Diejenigen, die mit der ganzen Privatisiererei öffentlichen Eigentums zum Ende des letzten Jahrtausends viel Geld verdient haben, nämlich die Energiekonzerne, rufen nun, da der Aus- und Umbau der Infrastruktur der Energieversorgung ansteht, nach der öffentlichen Hand und dem Geld der Verbraucher. Da ist wieder das alte Spiel: Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste und der Risiken.
Eine große Koalition im Bundestag hält dabei die Hand über die, die am meisten verbrauchen, nämlich energieintensive Industrien; sogar für Golfplätze, Geflügelzüchter und Rechenzentren werden die Strompreise reduziert.
Insgesamt werden die Preise für Strom noch höher als bisher geplant. Seit Kurzem sollen Kunden auch dann zahlen, wenn der Betreiber von Offsho
re-Anlagen keinen Strom produziert oder nicht rechtzeitig ans Netz angeschlossen werden kann, und das, obwohl wir jetzt schon einen Überschuss an Windenergie von Onshore-Anlagen im Norden haben. Das Einzige, was diese Regelung auf Bundesebene bewirkt, ist eine zusätzliche Subventionierung der Energiekonzerne und nichts anderes.
Allein bei Vattenfall sind die Preise seit 2005 bis Mitte dieses Jahres um 5,3 Prozent gestiegen, und nun wird zum Jahresbeginn noch einmal erheblich angehoben. Das ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die jetzt schon große Probleme haben, ihre Energierechnungen zu bezahlen, und das werden immer mehr. Allein 2011 sind insgesamt 7165 Stromsperren in Hamburg verhängt worden, und bis Jahresmitte 2012 waren es bereits 5174. Und dabei reden wir nicht von Personen, sondern von Haushalten.
Die Reichen, wie zum Beispiel die Golfplatzbetreiber, werden geschont, den Armen wird der Strom abgedreht; darüber mögen Sie lachen. Sie können ja einmal ohne Strom leben, machen Sie mir bitte einmal vor, wie das gehen soll. Das ist einfach verkehrte Welt.
Die Energiepreise müssen sozial gestaltet werden, und ein wichtiger Baustein dabei wäre die Wiedereinführung der Strompreisaufsicht der Länder, die Mitte 2007 abgeschafft worden ist. Sie muss allerdings mit Kompetenzen ausgestattet werden. Es muss ein Einblick in die Kalkulation der Strompreise rechtlich durchsetzbar sein.
Und das Allerwichtigste ist, dass es keine Stromsperren mehr gibt. Schuldner- und Verbraucherberater, Mieterbund und Paritätischer Wohlfahrtsverband warnen vor einer grassierenden Energiearmut. Was in diesem Zusammenhang gar nicht geht – das hat Frau Stöver schon angesprochen –, ist, dass die SPD, wie im Haushaltsplan-Entwurf ausgewiesen, die Energieberatung der Hamburger Energieagentur zurückfährt und teilweise, wie bei der Caritas, ganz streichen will. Das ist der falsche Weg.
DIE LINKE hat einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, damit ein erster Schritt zur Bewältigung der zunehmenden Energiearmut in Hamburg gegangen werden kann. Das ist auch an die zuständigen Ausschüsse überwiesen worden, und es wird eine spannende Debatte.
Energiewende sozial gestalten bedeutet auch, die Abhängigkeit von den großen Energiekonzernen zu beenden. Das ist sogar fast wortgetreu der Satz eines Bundesvorstandsbeschlusses der SPD. Ich frage mich schon die ganze Zeit, wieso es eigentlich eine Vorrangschaltung von Kraftwerksstrom gegenüber Windstrom gibt, wenn es ein Überange
bot in den Netzen gibt? Den Verbraucherinnen und Verbrauchern wird mit dieser Regelung, dass die Windmüller dennoch ihr Geld erhalten, suggeriert, dass die erneuerbare Energie diejenige sei, die den Strompreis verteuert, und das ist falsch. Hier findet nur eines statt, nämlich eine fortgesetzte Schwächung der Energiewende. Heute war zu lesen, wie viel Windstrom 2011 allein in Norddeutschland aus den Netzen ausgesperrt wurde; davon hätten 116 000 Haushalte ein Jahr lang versorgt werden können. Deshalb sind wir dafür, lieber Brokdorf abzuschalten anstatt die regenerative Energie am Durchfluss zu hindern.
