Protokoll der Sitzung vom 25.01.2012

(Finn-Ole Ritter FDP: Oh, zum ersten Mal!)

Und für diese soliden Planungen können Sie den Senat nicht kritisieren, Herr Schinnenburg. Im Gegenteil, durch reißerische Kritik haben Sie nicht nur versucht, den Senator in Misskredit zu bringen, sondern Sie verunsichern auch die betroffenen Menschen vor Ort. So titeln Zeitungen, ob der Deckel in Gefahr sei, und schlecht informierte Lokalpolitiker malen die schlimmsten Szenarien an die Wand wie "Ausbau der A 7 ohne Deckel". Solche Auswüchse können wir uns im Interesse der Anwohner nicht leisten.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns gemeinsam zu einer sachlichen Debatte zurückkehren. Im Übrigen sind diese Mehrkosten bereits im neuen Investitionsrahmenplan des Bundes berücksichtigt worden. Insofern ist der Deckel in Stellingen nicht in Gefahr. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Roock, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Argumente von Herrn Dr. Schinnenburg und seine Darstellung teile ich in vollem Umfang. Die Planungen und Kostenberechnungen sind ein einziges Chaos.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Der Vorgängersenat hat schlampig gearbeitet!)

Auf den Vorgängersenat komme ich gleich noch, Herr Kienscherf, legen Sie sich einmal bequem zurück.

Der Vorgängersenat setzte für das Teilstück in Altona 18 Millionen Euro Anteil an. Die Bürgerinitiative rechnete sogar mit einem Gewinn. Das Bezirksamt setzte 5 Millionen Euro Kosten beim Hamburger Anteil an, und die Frage der seriösen Kostenschätzung ist bis heute nicht beantwortet.

Wir haben dazu – Herr Dr. Schinnenburg hat darauf hingewiesen – ein unabhängiges Expertengutachten im Stadtentwicklungsausschuss eingefordert. Die SPD hat sich dem verweigert. Wovor haben Sie eigentlich Angst?

(Erster Vizepräsident Frank Schira über- nimmt den Vorsitz.)

(Dr. Wieland Schinnenburg)

Herr Senator Neumann hat gestern bei "Schalthoff Live" mit Blick auf die Dekadenstrategie im Sport gesagt, dass dieses Konzept seriös und ernsthaft durchgeprüft und nicht totgeprüft worden sei. Beim A7-Deckel habe ich genau den gegenteiligen Eindruck, dieses Projekt soll wohl tatsächlich totgeprüft werden, und das ist schlecht für diese Stadt.

Meine Damen und Herren! Am 14. Dezember letzten Jahres vor der Bürgerschaftssitzung haben wir vom Wirtschaftssenator in einem informellen Sprechergespräch wiederum neue Kostenberechnungen vorgelegt bekommen mit einer Kostensteigerung von sage und schreibe 4,6 Millionen Euro, im Gegensatz zur Kostenschätzung des Vorgängersenats. Am nächsten Tag kam dann über den Ticker, dass wiederum weitere Kostensteigerungen wegen der entsprechenden Deckelhöhe zu erwarten seien. Es ist schon ein unglaublicher Vorgang, wenn wir am 14. Dezember mit allen Sprechern und dem Wirtschaftssenator darüber reden und über diese Kostensteigerung nicht informiert worden sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Da hat Herr Dr. Schinnenburg völlig zu Recht angemahnt, dass es schlechte Informationspolitik und Kostenchaos ohne Ende sei. Wir haben wirklich den Eindruck – und damit will ich auch schließen –, dass der Senat sich hier um eine politische Entscheidung drückt. Der Senat verspielt damit leichtfertig die Chance, eine städtebauliche Entwicklung mit optimalem Lärmschutz und zusätzlicher Wohnbebauung zu realisieren. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Herr Duge hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Deckel scheint einem KVP zu unterliegen. Das ist dieser kontinuierliche Verbesserungsprozess, der in einer schleichenden Entwicklung vor sich geht. Manchmal möchte man auch sagen, das könnte ein kontinuierlicher Verteuerungsprozess sein, der sich schleichend entwickelt.

(Beifall bei der GAL)

Wie kommen diese Verteuerungen zustande? Es ist nicht ungewöhnlich, dass im Laufe der Zeit natürlich technische Veränderungen und Verbesserungen auftreten – in den Antworten auf die Anfragen wurden einige Punkte aufgeführt –, die aufgrund neuerer technischer Erkenntnisse zustande kommen. Das eine ist die Erhöhung der Tunnelhöhe, aber es gibt eben auch andere Faktoren. Das sind beispielsweise Gründungskosten, technische Tunnelausstattungen und auch höhere Anforderungen des Bundes an die Gestaltung qualitativer, konstruktiver Baumerkmale.

Diese Dinge kann man im Einzelnen natürlich noch einmal hinterfragen. Dennoch wird man sich auch bei den technischen Einrichtungen überlegen müssen, ob nicht die Warnanlagen und die häufigen Ausfälle oder Sperrungen, die wir in den alten, bisherigen Tunnelanlagen kennen, durch solche Veränderungen verbessert werden können. Ich würde gern einmal die Rechnung aufgestellt haben, wie die laufenden Betriebskosten aussähen, das fehlt uns nämlich noch, wie sie sich verändern würden, wenn solche Ausfälle oder Sperrungen nicht mehr auftreten würden. Diese Rechnung muss man aufmachen, um ein ordentliches Bild zu bekommen.

