Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir den Elternwillen berücksichtigen wollen und Sie wollen das Elternwahlrecht abschaffen. Das ist Ihre Politik. Sie wollen im 21. Jahrhundert mit obrigkeitsstaatlichen Mitteln aus dem letzten Jahrhundert agieren und das ist falsch. Das wird den Eltern in dieser Stadt nicht gerecht, wenn Sie das Elternwahlrecht abschaffen und so tun, als sei das überhaupt nichts.
Sie sind auf Ihrem Parteitag, Herr Voet van Vormizeele, wie die Lämmer zur Schlachtbank gegangen. Da haben Sie keinen Ton zu Ihrer Koalitionsvereinbarung gesagt.
Ob es Ihnen gefallen hat oder nicht, Sie haben geschwiegen und es abgenickt. Das ist kein Vorbild für Parteiendemokratie, sondern das ist Kuschen vor dem Bürgermeister, meine Damen und Herren, und nichts anderes.
Dann stellen Sie sich hier hin und wollen der SPD Belehrungen erteilen. Ich sage Ihnen, die Stunde der Wahrheit dieser Koalition wird noch kommen. Im Moment können Sie Formelkompromisse auf dem Papier formulieren, aber was ist denn, wenn die Primarschule eingeführt wird? Wie sieht es dann aus? Ist es die Bezirksgrundschule von Frau Goetsch oder ist es die Langform des Gymnasiums von Herrn von Beust. Das werden Sie irgendwann entscheiden müssen und Farbe bekennen müssen. Dann wird nämlich klar, ob wir eine Situation in Hamburg haben, in der die Eltern gezwungen sind, schon im Bereich der Vorschule zu entscheiden, ob sie ihre Kinder auf das Gymnasium schicken wollen oder nicht oder ob es wirklich ein
gemeinsames längeres Lernen gibt. Wenn es nach dem Bürgermeister geht, gibt es das nicht. Die Frage ist, wer sich in dieser Koalition durchsetzt. Den Beweis müssen Sie erst noch einmal anbringen und ansonsten sollten Sie den Mund halten.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Schön, dass wir jetzt gute Stimmung im Saal haben.
Schön auch, dass Herr Egloff wieder einmal betont hat, dass die SPD bedingungslos den Elternwillen erhalten will.
Was ist eigentlich der Elternwille, der eine von allen Eltern vertretene gemeinsame Wille? Wenn man sich auf die Suche nach dieser einen Wahrheit begibt, muss man zwangsläufig in eine innere Zerrissenheit geraten, wie es die SPD gerade tut, vor allem wenn man diese Wahrheit in der Schulstrukturfrage zu finden versucht, denn dort findet man viele verschiedene Elternwillen. Wir haben die Vertreter der Volksinitiative "Wir wollen lernen", die Vertreter von "Schule für alle", wir haben Eltern, die ihre Kinder auf eine Waldorfschule schicken, wir haben Eltern, nach deren Willen das Beste ist, ihre Kinder auf Schloss Salem zu schicken und wir haben die Eltern, die in Heimunterricht die Bildung selbst in die Hand nehmen. In diesem Potpourri von Schulformvorstellungen wird man nie einen einheitlichen Elternwillen finden, den man glaubwürdig als den einen repräsentieren kann.
Die Suche endet zwangsläufig in der Orientierungslosigkeit. Kurz gesagt: Gibt es in der Schulstrukturformfrage einen einheitlichen Elternwillen? Ich sage: Den gibt es nicht. Es gibt so viele Elternwillen in Hamburg und in der ganzen Welt wie es Eltern gibt. Sie alle verbindet eines: Der Wille, das Beste für das Kind zu erreichen. Doch was ist das Beste für das Kind?
Auch hier hat jede und jeder verschiedenste Antworten. Wenn wir diese verschiedenen Antworten politisch operationalisierbar machen wollen, ergibt sich dennoch ein brauchbarer Leitgedanke: Wir brauchen ein möglichst gerechtes und faires Schulsystem. Gerecht darin, jedem Kind den schrankenlosen Zugang zur bestmöglichen Ausbildung zu ermöglichen, fair darin, die Stärken zu stärken und die Schwächen zu fördern und nicht
Wer sich von diesem Grundgedanken leiten lässt, erkennt schnell eines: Die Vielgliedrigkeit des Hamburger Schulsystems ist in der Gesamtbilanz weder gerecht noch fair. Das haben wir alle zusammen auch schon in der Enquete-Kommission erkannt und daraus die Konsequenz gezogen, die Vielgliedrigkeit zu reduzieren. Die Erkenntnis teilen wir alle.
Wer den Leitgedanken ernst nimmt – Stärken stärken, Schwächen fördern –, der erkennt aber auch, dass eine zu frühe Trennung der Kinder in vermeintlich Schwächere und Stärkere der Individualität der Kinder nicht gerecht würde. Sie verbaut die Chancen, gemeinsam von den Stärken des anderen zu lernen. Wer sich diesen Gedanken zum Kompass macht, der kommt am Ende recht einfach auf die Erkenntnis: Die sechsjährige Primarschule ist nötig.
Diese Erkenntnis hat Ihre Arbeitsgemeinschaft für Bildung auch gehabt. Mit Beschluss vom 24. April hat sie gesagt, die Primarschule geht in die richtige Richtung. Die SPD-Fraktionen im Saarland und in Bayern haben entsprechende Anträge zur Einführung einer sechsjährigen Primarschule eingebracht. Es ist also letzten Endes auch ein Stück weit sozialdemokratische Politik.
