Ein dritter Punkt ist, dass die Voraussetzungen im Studium sehr hoch sind. Ich habe gerade von der Hochschule für Sozialökonomie gehört, dass es dort einige gibt, die ohne Abitur studieren, die die Eingangsprüfung bestanden und auch begleitende Vorbereitungen gemacht haben, die aber feststellen, dass sie in ganz bestimmten Kursen, in Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft, nicht mithalten können. Ihnen fehlt ganz einfach das Mathematikwissen, das in den Schulen üblicherweise in der 12. und 13. Klasse vermittelt wird. Da fehlen studienbegleitende Kurse und die müssen dringend eingerichtet werden.
Der vierte Grund aus unserer Sicht, warum sich so wenige Menschen nach einer Berufsausbildung noch für ein Studium entscheiden, sind die Studiengebühren. Zum einen sind wir – genau wie der neue Präsident der Universität – der Auffassung, dass Studiengebühren abschrecken. Wir sind der Auffassung, dass sie unsozial sind – die Vorgänge an der HFBK zeigen auch, zu welchen Extremen das führen kann – und grundsätzlich abgeschafft gehören.
Bei Studierenden, die einen Meisterabschluss oder eine andere Berufsqualifikation haben, kommt noch erschwerend hinzu, dass sie sich in einer ganz anderen Lebenssituation befinden. Sie haben häufig Familie und waren es gewohnt, monatlich ein einigermaßen gutes Einkommen zu haben. Sie haben einen anderen Lebensstandard und wenn dann Studiengebühren verlangt werden, ist das noch ein zusätzliches Hindernis. Also gerade für diese Gruppe von Studierenden sind Studiengebühren genau das Falsche.
Der zweite Punkt, über den wir im Wissenschaftsausschuss diskutiert haben, war das Bachelor-Master-System. Wir haben darüber diskutiert – es gibt dazu eine Vorlage von der Behörde –, wie dies weiterentwickelt werden soll. Unsere Bedenken dabei sind, dass man die Kritik an der Umsetzung des Bologna-Prozesses zu kurz angesetzt hat. Wir hatten in den letzten Jahren zwei Bildungsstreiks; da haben sich sehr viele junge Menschen auf den
Das waren eine ganze Menge, das waren über 10 000, die müssen Sie erst einmal auf die Straße bekommen.
Im Ausschuss hat die Senatorin daraufhin reflektiert und wörtlich gesagt, sämtliche Punkte aus diesem Bildungsstreik, die die Studierenden und deren Unterstützer in den letzten Jahren geäußert haben, seien aufgegriffen worden. Ich habe mir einmal angeschaut, was die Studierenden im Zusammenhang mit Bachelor und Master gefordert haben, und muss feststellen, dass erstens die Hauptforderung darin bestand, die Studiengebühren abzuschaffen. In der Drucksache geht man nach wie vor davon aus, dass es Studiengebühren gibt. Das Zweite war, dass es keine kritische Hinterfragung der Ziele des Bologna-Prozesses gibt. Es wird immer noch als sakrosankt angesehen, dass es eine europaweite Mobilität geben kann. Inzwischen haben wir die Erfahrung gemacht, dass Bachelor-Studenten im Bereich Chemie nicht einmal von Bremen nach Hamburg wechseln können, weil sie das Synthesepraktikum nicht gemacht haben. Ein weiterer Punkt ist die Frage, ob die Vergleichbarkeit der Abschlüsse überhaupt erreichbar ist. Die Qualitätssicherung ist auch noch mit sehr vielen Fragezeichen verbunden und bei der kürzeren Verweildauer an den Universitäten stellt sich einfach die Frage, ob das eigentlich Sinn macht.
Ein weiterer Punkt, der überall diskutiert wird, auch neulich wieder auf einer Bachelor-Konferenz im Fachbereich Erziehungswissenschaften, ist die Frage der Umsetzung. Daran gibt es bereits noch viel mehr Kritik als an dem Grundsätzlichen. Die Studierenden haben zum Beispiel die Arbeitsbelastung kritisiert. Nach der Vorlage im Gesetz sollen die einzelnen Hochschulen eigenständig regeln, wie sie die Arbeitsbelastung festlegen, wie viele Prüfungen sie machen wollen oder welche Prüfungsdichte es geben soll. Das steht natürlich in großem Widerspruch zu dem Ziel, dass alles vereinheitlicht werden kann und vergleichbar sein soll. Da könnte man nun wieder fragen, wie das funktionieren soll.
Dann haben die Studierenden immer wieder darauf hingewiesen, dass die Studiengänge zu starr seien. Es gibt inzwischen auch einen Antrag der SPD-Fraktion, der ganz klar problematisiert, dass man doch davon abgehen müsste, dass das Bachelor-Master-System strikt bei zehn Semestern ist und man da auch flexibel sein könnte. Da ist auch unser neuer Uni-Präsident weitaus flexibler als die Senatorin, aber die Vorlage bleibt bei zehn Semestern.