Ich finde es schon sehr auffällig, dass dieser schleichende Prozess bezüglich der Kosten anscheinend vom jetzigen Senat überhaupt nicht erkannt worden ist; das scheint sich irgendwie hineingewunden zu haben. Und es ist schon erstaunlich, dass sich der Senator wirklich jede Information Stück für Stück, was die Kostensteigerungen betrifft, aus der Nase ziehen lässt. Das kann nicht angehen, hier brauchen wir eine offensive Informationspolitik und kein Geziehe und Gezerre und keine stückweisen Informationen.

(Beifall bei der GAL)

Deswegen erwarte ich auch, dass uns offengelegt wird, was an zusätzlichen Kosten noch zu erwarten ist. Das haben wir auch gefordert, nämlich ein entsprechendes Gutachtergremium einzusetzen, um dies weiter zu verfolgen und zu sehen, was uns im Einzelnen erwartet. Zu Stellingen gibt es noch ein paar Punkte, und interessant ist vor allen Dingen auch der Bereich Altona/Othmarschen. Diese Sachen müssen endlich auf den Tisch kommen.

(Beifall bei der GAL)

Vielen Dank. – Frau Sudmann hat das Wort.

Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns alle einig: Alle wollen Aufklärung haben, welche Kosten voraussichtlich bei den Deckelbauten – es sind mehrere – entstehen. Das ist aber auch schon das Einzige, worin wir uns wirklich einig sind. Ich frage mich nämlich, seitdem dieses Thema in der Presse diskutiert wird, was eigentlich diejenigen unter Ihnen machen, die schon immer dafür waren, diese Autobahn auf acht Spuren auszubauen und dadurch mehr Verkehr zu produzieren, denen auch immer klar war, dass es beim Lärmschutz sehr viel kostet, wenn der Senat uns irgendwann erzählen wird, dass noch einmal 100 Millionen Euro dazu kommen? Passiert dann das, was Frau Koeppen eben als Auswüchse bezeichnet hat? Wird es dann so sein, dass man schon angefangen hat, die A 7 achtspurig auszubauen und dann merkt, dass man den Deckel nicht mehr finanzieren kann? Wenn ich von der SPD und dem jetzigen Senat oder meinetwegen auch

(Hans-Detlef Roock)

von den Vorgängersenaten eine klare Aussage bekäme, die heißt, es werde nichts getan, was zu einem Ausbau führe, bevor der Deckel finanziert sei, dann wäre ich wesentlich beruhigter. Wir wären dann schon einen Schritt weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt wirklich viele Aspekte in den Schriftlichen Kleinen Anfragen von Herrn Schinnenburg und mir, bei denen es um die Frage der Kostensteigerungen ging. Ich hätte als Nicht-Baufachfrau vermutet, dass 30 Zentimeter mehr Höhe dies noch einmal enorm viel teurer machen würden. Das scheint nicht der Fall zu sein, weil es angeblich schon länger in der Planung war.

Herr Duge sagte eben schon, dass wir die Höhenkontrollen weiterhin im Elbtunnel haben werden, sie werden auch weiterhin ausgelöst. Der Verkehr, der aus dem Süden kommt, hat im Jahre 2011 146-mal die Höhenkontrolle ausgelöst. Der Verkehr kommt erst durch den Elbtunnel und dann in die Deckelabschnitte hinein. Von daher wird es kein Argument sein, dass man dort enorm viel Geld sparen kann.

Ich hoffe, dass wir im Ausschuss eine Selbstbefassung haben werden, bei der der Senat uns die Kosten vorstellt. Wenn nicht, würde ich mich freuen, wenn die FDP, die gerade so vehement dabei ist, noch einmal einen Antrag stellt, über die Kosten zu reden. Wir müssen aber vor allen Dingen darüber reden, wie Lärmschutz an der A 7 gewährleistet wird. Diese A 7 führt nämlich durch dicht bewohnte Stadtteile, gerade in Stellingen und Eidelstedt. Die Menschen dort haben jetzt schon viel zu viel Lärm zu ertragen. Dies nun zu kompensieren, indem man sagt, sie bekämen zwar einen Acht-Spuren-Verkehr und noch schlechtere Luft, aber dafür endlich auch einen Lärmschutz, ist schon eine starke Behauptung, vor allen Dingen, wenn sie nachher nicht umgesetzt werden sollte.

