Protokoll der Sitzung vom 10.06.2009

Vermutlich waren einige der Redebeiträge schon vorverfasst, bevor der Haushaltsausschuss getagt hat, denn die Melodie, die die Opposition intoniert hat, hätte man vielleicht intonieren können, wenn wir tatsächlich die Debatte ausgesessen, nicht beendet hätten, durchgestimmt, Feierabend, aus. Das hätten Sie sich wahrscheinlich auch gewünscht.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Nein, im Ge- genteil, das war schon gut so!)

Was hier einige großes Kino genannt haben, ist in Wirklichkeit, jedenfalls nach unserem Verständnis, Normalität, eine ganz normale Ausschussarbeit. Der Haushaltsausschuss hat ein Selbstverständnis und mit Sicherheit ist es eher die Aufgabe der Regierungsfraktion, dieses zu vertreten als die der Oppositionsfraktion. Wir hätten natürlich darauf verweisen können, Wiederholungen gefallen nicht immer, dass die Diskussion zum Thema schon mehrfach im Fachausschuss geführt worden ist. Deshalb hat sich der Senat relativ schlank aufgestellt und nicht noch zusätzliche Fachleute dazugeholt, die dann auf die Vorträge des Rechnungshofs, zum Beispiel zu den Themen Energieeffizienz und Glasflächen, hätten antworten können. Mit diesem Hinweis hätten wir sagen können, das machen wir nicht, lesen Sie das Protokoll, den Bericht des Fachausschusses. Das finden wir aber nicht angemessen, sondern wenn diese Debatte im Haushaltsausschuss wiederholt wird, da sie selbstverständlich Haushaltsrelevanz hat, dann werden wir sie auch führen.

Das erwartet auch der Bürger von uns und dafür müssen wir das nötige Sitzfleisch mitbringen. Deswegen haben wir gesagt, dass wir die Debatte fortsetzen und das werden wir nächste Woche tun. Wir werden nächste Woche Punkt für Punkt die Fragen noch einmal durchgehen und die Antworten darauf geben, auch wenn das dem einen oder anderen wie eine Wiederholung vorkommt. Manchmal muss Redundanz eben sein. Wir sind uns si

(Dr. Peter Tschentscher)

cher, dass wir dann nicht den Effekt bekommen, dass Sie hinterher sagen werden, jetzt haben wir es verstanden und wir stimmen zu, aber wir glauben, dass wir es nicht nur Ihnen, sondern der Sache selbst schulden, diesen Beratungsprozess in aller Tiefe zu Ende zu führen. Das werden wir tun, denn es geht immerhin um viel Geld; dessen sind wir uns bewusst.

Ich hätte gerne einmal gewusst, wenn man in Parallelwelten denken könnte, wie denn die Debatte geführt worden wäre, wenn wir eine kleingesparte Universität in einem Pappkarton vorgestellt hätten.

(Zurufe von der SPD: Oh! – Michael Neu- mann SPD: Nein, in einem lauschigen Häus- chen im Wald!)

Dann hätten Sie doch wahrscheinlich gesagt: Sie sparen an der Bildung. Von daher sind diese Diskussionen etwas verräterisch.

Es gab einmal eine Zeit, in der Sie regiert haben, und da wurde die heutige Umweltbehörde gebaut. Zum Leidwesen des damaligen geschätzten Senators Vahrenholt war es wegen der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht möglich, mehr für Umweltschutz zu tun, obwohl er vorlegen konnte, dass, wenn man den Betrachtungszeitraum über 10 Jahre verlängert hätte, sich die von ihm vorgeschlagenen Wassereinsparmaßnahmen rechnen würden. Damals wurde gesagt, dies sei der Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Dadurch haben wir eine Umweltbehörde bekommen, die schon damals nicht vorbildlich war. Und Sie wollen, dass wir so einen Fehler wiederholen, indem wir stur nach irgendwelchen Verordnungen schauen und nicht den politischen Willen artikulieren und den Willen des Parlaments umsetzen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir wollen politisch, und das haben wir so entschieden, eine Universität, die von ihren Inhalten und von ihren Räumlichkeiten spitze ist, an einem herausragenden Ort. Das ist eine politische Entscheidung und die kann man nicht konterkarieren, indem man den Hinweis gibt, dass es wesentlich billiger wäre, wenn man sie in Schenefeld bauen würde.

Wir werden die Debatte am Dienstag führen. Es gibt keinen Zweifel, dass die Regierungsfraktionen dahinter stehen und dass die Ausgaben, auch in dieser Höhe, voll umfänglich gerechtfertigt sind.– Danke.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Dr. An- dreas Dressel SPD: Was sagt denn Frau Ahrons dazu?)

Das Wort hat der Abgeordnete Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man sich die Debatte anschaut, dann muss man wirklich einmal beleuchten, welche Aufgabe wir als Parlamentarier haben und welche Aufgabe der Rechnungshof hat. Wir als gewählte Volksvertreter treffen in diesem Saal politische Entscheidungen. Die Aufgabe des Rechnungshofs ist zu prüfen, ob bei der Umsetzung dieser politischen Entscheidungen wirtschaftlich vorgegangen wird. Was dem Rechnungshof nicht zusteht, das möchte ich einmal in aller Deutlichkeit sagen, ist, zu sagen, was ihr politisch vorhabt, ist zu teuer, das dürft ihr nicht beschließen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Genau das hat der Rechnungshof in dieser Sache getan und damit seine Kompetenzen überschritten.

Das möchte ich Ihnen gerne einmal deutlich machen, Herr Bischoff, weil Sie einen sehr leidenschaftlichen Auftritt hingelegt haben mit Haushaltsordnung und Verfassungsgericht. Aufgabe des Rechnungshofs wäre es gewesen, an dem Standort, der politisch ausgesucht worden ist, zu prüfen, ob dieses Gebäude dort wirtschaftlich errichtet werden soll. Dann hätte er prüfen müssen, ob am gleichen Standort ein anderes Gebäude wirtschaftlicher gewesen wäre. Das hat er aber bewusst nicht getan, sondern gesagt, in Harburg oder in Wilhelmsburg könne man billiger bauen.

Wenn man das einmal zu Ende denkt, Herr Bischoff, dann würde, allein weil die Grundstückspreise in der HafenCity um ein Vielfaches höher sind als in Wilhelmsburg, jedes Gebäude, das man in der HafenCity plant, teurer werden als in Wilhelmsburg. Das hieße in letzter Konsequenz, die öffentliche Hand darf in der HafenCity nicht bauen, weil in Wilhelmsburg oder auch an der Autobahnausfahrt Schnelsen dies doch viel billiger möglich ist. Das kann doch nicht im Ernst die Konsequenz sein, Herr Bischoff.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Letztendlich geht es um eine politische Entscheidung. Welche Wichtigkeit hat die Wissenschaft in dieser Stadt? Da folgt der Rechnungshof einer unguten Tradition in Hamburg, denn diese Stadt hat viele Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, geglaubt, dass Wissenschaft nicht wichtig sei. Es gab in der Kaufmannschaft die Einstellung, der intelligente Sohn geht ins Kontor nach London oder Valparaiso und den dummen Sohn kann man zum Studieren nach Göttingen schicken und in dieser Stadt braucht man keine Universität.

Darum ist Hamburg im Wettbewerb der Metropolen heutzutage schwer benachteiligt, denn im Gegensatz zu allen anderen großen Metropolen ist in Hamburg die Universität sehr spät gegründet worden. Nun wurden Entscheidungen dahingehend getroffen, dass wir Wissenschaft ernst nehmen und das dokumentieren, indem wir die Wissen

(Rüdiger Kruse)

schaft in einem neuen Stadtteil in der Mitte ansiedeln, weil wir dieses Manko, das für Hamburg nachteilig ist, ausgleichen wollen.

Wollen Sie wirklich, Herr Bischoff, diesen politischen Willen in Cent und Euro ausrechnen? Diese Kritik haben Sie geäußert; das könnte man auch auf andere Politikfelder übertragen.

(Frank Schira CDU: Der alte Pfeffersack!)

Welchen Wert hat eigentlich Gerechtigkeit in Cent und Euro? Wenn wir zum Beispiel beschließen, die Klassenfrequenz in den Schulen auf 25 zu senken, ist das mit Sicherheit gemäß dieser Definition nicht wirtschaftlich, weil es teuer ist. Wenn man dem Rechnungshof folgt, dann müsste man eine Wirtschaftlichkeitsberechnung anstellen, ob man nicht den gleichen Effekt erzielen kann, indem man weniger Geld ausgibt, nämlich die Klassenfrequenzen in einzelnen Stadtteilen auf 25 absenkt und in anderen auf 35 erhöht. Das wäre in der Summe neutral und das wäre wirtschaftlich. Das ist nicht unser Verständnis von Politik, Herr Bischoff, das möchte ich ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Sie reden einer Politik das Wort – es ist wirklich erstaunlich, dass das Sozialdemokraten und Linke tun –, die Politikfelder einzig und allein nach Euro und Cent bewertet.

(Ingo Egloff SPD: Gerade auch angesichts der Haushaltslage dieser Stadt!)

