Sind Sie sich bei den Seniorengenossenschaften, die eigentlich Vereine sind, darüber im Klaren, dass keiner von denen, die dort tätig sind, jemals eine Ehrenamtskarte nach den geltenden Regelungen in Schleswig-Holstein oder auch in Bayern bekommen würde?
Soweit ich weiß, sind von der Ehrenamtskarte diejenigen nicht ausgeschlossen, die eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen, und nicht anders funktionieren diese Seniorengenossenschaften auch.
Und wenn man mit Zeitguthaben arbeiten würde, ist es genauso, aber darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass die Freiwilligenstrategie immer noch nicht vorliegt, interessante Ideen einfach dorthin verschoben werden und gesagt wird, dort werde dann schon darüber diskutiert werden, und wir bekommen keine Ergebnisse. Das eine ist die toll angekündigte Strategie, das andere, dass der Rahmen für ehrenamtliche Arbeit in dieser Stadt zunehmend schwierig wird. Es wird bei vielen Einrichtungen gespart, die geringere Zuwendungen erhalten. Das heißt, dort, wo ich keine oder immer weniger Hauptamtliche habe oder wo Einrichtungen schließen müssen, können dann auch keine Ehrenamtlichen mehr tätig werden. Und da nützt mir keine Freiwilligenstrategie etwas.
Eines der vielen Beispiele, um konkret zu werden, ist die Drogen- und Suchtselbsthilfe, wo vor ungefähr anderthalb Jahren massiv eingespart wurde, sodass die Ausbildung ehrenamtlicher freiwilliger Suchtausstiegsberater, um sie einmal so zu nennen, nicht mehr finanziert werden konnte. Insofern fordern wir den Senat auf, hier umzusteuern. Das freiwillige Engagement muss auch mit ausreichenden Zuwendungen nachhaltig gefördert werden, und eine Ehrenamtskarte kann dann ein zusätzliches Schmankerl sein. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Bürgerschaftspräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Unsere Fraktion unterstützt das Anliegen dieser Initiative der GRÜNEN Fraktion, allerdings sind wir nicht so optimistisch, was die Umsetzung betrifft; dazu aber später.
Ehrenamtliches Engagement ist aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken. Meine Vorrednerinnen sind auch schon darauf eingegangen, und das kann man nicht häufig genug hier vorbringen. Die zahlreichen, in allen gesellschaftlichen Bereichen tätigen Ehrenämtler bilden eine grundlegende Säule der modernen Bürgergesellschaft, ob es die vielen ehrenamtlichen Trainer und Übungsleiter sind, ich zähle sie auch gerne noch einmal auf, die freiwillige Feuerwehr, die Stadtteilinitiativen, die Leiter von Jugendgruppen oder die Lese- und Bildungspaten. Ohne sie wäre unsere Gesellschaft um einiges ärmer, und ohne sie würde ein wichtiger Faktor des gemeinschaftlichen Erlebens, der persönlichen Unterstützung und damit des gesellschaftlichen Zusammenhalts fehlen.
In Hamburg sind rund ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich aktiv, und ich bin mir sicher, dass noch viel mehr Menschen bereit wären, ehrenamtlich tätig zu werden. Es ist deshalb auch Aufgabe der Politik, Menschen zu ermutigen, sich einzubringen, mitzumachen und die eigenen Talente und Fähigkeiten für andere einzusetzen. Dazu gehört auch, ihnen Anerkennung für ihre ehrenamtliche und freiwillige Arbeit auszusprechen, denn der Freiwilligensurvey – meine Vorrednerinnen sind schon darauf eingegangen – hat gezeigt, dass sich viele Ehrenämtler mehr gesellschaftliche Anerkennung für ihr Engagement wünschen, und das passt, Frau Müller, nicht so zu Ihren Worten. Ich habe festgestellt, dass die Nachfrage für zum Beispiel eine Ehrenamtskarte oder mehr Anerkennung vorliegt. Es finden – Frau Föcking ging schon darauf ein – auch in Hamburg zahlreiche Anerkennungsfeiern für Ehrenämtler statt, was aber fehlt, wäre hier ein kleiner Bonus für einige Bereiche.
