Protokoll der Sitzung vom 08.06.2011

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn einem von diesen Kindern etwas zustoßen würde, sind wir mitverantwortlich, weil wir nicht handeln, sondern das Thema immer auf die lange Bank schieben. Daher bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen, damit der Senat schnellstmöglich handelt und nicht immer mit Prüfaufträgen kommt, denn langsam habe ich das Gefühl, dass der SPD-Senat diese Prüfaufträge vom schwarz-grünen Senat übernommen hat, denn dieser ist auch ständig mit Prüfaufträgen gekommen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Abgeordnete Eisold hat noch einmal das Wort, bitte schön.

Herr Yildiz, Ihre Einlassung, wir würden hier zurückgehen, hat mich doch noch einmal veranlasst, in den Antrag zu schauen. In der Tat haben wir "prüfen" geschrieben, aber es geht darum zu prüfen, wie es umgesetzt werden kann. Wir wollen konkrete Vorschläge dafür haben, wie es gemacht werden kann, und damit gehen wir nicht hinter unser altes Petitum aus der letzten Legislaturperiode zurück. Da gab es etwas andere Formulierungen und wir haben den Senat aufgefordert, das zu ermöglichen, aber wir wollen jetzt konkrete Dinge sehen. Das hatten wir damals etwas anders ausgedrückt, aber unterstellen Sie uns bitte schön nicht, dass wir hier etwas weicher geworden sind. Das trifft einfach nicht zu.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wir kommen zunächst zum GAL-Antrag aus der Drucksache 20/704. Die Fraktion DIE LINKE hat hierzu eine ziffernweise Abstimmung beantragt.

Wer möchte die Ziffern 1, 2 und 4 des GAL-Antrags aus der Drucksache 20/704 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind die drei Ziffern abgelehnt.

(Mehmet Yildiz)

Wer möchte sich der Ziffer 3 des GAL-Antrags anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der gesamte GAL-Antrag abgelehnt.

Nun zum Antrag der FDP-Fraktion aus der Drucksache 20/716.

Wer möchte sich diesem anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Weiter zum Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 20/615.

Wer möchte diesem zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 20/630.

Wer möchte diesen an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen.

Wer möchte den Antrag aus der Drucksache 20/ 630 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Wir kommen zu Punkt 29 unserer Tagesordnung, Drucksache 20/621, Antrag der CDU-Fraktion: Kinder von Substitutionspatienten und Opiatabhängigen wirksam schützen.

[Antrag der CDU-Fraktion: Kinder von Substitutionspatienten und Opiatabhängigen wirksam schützen – Drs 20/621 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Gesundheitsausschuss überweisen. Die CDUFraktion möchte die Drucksache noch mitberatend an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Frau Prien, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Schutz der Kinder ist unsere vornehmste Aufgabe und verfassungsrechtlicher Auftrag des Staates. Dabei gilt unser ganz besonderes Augenmerk den Kindern, die besonderen Gefahren ausgesetzt sind. In Deutschland leben circa 40 000 bis 60 000 Kinder drogenabhängiger Eltern. Bei Kindern von Opiatabhängigen und Substitutionspatienten lauert die Gefahr oft leider in den eigenen vier Wänden. Damit meine ich übrigens nicht die Gefahr, die in Form häuslicher Gewalt und Vernachlässigung droht, die oftmals mit der Sucht der Eltern einhergeht, sondern es geht

