Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

Dann habe ich zum Beispiel gefragt, welche Gegenstände den Sicherungsverwahrten erlaubt sind, die den Strafhaftgefangenen nicht erlaubt sind. Da gibt es gar nichts. Ich habe eine lange Liste bekommen, das fängt mit Abreißkalender an und endet bei Z, was alles erlaubt ist, aber ob jetzt das Leben der Sicherungsverwahrten dem Leben in Freiheit zumindest nahekommt – obwohl, wenn Mauern drum herum sind, kommt es dem nie so richtig nahe –, darauf gibt es überhaupt keine Antwort. Das ist doch nicht in Ordnung.

(Beifall bei der LINKEN)

Das kann man leicht von vornherein feststellen.

Herr Tabbert, warum haben Sie so eine Scheu, über die Maßnahmen zu sprechen, die in Hamburg notwendig sind?

(Jan Quast SPD: Die Zeit war um!)

Sie haben alles Mögliche gesagt, aber nichts darüber, was in Hamburg umgesetzt werden kann. Das fängt beim Strafvollzugsgesetz an, das unzureichend ist, wenn man das Urteil des Bundesverfassungsgerichts liest, und hört beim Gesamtkonzept wahrscheinlich noch lange nicht auf. Das ist nötig und da dürfen wir nicht etwa bis Ende des Jahres warten, das muss jetzt wirklich schnell umgesetzt werden. Ich sehe auch, dass es in der letzten Legislaturperiode einige Verbesserungen gegeben hat. Das erkenne ich an, aber ich weiß auch, wie schwer sie umzusetzen waren, weil es einen hinhaltenden Widerstand der CDU, der SPD und natürlich auch der Justizverwaltung gegeben hat. Ich weiß, dass es wirklich schwierig ist. Umso wichtiger ist es, dass die Parteien, die hier in der Bürgerschaft vertreten sind, gemeinsam daran arbeiten, dass das nötige Geld bereitgestellt wird, und da ist eine Menge Geld nötig. Da gibt es Konkurrenzen – wir haben gestern über die Wissenschaft gesprochen –, aber es muss Geld her und da muss sich natürlich auch der Bund beteiligen, aber es darf nicht irgendwo abgeschoben werden. Es darf nicht so enden, wie es seit der Strafvollzugsreform immer geendet hat, dass alles Mögliche festgestellt wird, das nötig für die Gefangenen ist, und dann nichts gemacht wird – zum Beispiel Ihre Versicherung –, weil das Geld nicht da ist. Das dürfen wir uns nicht leisten, weil das wirklich auf Kosten der Sicherheit der Bevölkerung und auf Kosten der Menschenrechte der Gefangenen und Sicherungsverwahrten geht. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zum vierten Thema, angemeldet von der SPD-Fraktion:

Vertrag für Hamburg: Meilenstein für mehr Wohnungsbau

Herr Grote, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Beim Wohnungsbau steht Hamburg vor gewaltigen Herausforderungen. Die Hinterlassenschaft von Schwarz-Grün lastet schwer auf der Stadt und auf den Mieterinnen und Mietern.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Das amüsiert Sie, das kann ich mir vorstellen, das habe ich auch schon in den letzten Jahren so wahrgenommen.

Zu Recht erwarten die Menschen deshalb von der SPD ein zielstrebiges Anpacken beim Wohnungsbau und ich versichere Ihnen, hier ist unsere feste Absicht, sie da nicht zu enttäuschen.

(Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Das war nur eine Absichtserklärung!)

Das wird in besonderer Weise deutlich bei dem jetzt im Entwurf vorliegenden Vertrag für Hamburg. Erstmals wird darin die Zusammenarbeit zwischen Senat und Bezirken auf umfassender Grundlage ernsthaft, verbindlich, klar, erfolgversprechend und auf Augehöhe geregelt. Dieser Schulterschluss mit den Bezirken ist ein wichtiges Aufbruchsignal für eine neue Wohnungsbaupolitik und ich bin froh, dass der neue Senat das mit diesem Tempo und dieser Entschlossenheit anpackt.

(Beifall bei der SPD)

Der Vertrag für Hamburg wird dabei weit über die gescheiterten Zielvereinbarungen, die es unter Schwarz-Grün gegeben hat, hinausgehen müssen. Diese Zielvereinbarungen, das wissen Sie selbst am besten, waren das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt waren. Das waren unverbindliche Absichtserklärungen, keine der darin angekündigten Zahlen ist je erreicht worden, überwiegend nicht einmal zur Hälfte. Mit dem realen Planungsverfahren hatten diese Vereinbarungen nichts zu tun. Das müssen wir ändern. Der Vertrag für Hamburg schafft hier eine völlig neue Qualität. Wir haben erstmals die Zahlen für Baugenehmigungen vereinbart, und zwar verbindlich und über mehrere Jahre. Es wird unterlegt mit bezirklichen Wohnungsbauprogrammen, in denen konkrete Vorhaben und konkrete Flächen benannt sind; auch das ist neu. Wir haben zügige Genehmigungsverfahren mit Zeitangaben vereinbart, einen monatlichen Informationsaustausch zu den einzelnen Vorhaben, eine enge Zusammenarbeit auf allen Ebenen, Konfliktlösungsmechanismen da, wo Hindernisse auszuräumen und zu beseitigen sind, und eben auch eine Unterstützung der Bezirksämter dort, wo sie mehr Ressourcen brauchen, um ihre Aufgaben zu erledigen. Das ist eine Qualität, die wir bisher nicht gehabt haben, weil alle Akteure – Senat, Bezirksversammlung und Bezirksamtsleiter – sich hinter dieses Ziel stellen, und das ist ein echter Meilenstein für den Wohnungsbau in Hamburg.

(Beifall bei der SPD)

Nun ist der Entwurf noch nicht ganz bis zu Ende abgestimmt. Es wird an dem einen oder anderen Satz und Halbsatz noch Veränderungen geben, das ist auch in Ordnung, aber in allen wesentlichen Aussagen und Eckpunkten ist der Abstimmungsstand so, dass das, was ich eben genannt habe, auch am Ende das sein wird, was unterschrieben

wird. Damit haben wir eine Situation erreicht, mit der wir zum ersten Mal tatsächlich alle Akteure an einem Tisch und an einem Strang ziehend haben.

Auch ein noch so guter Vertrag bedeutet noch keine einzige gebaute Wohnung, sondern der Erfolg wird sich natürlich am Erreichen der Zielzahlen messen. Das ist völlig klar, aber wir legen mit diesem Vertrag die entscheidenden strukturellen Grundlagen, damit wir eben diese Ziele erreichen können, nämlich 6000 Wohnungen pro Jahr in Hamburg zu bauen. Diese Voraussetzungen schaffen wir hiermit und sie sind damit jetzt schon besser, als sie unter Schwarz-Grün je waren.

(Beifall bei der SPD)

Der vorliegende Vertragsentwurf zeigt deshalb die Ernsthaftigkeit, mit der der Senat an dieses wichtige Thema herangeht, und es ist nicht die einzige Initiative. Inzwischen ist klar, dass die 1000 Wohnungen, die die SAGA bauen soll, mittlerweile auch von der SAGA als baubar angesehen werden und ein fest vereinbartes Ziel sind. Außerdem sind die Gespräche mit der Wohnungswirtschaft über den Pakt für das Wohnen aufgenommen worden. Die haben sich gefreut, dass erstmals seit drei Jahren wieder vernünftig mit ihnen geredet wird. Wir haben die Aufstockung der Fördergelder im Bereich der Wohnungsbauprogramme, das heißt, in wenigen Wochen ist hier mehr passiert als in den letzten drei Jahren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Roock, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon sehr mutig von Ihnen, Herr Grote, einen Vertrag, den außer Ihnen und dem Senat in diesem Hause keiner kennt,

(Andy Grote SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

als Meilenstein für den Wohnungsbau verkaufen zu wollen.

(Beifall bei der CDU)

Sie feiern sich hier für einen Vertrag, der dem Parlament nicht vorliegt, und entziehen sich damit der fachlichen Diskussion. Das Bejubeln der eigenen Ankündigung scheint Ihnen damit wichtiger zu sein als der inhaltliche Diskurs. Solides Regieren, das Ihr Bürgermeister angekündigt hat, sieht anders aus.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Insofern wäre es anständig vom Senat gewesen, allen Fraktionen in diesem Hause diesen Vertragsentwurf zukommen zu lassen und so eine inhaltliche Auseinandersetzung zu ermöglichen.

