Meine Damen und Herren! Die SPD sagt, dass Medienkompetenz nach Lesen, Schreiben und Rechnen zur vierten Kulturtechnik wird. Es wird für unsere Kinder und Enkel immer wichtiger, sich auf diesem Feld qualifiziert bewegen zu können. Das zu fördern und zu unterstützen ist unsere politische Aufgabe. Wir sind gerne bereit, mit den Fraktionen dieses Hauses darüber in den richtigen Ausschüssen ausführlich zu diskutieren und laden dazu ein, diesen Weg gemeinsam zu wählen und ihn zu erörtern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit Ihrem Antrag, Herr Grund, da gebe ich Ihnen Recht, diskutieren wir nicht nur eines der wichtigsten Themen der Zukunft, sondern auch der Gegenwart. Meine Fraktion wird zustimmen, dass wir Ihren Antragsentwurf im zuständigen Ausschuss diskutieren. Er enthält sehr viele gute Elemente, die auch in dem Antrag, an dem ich seit Längerem gearbeitet habe, enthalten sind und die, dem Thema angemessen, irgendwie auf virtuelle Weise zu Ihnen gelangt sind.
Der Umgang mit den neuen Medien ist ein wesentliches Qualifikationsmerkmal für den Einzelnen, um in der modernen Wissenschaftsgesellschaft überhaupt bestehen zu können.
Sie haben es richtig gesagt, dass Medienkompetenz die vierte Schlüsselkompetenz ist neben Lesen, Rechnen und Schreiben. Sie ist entscheidend für den beruflichen Erfolg zukünftiger Generationen, sie ist aber auch entscheidend für heute im Berufsleben stehende Menschen und, das wird oft vergessen, für die gesellschaftliche Teilhabe auch von Senioren. Wer sich mit der Entwicklung der digitalen Medien nicht beschäftigt, wer die Medienkompetenzförderung nicht unterstützt, der sorgt dafür, dass nicht nur bei zukünftigen Generationen die Chancengleichheit nicht mehr besteht, sondern dass vor allen Dingen ältere Menschen von der gesellschaftlichen Partizipation teilweise ausgeschlossen werden.
Nicht umsonst unterscheiden Soziologen heute zwischen sogenannten Digital Natives und Digital Immigrants. Der erste Begriff bezeichnet die jungen Menschen, die scheinbar spielerisch den Umgang mit dem Internet, dem Handy und der Elektronik beherrschen, der letztere die Eltern und die Älteren, die vergleichbar mit Migranten erst die Gepflogenheiten und neuen Möglichkeiten in ihrer neuen Umgebung mühsam erlernen müssen. Sie nehmen nicht zuletzt deshalb oftmals eine Abwehrhaltung gegen das Unbekannte ein. Dabei schaden sie sich allerdings selbst sehr stark, weil sie die wichtigen Möglichkeiten und Chancen für sich selbst ausschließen. Dies aber birgt Gefahren, deren Abwehr allen verantwortungsbewussten Eltern, Erziehern, Lehrern und Führungspositionen in den zuständigen Behörden und anderen Institutionen ein Anliegen sein sollte. Nur wenn wir verstehen, wo sich unsere Kinder im Netz tummeln, mit wem sie kommunizieren und welche Daten sie von sich selbst und von anderen preisgeben, welche Chancen sie nutzen und welche sie verpassen, nur dann können wir zukünftigen Generationen ein Bewusstsein für die damit verbundenen Risiken und Chancen geben. Dies aber kann nur, wer ein grundsätzliches Interesse daran hat, wer eine grundsätzliche Offenheit dem Thema gegenüber mitbringt und ein Verständnis dafür, dass ein "es gibt schon alles, ich kenne schon alles, es wird schon alles gemacht" hier nicht weiterhilft.
Ein halbes Jahr ist im Internet, so wird gesagt, eine Generation. Weiterhin entwickelt sich alles schnell, rasant und nicht immer zum Guten. Das Für und Wider um die Entstehung eines globalen Unternehmens, das im Übrigen seinen Briefkastensitz hier in Hamburg hat, das für und Wider um Facebook, das Millionen in die Kinos treibt, zeigt, welches Interesse an diesem Thema vorhanden ist. Auch Google hat seinen Briefkastensitz in Hamburg und deswegen wird – das finde ich sehr gut – publikumswirksam, aber auch effizient der Kampf gegen diese manchmal auch als Datenkraken betriebenen Unternehmen von Hamburg aus geführt. Die meisten Hamburger Institutionen und Behörden, die sich mit diesem Thema beschäftigen, sind gut aufgestellt, TIDE, die Landesmedienanstalt, aber auch die Volkshochschulen. Viele Beschäftigte in Mehrgenerationenhäusern wären bereit, auf diesem Gebiet mehr zu machen, zum Beispiel die Einführung eines Medienführerscheins umzusetzen.