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Meine Damen und Herren! Frau Kaesbach hat das Wort.
Die Bedingungen, die die GRÜNEN in ihrem Antrag genannt haben, unterstützen wir, denn es muss auch eine Messlatte vorliegen, die erst einmal erreicht werden sollte. Der Vorschlag der GRÜNEN, eine Ehrenamtskarte einzuführen, ist insofern aus unserer Sicht grundsätzlich eine gute Idee. Die Bezirksversammlung Wandsbek hatte in der letzten Legislaturperiode auf Antrag der FDP-Fraktion die Einführung der Ehrenamtskarte schon einmal beschlossen, aber die Umsetzung ist dann irgendwie auf der Strecke geblieben. Das mag damit zusammenhängen, dass man es mit einem hohen behördlichen Aufwand zu tun hat oder dass vielleicht nicht so viele Kooperationspartner gefunden worden sind. Wie so oft steckt der Teufel im Detail. In einigen Städten in Schleswig-Holstein und im Landkreis Harburg gibt es bereits eine solche Karte, aber die Erfahrungen aus diesen Beispielen lassen vermuten, dass ihre Einführung eben nicht so einfach und so schlank vonstattengeht.
Die Vereine müssen nachweisen, dass die Bedingungen für die Inanspruchnahme tatsächlich erfüllt sind, und die zuständigen Behörden müssen die Karten mit viel Aufwand verwalten und Bonuspartner suchen. Wir sollten deshalb aus diesen Erfahrungen der anderen Bundesländer lernen, was wir in Hamburg besser machen können. Wie kann die
Umsetzung unbürokratischer gelingen, wie viel kostet sie überhaupt, und gibt es in Hamburg interessierte Bonuspartner, die sich beteiligen möchten? All diese Fragen sind aus unserer Sicht noch offen. Deshalb fordern wir den Senat in unserem Zusatzantrag auf, diesen Dingen auf den Grund zu gehen und sie zu klären. Ich bedauere, dass die SPD-Fraktion unserem Zusatzantrag, der eben ein Prüfantrag ist, nicht gleich zustimmt, aber mit der Überweisung des GRÜNEN-Antrags und unseres Zusatzantrags an den Sozialausschuss können wir auch gut leben. Ich freue mich dort auf die Diskussion.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind uns einig, dass die gesellschaftliche Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements gestärkt werden muss. Wir können natürlich über die Frage diskutieren, wie man das macht. Wir wissen jetzt nicht genau, ob allein durch die Ehrenamtskarte diese Würdigung gestärkt werden kann. Für uns stellen sich hier einige Fragen: Wie wird die Karte von den Menschen in den Bundesländern angenommen, in denen das schon durchgeführt wird, zum Beispiel in Schleswig-Holstein und Niedersachsen? Wie wird diese Karte zum Beispiel von Migrantenselbstorganisationen angenommen und überhaupt von anderen Gruppen? Kann diese Karte auch andere Menschen motivieren, ehrenamtlich tätig zu sein? Und haben auch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die SGB-II-Leistungen beziehen, ein Recht auf diese Karte? Das sind Fragen, die wir gerne im Ausschuss klären würden, und deshalb finden wir es gut, dass beide Anträge überwiesen werden. – Danke.
Wer stimmt zunächst einer Überweisung der Drucksache 20/10852 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist das überwiesen.
Wer möchte nun die Drucksache 20/10997 ebenfalls an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist das auch überwiesen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen dann zu den Tagesordnungspunkten 66 und 68, Drucksachen 20/10885 und 20/10887, Anträge der FDP
Fraktion: Zukunftssichere Finanzierung der Versorgungansprüche der Beamtinnen und Beamten der Freien und Hansestadt Hamburg und Reform des Pensionswesens der Hamburger Beamtinnen und Beamten.
