Nun zum Antrag der SPD. Frau Stöver sagt, Sie hätten den Antrag gestellt, um noch einmal zu erinnern. Es ist nötig, Sie daran zu erinnern, was Sie alles beschlossen haben und dass überhaupt nichts passiert. Insofern begrüßen wir den Antrag der SPD ganz deutlich, dass noch einmal darauf aufmerksam gemacht wird, dass Handlungsbedarf besteht, was die Kernkraftwerke rund um Hamburg betrifft.
Wir werden diesem Antrag insgesamt zustimmen, wir werden keine Einzelabstimmung in den einzelnen Passagen machen. Was den Punkt 1 anbetrifft, so sind wir mit ihm einverstanden. Wir sind auch der Auffassung, dass auf jeden Fall nicht hin
ter den Atomkonsens zurückgegangen werden kann. Eigentlich müsste man sofort abschalten, und zwar, wie Herr Gwosdz gesagt hat, alle 17 Kernkraftwerke. Das wäre natürlich großartig. Wir sind auch der Auffassung, dass für Brunsbüttel und Krümmel Sicherheits- und betriebliche Mängel festgestellt werden müssten und geschaut werden muss, wie man mit den Anlagen umgeht.
Bei dem dritten Punkt sind wir auch der Auffassung, dass von Hamburg im Bundesrat eine Initiative ergriffen werden muss. Wir hätten es natürlich gerne ein bisschen konkreter gehabt, nämlich zu überlegen, die Dauerbetriebsgenehmigung zu entziehen, indem man ein neues Stilllegungsgesetz macht, zum Beispiel für ganz bestimmte Reaktortypen und auch für die Unzuverlässigkeit des Betreibers Vattenfall. Haben Sie denn nun Zweifel oder haben Sie keine, das hätte ich ganz gerne gewusst.
Beim Punkt vier muss man darauf hinweisen, dass dieses Energiekonzept auf Bundesebene nun schon seit Jahrzehnten mit vielen verschiedenen Teilnehmern beraten wird. Letztendlich geht es bei dem Ganzen eigentlich mehr um eine Marktgerechtigkeit und wir haben da gewisse Bedenken. Wenn wir das auf Hamburg beziehen, dann müssen wir feststellen, dass die Art und Weise, wie Energieversorgung in dieser Republik und dieser Stadt stattfindet, dazu geführt hat, dass zum Beispiel in 2007 15 000 Hamburger Haushalten kurz die Stromversorgung abgeklemmt wurde, weil sie nicht zahlen konnten; das halten wir für einen Skandal.
Das Zweite ist, dass die Energiepreise in den letzten Jahren um mehrere hundert Prozent gestiegen sind, weil es eben um Markt und Wettbewerb geht. Die Atomkraftwerke bleiben am Netz und sie bleiben offenkundig länger am Netz, als viele träumen würden. Es sind elf neue Kohlekraftwerke in Norddeutschland gebaut worden, eines ist gerade in Moorburg im Bau – so viel zu dem tollen Energiemix in Hamburg. Sie von der GAL vergessen immer, Moorburg zu erwähnen.
Die Linke ist insgesamt dafür, dass Energieversorgung eine öffentliche Aufgabe sein muss und deswegen sind wir auch für eine Rekommunalisierung. Wir können zwar diesen Punkt vier unterstützen, aber er greift ein wenig zu kurz. Wir hätten das gerne ein bisschen mehr in Richtung öffentliche Energieversorgung gesehen, aber insgesamt stimmen wir dem SPD-Antrag zu.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte ist wirklich in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Frau Stöver, Sie haben einiges offensichtlich nicht richtig verstanden, wie Sie selbst bemerkt haben. Sie haben gefragt, ob wir mit dem Antrag versucht haben, Zwietracht zu säen. Selbstverständlich versuchen wir, keine Zwietracht zu säen.
Ich kläre aber gerne auf. Dieser Antrag, um Ihnen noch einmal Ihre eigene Parteiräson in Erinnerung zu rufen, entspricht sogar den Forderungen von CDU und FDP in Schleswig-Holstein. Insofern kann man sich fragen, warum die Hamburger CDU eigentlich nicht das gut findet, was die Schleswig-Holsteiner CDU lange in Medien verlangt hat, nämlich die Stilllegung Krümmels.
Eine Mär, mit der man aufräumen muss und die auch zum Ausdruck gekommen ist, lautet, dass der Hamburger Senat nicht involviert sei. Frau Stöver meinte, wir sollten einfach abwarten, was die Bundespolitik uns denn Wundervolles vorgibt, wenn es denn etwas Wundervolles gibt, was ich sehr bezweifele.
Wir haben nicht über Atomkraftwerke zu befinden, das ist Ihre Grundargumentation. Ob die Laufzeit von Atomkraftwerken verlängert wird und was mit den AKWs Krümmel und Brunsbüttel geschieht, geht uns in Hamburg sehr wohl etwas an. Die letzte Panne in Krümmel hat im vergangenen Sommer in Hamburg für Chaos gesorgt. Ein Glück, dass es dabei nur um Rohrbrüche, kratertiefe Löcher und überschwemmte Straßen, Produktions- und Ampelausfälle und so weiter ging, aber: Es hätte auch schlimmer kommen können. Krümmel und Brunsbüttel, das ist inzwischen eine Binsenweisheit, sind extrem pannenanfällig. Ihre Technik ist veraltet, das sagen nicht nur Experten.
