der SPD – Wolfgang Beuß CDU: Aber nicht so emotionalisiert!)

Mir wird auch etwas unheimlich bei Ihren Rechenkünsten, denn Sie beteuern fast – übrigens im Gegensatz zu dem, was Herr Kruse gesagt hat –, dass wir diese Neuverschuldung machen werden, und fügen dann schnell an, dass wir das ganz intelligent hinbekommmen, dass diese Neuverschuldung innerhalb kürzester Zeit wieder verschwindet. Wir wissen nicht so genau, wie dieser Trick funktioniert, aber das ist doch das Spannende, das wir gegenwärtig diskutieren wollen. Natürlich werden Sie nicht nächste Woche verkünden, was Sie in gewisser Weise zustande bringen, aber wir brauchen eine Perspektive, die deutlich macht, wie wir mit weniger Steuereinnahmen in dieser Stadt existieren können. Das wollen wir diskutieren und es gehört sich, das im Parlament zu besprechen, und wir erwarten von Ihnen, dass Sie hier sagen, was denn nun im nächsten Jahr geschieht, wenn Sie schon unbedingt einen Doppelhaushalt aufstellen mussten.

Was wir befürchten, will ich Ihnen sagen. Es gibt eine Rede des von Ihnen sehr geschätzten – die Grünen stimmen da noch nicht zu – Herrn Köhler, die mit allgemeiner Begeisterung aufgenommen wurde und in der er im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Krise und im Hinblick auf die Steuern gesagt hat:

"Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt."

(Barbara Ahrons CDU: Stimmt ja auch!)

Das ist die falscheste Analyse überhaupt.

(Beifall bei der Linken und vereinzelt bei der SPD)

Aber weil die Analyse so ausfällt, sehe ich große Gefahren. Sind Sie der Meinung, dass die Leute, die bei der Post oder bei TNT für 6,53 Euro gearbeitet haben, über ihre Verhältnisse gelebt haben, dass die Hartz-IV-Bezieher über ihre Verhältnisse gelebt haben? Das ist doch gegenwärtig die Frage und wenn Sie dies so analysieren, bekomme ich große Ängste im Zusammenhang mit den sozialen Zuständen in dieser Republik und auch damit, was hier geschieht.

Wir haben doch viele Debatten gehabt – und da wende ich mich besonders an die GAL – im Zusammenhang mit der Situation in Hamburg, in denen wir gesagt haben, auch wenn Sie zufrieden mit den Verhältnissen in dieser Stadt sind, wir sind es nicht. Wir bedauern die Kinderarmut, die immer noch Realität ist.

(Jens Kerstan GAL: Wir machen doch etwas dagegen!)

Wir stellen fest, dass die Allgemeinen Sozialen Dienste in einer schwierigen Situation sind, dass es Mehrausgaben dafür geben muss, aber Sie stellen sich mit großen unschuldigen Augen in al

(Jens Kerstan)

len Debatten hin und sagen, es tut uns leid, es ist doch nicht mehr Geld da.

(Jens Kerstan GAL: Haben wir jetzt mehr Geld im ASD oder nicht?)

Das ist die Gefahr, die ich für die nächsten Monate sehe – da können Sie noch so sehr meckern, so ist die Situation –, dass Sie im Zusammenhang mit den Maßnahmen der nächsten Monate und Jahre, wenn wir weniger Steuerausgaben haben, mit großen unschuldigen Augen dastehen und sagen, wir haben nicht mehr Geld, die Einnahmeseite bricht zusammen und wir sind nicht in der Lage, das soziale Hamburg aufrechtzuerhalten, was jetzt schon in einem zu geringen Ausmaß passiert.

Deswegen ist diese Debatte früh zu führen, und zwar auch auf Hamburger Ebene, obwohl es natürlich auch eine Einnahmediskussion gibt und dazu gehört die Bundesebene, dazu gehören Steuervorschläge, Vermögensteuer und eine vernünftige Erbschaftsteuer. Wir brauchen einen Staat, der sozial sein kann, der in der Lage ist, die Bildungsaufgaben der Zukunft zu organisieren, und das kann er nur, wenn er mehr Geld in die Hand bekommt, als es in den nächsten Jahren der Fall sein wird. Diese Debatte wird uns nicht verlassen, wir fangen jetzt erst damit an und wir werden streiten in dieser Republik um diese Frage. – Danke.

(Beifall bei der Linken und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Tschentscher.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kerstan, wenn Sie die Debattenanmeldung der LINKEN als Stimmungs- und Meinungsmache gegen die soziale Spaltung begreifen, die in dieser Stadt seit Jahren stattfindet,

(Wolfgang Beuß CDU: Da hat er doch recht! Wir kennen Sie doch, Herr Tschentscher!)

dann finde ich das völlig in Ordnung, dann beteilige ich mich gerne an dieser Art von Meinungs- und Stimmungsmache.

(Zuruf von Barbara Ahrons CDU)

Das gehört genau hierher, Frau Ahrons.

Aber gemeldet hatte ich mich auf den Hinweis von Herrn Freytag, der wie schon so oft wider alle Fakten behauptet, dass er einen ausgeglichenen Haushalt habe. Der Doppelhaushalt von SchwarzGrün für 2009/2010 weist schon jetzt ohne Finanzmarktkrise und ohne wegbrechende Steuereinnahmen ein Defizit, also ein Loch zwischen den bereinigten Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben, von 1,4 Milliarden Euro auf. 2007/2008 haben Sie es trotz der guten Jahre nicht hinbekommen, Ihr

Defizit auf null zu bringen. Sie haben ohne Ende Defizithaushalte hingelegt.