Allerdings habe ich an dieser Stelle und bei der Vorbereitung zu diesem Thema auch traurig feststellen müssen, dass es Behörden gibt, die der
Meine Damen und Herren! Wer solch eine Auffassung vertritt – und dies haben wir medienpolitischen Sprecher allgemein und übereinstimmend festgestellt –, ist sich nicht der Fallen und Verlockungen des Netzes bewusst und wird auch nie die Chancen ergreifen können, die sich ihm bieten. Wer sich der Förderung von Medienkompetenz widersetzt, der ist bereit hinzunehmen, dass wir die digitalen Analphabeten von morgen zulassen. Ich bin es nicht,
meine Fraktion ist es nicht und deshalb freuen wir uns darauf, mit Ihnen gemeinsam Ihren Antrag im zuständigen Ausschuss zu diskutieren. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie schon gesagt wird der Antrag von uns an den Ausschuss überwiesen und wir werden dort die fachliche Debatte dann ein bisschen vertieft fortsetzen. Ich möchte trotzdem gerne ein paar Dinge für meine Fraktion zu dem Antrag sagen und würde dann vorschlagen, die Chance im Ausschuss zu nutzen, damit umzugehen.
Die Frage von Medienkompetenz ist nicht neu in diesem Haus und sie ist auch nicht neu in Hamburg. Wir wissen, dass sehr viele Akteure hier unterwegs sind. Das betrifft nicht nur die Bildungsbereiche in Bezug auf die Schulen, sondern die Stadt im Allgemeinen. Wir hatten eine sehr schöne Fernsehdiskussion mit den medienpolitischen Sprechern auf TIDE und da wurde uns allen noch einmal sehr deutlich, dass dieses Thema in Hamburg außerordentlich komplex verankert ist, und so komplex kommt nun auch der Antrag daher. Komplexität und auch Fülle führen vielleicht nicht immer zu den Lösungen, die man will. Es sind durchaus einige interessante Anregungen in dem SPD-Antrag dabei, aber an einigen Stellen sollten wir das noch einmal vertieft diskutieren.
Ich will ein paar kleine Beispiele geben, wo es aus meiner Sicht noch nicht ganz rund ist. Die SPD fordert in ihrem Antrag, man müsse eine groß angelegte Untersuchung machen, um die Medienkompetenz bei den verschiedenen Akteuren in Hamburg überhaupt erst in Erfahrung zu bringen. Gleichzeitig sagt aber Herr Grund, dass das alles schon ganz furchtbar sei oder zumindest aus sei
ner Sicht nicht ausreiche bei den Schülern. Das beißt sich so ein bisschen, wenn man die Ergebnisse schon kennt oder zu kennen glaubt, dann aber meint, noch einmal eine Evaluation fordern zu müssen. Darüber sollten wir im Ausschuss noch einmal reden. Entweder haben wir Ergebnisse, die einleuchtend sind, oder wir haben sie nicht.
Was ein bisschen zu kurz gekommen ist, ist das Thema digitale Spaltung in der Gesellschaft. Die SPD beantwortet diese Frage so, dass man etwas in den Bücherhallen tun müsse. Das ist nicht verkehrt, aber die Bücherhallen tun das schon. Dort gibt es nämlich über WLAN bereits eine kostenlose Nutzung des Internets. Diese Frage allein wird das Problem der digitalen Spaltung nicht lösen können. Wir werden also auch im Ausschuss darüber reden müssen, was wir vielleicht noch mehr tun sollten.
Auch ein schwieriges Thema ist, Einfluss auf TIDE selbst zu nehmen. Sie sind Vorreiter und von der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein auch beauftragt, gerade in dem Bereich tätig zu werden. Der Senat soll nun nach SPD-Ansicht entsprechend Einfluss nehmen, dass da noch mehr passiert. Ich halte es für keine gute Idee, wenn das auf direktem Wege passiert, denn TIDE ist unabhängig von der Stadt und hat nun einmal diesen Charakter eines Bürgerkanals. Insofern sollten wir eher überlegen, wie die beiden Bundesländer die Anstalt besser ausstatten können, um damit noch mehr für Medienkompetenz zu tun, anstatt politisch Einfluss auf ein unabhängiges Gremium zu nehmen.
