Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Leider lässt da auch die Zukunft nichts Gutes erwarten. Die Diskussion um die Verwendung der Mittel der Kulturtaxe ist bereits in vollem Gange, und schon heute ist klar, dass es reichlich Enttäuschte am Ende des Prozesses geben wird. Einen Vorgeschmack darauf haben wir bereits in den Haushaltsberatungen erlebt, denn es ist absehbar, dass auch die Einnahmen der Kulturtaxe nicht für eine lebendige Off-Kultur in Hamburg verwendet werden.

Wir werden diesen Antrag im Kulturausschuss diskutieren. Ich hoffe, dass uns das noch vor Abschluss der Haushaltsberatungen gelingt. Dabei

sollte es auch nicht nur um die Situation der Soul Kitchen alleine gehen, denn die ist sinnbildhaft für die Situation vieler anderer Einrichtungen und Projekte. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Hackbusch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Suding, ich freue mich, dass ich Ihnen endlich zustimmen kann. Was Sie eben gesagt haben, hat meine volle Unterstützung.

(Beifall bei der FDP und bei Roland Heintze CDU)

Soul Kitchen ist meiner Meinung nach ein Zeichen dafür, wie kraftvoll Kultur in dieser Stadt ist, und zwar auch Kultur, die eben nicht öffentlich bezuschusst wird. Mit welcher Kraft dort etwas Neues aufgebaut worden ist und wie es dort praktisch gelebt wird, hat mir die wenigen Male, die ich bisher da sein konnte, fast besser gefallen als der Film. Dementsprechend ist es ein kräftiges Lob an diese Institution, die in der Lage war, gut agieren zu können. Ich freue mich darüber, dass es jetzt scheinbar eine gewisse Lösung gegeben hat. Ich musste auch bestimmte Sachen zwischen den Zeilen lesen. Am Sonntag ist also Neueröffnung, aber es wirkt fast so, als wenn es erst einmal nur bis zum Ende des Jahres hält.

(Gabi Dobusch SPD: So lange laufen die Verträge!)

Wie es dann wirklich sein wird, müssen wir natürlich sehen. Es reicht also noch nicht, die Sektflaschen zu öffnen, dazu müssten wir noch ein bisschen mehr erreichen. Ich freue mich aber, dass solch ein Antrag und solch eine Debatte in der Bürgerschaft in der Lage sind, bei bestimmten Sachen, die manchmal so langsam und schwer vorangehen, ein bisschen mehr Druck zu erzeugen und dementsprechend dann auch erfolgreich zu sein. Das als Lob zu dem, was Christa Goetsch hier gesagt hat.

Christa Goetsch hat die wesentlichen Sachen dargestellt, die es in der Soul-Kitchen-Halle an kräftiger Kultur gegeben hat. Mir wird in dem Antrag der GRÜNEN die IBA ein bisschen zu sehr hochgelobt, denn Soul Kitchen hat unabhängig von diesen Aktivitäten und dem vielen Geld, das dort hineingeflossen ist, gezeigt, dass Kultur existieren und auch lebendig sein kann, ohne immer diese Prestigemomente und internationale Konkurrenzfähigkeit im Auge zu haben. Das setzt aber voraus, dass wir an einer Stelle durchaus einmal kritisch gucken müssen. Wir haben gestern im Haushaltsausschuss besprochen, wie die Stadt mit ihren Immobilien umgeht. Dieses Gebäude ist im Besitz der

(Katja Suding)

SpriAG, das heißt eines städtischen Unternehmens. Es hat schon eine ganze Zeitlang vorher leer gestanden, und von der SpriAG kam nicht die Idee, es vielleicht für kreative Sachen zu nutzen. Auf die Idee mussten die Betreiber selbst kommen und die dort dann in gewisser Weise kräftig unterstützen. Wir selbst haben im Haushaltsausschuss beschlossen, dass wir uns in einem halben Jahr zumindest einmal ansehen werden, inwieweit städtische Gelände und Gebäude, die gegenwärtig leer stehen, nicht für solche Sachen stärker genutzt werden können. Ich halte es für einen Skandal, wenn städtische Gebäude praktisch jahrelang leer stehen. Das ist zu verändern und wenn es viele Soul Kitchens in dieser Stadt gäbe, nicht nur in Wilhelmsburg, sondern vielleicht auch in Harburg, würde mich das sehr freuen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christa Goetsch GRÜNE)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/5268 an den Kulturausschuss zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf, Drucksache 20/5250, Antrag der FDP-Fraktion: Einführung einer nachhaltigen Risikovorsorge für steigende Kreditmarktzinsen.