(Wolfgang Beuß CDU: Was haben wir denn für Defizite von Ihnen übernommen?)

Dazu komme ich gleich.

Nun kündigt Herr Kerstan, nicht der Senat, an, dass es eine Neuverschuldung geben wird, nachdem wir die Arie der Nichtneuverschuldung seitens des Senats zwei Jahre gehört haben, und dies ohne Belastung zukünftiger Generationen. Herr Kerstan, die künftigen Generationen werden schon genug damit zu tun haben, die Schulden abzutragen, die Sie bereits jetzt machen, 200 Millionen Euro neue Schulden für ein obskures und obendrein ungerechtes Studiengebührenmodell bei der Wohnungsbaukreditanstalt. Das werden die künftigen Generationen erst einmal abbezahlen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Dann werden sie Ihre Wissenschaftsstiftung abbezahlen, die Sie über Grundbucheinträge finanzieren. Dann werden sie die Verschuldung der öffentlichen Unternehmen abbezahlen müssen, allein 318 Millionen Euro bei der HGV im Jahr 2008 nur für die HSH Nordbank. Das werden die künftigen Generationen allesamt abbezahlen. Die HHLA-Milliarde haben Sie obendrauf verfrühstückt und die Investitionen im Hafen, die dringend erforderlich sind, auch noch den künftigen Generationen aufgebürdet. Das ist die Generationsgerechtigkeit von Schwarz-Grün, die Sie offensichtlich meinen, und die halten wir für einen Skandal.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Nun redet die CDU am liebsten von den Schulden früherer Senate,

(Wolfgang Beuß CDU: Ja, gerne!)

und das weit in der Vergangenheit zurück. Der CDU-Senat hat von 2002 bis 2006 – Herr Beuß, hören Sie es sich an – allein in diesen fünf Haushaltsjahren 4 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, mit dem Defizit durch Vermögensmobilisierung obendrauf insgesamt 6 Milliarden Euro. Halten Sie uns hier keine Vorträge über Neuverschuldungslasten künftiger Generationen.

(Wolfgang Beuß CDU: Nein, und Sie auch nicht!)

Nicht einmal in den Boomjahren ist es Ihnen gelungen, Ihren Haushalt auszugleichen, und jetzt kommt auf einmal die Neuverschuldung ohne eine Belastung zukünftiger Generationen. Ich bin sehr gespannt, wie das funktioniert, und ich freue mich auf die Debatte im Juni.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Wolf- gang Beuß CDU: Warten Sie mal ab!)

(Norbert Hackbusch)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kruse.

(Wolfgang Rose SPD: Der sagt mir das jetzt!)

Herr Tschentscher, Sie wollten das mit der Verschuldung und der Rückführung gerne vom Senat hören. Sie hätten es hören können, Sie hätten nur hinhören müssen, denn der Senator hat es gesagt. Er hat ganz deutlich gesagt, dass dies, sowie die Steuereinnahmen steigen, zurückgeführt wird. Vielleicht hat er es zu leise gesagt, vielleicht hat er es nicht aggressiv genug vorgetragen, aber er hat es laut und deutlich gesagt.

Und zu Ihrem Vorwurf, Herr Hackbusch, dass Herr Kerstan mit unschuldigen Augen erklärt, wir könnten leider nicht mehr aussagen. Ich weiß nicht, wovon Sie träumen. Wir haben in den Redebeiträgen und in der Vergangenheit ständig erklärt, dass wir wesentlich mehr für Bildung ausgeben, dass wir wesentlich mehr für Kinder in dieser Stadt ausgeben, dass wir das Thema Universitäten anpacken und uns der Fragestellung Klimaschutz widmen. Das haben wir auch nicht widerrufen. Sie haben schlecht geträumt, das tut mir leid.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Vielleicht haben Sie schlecht geträumt, weil Sie Ihre Umfragewerte nicht verbessern. Die große Hoffnung geht nicht auf und wenn man sich anschaut, was Sie hier herbeireden wollen, das Gleiche haben wir doch bei der HSH-Nordbank-Debatte gehabt. In einer harten Auseinandersetzung hat sich auch die SPD zu der gesamtstädtischen Verantwortung bekannt. Es war eine wirklich harte Auseinandersetzung und sehr an der Sache orientiert. Sie haben gesagt, lass das Ding doch pleitegehen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das haben wir nicht gesagt! Wir haben gesagt, wir wollen ordentlich abwickeln!)

Geordnet abwickeln, natürlich. Man sagt, liebe Leute, wir machen jetzt die Bank zu, das machen wir nicht sofort, keine Panik. Sie meinen, Frau Heyenn, wenn Sie vor dem Bankschalter stehen und sagen, es ist alles in Ordnung, dann holt keiner sein Geld ab. Da träumen Sie wirklich.

Aber Sie haben doch nicht geglaubt, dass das ohne Folgen wäre. Sie haben nicht geglaubt, dass wir nicht recht hätten, dass dann Hunderttausende von Arbeitsplätzen in Norddeutschland gefährdet wären. Ich sage Ihnen ganz klar, das wollten Sie so. Sie möchten eine große Krise haben, weil Sie glauben, dass Sie nur in einer großen Krise mit Ihren Thesen Chancen hätten. Da mögen Sie Ihre Hoffnung aus der Geschichte ziehen, aber Geschichte wiederholt sich zum Glück nicht und diese