Den einen Hauptteil unserer gemeinsamen Schulreform, Einführung Stadtteilschule und Gymnasium, haben wir bereits gemeinsam in der EnqueteKommission vereinbart. Der andere Teil zur Primarschule steht offensichtlich nicht im Widerspruch zur sozialdemokratischen Politik. Wenn wir aber gar keine grundlegenden Differenzen in den Grundsätzen haben, dann lassen Sie uns doch bitte die Auseinandersetzung auf die sachliche Kritik der Details der Reformschritte beschränken. In der Frage der Abschaffung der isolierten Hauptschulklassen zum Beispiel zum kommenden Schuljahr haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das schon auf wunderbare Weise getan. Wenn dagegen Herr Neumann in der "Welt" von den Trümmern schwarz-grüner Schulpolitik spricht
dann war es das "Hamburger Abendblatt" – und sie herbeisehnt, dann ist das aus parteitaktischen Gründen zwar nachvollziehbar, verantwortliche
Noch ein Wort zum Elternwahlrecht. Sie tun immer so, als sei die Entscheidung für die Schulform das einzige Kriterium für das Prinzip Elternwahlrecht. Sie ignorieren allerdings eines völlig: Bei der künftigen Frage Stadtteilschule oder Gymnasium ist etwas anderes ebenso wichtig wie es heute schon ist, nämlich die Frage, auf welches inhaltliche Profil einer Schule schicke ich mein Kind? Das ist wesentlich wichtiger als die Frage, Stadtteilschule oder Gymnasium. Wenn beide Formen am Ende zum Abitur führen, ist das wichtigste Prinzip und Recht der Eltern zu entscheiden, welche Inhalte ihren Kindern in den Schulen vermittelt werden. Denn die Frage der Inhalte, die ein Kind lernen wird, ist weitaus wichtiger und deshalb stärken wir in dieser Frage sogar die Mitspracherechte der Eltern, denn künftig werden die inhaltlichen Profile der Schulen nachfragegesteuert. Die Eltern haben ein Mitspracherecht bei den inhaltlichen Angeboten der Schule und sie werden sich entscheiden können, was die Kinder lernen werden. Das ist ein sehr wichtiger Teil des Elternwahlrechts und den sollten Sie in den Vordergrund stellen und nicht Angst schüren, dass die Eltern in Zukunft überhaupt keine Entscheidungen mehr darüber haben werden, was und wie ihre Kinder lernen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Die SPD ist ja ein wenig durcheinander. Sie hat mit der Rolle der Opposition immer noch gewisse Schwierigkeiten. Wir denken auch, gegen alle Vorhaben der Regierung zu sein, reicht einfach nicht aus. Es bedarf politischer Gegenentwürfe, die in sich stimmig sind, denn die Opposition hat nicht die Mehrheiten für Gesetze im Parlament. Sie hat nicht die Macht, Veränderungen über die Legislative durchzusetzen.
Die LINKE ist in der Tat die einzige Partei in der Hamburgischen Bürgerschaft, die eine klare Orientierung in der Bildungspolitik hat und das bedeutet: gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule, keine soziale Auslese, keine hungernden Kinder in Schule und Kita.
Die LINKE setzt sich kompromisslos für eine Schule für alle ein, eine Schule, in der die jungen Menschen von der 1. bis zur 10. Klasse gemeinsam lernen können. Deswegen haben wir auch dem Vorschlag der Regierung, die Hauptschulen abzuschaffen, zugestimmt. Das ist genau der richtige Weg.
Nun werden Sie sicherlich einwenden, wer in der Politik keine Kompromisse macht, sei politikunfähig. Aber die gegenwärtige Diskussion zeigt etwas anderes, sie zeigt, dass Kompromisse auch Grenzen haben. Schwarz-Grün will in der Bildungspolitik die Quadratur des Kreises. Das funktioniert nicht, das macht sie politikunfähig.
Die GAL hat mit ihrem Modell "9 macht klug - neun Jahre gemeinsame SCHULE FÜR ALLE" im Wahlkampf gekämpft. Sie bekämpfte das Zwei-SäulenModell und jetzt will sie es umsetzen. Die CDU trat für die Erhaltung des gegliederten Schulsystems mit Stärkung der Gymnasien ein, ihre deutsche Traditionsschule, wie Sie immer so gerne betonen. Im Koalitionsvertrag hat sie zugesagt, eine sechsjährige Grundschule in Hamburg ab 2010 zu etablieren, und zwar mit dem Anspruch, die Aufteilung der Schülerinnen und Schüler um zwei Jahre nach hinten zu verlagern. Ole von Beust hat in seiner Regierungserklärung zugesagt,
alle Aussagen aus dem Koalitionsvertrag einzuhalten. Das hat Ole von Beust gesagt, aber gilt das auch für die CDU? Zweifel und Kritik aus seiner Partei sind lautstark zu vernehmen. Dabei soll doch die CDU-Fraktion diese Beschlüsse im Parlament durchsetzen. Da lesen wir kürzlich in einem Interview von Frau Koop gegenüber der "Welt" zur geplanten schwarz-grünen Schulpolitik – ich zitiere –: