Insofern erwarte ich vom Hamburger Senat, dass er sich klar positioniert und dieses Abkommen ablehnt. Ich habe es so verstanden, dass wir dieses Thema im Haushaltsausschuss vertiefen wollen. Ich denke, wir brauchen nicht nur rot-grüne Regierungen auf der Länderseite, die dieses Steuerabkommen ablehnen, sondern auch andere Länder, in denen die SPD an der Regierung beteiligt ist oder wie hier in Hamburg allein regiert, damit diese Positionierung klar ist. In diesem Sinne freue ich mich nicht nur auf die Beratungen im Ausschuss, sondern auch schon auf die Debattenbeiträge heute. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Hajduk, Ihre Kritik an diesem Abkommen ist nicht unberechtigt. Ich glaube, das ist allen, die sich damit befasst haben, klar. Gleichwohl müssen wir aber festhalten, dass hier zwei Staaten mit verschiedenen Interessen ein Abkommen ausgehandelt haben, und da kommen dann manchmal auch solche Dinge dabei heraus.
Ich finde es bemerkenswert, dass es bei diesem umstrittenen Doppelbesteuerungsabkommen gelungen ist – anders als es sonst bei Doppelbesteuerungsabkommen die Regel ist, wo es darum geht zu verhindern, dass doppelt besteuert wird –, dass künftig in vielen Fällen zum ersten Mal überhaupt eine Besteuerung von Kapitalvermögen Deutscher in der Schweiz stattfinden wird.
Und letztendlich, das haben Sie auch durchblicken lassen, Frau Hajduk, geht es dabei nicht um geringe Summen.
Aber ich will die Diskussion durchaus auch wie Sie führen, nämlich nicht nur auf der Ebene der rein fiskalischen Betrachtung, sondern auch auf der Ebene der Steuergerechtigkeit, die Sie in den Vordergrund Ihres Antrags gestellt haben, denn da gibt es durchaus eine Reihe von Kritikpunkten.
Zum einen unterläuft dieses neue Doppelbesteuerungsabkommen die Hürden der Abgabenordnung, die die Bedingungen für die strafmildernde Selbstanzeige gerade erst im Mai dieses Jahres verschärft hat, als nämlich das Prinzip der steuerlichen Lebensbeichte eingeführt wurde, das davon ausgeht, dass es strafmildernde Umstände nur dann geben kann, wenn auch wirklich eine umfassende Selbstanzeige vorliegt und diese sich nicht lediglich, wie es das Abkommen mit der Schweiz vorsieht, auf das bezieht, was in der Schweiz passiert ist.
Kritikwürdig ist auch die Weißgeldstrategie, weil auf die Klärung verzichtet wird, woher die Gelder eigentlich kommen, die in der Schweiz angelegt werden. Und es mag bei einem Teil dieser Mittel durchaus fragwürdig sein, wo sie herkommen. Gleiches gilt für den Verzicht, weiterhin SteuerCDs anzukaufen oder deren Daten zu verwenden, und auch für die Begrenzung der zulässigen Auskunftsersuchen der deutschen Finanzämter auf maximal 999 in einem Zwei-Jahres-Zeitraum, wenn es denn überhaupt dazu kommt.
Deswegen verstehe ich Ihren Hinweis, Frau Hajduk, dass dieses Abkommen das Gerechtigkeitsgefühl aller ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Deutschland verletzen kann. Es ist berechtigt zu fragen, ob es moralisch vertretbar ist, dass Deutschland hier auf sein Strafverfolgungsrecht verzichtet. Dagegen müssen wir aber abwägen, ob wir deshalb die heutige Situation beibehalten wollen, die denn heißt, dass der Steuergerechtigkeit noch viel weniger Bedeutung zukommt, weil nämlich das Kapital von Deutschen in der Schweiz gar nicht besteuert wird. Ich glaube, das steht dagegen. Wir sollten die Frage, ob wir damit in Zukunft mehr Steuergerechtigkeit haben werden und ob wir Altfälle nicht verfolgen wollen, in Ruhe noch einmal diskutieren.