Das ist nicht unser Verständnis von Politik und das sollten wir dem Rechnungshof auch ganz deutlich sagen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kerstan, Sie haben das falsch verstanden. Es geht nicht nur um Euro und Cent. Es geht unter anderem auch darum, dass man, egal welche politische Entscheidung man treffen will, bestimmte Regeln einhalten muss. Das ist die Haushaltsordnung, da können Sie sich nicht drumherumdrücken.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich habe mit Begeisterung vernommen, dass sowohl CDU als auch GAL mit Vehemenz politische Entscheidungen verteidigt und von dem Primat der Politik gesprochen haben, dass das ganz wichtig sei. Das hätte ich natürlich zum Fall Moorburg auch gern gehört. Da hörte sich das völlig anders an.

(Viviane Spethmann CDU: Das hat gar nichts damit zu tun!)

Ich vertrete auch die Auffassung, dass das Gebäude einer Universität für Baukunst herausragende Architektur sein muss, aber das allein ist noch keine Standortbegründung. Herr Bischoff hat darauf hingewiesen, was sich haushaltsrechtlich bei den Entscheidungen und Vorlagen des Senats durchzieht. Ich sehe noch andere Punkte, die sich immer wieder durchziehen. Ich bin zum Beispiel sehr erstaunt, dass sowohl die Universitätspräsidentin als auch Sie, Frau Senatorin, seit Monaten die Universität Hamburg schlecht reden, sowohl baulich als auch inhaltlich. Das haben wir heute wieder am Beispiel der HCU, der Architektursparte in der Hebebrandstraße gehört. Ich finde es einen Skandal, dass die eigene Senatorin die Universität schlecht redet.

(Beifall bei der LINKEN – Lydia Fischer CDU: Ist doch Quatsch!)

Man lässt auch ganz bewusst, um bestimmte Projekte in der Zukunft durchsetzen zu können, die Gebäude verkommen, und zwar mit Vorsatz, damit man hinterher sagen kann, die Renovierung oder der Abriss und der Neubau seien teurer oder fast genau so teuer. Auf 10 Millionen Euro kommt es nicht an, Herr Bischoff hat es bereits gesagt. Das haben wir bei der Universitätsverlagerung und das ist auch ein Skandal. So kann man keine glaubwürdige Politik machen. Wir haben gerade über Glaubwürdigkeit und Wählerinteresse gesprochen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD) )

Wenn Sie, Herr Beuß, behaupten, die Hebebrandstraße sei für das, was man sich vorgestellt hat, ungeeignet, dann ist das erst einmal eine Behauptung. Ich habe weder von Ihnen noch von irgendjemand anderem gehört, dass es irgendein Argument dafür gibt, dass die Hebebrandstraße ungeeignet ist. Ich habe keine Zahl gehört und vor allen Dingen gibt es keine Wirtschaftlichkeitsberechnung.

Frau Senatorin, Sie haben abgehoben auf den Beschluss der Bürgerschaft aus dem Dezember 2005, die Grundsatzentscheidung für die HCU. Damals waren 50 Millionen Euro für den Bau der HCU eingeplant. Sie haben nicht gesagt – darauf hat in der damaligen Debatte die SPD-Abgeordnete Frau Dr. Brüning hingewiesen –, dass es keine Finanzierung gab, auch schon damals nicht. Ich zitiere, was seinerzeit von ihr gesagt wurde:

"Wir sollen Ihrem Gesetz zustimmen und wissen gar nicht, wie Sie auf die Planung von 50 Millionen Euro kommen."

In der gleichen Debatte 2005 hat Herr Lafrenz für die CDU Folgendes gesagt:

(Jens Kerstan)

"Wir haben eine Vision von der Zukunft Hamburgs: Die Wachsende Stadt. Die HafenCity Universität ist ein Baustein dieser Vision."

Nun haben wir eine neue Koalition und jetzt heißt es nicht mehr Wachsende Stadt, sondern Wachsen mit Weitsicht. Da ist die Frage: Was ändert sich nun? Damals haben Sie, Herr Lafrenz, davon gesprochen, dass mit dieser HCU eine Signalwirkung in die Stadt gehen muss, dass es ein Neuanfang ist, dass es der Anfang von Exzellenz ist; Sie haben von der Multifunktionalität der HafenCity gesprochen und von Aufbruchstimmung.

Tatsache ist aber, dass es im Verhältnis zu den jetzigen Räumlichkeiten bei der geplanten HCU 30 Prozent weniger Räume für Forschung und Lehre geben wird und dass 22 Prozent weniger Studenten werden studieren können. Das heißt, entgegen dem Trend, der eigentlich Konsens in der Gesellschaft ist, dass wir die Anzahl der Studierenden steigern müssen, gehen Sie davon aus, dass wir sie senken müssen, und das Ding wird so gebaut, dass es keine Reserven hat. Das ist alles andere, nur keine Aufbruchstimmung.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)