Protokoll der Sitzung vom 29.05.2008

Ich freue mich schon, wenn wir gemeinsam in die Planung gehen und finde es erst einmal klasse, wenn wir den Antrag gemeinsam auf den Weg bringen und verabschieden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Stephan Müller.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Blömeke, ich bin einer der Neuen, die Sie eben angesprochen haben. Ich war nicht auf der Veranstaltung 2006, freue mich aber ebenso wie Sie auf die Veranstaltung 2009.

Ich möchte noch einmal die Gelegenheit nutzen, Ihnen mitzuteilen, warum diese Veranstaltung auch für uns so wichtig ist. Sie haben erwähnt, dass die "Nacht der Jugend" 2006 ein großer Erfolg war. Auch da war das Thema Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Gewalt. Das alles geschah in einem Rahmen, der Jugendliche letzten Endes auch anspricht. Das allein sind bereits wichtige Aspekte, die solch eine Veranstaltung rechtfertigen.

Ich glaube aber, dass insbesondere der Hauptbezug dieser Veranstaltung zur Reichspogromnacht den Jugendlichen schlicht verdeutlichen konnte, welche Auswirkungen dieses alles hat. In der Konsequenz führt dieses nämlich zu Rassenwahn, Ignoranz und Hass und daraus resultierend der Beginn von staatlichem Terror und Massenmord.

Dass zudem die Zeitzeugen den Jugendlichen in Gesprächen authentisch mitteilen konnten, welche Auswirkung dieses hat, ist dabei von unschätzbarem Wert. Ich finde es auch sehr wichtig, dass Jugendliche verinnerlichen, welche große Verantwortung wir als Deutsche auf der einen Seite nicht nur den vielen, vielen Opfern gegenüber haben, sondern auch gegenüber den kommenden Generationen, damit so etwas nie wieder passiert.

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Blö- meke und Linda Heitmann, beide GAL)

Das ist auch eine meiner Hauptmotivationen: Sich dieser Verantwortung als Mensch sehr bewusst zu sein und zu wissen, dass diese Verantwortung auch weitergegeben werden muss an die kommende Generation. Dieses sehr verantwortlich zu tun, das müssen die Jugendlichen auch in ihren Köpfen behalten und verinnerlichen, damit sie irgendwann selbst in der Lage sind, diesen Teil der Geschichte authentisch wiederzugeben, auch wenn es dann keine Zeitzeugen mehr gibt.

Ich sage es noch einmal deutlich: Jeglicher Zulauf von Jugendlichen zu den rechten Holocaust-Leugnern ist eine Sünde im Angesicht unserer Geschichte.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zu der Musik sagen. Da hat es hier einen kleinen Dialog zwischen Klaus-Peter Hesse und Ihnen gegeben. Ich weiß, dass es da im Vorfeld die eine oder andere Irritation gegeben hat. Ich sage Ihnen ganz offen, dass ich das auch verstehen kann, weil Reichspogromnacht, Hip-Hop und Rap in sich vielleicht erst einmal einen Widerspruch darstellt. Aber da muss man auch noch einmal in sich gehen und die Bedeutung von Musik für Jugendliche begreifen. Für Jugendliche ist Musik nicht nur ein Anlass zum Feiern und Tanzen, sondern Musik transportiert für Jugendliche Emotionen, Ereignisse, Geschehnisse. Wenn Sie sich an Ihre Jugend erinnern, wird es vielleicht gar nicht so viel anders gewesen sein. Überdies hat Musik durchaus schon bewiesen, welche Kraft und Botschaft in ihr steckt als Auslöser für einen Diskussionsprozess. Ich nehme einmal das Beispiel Woodstock. Da stand nicht nur der Friedensprozess im Hintergrund. Oder nehmen wir das "Live-Aid"-Konzert in den Achtzigerjahren als Beispiel. Auch hier gab es einen sehr tragischen Hintergrund, nämlich die Hungersnöte in Afrika. Auch wenn es ein bisschen abstrakt klingt, wir hatten vor nicht allzu langer Zeit in Hamburg die "Live-Earth"-Konzerte. Was ich damit sagen will, ist, dass Musik oftmals ein sehr, sehr schmerzliches Erlebnis begleitet, aber dadurch auch die Herzen der Jugendlichen öffnet. Das kann man vielleicht nicht ganz vergleichen, weil die "Nacht der Jugend" doch eine sehr kleine Veranstaltung ist, aber im Kern sagt es doch schon aus, was es den Jugendlichen bedeutet.

(Christiane Blömeke)

Leider, leider haben die Rechten dies auch für sich entdeckt unter dem Stichwort Schulhof-CDs. Im Ergebnis erhoffen wir uns genau wie Sie, dass die "Nacht der Jugend 2009" ähnlich erfolgreich wird wie 2006. Jugendliche werden mit Jugendlichen feiern, sich austauschen und, ich hoffe, ein klares Signal nach außen senden gegen Hass, Gewalt und Ausgrenzung. Das möchte ich noch einmal ausdrücklich sagen, auch im Zusammenhang mit dem Thema, das wir vorhin in der Aktuellen Stunde debattiert haben.

Wie die konkrete Ausgestaltung dieser "Nacht der Jugend" sein könnte, werden wir gemeinsam mit der Bürgerschaftskanzlei und auch im Ausschuss besprechen. Wir müssen sehen, wie die finanziellen Ausstattungen sind, was können wir hier leisten. Jedenfalls freue ich mich sehr auf die Diskussion und die anschließende Feier. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Frau Veit.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Christiane Blömeke, ich muss sagen, dass mir diese Rede sehr viel besser gefallen hat. Ich fand sie wesentlich ehrlicher als dieses unsägliche Rumgeeier, als wir vorhin über Morsal gesprochen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 160 Jahren haben immer wieder Ereignisse, die an einem 9. November stattfinden, eine besondere Bedeutung für das Schicksal der Deutschen gehabt. An ihnen lässt sich unsere ganze wechselvolle Geschichte erzählen. Mal markierte der 9. November einen Schritt nach vorn, mal einen zurück. Dieser Gedenktag könnte ein Nachdenktag über Deutschland sein und doch geht er meistens irgendwie unter. Als nationaler Gedenk- und Feiertag ist er – das wissen wir alle – bewusst nicht gewählt worden, aus Angst, es könnten die falschen Ereignisse gefeiert werden, die hier auch angesprochen worden sind. So haben wir nun diesen 3. Oktober, von dem die Hälfte der Bevölkerung eigentlich gar nicht weiß, wofür dieser so richtig steht.

Wir in Hamburg haben uns 2006 – Christiane, das war 2006 und nicht 2005 – erstmals getraut, den 9. November besonders zu begehen. Eine ursprüngliche SPD-Initiative – danke für den Hinweis – wurde glücklicherweise zu einer gemeinsamen Initiative aller Fraktionen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ja, wenn mal was Gutes kommt, dann übernehmen wir das gerne!)

Es wäre schön, wenn das immer so wäre, Klaus. Er sagte gerade, wenn mal etwas Gutes kommt, würde die CDU das auch übernehmen. Ich denke, dieses Zitat kommt auch ins Protokoll und dann

wollen wir uns auch gerne an der einen oder anderen Stelle daran erinnern, Klaus-Peter.

(Zuruf: Aber es muss dann auch etwas kom- men!)

Okay, wir werden liefern und Ihr werdet übernehmen und dann bringen wir alle gemeinsam Hamburg ein Stück weiter voran.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Damals haben wir im Rathaus die erste "Nacht der Jugend" veranstaltet, die auch schon ausführlich beschrieben worden ist und auf jugendgerechte Art an die Schrecken der Pogromnacht erinnert. Das war wirklich ein gewaltiger Erfolg. 2700 junge Menschen haben uns mit ihrer Anwesenheit und ihrem Mitmachen wirklich beeindruckt. Das kann ich, glaube ich, für all diejenigen sagen, die damals dabei gewesen sind. Im Jugendausschuss waren wir uns anschließend auch einig darüber, dass dieses Ereignis verstetigt und ab dem Jahre 2007 zu einem regelmäßigen Ereignis werden sollte. Das haben wir damals einstimmig so beschlossen. Das habe ich noch gut im Gedächtnis, weil wir in der vergangenen Legislaturperiode nur selten einstimmige Beschlüsse zur Jugendpolitik hatten.

Leider hatte unser Beschluss aus dem Jugendausschuss dann keinen Bestand. Die Fraktionen von CDU und GAL haben das gemeinsame Vorgehen des Jugendausschusses gekippt. Wir haben dann noch mit einem SPD-Antrag versucht, das Anliegen zu retten. Damals, Klaus-Peter, war Euch noch nicht so ganz klar, wie gut das wirklich ist. Jedenfalls habt Ihr das hier im Hause mit schwarzgrüner Mehrheit niedergestimmt und es war die heutige Zweite Bürgermeisterin, die das Niederstimmen für die GAL damals begründet hat. So fand die "Nacht der Jugend" weder 2007 noch findet sie in diesem Jahr statt. Aber jetzt haben CDU und GAL unseren alten Antrag wieder aufgewärmt, verkaufen ihn hier als eigene Initiative. Da haben wir schon von der Dohle und der Eule gelernt, wie das ist, sich mit fremden Federn zu schmücken, dass das durchaus gefährlich sein kann. Guter Stil ist das nicht, Christiane, schon gar nicht, wenn man in der Rede betont, dass es ja um das gemeinsame Vorhaben ginge. Wenn alle Fraktionen das Gleiche wollen, dann könnte man das eigentlich auch mit einem interfraktionellen Antrag lösen. Dann müssen nicht zwei Fraktionen vorpreschen und der Presse gegenüber so tun, als hätten sie gerade den tiefen Teller neu erfunden.

