Protokoll der Sitzung vom 27.02.2013

Lasst beide Herzen schlagen: Bundesratsmehrheit nutzen – Optionspflicht abschaffen!

Die Fraktionen sind übereingekommen, das erste, dritte und vierte Thema gemeinsam debattieren zu wollen. Frau Suding wünscht das Wort und sie hat es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, nachdem Sie in der vergangenen Woche vor der Presse Ihre persönliche Halbzeitbilanz gezogen haben, konnten wir schöne Schlagzeilen dazu lesen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Neidisch, was?)

"Scholz lobt Scholz" titelte das "Hamburger Abendblatt" und "Der Bürgermeister interpretiert sich selbst" schrieb die "taz". Beides, Herr Bürgermeister, trifft Ihren Auftritt vor der Landespressekonferenz ganz gut, und beides gibt uns und den Hamburgern großen Anlass zur Sorge.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt nach diesen ersten zwei Jahren Ihrer Regierung überhaupt keinen Anlass zu Eigenlob und Selbstzufriedenheit. Ihre vagen Interpretationen früherer Versprechen belegen nur den Bruch dieser Versprechen.

(Beifall bei der FDP und bei Dietrich Wersich CDU)

Meine Damen und Herren! Eine ganze Reihe von Beispielen zeigt Ihre für Hamburg gefährliche Mischung aus gebrochenen und uminterpretierten Versprechen, die jetzt noch mit allerlei Wünschen und Hoffnungen garniert werden. Ihr Versprechen, Herr Scholz, den Ausgabenanstieg der öffentlichen Haushalte auf 0,88 oder maximal 1 Prozent zu begrenzen, haben Sie gebrochen.

(Dirk Kienscherf SPD: Nee, nee!)

Stattdessen sind es von 2011 auf 2012 mindestens 2 Prozent mehr, das zeigt der vorläufige Abschluss klar und deutlich.

(Dirk Kienscherf SPD: Das verstehen Sie im- mer noch nicht bis heute! Sie müssen richtig rechnen!)

Ihr Versprechen, Herr Scholz, mit weniger Personal zur Haushaltskonsolidierung beizutragen, haben Sie gebrochen. Stattdessen sind die Personalkosten 2012 um rund 3 Prozent gestiegen. Und heute konnten wir in den Zeitungen lesen, dass innerhalb eines Jahres noch einmal fast 800 Vollzeitkräfte hinzugekommen sind. Auf konkrete Vorschläge zur Umkehrung dieser Tendenz warten wir bis heute.

(Beifall bei der FDP)

Ihr Versprechen des "pay as you go" haben Sie gebrochen, Herr Scholz, weil eben nicht jede Mehrausgabe durch Einsparungen in entsprechender Höhe gegenfinanziert wird. Stattdessen haben Sie fröhlich den Kita-Mittagessenbeitrag und die Studiengebühren ohne vernünftige Gegenfinanzierung abgeschafft. Sie wissen bisher auch nicht, wie die zu erwartenden Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst finanziert werden sollen.

Ihr Versprechen, Herr Scholz, den Wohnungsbau mit 6000 neuen Einheiten im Jahr anzuschieben, ist nach wie vor ein frommer Wunsch, weil Sie selbst nicht wissen, zu wie viel Wohnungen 8000 Baugenehmigungen führen.

(Dirk Kienscherf SPD: 8700! Wir wollen doch gerecht sein!)

Stattdessen bezweifelt die Wohnungswirtschaft wegen der kontraproduktiven Maßnahmen zur Mietpreisdeckelung und Neuvermietung, dass diese Zahl erreicht werden kann.

Ihr Versprechen, Herr Scholz, eines transparenten Prozesses für die Lösung des Problems Elbphilharmonie haben Sie ebenfalls gebrochen. Stattdessen wollen Sie morgen mit HOCHTIEF unterschreiben, noch einmal 200 Millionen Euro für die Fertigstellung des Baus auszugeben, ohne dass das Parlament die Alternativen kennt. Das ist für uns nicht zustimmungsfähig.

(Beifall bei der FDP)

Ihr Versprechen, Herr Scholz, mit Elbvertiefungund Hafeninfrastrukturerneuerung das Herz der Hamburger Wirtschaft voranzubringen, ist zu einem vagen Wunsch mutiert. Die Elbvertiefung ist dank Ihrer fahrlässigen Haltung und der Ihres Senats vor dem Bundesverwaltungsgericht gestrandet, und ob die Verbesserung der Hafeninfrastruktur mit Ihren Haushaltsansätzen gelingen kann, das steht in den Sternen und muss bezweifelt werden.

(Beifall bei der FDP)

Ihr Versprechen, Herr Scholz, mit dem 25-prozentigen Anteil an Stromkabeln Energiepolitik machen zu können, haben Sie so deutlich gebrochen, dass viele Hamburger jetzt glauben, man könne das mit 100 Prozent. Stattdessen wird die Energiewende längst in Berlin vollzogen,

(Heiterkeit bei der SPD)

und Ihre Argumente, Herr Bürgermeister, für die unnütze 25-Prozent-Beteiligung werden nun gegen Sie für eine 100-Prozent-Vollverstaatlichung genutzt. Das Ganze ist ein Musterbeispiel für eine misslungene politische Strategie, die Hamburg und seine Steuerzahler leider über eine halbe Milliarde Euro kostet.

(Beifall bei der FDP)

Ihr Versprechen, Herr Scholz, zur aktiven Gestaltung der schwierigen Lage der HSH Nordbank brechen Sie ständig. Stattdessen schwimmen Sie und die Bank nun mit Milliardengarantien im Gepäck den Entwicklungen hinterher, wie mein Kollege Dr. Kluth Ihnen gleich noch im Detail aufzeigen wird.

(Zurufe von der SPD und der CDU: Oh!)

Und Ihr Versprechen, Herr Scholz, zur friedlichen Weiterentwicklung des Hamburger Schulsystems setzen Sie mit der Überforderung der Stadtteilschule, durch falsch finanzierte Inklusion, mit schlecht gemanagtem Schulbau und überstürzter Einführung des Ganztagsbetriebs aufs Spiel.

(Dirk Kienscherf SPD: Die haben sich alle freiwillig angemeldet zur Ganztagsschule!)

Stattdessen sollten Sie endlich handeln, wie Ihnen meine Kollegin Frau von Treuenfels gleich aufzeigen wird.

Herr Scholz, meine Damen und Herren! Diese Bilanz ist nach zwei Jahren so mager, dass sie unter dem Gewicht des selbstgefälligen Eigenlobs zerbricht. Das hat Hamburg nicht verdient. – Danke.

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Dass Sie dabei nicht rot werden!)

Das Wort hat nun Herr Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin der schwarz-gelben Opposition sehr dankbar, dass wir heute Gelegenheit haben, über die Halbzeitbilanz zu sprechen. Während Schwarz-Gelb in Berlin vor allem durch politische Lieferprobleme auffällt und das sogar teilweise auch selbst einräumt, haben wir in den ersten zwei Jahren geliefert; das zeigt die Bilanz deutlich.

(Beifall bei der SPD)

Es freut mich, dass Kollege Wersich gleich nach mir sprechen kann, denn ich möchte verstehen, wie man 70 Prozent Zufriedenheit mit diesem Senat, 51 Prozent Zustimmung und die Benotung 2,7 für den Bürgermeister mit der Note "ausreichend" zusammenbringt; das kann Herr Wersich gleich erklären.

(Beifall bei der SPD)

Aber kommen wir zu dem, was bestellt und was geliefert wurde. Wir haben gesagt, dass wir Hamburgs Haushalt in Ordnung bringen wollen, nicht mit hektischen Sparprogrammen oder einem unerfüllbaren sofortigen Schuldenstopp,

(Katja Suding FDP: Sondern mit Mehrausga- ben?)

sondern mit einer langfristigen Konsolidierungsstrategie. Dabei sind wir vorangekommen. Wir haben die Schuldenbremse gemeinsam mit den GRÜNEN und der FDP in die Verfassung geschrieben, und jetzt geht es darum, das Schritt für Schritt umzusetzen. Jede Maßnahme, die wir in diesen zwei Jahren auf den Weg gebracht haben, ist sauber gegenfinanziert, und so wird es bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Das gilt auch für das Thema Konsolidierung der Personalausgaben. Das zu erreichen ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf.

(Katja Suding FDP: Falsche Richtung!)

(Katja Suding)

Wir haben gerade mitbekommen, dass wir im Bereich der Kernverwaltung auf ein Minus von 250 Vollzeitäquivalenten kommen. Aber wir haben gemeinsam einen Schulfrieden verabschiedet.

(Zurufe von der LINKEN)

Mit Ausnahme der LINKEN, das stimmt.

Was hätten Sie gesagt, wenn wir die Zusagen bei den zusätzlichen Lehrereinstellungen und bei Polizei und Feuerwehr nicht eingehalten hätten? Dann hätten Sie uns Wahlbetrug vorgeworfen. Wir halten Kurs auch in der Personalpolitik für diese Stadt.

(Beifall bei der SPD)