Protokoll der Sitzung vom 07.10.2009

Ich komme zum Ende.

(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich, dass auch die SPD mithelfen möchte, ENERGIE HAMBURG zu einem erfolgreichen Unternehmen zu machen. So habe ich zumindest Ihre Anmeldung dieses Themas hier verstanden, das finde ich wichtig.

Ich habe gerne gehört, dass wir Herrn Kruse unsere Wünsche mit auf den Weg geben können; davon werde ich noch Gebrauch machen. Ich wünsche Ihnen alles Gute in Berlin.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich halte noch einmal fest, dass den Abgeordneten in der Aktuellen Stunde maximal fünf Minuten Redezeit zustehen, das waren jetzt 190 Prozent dessen.

Das Wort bekommt der Abgeordnete Buschhüter.

Wenn ich dürfte, könnte ich jetzt durchaus auch sehr lange reden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die Gründung von HAMBURG ENERGIE als städtisches Unternehmen, daran wollen wir keinen Zweifel aufkommen lassen.

Wir haben in unserem Regierungsprogramm zur letzten Wahl in Hamburg angekündigt, dass wir unter Einbeziehung der Konzessionsverträge für das Hamburger Gas-, Fernwärme- und Stromleitungsnetz die Gründung eines kommunalen Stadtwerkes betreiben werden. Aus unserer Sicht ist die Gründung von HAMBURG ENERGIE ein erster Schritt auf diesem Weg. Bislang ist es aber tatsächlich nicht mehr als ein erster Schritt, denn HAMBURG ENERGIE ist, wie wir heute bereits mehrfach gehört haben, nur ein Stromhändler. Wird das Unternehmen künftig auch zu einem Energieversorger oder sogar zu einem Stadtwerk, wie wir es uns vorstellen?

Die erste These des HAMBURG-ENERGIE-Manifests lautet:

"Hamburg braucht einen Neuanfang bei der Energieversorgung."

Dem stimmen wir vorbehaltlos zu. Frau Weggen hat heute noch einmal wiederholt, dass HAMBURG ENERGIE allen Hamburger Haushalten ei

(Senatorin Anja Hajduk)

ne weitere Alternative bietet, klimafreundlichen Strom zu beziehen. Ist es nur das, worum es geht? Brauchen wir wirklich einen weiteren Ökostromanbieter? Hat es da bisher an Wettbewerb gemangelt? Bestimmt nicht. Ziel muss es sein, Energie nicht nur frei von Kohle und Atomstrom zu liefern, sondern ein integriertes Energieversorgungsunternehmen für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger zu schaffen; das wäre ein wirklicher Neuanfang.

(Beifall bei der SPD)

Ein zentraler Punkt hierfür ist aus unserer Sicht die Übernahme der Strom-, Gas- und Fernwärmenetze zum 1. Januar 2015. Ein erster Schritt zu diesem Ziel wäre die Übernahme der öffentlichen Beleuchtung und ihres eigenen Netzes bereits zum 1. Januar 2013.

Wir wollen kein Zurück zu den HEW. Frau Senatorin, stellen Sie sich vor, Sie müssten heute in dem Aufsichtsrat eines Unternehmens sitzen, das mehrere Atomkraftwerke betreibt; da müssten Sie uns doch direkt dankbar für den HEW-Verkauf sein.

Was uns aber fehlt, Frau Senatorin, ist die Perspektive für das Unternehmen. Wo soll HAMBURG ENERGIE in fünf oder zehn Jahren stehen? Wird HAMBURG ENERGIE Leitungsnetze übernehmen?

Zu dieser Frage haben wir heute Interessantes gehört: Es kann sein, es muss nicht sein, man ist sich offensichtlich nicht einig. Herr Kruse sprach von Stadtwerken 2.0, das hörte sich mehr nach Stadtwerken light an. Zwischen den Koalitionspartnern scheint es keine klare Linie zu geben.

(Jens Kerstan GAL: Das ist rechtlich ein Pro- blem!)

Ja, jetzt problematisieren Sie das so.

Wir haben jedenfalls keine eindeutige Antwort auf unsere Frage bekommen. Mal heißt es, der Senat sei noch in der Prüfungsphase, ein anderes Mal, er habe sich noch gar nicht mit dieser Frage befasst. Für uns gehört eine Rekommunalisierung der Netze zu einem erfolgreichen Stadtwerk zwingend dazu und erst recht, wenn Hamburg seine Energieversorgung selbst bestimmen soll, wie es im Manifest so schön heißt.

Wenn auch die Übernahme erst in einigen Jahren ansteht, dürfen die Entscheidungen darüber nicht auf die lange Bank geschoben werden, sondern müssen bereits jetzt konkret vorbereitet werden.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt weitere Fragen. Welche Rolle soll HAMBURG ENERGIE beispielsweise bei der Elektromobilität spielen, bei der Landstromversorgung oder der Stromversorgung für die Stadtbahn? Hier tun sich große Chancen auf, um HAMBURG ENERGIE wirklich zu einem Energieversorger für

die ganze Stadt zu machen. Nutzen Sie diese Chance, Frau Senatorin.

(Beifall bei der SPD)

Die GAL bezeichnet HAMBURG ENERGIE als einen Meilenstein für die klimafreundliche Energieversorgung Hamburgs und appelliert an die Hamburgerinnen und Hamburger, zu HAMBURG ENERGIE zu wechseln, denn je mehr Verbraucher Kunden bei HAMBURG ENERGIE werden, desto mehr regenerative stadteigene Energieerzeugungsanlagen werden in Hamburg und Umgebung gebaut. Das ist richtig.