Nach den Pannen in den beiden AKWs haben wir im vergangenen Herbst über die Stilllegung von Krümmel diskutiert. Ein entsprechender Antrag der Linken ist abgelehnt worden. Mit schwarz-grüner Mehrheit wurde aber beschlossen, dass die Ereignisse des Sommers 2009 aufbereitet werden und der Bürgerschaft Bericht erstattet und sie über weitere Schritte bezüglich des AKW Krümmel informiert wird. Wir haben weder einen Bericht über die Aufarbeitung gesehen, noch sind wir über weitere Schritte informiert worden.
Folgende weitere Schritte hat es gegeben: Erstens will Vattenfall noch im ersten Quartal neue Trafos einbauen und zweitens haben die Betreiber von
Krümmel offenbar erneut beim BMU beantragt, Strommengen von Krümmel auf den deutlich älteren Meiler Brunsbüttel zu verlagern, um Brunsbüttel vor Abschaltung nach geltendem Recht zu retten. Das BMU hat das bisher immer wieder abgelehnt. Es wäre ganz schön gewesen, wenn der Senat uns darüber informiert hätte.
Man kann sich auch fragen, wofür wir eigentlich irgendetwas beschließen, wofür es solche Berichtspflichten gibt, wenn das offensichtlich doch nur ignoriert wird und wir mehr oder weniger als Kasperlebude angesehen werden.
Noch ein inhaltliches Argument, warum uns Brunsbüttel und Krümmel betreffen. Entweicht bei einem Unfall Radioaktivität, muss je nach Windrichtung und -stärke Hamburg innerhalb von wenigen Stunden evakuiert werden. Derzeit existieren dafür kaum und auch keine realistischen Szenarien. Längere Laufzeiten für Brunsbüttel und Krümmel stellen weiterhin für Hamburg potenzielle Gefahrenquellen dar. Das ist auch ein Grund, weshalb sich Senat und Regierungsfraktionen damit intensiver auseinandersetzen müssen.
Ein Argument nur am Rande: Die Endlagerfrage ist bisher ungelöst und die Räumung der Asse und die immer noch offenen Fragen der Eignung von Gorleben zeigen, was noch auf uns zukommen kann. Das sind Fakten, sie sind unbestritten und wer sich gegen die Schließung von maroden Atomkraftwerken ausspricht, der verschärft täglich das Problem der Endlagerung.
Ich hoffe, Sie entsprechend überzeugt zu haben. Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie dem Antrag der SPD zu. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Böwer, empören Sie sich doch nicht gleich so. Danke, Herr Böwer, sehr kollegial und freundlich.
Wir haben es hier mit einer Scheindebatte zu tun. Es besteht kein Dissens zwischen der CDU in Schleswig-Holstein und uns, auch nicht mit der FDP mit Herrn Kubicki. Wir haben uns im September relativ klar ausgesprochen. Dass Sie noch einmal nachlegen, kann ich verstehen, aber Ihr Ansatz ist im Versuch steckengeblieben. Das gilt auch für die Kollegin Krischok in der Herausarbeitung eines vermeintlichen Dissenses zwischen uns und unseren Freunden in Schleswig-Holstein. Wir stehen sachlich und inhaltlich ganz eng beieinander und lassen keinen Keil zwischen uns treiben. Das gilt natürlich auch für die GAL hier im Haus.
Wir haben ein Atomgesetz und dieses Atomgesetz wird entsprechend durch die Landesaufsicht umgesetzt. Wir warten alle auf den Abschlussbericht aus Schleswig-Holstein. Erst dann können wir uns mit der Zuverlässigkeit des Betreibers Vattenfall beschäftigen, dann liegen die Fakten auf dem Tisch. Wir führen eine verfrühte Debatte, die am Kern der Sache vorbeigeht. Wir müssen uns mit der Zuverlässigkeit beschäftigen, denn sie ist der Ansatzpunkt.
Jedenfalls haben wir in Schleswig-Holstein eine kontinuierliche Überwachung. Diese Überwachung funktioniert und wenn wir den Abschlussbericht haben, können wir die Zuverlässigkeit diskutieren, aber das nur anhand von Fakten, die bislang nicht vorliegen. So lange müssen wir uns gedulden. Wir haben im September unsere Handlungsfähigkeit als schwarz-grünes Bündnis bewiesen, die entsprechende Initiative angeschoben, sind tätig geworden und brauchen jetzt nur noch die Fakten, auf die wir mit Ihnen zusammen warten.
Was müssen wir noch tun? Wir sollten vor allen Dingen keine Phantomdebatten führen und auch keine verfrühten Debatten. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. Wir brauchen keine Bundesratsinitiative, sondern lediglich die Fakten aus Schleswig-Holstein. Ich habe mich eben noch mit meiner Kollegin, Frau Stöver, abgestimmt. Wir möchten gerne für Krümmel ein Laufzeitende in 2012 – das sage ich ganz klar und unverblümt –, aber wir als Hamburger sind dafür nicht alleine zuständig, werden aber sicherlich darauf hinwirken. – Ich bedanke mich.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Hecht hat dankenswerterweise noch einmal darauf hingewiesen: Für einen Bericht über die Vorkommnisse in Krümmel brauchen wir, braucht vor allem der Senat Informationen aus Schleswig-Holstein, und zwar brauchbare. Wenn die da sind, dann wird es natürlich einen Bericht geben.
Dem Senat aber vorzuwerfen, dass er das Parlament als Kasperlebude betrachte, nur weil es noch keine Informationen aus Schleswig-Holstein gibt, ist eine ziemliche Unverschämtheit, Frau Krischok.