Wir sind deswegen der Meinung, dass eine Überweisung an den Haushaltsausschuss sinnvoll ist, wie auch die Diskussion mit der Finanzbehörde darüber, welche Möglichkeiten wir eigentlich haben, als Land Hamburg gemeinsam mit anderen Ländern Nachverhandlungen zu erreichen, und
wie groß die Bereitschaft der Bundesregierung wäre, dies zu unterstützen. Das alles sollten wir diskutieren und deswegen bitten wir um Überweisung an den Haushaltsausschuss.
Einer Überweisung an den Haushaltsausschuss können wir uns natürlich auch anschließen, insbesondere vor dem Hintergrund, wie die Diskrepanz zwischen Steuergerechtigkeit und Steuerpragmatismus, um bestimmte Ziele zu erreichen, zu bewerten ist. Uns gibt das auch noch einmal die Möglichkeit, ein paar Dinge klarzustellen oder genauer zu klären, die Frau Hajduk als zu pauschal kritisiert hat. Ganz im Gegenteil, wir würden es für einen Fehler halten, wenn Hamburg diesem bundesweiten Abkommen nicht zustimmt. Denn dieses Abkommen schafft erstmalig die Möglichkeit, auf die in der Schweiz angelegten Guthaben, auf die der deutsche Fiskus bisher keinen Zugriff hatte – egal, wie sie da hingekommen und zustande gekommen sind –, zuzugreifen und sie einer ganz normalen Besteuerung zuzuführen. Das ist mehr Steuergerechtigkeit und nicht weniger.
Ich glaube, die Ablehnung würde genau zum Gegenteil führen. Wenn wir jetzt sagen, wir wollen dieses Doppelbesteuerungsabkommen nicht, sondern wir wollen die bisherigen Bemühungen, in denen übrigens auch elf Jahre lang sozialdemokratische Finanzminister steckengeblieben sind, fortsetzen und versuchen, zusammen mit den USA und der EU irgendetwas anderes hinzubekommen. Damit spielen wir all denen in die Hände, die nicht wollen, dass man weiß, wie viel Geld sie in der Schweiz angelegt haben und dass dieses Geld der Besteuerung zugeführt wird. Das halte ich für ein fatales Signal. Da können wir nicht mitgehen, deswegen muss Hamburg unserer Ansicht nach zustimmen.
Und da kommen wir auf Herrn Steinbrück. Sicherlich war er jemand, der dieses Problem in den Beziehungen zur Schweiz sehr lautstark thematisiert hat. Ob das jetzt zum Erfolg geführt hat, erinnere ich nicht mehr so ganz, ich glaube nicht, aber es hat ein Problem aufgezeigt.
Und da müssen wir die Frage stellen, wie Rechtsstaaten miteinander umgehen. Die Schweiz hat ein Gesetz, wonach das Bankgeheimnis ein Recht aller Bürger ist. Die Schweiz ist ein Rechtsstaat. Jetzt wollen wir einem Rechtsstaat vorschreiben,
dass er bitte seinen Bürgern erklären soll, diese Sicherheit, die wir dir gewährt haben, ist übrigens gar nicht mehr gültig, sondern wir sehen das jetzt einmal elf Jahre rückwirkend anders. Das halte ich aus rechtsstaatlicher Sicht für hochbedenklich und Wolfgang Schäuble hatte recht, als er im Bundestag sagte, wer das fordert, schließt die Schweiz aus der Gemeinschaft der zivilisierten Staaten aus.
Wir haben natürlich, und da sind wir an einem besonderen Punkt, beim Thema Bankgeheimnis eine andere Auffassung als die Schweiz. Darüber gibt es überhaupt keine Diskussion, der Dissens wird seit Jahren ausgefochten. Nichtsdestotrotz sind wir seit Jahren nicht weitergekommen. Und, Frau Hajduk, ich möchte Sie daran erinnern, wer eigentlich auch schon einmal gesagt hat, wir machen eine Amnestie. Im Jahr 2003 gab es ein rot-grünes Amnestiegesetz. Da hat man gesagt, ein Strafzins von 25 Prozent würde uns völlig ausreichen und dann amnestieren wir sie alle. Wenn Sie heute sagen, Sie lehnen das Doppelbesteuerungsabkommen ab, dann lehnen Sie einen Fortschritt ab, den Schwarz-Gelb an dieser Stelle erreicht hat. Sie selber hatten keine bessere Lösung als eine Amnestie und haben dabei noch weniger von dem, was dem Fiskus zusteht, zurückgeholt, als dieses neue Gesetz es ermöglichen wird. Das halten wir für einen falschen Weg.