Dann wird als ein weiteres Thema der Medienkompetenzführerschein hervorgehoben. Auch mein Kollege Herr Wankum hat seine Sympathie dafür kundgetan. Wir können uns dem gerne zuwenden; ich habe bisher noch kein ausgearbeitetes Konzept gesehen, wo man sagen könnte, das ist es. Wir haben gesehen, dass die Koalition in Nordrhein-Westfalen das in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten hat. Ich finde es schön, wenn wir da auch von Düsseldorf lernen können, wenn wir denn lernen können. Wir schauen uns, auch im Ausschuss, alles in Ruhe an, was uns in diesem Bereich voranbringt. Ich sehe das Thema Medienkompetenzführerschein tatsächlich auch als ein symbolisches im Sinne einer Möglichkeit, mit einem fassbaren Instrument weiter voranzukommen. Wenn wir da zu einer Lösung kommen, die uns voranbringt, warum nicht. Ich fände es auch gut, wenn das dann fraktionsübergreifend geschieht. Dafür ist der Ausschuss da; ich freue mich auf die Debatte dort und wir sollten sie hier jetzt beenden. – Vielen Dank.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Beenden wollen wir die Debatte noch nicht. Ich rufe Frau Artus auf.
Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen! Herr Wankum, vielen Dank für Ihren Redebeitrag. Nach dieser Rede verstehe ich eigentlich nicht, warum der Antrag nur überwiesen und nicht angenommen wird. Man könnte ihn auch annehmen und anschließend überweisen, auch das ist eine Variante. Herr Müller hat konkret ein paar Punkte ausgeführt, wie der Ergänzungsantrag der GAL und CDU aussehen könnte. Dann hätten wir bereits eine ganz klare Haltung, denn so richtig strittig scheint das Thema Medienkompetenzförderung in diesem Haus gar nicht zu sein.
Es sind genau 31 Dokumente, die in der Parlamentsdatenbank angezeigt werden, wenn man unter "Freie Suche" das Stichwort Medienkompetenz für diese Wahlperiode eingibt. Fünf Dokumente davon sind Anträge, drei von der SPD und je einer von CDU, GAL und der LINKEN, sechs sind Gesetze beziehungsweise Gesetzesentwürfe und der Rest teilt sich dann in Kleine und Große Anfragen, Berichte, Ausschuss- und Plenarprotokolle auf. Wir haben uns also – deswegen habe ich das einmal summiert – bereits mehrfach mit dem Thema Medienkompetenz in dieser Wahlperiode befasst. In Erinnerung rufen möchte ich einen Vorgang aus dem Juli 2008. Wir hatten den Antrag der SPD debattiert, zusätzliche Mittel, die durch die Anhebung der Rundfunkgebühren bereitstehen, für die Medienkompetenzförderung sowie für Bürgersender zu verwenden. Er wurde von CDU und GAL weggestimmt. Stattdessen wurde ein von Ihnen selbst gestellter Antrag angenommen, in dem der Senat gebeten wurde, in einem Staatsvertrag die Verwendung von Mitteln für die Medienpädagogik und Medienkompetenzvermittlung zu vereinbaren.