[Antrag der FDP-Fraktion: Zukunftssichere Finanzierung der Versorgungansprüche der Beamtinnen und Beamten der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) – Drs 20/10885 –]
[Antrag der FDP-Fraktion: Reform des Pensionswesens der Hamburger Beamtinnen und Beamten – Drs 20/10887 –]
Beide Drucksachen möchte die FDP-Fraktion an den Haushaltsausschuss überweisen. – Frau Suding hat das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat Ihnen heute zwei Anträge vorgelegt, mit denen wir auch zwei Ziele verfolgen. Wir wollen zum einen auf ein gravierendes Problem bei der Versorgung unserer Beamten aufmerksam machen und zum anderen erste Lösungsansätze für dieses Problem anbieten, über die wir mit Ihnen allen in die Diskussion kommen wollen.
Das gravierende Problem sind die sehr hohen Ausgaben für die Versorgung der Hamburger Beamten, die aufgrund der Einstellungspolitik der Siebziger- und Achtzigerjahre in den nächsten zehn Jahren noch weiter wachsen werden. Das lässt sich an den absoluten Zahlen festmachen, die in den letzten zehn Jahren um 50 Prozent auf heute 1,27 Milliarden Euro gestiegen sind. Das sieht man aber auch am wachsenden Anteil, den die Versorgungsausgaben an den Personalausgaben insgesamt haben. Laut Senat waren das 1985 20 Prozent, 2000 dann schon 26 Prozent und jetzt sind es 33 Prozent, Tendenz steigend. Leider sind in der Vergangenheit keine ausreichenden Rückstellungen für diese zu erwartenden Ausgaben gemacht worden, was für den aktuellen Haushalt eine ziemlich große Herausforderung ist. Aber wie sagte schon der römische Schriftsteller Plinius? "Bei Vergangenem können nicht einmal die Götter Hilfe leisten."
Auf die Zukunft aber können wir Einfluss nehmen, und das, meine Damen und Herren, sollten wir auch unbedingt tun.
Wenn wir jetzt nicht handeln, werden die Versorgungsausgaben ungebremst weiter steigen und die Handlungsfähigkeit der Stadt massiv gefährden, denn ab 2019 greift die Schuldenbremse in
der Hamburger Verfassung und steigende Versorgungsausgaben können dann nicht mehr einfach so durch zusätzliche Kreditaufnahme finanziert werden. Gekürzt werden müsste künftig vor allem bei den freiwilligen Ausgaben, und das heißt im Klartext: keine kostenlose Kita, keine Sanierung des Planetariums, weniger Geld für Museen und Theater und noch weniger Geld für die Sanierung von Straßen und Brücken. Oder – das ist die andere Variante – man geht an die Substanz, so wie es der Senat im letzten Jahr gemacht hat, als er 317 Millionen an Vermögenswerten aus dem Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen an das Sondervermögen "Zusätzlicher Versorgungsfonds für die Altersvorsorge der Bediensteten der Freien und Hansestadt Hamburg" übertragen hat. Übertragen wurden aber natürlich keine liquiden Mittel. Um die übertragenen Mittel an die Versorgungsempfänger auszahlen zu können, müssen Immobilien oder Grundstücke der Stadt verkauft werden. Das geht an die Substanz und kann daher nur eine Notlösung gewesen sein, zumal diese Rücklagen auch nur einem Bruchteil der benötigten Mittel entsprechen. Dauerhaft kann und wird der Ausverkauf städtischer Vermögenswerte das Pensionsproblem also nicht lösen.
Die viel zu niedrigen Rückstellungen der Stadt für Pension und Beihilfe hat meine Fraktion schon mehrfach kritisiert. Spätestens 2015, wenn der Haushalt komplett auf die Doppik umgestellt wird, muss der Senat zwangsläufig eine Anpassung vornehmen. Es gelten dann nämlich andere, viel realistischere Bilanzierungsregeln.