Zusammenfassend kann man nur sagen: Künftig ermöglicht dieses Doppelbesteuerungsabkommen die volle Kapitalertragssteuer wie in Deutschland. Das ist ein absoluter Fortschritt. Die volle Versteuerung der Altfälle wird möglich. In dem Moment, wo die Finanzämter nach Kontoverbindungen in der Schweiz fragen, müssen diese offengelegt werden; auch das ist vorgesehen. Selbstverständlich sind eine Strafverfolgung und eine Besteuerung rückwirkend möglich. Und man muss auch einmal sagen, dass damit ein Hauptanreiz zur Steuerhinterziehung über den Umweg Schweiz entfällt. Und das sind drei Punkte, die mir – auch wenn Sie recht damit haben, dass dies ein pragmatischer Ansatz zur Lösung dieser Fragen ist – allemal lieber sind als der Stillstand, den wir bisher hatten. Von daher halten wir dieses Abkommen für richtig, freuen uns aber auch auf die vertiefende Diskussion im Haushaltsausschuss.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hajduk, ich habe Verständnis dafür, dass Sie von diesem Doppelbesteuerungsabkommen nicht zu 110 Prozent überzeugt sind. Allerdings muss man schon sagen, dass der Bundesregierung da ein wirklicher Durchbruch gelungen ist, nachdem wir an dieser Front jahrelang echten Stillstand hatten. Es ist tatsächlich gelungen – Herr Heintze hat das eben schon ausgeführt, das will ich alles gar nicht wiederholen –, dass jetzt eins zu eins die gleiche Besteuerung sichergestellt wird, wie sie auch in Deutschland gilt. Und das ist auch wirklich gut so. Ich weiß gar nicht, wie viele Milliarden Euro uns in den letzten Jahren entgangen sind, die man für den deutschen Fiskus hätte generieren können. Insofern ist das ein echter Durchbruch und das muss man an der Stelle vielleicht auch einmal anerkennen.
Natürlich gibt es immer ein paar Punkte, mit denen man nicht so ganz zufrieden ist. Ich bin auch nur zu 100 Prozent damit zufrieden, ich gebe es zu. Allerdings ist das schon deutlich mehr als das, was Sie erreicht haben, nämlich Nullkommanichts. Frau Hajduk, Sie waren in der Endphase der rot-grünen Regierung selbst haushaltspolitische Sprecherin. Da hätten Sie doch durchaus mit darauf hinwirken können, dass dort Bewegung hineinkommt.
Was Sie gesagt haben, Herr Quast, dass Herr Steinbrück – das ist der, der derzeit mit dem Enkeltrick durch Langenhorn läuft – mit seinem Kavallerievergleich den großen Durchbruch quasi vorbereitet hätte, ist wirklich eine steile These. Das ist verbale Kanonenbootpolitik und gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sollte man sich mit solchen Äußerungen zurückhalten.
Aber verbal ist das doch schon in der Tradition zu sagen, sattelt die Pferde, wir reiten da ein und am deutschen Wesen soll die Welt genesen. So kann man als ehemaliger deutscher Finanzminister mit europäischen Nachbarn nicht umgehen.
Vor diesem Hintergrund ist ein wirklicher Erfolg erzielt worden. Lieber haben wir den Spatz in der Hand als die große Taube auf dem Dach, die dann nie landet, Frau Hajduk.
Insofern sind wir damit ganz zufrieden und wir halten die Debatte im Ausschuss auch für entbehrlich. Es ist aber schon bezeichnend, wie sich die SPD verhält. Wenn Sie das auch so kritisch sehen würden oder eben nicht, dann könnten Sie Ihrem Senat doch Fesseln anlegen und ihm sagen, wie er sich im Bundesrat verhalten soll. Das machen Sie wohlweislich nicht, um sich Spielräume offenzuhalten und dann zu sehen, wie man mit den A- und BLändern umgeht.