Wir unterstützen HAMBURG ENERGIE. Ich habe mich ebenfalls entschlossen, privat und auch mit dem Abgeordnetenbüro zu HAMBURG ENERGIE zu wechseln.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir als SPD können nur jedem empfehlen, sich diesem Beispiel anzuschließen. Aber was macht die Stadt? Geht sie mit gutem Beispiel voran? Wir haben von Frau Senatorin Hajduk gehört, dass man einen Wechsel in Erwägung ziehe und wir uns keine Sorgen machen sollten. Aber dank des schwarzen Vorgängersenats mit seinem als ÖkoBürgermeister gepriesenen Mann an der Spitze wurden noch kurz vor der Wahl die Verträge mit Vattenfall verlängert, was einen Wechsel frühestens im Jahr 2011 möglich macht.

Ich komme zum Schluss. Die Gründung von HAMBURG ENERGIE ist richtig, aber darauf darf sich die Stadt jetzt nicht ausruhen. Entwickeln Sie eine Perspektive für ein Stadtwerk, Frau Senatorin, sagen Sie ja zur Übernahme der Leitungsnetze, schließen Sie die ganze Stadt an, damit HAMBURG ENERGIE mehr wird als eine bloße grüne Streicheleinheit für das Ja zu Moorburg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Thema.

Dann rufe ich das zweite und vierte Thema der Aktuellen Stunde auf. Von der GAL angemeldet: Obdachlosigkeit in Hamburg rückläufig – umfassende Unterstützung weiter notwendig und von der CDU angemeldet: Bessere Hilfsangebote – weniger Obdachlose.

Wird das Wort gewünscht? – Die Abgeordnete Gregersen hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich ist es traurig, wenn in einer Stadt wie Hamburg die Zahl der Wohnungslosen gezählt werden muss und dass es Wohnungslosigkeit gibt, aber nur wer die

(Ole Thorben Buschhüter)

Fakten kennt und über genaue Zahlen verfügt, kann Hilfeangebote optimieren. Eine Zählung ist darum unerlässlich. Hier kann sich Hamburg rühmen, denn keine andere Stadt in Deutschland befragt seine Wohnungslosen so detailliert und umfangreich wie wir.

(Beifall bei der GAL – Dirk Kienscherf SPD: Dank der SPD, wir haben das eingeführt!)

Herr Kienscherf, Ihr Zwischenruf ist richtig, es begann 1996 mit der SPD und der STATT Partei.

Damals waren die Möglichkeiten noch begrenzt, man war unerfahren und wusste nicht, wie viele Fragen man den Wohnungslosen zumuten konnte und wie deren Mitwirkung aussehen würde. Diese erste Befragung war natürlich sehr sinnvoll, aber leider noch nicht so umfassend, wie wir sie uns gewünscht hätten.

Seit 1996 wurden die Fragen dann in Zusammenarbeit mit den Verbänden weiterentwickelt. Bei der zweiten Befragung im Jahr 2002 wurden bereits Alter, Geschlecht, Nationalität und die Verweildauer auf der Straße erfragt. In der Wohnungslosenhilfe ist seitdem viel passiert. Nach dem Fachstellenkonzept arbeiten wir jetzt mit Beratungsstellen in den Bezirken.

In diesem Jahr fand erneut eine Befragung statt. Der Senat ließ unabhängig untersuchen, wie sich die Wohnungslosigkeit entwickelt hat und ob die Hilfen greifen. Der Fragenkatalog wurde wieder in Zusammenarbeit mit den auf der Straße und in den Hilfeeinrichtungen tätigen Akteuren entwickelt und er wurde wesentlich umfangreicher als der Fragebogen bei der zweiten Befragung. So wurden beispielsweise auch Fragen nach Schulden, nach dem Besitz eines Girokontos oder einer Krankenkassenversicherungskarte gestellt. Von 90 Einrichtungen wie der mobilen Hilfe oder dem Mitternachtsbus und auch von Straßensozialarbeitern wurden Wohnungslose im März dieses Jahres eine Woche lang befragt. Abzüglich der Doppelungen wurden genau 1029 Menschen befragt, nur 71 von ihnen haben ihre Mitarbeit verweigert. Das betrachte ich als einen außerordentlich großen Erfolg.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Die Ergebnisse der Befragung zeigen uns, dass wir die Wohnungslosenhilfe optimiert haben, denn die Zahl der Wohnungslosen ist Gott sei Dank gesunken. Außerdem stieg die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in Hamburg auf der Straße leben, zum Glück nicht weiter an, wie von Hinz&Kunzt immer wieder befürchtet wurde. Wir sehen, dass die Wohnungslosenhilfe in Hamburg wirklich besser greift.

Etwa 65 Prozent der Wohnungslosen sind im Besitz einer Krankenversicherungskarte. Der Anteil der Wohnungslosen, die zumindest sporadisch

Übernachtungsangebote nutzen, ist um 12 Prozentpunkte gestiegen. 2002 waren es 48 Prozent, jetzt sind es 60 Prozent. Dass die Akzeptanz gegenüber den Übernachtungsangeboten gestiegen ist, zeigt, dass sich die Angebote wesentlich verbessert haben. Auf der anderen Seite zeigen die Zahlen aber auch, dass noch nicht alles so optimal ist, dass wir uns jetzt auf dem Erreichten ausruhen könnten oder sollten. Es liegen uns jetzt aber Fakten vor, die uns dabei unterstützen werden, die Hilfe für Wohnungslose weiter zu verbessern und zu optimieren.

Wir werden uns auch nicht auf den Ergebnissen der Befragung ausruhen. Für das Frühjahr 2010 ist eine Fachtagung angedacht, auf der einen Tag lang über Hilfen für Wohnungslose und die Verbesserung dieser Hilfen diskutiert werden wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)