(Beifall bei der LINKEN)

Senator Horch hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der A7-Deckel ist stadtentwicklungsund verkehrsentwicklungspolitisch ein ungemein bedeutendes Projekt für Hamburg. Eine grobe Kostenschätzung kann bekannterweise in Bezug auf die tatsächlichen Kosten nicht konkret sein, auch unter Berücksichtigung der gesamtzeitlichen Abläufe, die jetzt in den Jahren dazwischen liegen. Wir brauchen eine belastbare Benennung der Zahlen für alle drei Tunnelabschnitte, und daran wird ganz intensiv gearbeitet.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe die verkehrspolitischen Sprecherinnen und Sprecher über Kostensteigerungen und Inhalte auch in Bezug auf die Verlagerung der Autobahnmeisterei im Bereich Othmarschen rechtzeitig und umfassend informiert.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der achtspurige Ausbau der A 7 zwischen der Autobahnstelle Hamburg-Othmarschen und dem Autobahndreieck Hamburg-Nordwest und der sich nach Norden anschließende sechsspurige Ausbau von der Grenze Hamburg nach Schleswig-Holstein ist eines der größten und bedeutendsten Fernstraßenprojekte der Bundesrepublik Deutschland. Es ist deshalb im Bundesverkehrswegeplan 2003 im vordringlichen Bedarf mit höchster Priorität eingestuft worden.

Diese Vorgaben nimmt auch der aktuelle Entwurf des Investitionsrahmenplans des Bundes vom Dezember 2011 auf, indem die Abschnitte Stellingen und Schnelsen als prioritäre Vorhaben mit fortgeschrittenem Planungsstab enthalten sind.

Der Abschnitt Bahrenfeld-Othmarschen wurde in die Kategorie "weitere wichtige Vorhaben" eingeordnet. In dieser Kategorie sind Projekte zusammengefasst, die sich noch in einem frühen Planungsstadium befinden. Bei derart komplexen und umfassenden Ingenieurbauwerken, die Hamburg im Auftrag des Bundes plant und baut, werden die Planungsdetails fortlaufend überprüft, konkretisiert und in einem großen Rahmen fortgeschrieben.

Gegenüber der ursprünglichen Kostenschätzung im Rahmen der Studie zum Emissionsschutz vom August 2008 ergeben sich wesentliche planerische Veränderungen, die auch zu aktuellen Kosten gemäß der Kostenberechnung auf Basis einer konkreten Entwurfsplanung neu basieren.

Die Gründe für die Mehrkosten sind vielschichtig und lassen sich vor allem auf die Größe und jetzt betriebene Planungstiefe beschreiben. Forderungen des Bundes und weiterer Dienststellen müssen hierbei, weil wir auch im Auftrag des Bundes arbeiten, von Hamburg aufgenommen werden. Von schlampiger Planung zu reden ist wirklich reiner Populismus.

(Beifall bei der SPD)

Hervorzuheben sind insbesondere erhöhte Gründungskosten, wie sie auch schon genannt wurden, Mehrkosten für den Straßenbau nach neueren Erkenntnissen, Rohbaukosten für den Tunnel sowie die Gestaltung der gesamttechnischen Bauwerke. Die Planungsabschnitte Stellingen und Schnelsen befinden sich bereits im Rechtsverfahren, hier liegen auch vom Bund genehmigte Entwurfsplanungen als Haushaltsunterlagen vor. Für den Abschnitt Bahrenfeld-Othmarschen befinden wir uns bei den Entwurfsunterlagen in der gegenwärtigen Prüfung.

(Heike Sudmann)

Für die Erweiterung der A 7 nördlich des Elbtunnels ergeben sich auf dieser Basis folgende, jetzt aktuelle Kostenberechnungen: Für den Bund 538 Millionen Euro, für Hamburg 137 Millionen Euro zuzüglich 59 Millionen Euro sogenannter Ablösekosten. Das ist für den weiteren Betrieb dieser baulichen Maßnahmen, die wir an den Bund damit übertragen.

Bei den Hamburger Baukosten von 137 Millionen Euro entfallen davon auf den Abschnitt Schnelsen 33 Millionen Euro und den Abschnitt Bahrenfeld-Othmarschen 104 Millionen Euro. Die ersten groben Kostenschätzungen aus dem Jahre 2008 gingen von einem Gesamtkostenblock von 150 Millionen Euro für Bau und Ablösekosten aus. Die vorliegenden Kostenberechnungen sind bereits sehr viel genauer als die Machbarkeitsstudie aus damaliger Zeit und die zugrunde liegenden Kostenschätzungen aus dem Jahre 2008.

Bei diesem sehr komplexen Bauwerk – das ist auch in Deutschland einmalig – sind jedoch weitere Kostensteigerungen, das möchte ich einmal deutlich sagen, nicht auszuschließen. Aufgrund der von Hamburg initiierten Tunnelverlängerung in Bahrenfeld-Othmarschen und dem Deckel in Schnelsen entfällt ein Anteil von derzeit circa 20 Prozent der Gesamtkosten auf Hamburg für alle drei auszubauenden und für die teilweise zu überdeckelnden Abschnitte. Weitere Veränderungen aufgrund der Auflagen aus den Rechtsverfahren, die jetzt vorliegen, und aufgrund von Baupreisentwicklungen sind einfach möglich; das sage ich deutlich. Im Rahmen einer neuen Drucksache soll der Bürgerschaft etwa Mitte 2012 die Kostenbilanz anhand der vom Bund genehmigten Haushaltsunterlagen vorgelegt werden.