Ich werde mich nachher auch noch einmal melden, aber ich möchte an dieser Stelle schon sagen, Herr Dressel
ich werde nicht so schnell sterben, Herr Kienscherf, das kann ich Ihnen versichern –, dass Sie jetzt doch Fakten schaffen mit dem Deal. Dazu werden wir gleich noch etwas sagen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei den Ausführungen von Frau Suding ist deutlich geworden, warum die Energiewende bei der schwarz-gelben Bundesregierung in sehr schlechten Händen ist.
Man rühmt einerseits, dass Deutschland mittlerweile 25 Prozent erneuerbare Energien im Strombereich hat, aber es hängt doch einzig und allein von dem erfolgreichen Instrument EEG ab, das auch in sehr viele Länder dieser Welt exportiert wird, übrigens auch in die Länder, in denen es Ihr gescheitertes Quotenmodell gibt. Das ist nämlich wirklich Marktwirtschaft, wenn die Politik den Ausbau von erneuerbaren Energien bremst. Das ist Ihr Weg, aber das ist der falsche Weg, und das ist nichts, was mit Marktwirtschaft zu tun hat, sondern schlichtweg eine Dienstbarkeit den großen Energiekonzernen gegenüber, denen gerade ihr Geschäftsmodell wegbricht.
In Hamburg passiert leider nichts anderes mit der Energiewende, wie man an Herrn Dressel sieht oder bei Frau Blankau, die sich heute nicht getraut hat, das Modell des Senats zu vertreten.
Das kann ich auch gut verstehen, denn bei einem so miserablen, zulasten der Steuerzahler ausgehandelten Geschäft würde ich mich auch nicht hier hinstellen wollen, um das zu verteidigen, was der Bürgermeister dort ausgehandelt hat. Aber letztendlich zeigt es doch sehr deutlich, dass Sie in Hamburg mit den großen Stromkonzernen E.ON und Vattenfall die Energiewende vollziehen wollen, und das geht nicht. Man muss sich einmal ansehen, was mit dem EEG, mit der Energiewende, eigentlich beabsichtigt ist. Da geht es nicht nur darum, Strom durch erneuerbare Energien zu produzieren, sondern es geht auch darum, die Energiestrukturen zu ändern. Man sollte wegkommen von den vier großen Konzernen, die sich die Bundesrepublik fast wie Besatzungszonen aufgeteilt haben und die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Industrie abzocken, und hinkommen zu dezentralen, erneuerbaren Energiequellen, die in der Hand von Bürgerinnen und Bürgern sind. Neben dem energiepolitischen ist das ein gesellschaftspolitisches Projekt. Dass SPD und CDU nicht dahinter stehen, kann ich gut verstehen.
Aber das ist jetzt auch in Hamburg das Problem, denn Sie haben die Energiewende hier privatisiert. Hamburg hat keinerlei Möglichkeiten, ohne Zustimmung von Vattenfall und E.ON Energiepolitik zu betreiben, so steht es in den Verträgen. Und Vattenfall möchte bestimmte Dinge nicht, weil sie schlicht und ergreifend große und zentrale Kraftwerke haben, und viele dezentrale erneuerbare Energiequellen machen diese Kraftwerke unrentabel. Sie haben schon Moorburg am Hals und wissen nicht, wie sie aus dieser selbstgebauten Falle herauskommen sollen, weil jetzt schon klar ist, dass dieses Kraftwerk niemals rentabel betreibbar ist. Deshalb ist es so fatal, dass Sie die Chance nicht nutzen, den Fehler wieder rückgängig zu machen, den wir alle gemeinsam – mit Ausnahme der LINKEN – begangen haben, nämlich die Hamburgischen Electricitäts-Werke und HEIN GAS an private Energieunternehmen zu verkaufen, die von diesem Zeitpunkt an nur noch Politik zu ihrem eigenen Profit gemacht haben. Wir hätten die Chance gehabt, 2014 zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern eine vernünftige Energieversorgung wieder selbst in die Hand zu nehmen. Dieser Senat vergibt nicht nur diese Chance, sondern verkauft Hamburgs Interessen sogar an die großen Konzerne. Das ist ein großer Rückschritt und hat mit der Energiewende überhaupt nichts zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.