(Beifall bei der SPD)

Aber die "Nacht der Jugend" ist immer noch eine wunderbare Idee, auch wenn Sie unsere war. Natürlich stimmen wir zu und freuen uns sehr auf die Neuauflage. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

(Stephan Müller)

Das Wort bekommt Herr Yildiz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE begrüßt den Antrag der CDU und der GAL. Es kann nicht genügend Aktionen gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Neofaschismus geben. Daher unterstützen wir die Pläne für eine erneute "Nacht der Jugend" in 2009.

Seit es den Kampf gegen Rechts gibt, weiß man aber auch, dass einzelne Großaktionen wenig bringen. Eine Großveranstaltung mit 2700 Jugendlichen ist nur dann ein Erfolg, wenn sie der Höhepunkt einer langen Reihe von Aktivitäten gegen Rechts darstellt. Eine Veranstaltungsreihe, die in dreijährigen Abständen stattfindet, ist nicht nachhaltig. Das ist der Knackpunkt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Monika Schaal und Dr. Peter Tschentscher, beide SPD)

Wir erinnern uns in diesen Tagen an die Anschläge in Solingen vor 15 Jahren und an die Bücherverbrennung vor 75 Jahren. Dabei müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass auch in Hamburg die Zahl der rechtsextremen Straftaten in den vergangenen Jahren angestiegen ist. Aus der Vergangenheit lernen, heißt, ein umfassendes Konzept gegen Rechts zu formulieren. Statt Unmengen Geld in Prestigeprojekte zu investieren, brauchen wir Arbeit an der Basis. Ich fürchte, dass die "Nacht der Jugend" nicht viel mehr als Prestige für den Senat bringen wird. Von wem sollen unsere Jugendlichen lernen, wie man sich gegen rechte Ideologien und Gewalttäter wehrt? Von unseren Politikern?

Eine CDU, die, um an die Macht zu kommen, mit der Schill-Partei koaliert hat, die für ihren Rechtskurs bekannt war, hat wenig Glaubwürdigkeit. Auch nicht glaubwürdiger macht es unseren Bürgermeister, wenn er sich im Nachhinein von den Wahlkampfäußerungen des Roland Koch distanziert hat.

Wenn der Senat die "Nacht der Jugend" als einen Mosaikstein im Kampf gegen Rechts sieht, dann fragen wir, wie sein Konzept gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Neofaschismus überhaut aussieht. Dass der Senat hier untätig ist, hat er gerade in den letzten Wochen bewiesen. Wir können nicht den organisierten Rechtsextremen Möglichkeiten gewähren, unsere Kinder und Jugendlichen zu beeinflussen. Der Kampf gegen Rechts

(Zuruf von der CDU: Auch gegen Links!)

muss in allen Bereichen und auf allen Feldern stattfinden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir dem Irrglauben verfallen, mit einer Nacht Großes zu leisten, unterschätzen wir die rechte Gefahr. Meine Fraktion fordert den Senat auf, schnellstmöglich ein Konzept gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Neofaschismus vorzulegen. Entscheidend, wie lebenswert eine Stadt ist, ist nicht, wie viele Millionäre hier leben, sondern ob alle Bewohner, egal welcher Herkunft und Nationalität, frei und angstfrei leben können. Der Senat muss in diesem Punkt viel mehr tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Heitmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Blömeke aus meiner Fraktion und zum Glück auch die anderen Fraktionen haben bereits ausgeführt, dass wir in dieser "Nacht der Jugend" einen kleinen, aber doch wichtigen Baustein gegen Rechtsextremismus in Hamburg sehen. Herr Yildiz, ich stimme Ihnen zu, dass das ein kleiner Baustein ist, den ich aber dennoch für einen sehr wichtigen halte. Ich möchte noch hinzufügen, dass die Tatsache, dass die "Nacht der Jugend" im letzten Jahr nicht stattgefunden hat, dem geschuldet ist, dass es ein Wahlkampfjahr war und es nicht förderlich gewesen wäre, diese Veranstaltung dafür zu benutzen, Wahlkampf zu machen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich möchte an dieser Stelle außerdem betonen, dass die "Nacht der Jugend" für uns sogar in doppelter Hinsicht ein Mittel gegen extremistische Tendenzen darstellt.

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Frau Heitmann, erlauben Sie dem Abgeordneten Kienscherf eine Zwischenfrage?