(Andy Grote)

(Jan Quast SPD: Wie der CDU-Senat!)

Die CDU-Fraktion wird daher eine Selbstbefassung im Stadtentwicklungsausschuss beantragen.

Herr Grote, Sie haben von einer angestrebten Kooperation mit den Bezirken gesprochen, haben aber nicht aufgezeigt, wie das konkret aussehen soll. Aber eines muss man Ihnen lassen: Im Vergleich zu Staatsrat Sachs, der Wohnungsbauvorhaben auch gegen die Bezirke durchsetzen und diese damit spürbar schwächen will, klingt Ihre Rhetorik schon anders. Nur kommt es nicht auf die Rhetorik an, sondern auf die Inhalte und da bleiben Sie viele Antworten schuldig. Alles, was ich aus den Bezirken über den Vertrag höre, spricht eine andere Sprache. Da ist zu hören, dass die Bezirke geknebelt werden sollen, und von einem Diktat von oben ist die Rede. Das klingt so nach "Basta!"-Politik und ist nun wirklich keine ernsthafte und partnerschaftliche Kooperation zwischen Senat und Bezirken auf Augenhöhe.

Meine Damen und Herren! Wir haben in unserer Regierungszeit den Ansatz über Ziel- und Leistungsvereinbarungen gefahren. Die Bezirke haben von dem Anreizsystem für die Erteilung von Baugenehmigungen Geld zur freien Verfügung in die eigene Kasse bekommen. Zudem haben wir bereits in der vergangenen Legislaturperiode eine Initiative auf den Weg gebracht, dass alle Bezirke Wohnungsbauprogramme erstellen, und wir haben den Bezirksämtern hierfür auch zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt. Sie kündigen zwar an, den Bezirken zusätzliche Ressourcen aus der BSU zur Verfügung zu stellen, aber wie das praktisch funktionieren soll, ist völlig unklar. Es soll wohl von der BSU projektbezogen Personal bereitgestellt oder abgeordnet werden, aber was heißt das im Einzelnen? Diese Fragen müssen Sie schon beantworten. Finanziert werden soll das zusätzliche Personal durch Mehreinnahmen bei Baugenehmigungsgebühren.

(Jan Quast SPD: Sie wissen doch alles! Wo sind Ihre Fragen?)

Ich kenne es nur vom Hörensagen, Herr Quast.

(Jan Quast SPD: Ach so! – Andy Grote SPD: Außer Ihnen kennt das jeder!)

Auch hier fehlt mir die Antwort über die praktische Umsetzung, zumal Sie mit einer unbekannten Größe hantieren.

(Beifall bei der CDU)

Dem Vernehmen nach ist bis heute – das haben Sie selbst hier eben zugegeben, Herr Grote – kein Vertrag mit den Bezirken unterschrieben worden und den Bezirksversammlungen – das habe ich auch nur wieder gehört – soll erst gestern der Entwurf zugegangen sein. Auf die Stellungnahmen bin ich einmal gespannt. Zu hören ist auch, dass die Baudezernenten jeden Monat Sachstandsberichte

über Projekte ab 20 Wohneinheiten abgeben sollen – welch ein bürokratischer Aufwand. Die Baudezernenten sollen dafür sorgen, dass Baugenehmigungen erteilt werden, und nicht nutzlos Zeit vergeuden

(Andy Grote SPD: Das hat super geklappt im Ausschuss!)

für ein bürokratisches Berichtswesen.

(Beifall bei der CDU)

Trauen Sie den Bezirken wirklich nicht zu, die vereinbarten Ziele zu erfüllen? Auch hier werfen Sie mehr Fragen auf, als Sie Antworten gegeben haben.

Die CDU-Fraktion wird alles unterstützen, den Wohnungsbau zu forcieren. Wir werden keine Verhinderungspolitik betreiben, wie es die SPD in den vergangenen Jahren gemacht hat.

(Gabi Dobusch SPD: Wir waren schuld, dass Sie nicht gebaut haben!)