Wir hatten dann ungefähr ein Jahr später eine Debatte zu diesem Staatsvertrag, der abgestimmt wurde und in Kraft trat. Nun befassen wir uns wieder mit dem Thema, da mag sich die Frage stellen, was seither konkret geschehen ist. Wie wurden die für die Medienkompetenzförderung und Medienpädagogik bereitgestellten Gelder verwendet, was passiert nun konkret und was ist noch möglich vor dem Hintergrund des Haushaltsdefizits? Dieser hier nun vorliegende Antrag zeigt recht genau auf, welche Dimension eine umfassende Medienkompetenzförderung hätte. Wiederholt mache ich darauf aufmerksam, dass die Koalitionsparteien es im Sommer letzten Jahres noch abgelehnt haben, die Große Anfrage der SPD zur Medienkompetenzförderung an alle Ausschüsse, insbesondere aber an den Ausschuss zu überweisen, der sich mit Bil
Nun liegt dieser Antrag vor, den meine Fraktion auch unterstützt, und er mahnt Sie im Senat und bei CDU und GAL an zu handeln. Sie wären wohl beraten, schnellstens an die Umsetzung der hier geforderten Punkte zu gehen. Die digitalen Medien entwickeln sich nämlich sonst am Senat vorbei beziehungsweise der Senat kommt zu den falschen Antworten, wie man beim JugendmedienschutzStaatsvertrag sehen kann. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass auch mit dem 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der das ist und der sich mit Jugendschutz im Internet befasst, Kinder und Jugendliche nicht ausreichend geschützt sind. In Anbetracht der massiven Kritik ist der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ein eher klägliches Ergebnis. Er gefährdet aktive Internetbenutzer, die mit ihren Websites und Blogs dem Internet nach wie vor einen antihierarchischen und zutiefst demokratischen Charakter geben. Ich nehme einmal als Beispiel für sinnlosen Jugendmedienschutz die Zeitbegrenzung, innerhalb derer bedenkliche Inhalte nicht abgerufen werden können sollen. Da wurde der Rundfunkbegriff einfach aufs Internet übertragen. Die Jugendlichen feixen sich eins und immer noch steht Eltern kein Jugendschutzprogramm zur Verfügung, das eine Alterskennzeichnung herauslesen könnte. Was aber nutzen uns medienkompetente Eltern, wenn die Kommission für Jugendmedienschutz bislang kein Programm anerkannte? Eine Bestandsaufnahme und Evaluation im Bereich Medienerziehung und zu medienpädagogischen Aktivitäten ist dennoch und auch gerade deswegen sehr sinnvoll. Aber es muss dann auch, und zwar endlich, Konsequenzen haben.
Hören Sie vor allem damit auf, das ist jetzt ein allgemeiner Appell und kein konkreter Vorwurf, sich zu gruseln, wenn eine Stephanie von und zu Guttenberg in der Fernsehsendung "Tatort Internet" zusammen mit dem ehemaligen Hamburger Innensenator Udo Nagel potenzielle Täter anlockt und einfängt. Schalten Sie am besten gar nicht mehr ein. Zu Recht hat der Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien, Wolfgang Thaenert, Bedenken gegen die Serie geäußert. Es ist unverantwortbar, dass mit zweifelhaften Methoden Männer angelockt und vor der Kamera zur Rede gestellt werden. In den USA hat sich deswegen 2006 ein Mann umgebracht. Es ist weder ethisch, strafrechtlich noch politisch verantwortbar, eine Tat bewusst zu provozieren. Diese Sendung ist ein Beispiel totaler Medieninkompetenz.
Kreativwirtschaftsund Tourismusausschusses vom 1. September 2009 auch so nett niedergeschrieben worden, dass sich alle Parteien mit eigenen Anträgen mit dem Schutz des geistigen Eigentums im Internet beschäftigt haben. Es heißt, die Senatsvertreterinnen und Senatsvertreter begrüßen die intensive Auseinandersetzung der Fraktion mit dem Thema.
Noch ein kleiner Hinweis zu dem Bürgersender TIDE: Ich finde es gut, dass dieser Kanal ausgebaut werden soll. Wir werden uns in diesem Zusammenhang, auch wenn wir nach wie vor kritisieren, dass der offene Kanal damals abgeschafft wurde, dafür einsetzen, dass in dem Zuge die vielen oft über Monate laufenden Praktikantenjobs, ohne die bei TIDE gar nichts ginge, in reguläre Arbeits- und Ausbildungsplätze umgewandelt werden. In diesem Sinne, sehr geehrte Herren und Damen, lassen Sie uns an der Medienkompetenzförderung gemeinsam weiterarbeiten.
Ich möchte nur ganz kurz Frau Artus und der LINKEN sagen, dass der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag von 16 Landesregierungen ausgehandelt wird. Er ist auch von zwei links regierten Bundesländern ausgehandelt worden. Wir alle müssen letztlich über einen Kompromiss abstimmen. Wir haben alle auch Kritik daran, aber Hamburg hat sich mit einer Protokollerklärung sehr deutlich dafür eingesetzt, dass eben nicht geschieht, dass der alte Rundfunkbegriff aufs Internet übertragen wird. Vergessen Sie also nicht, Frau Artus, dass Sie auch Verantwortung in diesem Land haben. – Vielen Dank.