[Antrag der FDP-Fraktion: Einführung einer nachhaltigen Risikovorsorge für steigende Kreditmarktzinsen – Drs 20/5250 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/5365 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

[Antrag der CDU-Fraktion: Kreditzinsen – nicht benötigte Ausgabeansätze verfallen lassen, Neuverschuldung absenken – Drs 20/5365 –]

Die FDP-Fraktion möchte beide Drucksachen an den Haushaltsausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Bläsing, Sie haben es.

Sehr verehrte Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben Ihnen und der Stadt versprochen, eine konstruktive Opposition zu sein und mit klugen Ideen und guten Argumenten Hamburg zukunftsfest zu machen.

(Jan Quast SPD: Wann fangen Sie an?)

Das ist unser Motto, wie Sie heute auch schon mehrfach erleben konnten.

(Beifall bei Katja Suding FDP)

Dreh- und Angelpunkt dafür ist eine nachhaltige Haushaltspolitik. Nur wenn es uns als Parlament gelingt, Hamburgs Haushalt auf ein solides Fundament zu stellen, werden künftige Generationen in dieser Stadt eine gute Zukunft haben. Der Herr Finanzsenator hat es so formuliert: Haushalte werden nicht in schlechten, sondern in guten Zeiten ruiniert. Der Finanzsenator, das muss ich an der Stelle sagen, hat recht, und wir sollten uns bewusst machen, was das konkret heißt. Die Zeiten sind derzeit gut, und wir als Parlament stehen in der Verantwortung, den Haushalt jetzt nachhaltig zu sanieren. Eine sehr robuste Konjunktur verschafft uns in diesem Jahr erneut Steuermehreinnahmen in Millionenhöhe, und die Zinsen sind so niedrig wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg bedeuten die historisch niedrigen Zinsen Einsparungen in Millionenhöhe. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um einen dauerhaften Zustand, wie der Zusatzantrag der CDU suggerieren möchte. Wir reden hier von einer langfristigen Herausforderung, der man nur mit nachhaltigem Ansatz begegnen kann. Schon der Landesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2012 darauf hingewiesen, dass eine Steigerung des Zinssatzes um lediglich 1 Prozent langfristige Mehrausgaben von 280 Millionen Euro bedeuten. Wegen des aktuell niedrigen Zinsniveaus wird es künftig also nur noch nach oben gehen können, das ist bedauerlicherweise so. Zu den Auswirkungen steigender Zinsen hat der Senat in der Drucksache 20/1474 eine Beispielrechnung angestellt. Normalerweise antwortet der Senat nicht auf hypothetische Fragen, aber in diesem Fall, es ist zwar schon eine Weile her, hat er dankenswerterweise eine Ausnahme gemacht. Bei einem Anstieg der Zinsen um bis zu 3 Prozent auf circa 4,5 bis 5 Prozent belastet dies den Haushalt zusätzlich mit einer knappen Milliarde Euro. Dieses Szenario ist alles andere als unrealistisch, denn schon 1999 lagen die Refinanzierungssätze ungefähr auf diesem Niveau. Daher gilt es jetzt, Vorsorge zu treffen. Diese Mehrausgaben lassen sich nicht einfach so aus dem laufenden Haushalt, geschweige denn aus irgendwelchen Rücklagen finanzieren. Außerdem schreibt uns das die Verfassung direkt oder auch indirekt vor. In der Übergangsvorschrift heißt es eindeutig, dass das strukturelle Defizit kontinuierlich und gleichmäßig abgebaut werden muss; wir hatten das Thema in den letzten Monaten. Wir schlagen Ihnen daher heute vor, nicht ausgeschöpfte Zinsausgaben einer Rücklage zuzuführen und diese zukünftig zur Finanzierung von steigenden Kreditmarktzinsen zu verwenden. Unser Vorschlag hat drei Vorteile.