um einen dramatischeren und nicht minder gravierenden Aspekt, der kürzlich öffentlich geworden ist im Zusammenhang mit dem tragischen Fall des kleinen Kevin in Bremen. Da gibt es einen Teilaspekt dieser Angelegenheit, der uns zutiefst erschüttert und uns sehr am Herzen liegt. Es geht nämlich um die Erkenntnis, dass die Kinder drogenabhängiger Eltern in einem weiteren Sinne besonders gefährdet sind. Es droht ihnen nämlich ein akutes gesundheitliches Risiko durch die Verabreichung beziehungsweise fahrlässige Zuführung von teilweise sogar harten Drogen. Untersuchungen bei Kindern von Substitutionspatienten lieferten ein schockierendes Ergebnis. In Bremen wurden im Rahmen einer Testreihe von 15 Haaranalysen Spuren von Drogen festgestellt. Bei einer weiteren Untersuchung wurden in 23 von 28 Fällen bei diesen Kindern zwischen einem und elf Jahren ebenfalls harte Drogen nachgewiesen. Es geht hier um Cannabis, Heroin, Kokain, Amphetamine und Ecstasy – alles gefunden in der Haarsubstanz. Es muss also befürchtet werden, dass ein Teil dieser Kinder von den Eltern durch Verabreichung von Drogen ruhiggestellt wird. Es geht aber auch um die Verletzung der Sorgfaltspflicht, die zu Kindesgefährdung führt, indem den Kindern im eigenen Haushalt fahrlässig der Kontakt mit Drogen ermöglicht wird. Dazu muss man wissen, dass die Kinder suchtkranker und auch alkoholkranker Eltern die größte bekannte Suchtrisikogruppe für spätere Suchtstörungen sind. Ihr Risiko, als Erwachsene selbst suchtkrank zu werden, ist im Vergleich zu Kindern aus nicht süchtigen Familien sechsfach erhöht. Etwa ein Drittel dieser Kinder wird im Erwachsenenalter alkohol-, drogen- oder medikamentenabhängig und ein Drittel entwickelt psychische oder soziale Störungen.

Mehr als erstaunt hat mich in diesem Zusammenhang dann die Aussage des Senats im Rahmen unserer Anfrage zu diesem Problemfeld. Dort heißt es nur lapidar:

"… obliegt es den Eltern, ein gesundes Aufwachsen ihrer Kinder sicherzustellen. Gelingt dies aufgrund von Suchtmittelkonsum nicht ausreichend, ist es Aufgabe […] insbesondere des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) , die Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen und ihnen Hilfen anzubieten."

Das soll es dann gewesen sein. Man fragt sich, wie das funktionieren soll, wenn der Senat nicht einmal einen Überblick darüber hat, wie viele Kinder und welche Kinder in Haushalten von Substitutionspatienten in Hamburg leben.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich dazu die traurigen Fakten kurz nennen. In Bremen gibt es etwa 1800 Substitutionspatienten, in Hamburg dagegen sind es 5060. Es ist nicht schwer, daraus die Schlussfolgerung

(Vizepräsidentin Kersten Artus)

zu ziehen, dass somit die Anzahl der potenziell gefährdeten Kinder in Hamburg um ein Vielfaches höher liegt. Konkrete Kenntnisse über die Anzahl der mit Substitutionspatienten zusammenlebenden Kinder haben wir nicht. Nach Schätzungen des Senats gibt es in Hamburg ungefähr 500 Kinder von Opiatabhängigen. Trotz dieser beunruhigenden Faktenlage beabsichtigt der Senat jedoch nicht, künftig generelle Kontrollen durchzuführen. Dies können, wollen und werden wir als CDU-Fraktion nicht hinnehmen. Zur Vermeidung von akuten Gesundheitsrisiken bei diesen Kindern ist es nach Bekanntwerden der Bremer Studien unerlässlich, dass diese Kinder zentral erfasst und regelmäßig mit Haaranalysen oder Urinproben auf Drogen untersucht werden.

(Beifall bei der CDU)

Nur so kann dann bei konkreten Feststellungen, dass bestimmte Kinder nicht drogenfrei aufwachsen, sofort und gezielt gehandelt werden.

Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Hause vor einigen Wochen eine Debatte über die Grundrechte von Kindern geführt und aus unserer Sicht ist dies einmal ein Fall, wo man zeigen kann, dass es einem nicht nur um Symbolhandlungen, sondern ganz konkret um den Schutz der Rechte von Kindern geht. Wir sind der Auffassung, dass diese Frage wesentlich mit der Frage des Kindeswohls und dessen Gefährdung zusammenhängt. Deshalb meinen wir, dass zumindest mitberatend auch der Familienausschuss hier befasst werden muss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat nun Herr Dr. Schäfer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Prien, Ihre Rede hat gezeigt, dass dieses Thema einer sach- und fachgerechten Debatte zugeführt werden muss. Deswegen werden wir diesen Antrag an den Gesundheitsausschuss überweisen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben gleichzeitig Ihrem Fraktionsvorsitzenden, der Gesundheitssenator war, gerade richtig eins reingewürgt, denn einer der zentralen Punkte der letzten Legislaturperiode auf diesem Gebiet war das Konzept "Drogenfreie Kindheit und Jugend", konzipiert vom CDU-Senat. Wenn das wirklich so schlimm ist, wie Sie gerade darstellten, dann ist dieses Konzept restlos gescheitert; anders kann es wohl nicht sein.

Richtig ist, dass zwischen Drogenhilfe und Jugendhilfe eine gute Zusammenarbeit und Koordination stattfinden muss. Es wurde – jetzt lobe ich einmal

den Vorgängersenat – schon einiges getan, dass das auch funktioniert.

(Beifall bei der CDU)

Gleichwohl sind wir selbstverständlich gerne bereit zu schauen, ob es in diesem Konzept "Drogenfreie Kindheit und Jugend" noch Lücken gibt, um diese dann auch zu schließen. Daher ist eine sachgerechte Debatte im Gesundheitsausschuss angebracht. Wer vom Kinder- und Jugendausschuss mitmachen möchte, ist herzlich eingeladen, zu dieser Sitzung hinzuzukommen, aber erst einmal werden wir das entsprechend Ihrem Antrag, der nur gesundheitspolitische Punkte enthält, an den Gesundheitsausschuss überweisen.

(Beifall bei Dirk Kienscherf SPD)

Eines möchte ich aber ganz sicher sagen: Was nicht geht, ist, durch Kontrolle und Erfassung von drogenabhängigen Eltern dafür zu sorgen, dass die sich aus der Drogenhilfe ganz verabschieden, überhaupt nicht mehr aufgefunden werden können und dann noch weniger Kontrollmöglichkeiten gegeben sind. Von daher werden wir einer regelhaften Erfassung und Kontrolle wohl kaum zustimmen können, denn das hätte fatale Folgen genau in die falsche Richtung. Deswegen geht das meiner Ansicht nach so gar nicht, aber wir werden das im Ausschuss debattieren.

Man kann das Vertrauen dieser Menschen, die die Drogenhilfe aufsuchen, nicht von vornherein dadurch zerstören, dass man ihnen klarmacht, sie würden erfasst und ganz schnell in der Gefahr schweben, dass ihnen ihr Kind weggenommen wird. In diese Richtung ging gerade Ihr Debattenbeitrag. Von daher muss man strikt darauf achten, dass man an diese Menschen herankommt und ihnen überhaupt helfen kann. Es muss selbstverständlich geschaut werden, wo es welche Lücken gibt, und diese müssen geschlossen werden, aber erst einmal muss man den Leuten helfen. Erst einmal muss man zusehen, dass man an sie herankommt, und dafür ist das, was Sie vorgeschlagen haben, kontraproduktiv. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Das Wort hat nun Frau Schmitt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kinder von drogenabhängigen Eltern brauchen besonderen Schutz. Ihre Eltern sind krank und aufgrund der Suchterkrankung können sie häufig den Erziehungsauftrag nicht verlässlich wahrnehmen. Ziel muss es sein, dass die Entwicklung der Kinder einen möglichst positiven Verlauf nimmt. Die ärztlich und psychosozial betreuten Substitutionsprogramme verbessern nicht

(Karin Prien)