Letztendlich wird es dann doch auf die Bürgerinnen und Bürger ankommen, die sich nicht Bange machen lassen sollten, denn E.ON und Vattenfall
verdienen sich mit den Netzen eine goldene Nase. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum die Gewinne aus dem Netzbetrieb nach Schweden zum Aktionär von Vattenfall wandern
und warum damit nicht in Hamburg Wirtschaftskraft geschaffen wird und Unternehmen für erneuerbare Energie finanziert werden, warum nicht eine Energiepolitik im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, der Verbraucherinnen und Verbraucher und nicht der großen Konzerne gemacht wird. Sie hatten nicht den Mut, dafür einzustehen. Jetzt werden es die Bürgerinnen und Bürger entscheiden müssen, und ich bin sehr zuversichtlich, dass sie die richtige Entscheidung treffen werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kerstan, man kann die Netze zu 100 Prozent übernehmen und man kann ein kommunales Unternehmen gründen. Die SPD hat sich aus guten Gründen – Herr Dressel hat es dargestellt – genau heute vor zwei Jahren anders entschieden.
Und genau vor einem Jahr konnte uns der Bürgermeister die mit E.ON und Vattenfall ausgehandelten Verträge vorlegen. Darin wurde uns vorgestellt, wie man die Energiewende ohne große Risiken einleiten kann. Die Hamburgerinnen und Hamburger haben mit der Wahl gesagt, dass sie den Weg gehen wollen.
Es ist doch kein Pappenstiel, wenn 1,6 Milliarden Euro in die Energiewende investiert werden sollen und die Energieversorger etliches angeschoben haben, was für die Energiewende wichtig ist.
Der Ausbau der Elektromobilität, der Ausbau der Fernwärmeversorgung – wir wissen alle, dass die leitungsgebundene Fernwärmeversorgung das Beste für den Klimaschutz ist –, der Erdgaskessel am Haferweg ist in die Genehmigung gegangen, der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, all das sind Projekte, mit denen wir uns beschäftigen. Im Herbst können die Bürgerinnen und Bürger noch einmal entscheiden, wenn auf beiden Seiten hoffentlich klarer ist, was in die Energiewende investiert wird. Sie können entscheiden, ob sie die
energiewirtschaftlichen Maßnahmen für die Energiewende mit einer 25-prozentigen Beteiligung an den Netzgesellschaften haben wollen, risikolos und ohne Belastung des Haushalts, oder ob sie die Netze in das Eigentum der Stadt übernehmen wollen und die Energiewende erst nach langen Streitereien mit den Altbesitzern umsetzen wollen. Wir werben für unser Modell und Sie werben für Ihr Modell, das ist Ihr gutes Recht. Auf jeden Fall ist es gut, dass der Volksentscheid nicht ins Leere geht, darauf hat die SPD immer viel Wert gelegt.
Die Hässlichkeit, mit der die GRÜNEN und vor allen Dingen Sie, Herr Kerstan, gegen das Beteiligungsmodell der SPD ankämpfen, hat, glaube ich, auch etwas mit Ihrer großen Enttäuschung zu tun.
Es ist die Enttäuschung darüber, dass es Ihnen nicht gelungen ist, mit der CDU das umzusetzen, was Sie damals in den Koalitionsvertrag geschrieben haben. Sie wollten Stadtwerke gründen und die Netze kaufen, es ist nur zu einem Prüfauftrag gekommen.