(Norbert Hackbusch)

Erstens: Er macht die Abweichungen von den geplanten Ausgaben für Kreditmarktzinsen transparent.

Zweitens: Er verhindert, dass die nicht ausgegebenen Mittel an anderer Stelle zum kurzfristigen Stopfen von Haushaltslöchern oder gar zur Finanzierung dauerhafter Ausgaben verwendet werden.

Drittens: Er macht es möglich, die Ausgabenstruktur zu glätten, sodass steigende Zinsen das strukturelle Defizit nicht massiv erhöhen.

In der Vergangenheit wurde dies anders gehandhabt. Stiegen die Zinsen, so mussten mehr Kredite aufgenommen werden, da keine Vorsorge getroffen worden war. Fielen allerdings die Ausgaben für Kreditmarktzinsen, so wurde nicht etwa die Nettokreditaufnahme im gleichen Umfang reduziert, sondern es wurden Konsolidierungsbemühungen eher zurückgefahren und zusätzliche Ausgaben finanziert, wie wir das jetzt zum Beispiel bei den kostenlosen Kita-Mittagessen sehen können. So viel also zu den Worten des Finanzsenators, dass der Haushalt in guten Zeiten ruiniert würde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden über eine relevante Größenordnung. Im Vergleich zum schwarz-grünen Haushaltsplan-Entwurf für 2011/2012 hat der jetzige Senat den Ansatz 2012 für Kreditmarktzinsen von ursprünglich 882 Millionen Euro um 67 Millionen Euro auf 815 Millionen Euro abgesenkt. Im Haushaltsverlauf 2012 zeigt sich nun, dass trotz der überproportionalen Fälligkeiten im ersten Quartal die Zinsausgaben und die Ausgaben für Zinssicherungsgeschäfte um weitere 12 Millionen Euro niedriger ausfallen als derzeit geplant. Selbst wenn man annimmt, dass im ersten Halbjahr 2012 circa 55 Prozent der Gesamtausgaben für Kreditmarktzinsen geleistet werden, würde man auf eine Ersparnis von über 110 Millionen Euro gegenüber der aktuellen Planung kommen. In Summe macht das circa 180 Millionen Euro aus, die wir im Vergleich zum ersten Haushaltsplan-Entwurf 2011/2012 weniger für Zinsen ausgeben müssen.

An diesem Beispiel erkennen Sie, wie schnell sich Pläne überholen und wie unsicher die Entwicklung der Zinssätze ist. Lassen Sie uns wie ein umsichtiger Kaufmann Vorsorge treffen, den Antrag an den Haushaltsausschuss überweisen und anschließend dort diskutieren und gegebenenfalls dann verabschieden. Wir haben im Haushaltsausschuss natürlich viele Themen im Themen-Speicher, das kann der Ausschussvorsitzende bestätigen. Allerdings haben wir auch schon die Selbstbefassung zu Kreditmarktzinsen auf der Tagesordnung, und dann wäre es vielleicht gut, wenn Sie sich einen kleinen Ruck geben – ein kleines Ruckeln reicht vielleicht an der Stelle, Herr Quast – und den Antrag einfach überweisen, damit wir dies zumindest an einem Beispiel diskutieren können und schauen

können, ob das nicht eine gute Lösung an der Stelle wäre. Deswegen bitten wir Sie um Zustimmung.

(Beifall bei der FDP)

Herr Quast, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bläsing, ich wünschte, wir hätten gestern die halbe Stunde noch angehängt und das Thema Selbstbefassung Kreditmanagement behandelt, dann hätten wir uns möglicherweise diese Debatte heute gespart.

(Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

Denn leider ist es doch nicht so, dass Sie Ihrem anfangs formulierten Anspruch auf kluge Oppositionspolitik nachkommen, wenn Sie diesen Antrag vorlegen. Dieser Antrag ist nämlich nicht nur inhaltlich nicht hilfreich, sondern Sie widersprechen damit Ihrer bislang selbst vorgestellten Politik, die darauf hinauslaufen sollte, möglichst früh wenig zusätzliche Schulden zu machen. Das wird aber mit diesem Antrag nicht funktionieren.