Dann haben die Studierenden ganz breit kritisiert, dass bei der Akkreditierung der Studiengänge ausschließlich die Agenturen die Entscheidungen über die Studieninhalte und -anforderungen fällen und die demokratisch gewählten Gremien daran nicht beteiligt sind. Der konsekutive Studiengang Bachelor/Master wird zwar eingehalten, aber damit verbunden ist nach Auffassung vieler aus Lehre und Forschung, dass eine Trennung von Forschung und Lehre stattfindet. Stattdessen müsste eine viel stärkere Verzahnung von Lehre und Forschung durchgreifen, auch das ist in der Drucksache nicht zu sehen.
Der Bachelor hat – das monieren sehr viele – die starke Ausrichtung, dass er eine erste Berufsqualifizierung sein soll und auch in dieser Drucksache wird hervorgehoben, dass die Berufsqualifizierung des Bachelor-Studiums noch stärker gegeben sein soll. Da stellt sich einfach die Frage, welcher Bildungsbegriff dahintersteckt, ob mit dem Begriff Studium eigentlich gemeint ist, dass man möglichst schnell, kurz und sehr konzentriert nur das macht, was man für einen Beruf braucht, oder ob ein Studium an der Universität nicht auch eine Orientierung wie im humanistischen Bildungsbegriff ist. Sonst sind Sie doch immer für die humanistischen Schulen, aber in diesem Fall komischerweise nicht.
Das finden wir auch sehr einseitig und einengend; eine Berufsausbildung muss man nicht unbedingt an der Universität machen.
Das Allerwichtigste ist, dass jeder, der ein Bachelor-Studium erfolgreich absolviert hat, wenn er denn will, auch einen Master-Platz bekommt; das ist nicht gewährleistet. Nach wie vor gibt es hier immer noch Studiengebühren und aus dem Grunde werden wir dieser Drucksache nicht zustimmen. Wir werden nicht lockerlassen und vielleicht haben wir bald die Chance, die Studiengebühren abzuschaffen.
(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Wolfgang Beuß CDU: Wovon träumen Sie, Frau Heyenn?)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Heyenn, mir ist noch nicht ganz klargeworden, warum Sie dieses Gesetz insgesamt ablehnen, aber wahrscheinlich liegt es daran, dass Sie eine Totalverweigerungshaltung einnehmen gegenüber dem Bologna-Prozess, und dem pflichten wir natürlich nicht bei.
In dem vorliegenden zur Abstimmung stehenden Gesetz geht es um die Öffnung des Berechtigtenkreises zur Universität, speziell darum, dass Studierende nach Ablegen einer Eingangsprüfung auch einen vom Eingangsfach unabhängigen Studiengang wählen können. Frau Heyenn, Sie haben gesagt, Sie würden das grundsätzlich befürworten, trotzdem lehnen Sie das Gesetz auch in dieser Hinsicht ab.
Damit entspricht der hamburgische Gesetzgeber dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 6. März 2009 und gibt der Universität einen Handlungsrahmen zur Erweiterung des Kreises von Studierenden, die sich qualifizieren können und vor allen Dingen auch wollen. So wird jedes Talent unserer Gesellschaft genutzt, Frau Heyenn, und jedem Menschen die Chance zur Teilhabe an der Wissens- und Forschungsgesellschaft gegeben. Beides wird von der CDU-Fraktion unterstützt,
weil damit neben Chancengerechtigkeit auch die Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft gefördert wird.
Daneben geht es in diesem Gesetz um die Verbesserung und Weiterentwicklung des Bachelor-Master-Studiensystems. Das Ziel ist es, eine weitreichende Vergleichbarkeit von Studienleistungen zwischen den Universitäten in Europa herbeizuführen. Bei einem Studienortwechsel obliegt nun der Universität jeder Nachweis einer fehlenden Gleichwertigkeit von Studienleistungen anderer Hochschulen. Der Bologna-Prozess wird mit diesem Gesetz weiter ausgebaut, was die CDU-Fraktion ebenfalls ausdrücklich begrüßt. In diesem Gesetz wird auch die Anrechnung von außerhalb von Hochschulen erworbenen Leistungen bis zur Hälfte der zu erbringenden Studienleistungen eingeführt. Vorhandenes Berufswissen verkürzt damit die Hochschulausbildung und ist ein Anreiz für Weiterbildung. Das ist auch ein Zukunftsziel, das mit diesem Gesetz verfolgt wird. Wir wollen viele Menschen in das Studium hineinbringen, die schon bestimmte Qualifikationen im Beruf haben,
damit sie uns auch als solche Wissenschaftler zur Verfügung stehen, die praktische Erfahrung haben. Insofern kann ich nicht nachvollziehen, weswegen Sie das Gesetz ablehnen wollten.