Der Rückstellungsbedarf wird im nächsten Jahr sprunghaft um mindestens 5,6 Milliarden Euro ansteigen, und diese Zahl habe ich mir nicht ausgedacht, der Senat hat sie uns in einer Großen Anfrage, Drucksache 20/5080, aus dem Jahr 2012 genannt. Durch das anhaltend niedrige Zinsniveau dürfte der Rückstellungsbedarf inzwischen allerdings sogar noch weit höher sein. Wir müssen uns also darauf einstellen, dass die Überschuldung der Stadt Hamburg im nächsten Jahr auf einen Schlag von jetzt 3,4 auf mindestens 10 bis 12 Milliarden Euro ansteigt. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir schrillen da die Alarmglocken, und das ziemlich laut.
Was wir jetzt brauchen, ist ein kompletter Systemwechsel bei der Finanzierung künftiger Pensionsansprüche. Zwei ganz konkrete Vorschläge liegen Ihnen auf dem Tisch. Der erste, das ist die Drucksache 20/10887, soll den Anstieg der Pensionsausgaben dämpfen. Das starke Wachstum der Versorgungsausgaben ist nicht abzuwenden, wir können es aber abdämpfen. Die Leitlinie dabei muss sein, dass a) die Stadt die Versorgungszusage gegenüber ihren Beamten einhält und b) diese
den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen auch entspricht. Seit der Föderalismuskommission I sind die Bundesländer für das Versorgungsrecht ihrer Beamten verantwortlich, und seitdem werden Reformen bei der gesetzlichen Rentenversicherung kaum noch auf die Beamten übertragen. Der durchaus sinnvolle Nachhaltigkeitsfaktor spielt bei den Pensionen in Hamburg jedenfalls keine Rolle. Zur Erinnerung: Der Nachhaltigkeitsfaktor passt die jährliche Rentenanpassung dem Verhältnis der Beitragszahler zu den Rentenempfängern an. Ein weiterer Unterschied zwischen Pensionären und Rentnern: Bei den Pensionären werden Ausbildungszeiten von bis zu drei Jahren in voller Höhe auf die Pension angerechnet, bei Rentnern ist das nicht der Fall. Und noch etwas, wovon die Pensionäre profitieren: Als das Versorgungsniveau der Rentner abgesenkt wurde, schaffte man eine steuerliche Begünstigung der privaten Vorsorge, die Riester-Rente. Von dieser steuerlichen Begünstigung profitieren auch die Beamten, allerdings ohne eine vergleichbare Absenkung des Versorgungsniveaus. Überträgt man also die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Beamten, wird ihnen nicht etwa ein Sonderopfer zugemutet, es findet vielmehr eine Gleichbehandlung statt. Gerade weil die Pensionäre aus dem Steuersäckel bezahlt werden, also mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger, halte ich eine solche Gleichbehandlung nicht nur für angemessen, sondern sogar für zwingend geboten.
Es ergeben sich also Spielräume zur Dämpfung der Pensionsausgaben. Klar sollte dabei aber auch sein, dass die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen den Anstieg der Versorgungsausgaben nicht stoppen, sondern nur um circa 10 bis 15 Prozent absenken können. Die Ausgaben werden also weiter steigen, nur nicht mehr so stark.
Unser zweiter Vorschlag, die Drucksache 20/10885, zielt darauf ab, die zukünftige Versorgung der Beamten nachhaltig zu sichern. Leider muss man sagen, dass die bisherige Rücklagenbildung in Hamburg nur der Tropfen auf dem heißen Stein ist, sie reicht bei Weitem nicht aus. Klar ist aber auch, dass eine Rücklagenbildung über neue Schulden dem Prinzip der Kapitaldeckung widerspricht und unsinnig ist. Das Gleiche gilt für den Erwerb eigener Landesschuldverschreibungen oder für den Kauf von Anleihen des Bundes oder der Länder; eine Rendite ist daraus kaum zu erwirtschaften. Wir schlagen daher eine echte Rücklagenbildung vor, und zwar sobald die Stadt keine neuen Schulden mehr macht, und das ist laut Schuldenbremse in der Verfassung spätestens 2019 der Fall. Wir brauchen einen unabhängigen Versorgungsfonds, auf den die Stadt kein Zugriffsrecht hat, mit Ausnahme natürlich für die Entnahme von Pensionen und Beihilfezahlungen. Für jeden neu eingestellten Beamten zahlt die Stadt