(Beifall bei der SPD und bei Roland Heintze CDU)

Sie müssen sich keine Sorgen um den Weg der Haushaltskonsolidierung machen, um auf diesen Einwand noch einzugehen. Wir haben einen sehr klaren Kurs eingeschlagen mit einer strikten Begrenzung des Ausgabenanstiegs, und das lässt sich in dem Haushaltsplan-Entwurf 2013/2014 auch nachlesen. Nachlesen lässt sich in dem Haushaltplan-Entwurf aber auch, dass wir Vorsorge treffen, indem wir einen vorsichtigen Anstieg des Zinsniveaus am Kreditmarkt für die kommenden Jahre durchaus eingeplant haben, allerdings auf Basis von realistischen Prognosen. Insofern ist eine Vorsorge auch getroffen, falls Zinsen tatsächlich ansteigen sollten.

Dabei wird es aber nie dieses Volumen, das Sie heute in Ihrer Presseerklärung benannt haben, von 250 Millionen Euro pro Jahr ausmachen, wenn die Zinsen um 1 Prozent ansteigen sollten, denn tatsächlich wird immer nur ein Bruchteil des Portefeuilles umgeschichtet und refinanziert.

(Katja Suding FDP: Langfristig! Sie denken nur kurzfristig, Herr Quast!)

Was Sie an die Wand malen, zeugt davon, dass Sie sich mit dem Thema nicht ausreichend befasst haben.

Ich möchte Ihnen einmal darlegen, was es eigentlich tatsächlich hieße, wenn wir so vorgehen würden, wie Sie das in Ihrem Antrag beschrieben haben. Sie wollen, dass die Zinsbelastung im Haushaltsplan-Entwurf anhand der Abzinsungssätze gemäß Paragraf 253 Absatz 2 HGB veranschlagt

(Robert Bläsing)

wird. Soweit die tatsächliche Zinsentwicklung – das wird ein bisschen technisch, tut mir leid, aber ich habe die Sache nicht eingebracht – unterhalb des entsprechend geplanten Niveaus liegen sollte, soll die Differenz in eine Rücklage eingebracht werden. Was heißt das nun? Der genannte Zinssatz, den die Bundesbank vorgibt, bewegt sich bei ungefähr 4,5 Prozent. Würden wir diesen Wert bei der Haushaltsplanung anlegen, müsste Hamburg 2013 oder 2014 jeweils fast 1,2 Milliarden Euro für Zinszahlungen im Haushaltsplan zum nächsten Mal vorsehen, unabhängig davon, ob das realistisch ist. Das heißt, gut 10 Prozent der Gesamtausgaben müssten nur für Zinsen eingeplant werden.

Der Senat rechnet nun aufgrund der Erfahrungen und realistischer Prognosen mit Zinsausgaben in den nächsten Jahren von ungefähr 920 bis 940 Millionen Euro. Das heißt also, Ihr Modell führt dazu, dass wir gegenüber den realistischen, auch dem Vorsichtsprinzip unterliegenden Planungen des Senats ungefähr 250 Millionen Euro höhere Zinsausgaben einplanen müssten, Mittel, die wir dort nicht brauchen, die aber in anderen Bereichen dann fehlen würden. Wenn wir unser Konzept verfolgen, das Sie im Grunde teilen, nämlich die Ausgabenanstiege zu begrenzen, dann müssten wir die 250 Millionen Euro an anderer Stelle zusammenstreichen. Wenn das Ihr Ziel ist – wir wollen das nicht. Wir machen eine vernünftige Haushaltskonsolidierung, die berücksichtigt, welche Belange diese Stadt hat.

Das ist aber noch nicht alles. Die 250 Millionen Euro, die wir zu viel an Zinsen einplanen würden nach Ihrem Modell, müssten doch kreditfinanziert werden. Das heißt, wir müssten höhere Schulden machen, um eine Rücklage zu bilden, in die Sie 250 Millionen Euro im Jahr einstellen wollen, ohne dass es dafür einen Bedarf gibt. Ich glaube, damit überholen Sie sich in der Haushaltspolitik selbst und zeigen, wie absurd Ihr Vorschlag ist.

(Beifall bei der SPD)