Mit diesem Gesetz werden auch die außerhalb von Hochschulen erworbenen Leistungen zur Hälfte angerechnet und das begrüßen wir. Eine Vielzahl von Verbesserungen wie etwa die vorläufige Zulassung zum Master-Studium, die Ermächtigung für die Universität, übermäßige Prüfungslasten durch selbstbestimmte Prüfungsordnungen zu reduzieren oder mehrere Module mit einer einzigen Prüfung abzuschließen, sind Gegenstand dieses Gesetzes. Das ist auch den großen Studentenprotesten geschuldet, deswegen ist das hier mit eingeführt. Wenn die Opposition die Regelstudienzeit für die Bachelor- und Master-Studiengänge von sechs bis zehn Semestern kritisiert, verkennt sie, dass die inhaltliche Ausgestaltung dieser Studiengänge allein der Universität obliegt. Die Universität ist es, welche die Lehrinhalte für vorgegebene Zeiträume festlegt. Dies ist der grundgesetzlichen Lehrfreiheit aus Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz geschuldet. Und so kann es nicht sein, dass die Opposition dieses Grundrecht eingeschränkt sehen will.
Mit der CDU-Fraktion sind auf jeden Fall solche Experimente nicht zu machen. Das Gesetz verbietet es auch nicht, Studienzeiten auf mehr als fünf Jahre bei einem Master-Studiengang auszudehnen. Allerdings sind die Bachelor- und Master-Studiengänge finanziell auf fünf Jahre angelegt. Inhaltliche Gründe, Studienfächer auf einen längeren Zeitraum auszudehnen, sind von der Opposition bei den Beratungen zu diesem Gesetz nicht angegeben worden.
Ebenso hat die Universität keine längeren Studienzeiten für einzelne Fächer gefordert. Indem die linke Opposition den Bologna-Prozess grundsätzlich ablehnt, wie ich eben auch wieder vernommen habe,
wird damit zugleich der Prozess des europäischen Zusammenwachsens bei den Studienabschlüssen abgelehnt und dem tritt die CDU-Fraktion ausdrücklich entgegen. Der europäische Einigungsprozess ist gerade im Hochschulbereich besonders wichtig, um Forschung, Lehre und Wirtschaft durch Harmonisierung der Lehrinhalte voranzubringen.
Frau Heyenn, ich erachte dies als eine extrem rückständige Position. In einer Wissenschaftsgesellschaft ist der Diskurs nicht auf den Universitätsstandort zu beschränken, denn damit wird nicht nur die Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt, vielmehr wird dadurch auch jeder wissenschaftliche Fortschritt beschnitten. Jedes Studienfach ist dar
auf angewiesen, seine eigenen Ergebnisse mit denen an anderen Universitäten in Europa zu vergleichen. Nur so können Doppelforschungen oder fehlerhaft beschrittene Wege in Lehre und Forschung vermieden werden. Wenn die linke Opposition mit ihrer Totalablehnung des Bologna-Prozesses die sogenannte gute alte Zeit wieder herbeisehnt und damit eine Art gefühlte Verschlechterung der Studienbedingungen propagiert, kann die heute zu beschließende Gesetzesänderung jedenfalls nicht gemeint sein. Wenn etwa die technischen Universitäten das Markenzeichen Diplom-Ingenieur weiterführen möchten, wie dies der Rektor der Technischen Universität Aachen in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 29. April 2010 wünscht, kann man etwa dahingehend darüber diskutieren, dass dieses Markenzeichen als Zusatz zum Bachelorund Master-Abschluss verliehen wird.
Mit dem heute zu beschließenden Gesetz erfolgt wieder ein Schritt zur Verbesserung des BolognaProzesses, den es zu vervollkommnen gilt. Wir werden im Wissenschaftsausschuss und in diesem Parlament immer wieder dazu aufgerufen sein, Verbesserungen der Studienbedingungen herbeizuführen, und nur so helfen wir, den Lehr- und Forschungsfortschritt zu gestalten. Ich fordere die Opposition deswegen auf, bei dem Prozess der stetigen Verbesserung des Studiums im Hochschulbereich mitzumachen. Ich erinnere nochmals daran, Frau Stapelfeldt, dass erst seit dieser Wahlperiode jede konstruktive Mitarbeit der SPD-Opposition an diesem Prozess aufgekündigt worden ist. Ich bin aber trotzdem guter Dinge, dass wir gute Argumente haben, um Sie zukünftig wieder auf einen Weg mitnehmen zu können, wo Sie sich daran beteiligen, wie es in der letzten Wahlperiode der Fall war.
Bei Ihnen, Frau Heyenn, habe ich allerdings nicht den Eindruck, dass Sie diese Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses mitmachen wollen.
dann können wir auch insgesamt dazu kommen, einen besseren Platz in Lehre und Forschung herbeizuführen. Deswegen fordere ich die Opposition auf, dem Gesetz zuzustimmen und an weiteren Verbesserungen immer wieder mitzuwirken. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch einmal aus Sicht der SPD-Fraktion einiges zu dem Gesetzentwurf zu sagen und vor allem zu erklären – Herr Dr. Langhein, das scheint durchaus notwendig zu sein –,