Eines der ganz zentralen Projekte in diesem Zusammenhang ist die Sicherstellung von ausreichend Wohnraum, übrigens eine Aufgabe, die in dieser Stadt zehn Jahre lang verschlafen worden ist
und dazu geführt hat, dass 30 000 bis 40 000 Wohnungen fehlen, ein großer Brocken. Und auch diese Aufgabe werden wir anpacken und bewältigen.
Das werden wir übrigens schaffen, und zwar, weil wir es nicht von oben herab machen, sondern im Bündnis mit der Stadt, mit den sieben Bezirken und mit der Wohnungswirtschaft. Wenn man mit all diesen Beteiligten spricht, dann sieht man, dass es ganz viele gibt, die dieses drängende Problem auch mit uns zusammen lösen wollen und seit Jahren auf das richtige Signal gewartet haben. Das Signal ist gegeben, jetzt packen wir an: bei diesem Thema und auch bei allen anderen. – Schönen Dank.
Meine Damen und Herren! Eigentlich war die Redezeit in der Aktuellen Stunde abgelaufen. Nachdem der Erste Bürgermeister gesprochen hat, hat jetzt ein Mitglied pro Fraktion das Recht zur Erwiderung. – Das Wort hat der Abgeordnete Wersich.
Zunächst einmal, Herr Bürgermeister, danke für den Dank an den Opposition. Es hätte allerdings etwas ehrlicher gewirkt, wenn die Mehrheitsfraktion nicht heute in der Debatte ihre Stimmgewalt missbrauchen würde, um gerade die Redner der kleineren Oppositionsfraktionen nicht aussprechen zu lassen.
Es gehört auch zur politischen Kultur, mit Ihrer Macht so verantwortungsvoll umzugehen, dass ein politischer Diskurs möglich ist, wo man einander zuhört, und da schließe ich mich dem Bürgermeister voll an.
Sie haben wieder viele allgemeine Worte gefunden und dabei hatte man den Eindruck, dass Sie manches aus Ihrer Regierungserklärung recycelt haben, das ist auch immer ganz praktisch. Es bleibt aber dabei, dass Sie uns Allgemeinplätze über die Ziele, über die in der Regel gar kein politischer Unterschied besteht, präsentiert haben, dass Sie auf der Zielebene bleiben und wieder nicht konkret geworden sind,
Stattdessen stellen Sie in den Mittelpunkt Ihrer Rede, dass Sie die Versprechen, die Ihre Partei gegeben hat, auch halten, was eben auch heißt, dass es das, was nicht versprochen ist, auch nicht gibt.
Meine Damen und Herren! Ich frage mich aber und ich frage Sie, ob gutes Regieren sich wirklich darin erschöpft, dass eine Partei ihre Versprechen hält, oder ob gutes Regieren nicht heißt, dass die Entscheidungen gut für die Stadt sind. Das steht im Mittelpunkt.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Die Hamburge- rinnen und Hamburger haben so entschie- den! – Beifall bei der CDU)
Sie werden sicherlich in Ihren vier Jahren auch erleben, dass man nicht alles auf der Basis von vier Wahlversprechen klären kann. Ich erinnere zum Beispiel an die Krise, die uns ereilt hat. Dazu hatten wir auch keine Versprechung gemacht und
dennoch mussten wir uns mit ihr auseinandersetzen. Wir haben die HSH Nordbank gerettet, wir haben Hapag-Lloyd gerettet, alles Dinge, die vorher nicht absehbar waren und die politische Entscheidungen erfordert haben.
Das gilt auch für die Wissenschaft. Sie kommen nicht damit durch zu sagen, Sie hätten nichts versprochen, also gebe es auch nichts. Gerade wenn Sie sagen, dass sie den gesellschaftlichen Diskurs brauchen, dann komme ich auf die Frage zurück, ob Sie diesen Diskurs als Bürgermeister überhaupt wahrnehmen. Denn wenn Sie das sagen, Herr Scholz, dann müssen Sie sich auch den Menschen in der Stadt stellen, die mit Ihnen über die Perspektiven der Hochschulen diskutieren wollen – was Ihnen als Erstem Bürgermeister nicht mehr so wichtig ist –, anstatt von Ihnen auf eine wolkige gesellschaftliche Verteilungsdebatte geschoben zu werden.
Jetzt vor den Gesprächsanfragen der Hochschulen wegzutauchen, Herr Bürgermeister, und stattdessen den geschätzten Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herrn Dressel, vorzuschieben, ist nichts anderes als politische Feigheit.
Meine Damen und Herren! Zur Haushaltsdebatte kommen wir gleich. Herr Bürgermeister, mir ist eben wieder aufgefallen, dass wir im Wahlkampf einen Bürgermeisterkandidaten erlebt und jetzt einen Bürgermeister gesehen haben, dessen Spezialität der ernste Blick ist und der damit seinen Worten offenbar Bedeutung verleihen will, als hätten Sie bei dem schlauen Menschenbeobachter Georg Christoph Lichtenberg nachgeschlagen,
So einfach, Herr Bürgermeister, wird es bei den Wählern nicht werden. Ein ernstes Gesicht zu machen reicht nicht für die Gestaltung von Hamburgs Zukunft. Und auch wenn die Wähler in den Umfragen noch gnädig reagieren, Herr Bürgermeister, kann ich es nur wiederholen: Sie, Ihr Senat und die SPD müssen sich mehr anstrengen, um Hamburgs große Fortschritte durch das Leitbild der Wachsenden Stadt aus den vergangenen Jahren nicht zu gefährden.
Ich verspreche Ihnen aber auch, dass die CDU als führende Oppositionsfraktion den Senat weiterhin mit Kompetenz und Augenmass kritisch verfolgen wird. Wir werden falsche Entscheidungen benennen und entschlossen bekämpfen, aber auch eigene Vorschläge für Hamburgs Zukunft entwickeln. Für unsere Politik gilt: Hamburgs Zukunft steht im Mittelpunkt und das sollte auch für Ihre verbleibenden 1339 Tage gelten, Herr Bürgermeister.
(Andy Grote SPD: Was ist eigentlich mit dem Rest der GAL-Fraktion? – Gegenruf: Die sind wunschlos glücklich!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, es ist richtig, wenn man als Bürgermeister über die großen Linien redet, wenn man Zusammenhänge herstellen will und seine Beweggründe darstellt. Das ist wichtig, weil Politik Orientierung geben muss und das ist auch Ihre Aufgabe. Sie haben dies in Ihrer Rede nach den ersten 100 Tagen durchaus in großen Worten getan. Es gehört aber auch zu Ihrer Aufgabe als Bürgermeister, etwas zu Ihren konkreten Entscheidungen und zu Diskussionen in der Stadt, die Ihre konkreten Entscheidungen in den ersten 100 Tagen ausgelöst haben, zu sagen.
Das ist angesichts dieser großen Ansprüche, die Sie in Ihrer Rede erhoben haben, dann doch sehr wenig. Sie lösen diese Ansprüche doch gar nicht ein. Lassen Sie mich das an einzelnen Beispielen erklären.
Es gibt Bürgerinnen und Bürger, die Ihre Position zum Rückkauf der Netze nicht teilen und möchten, dass die Stadt aus dem Fehler des Verkaufs der HEW lernt und anders handelt, obwohl Sie in der Wahl die absolute Mehrheit bekommen haben. Sie verweigern die Auseinandersetzung mit den Bürgern, aber auch zum wiederholten Male hier und heute in der Debatte. Wie passt das zu Ihren großen Worten von eben?
Sie haben ein großes Projekt im öffentlichen Nahverkehr, das ihn voranbringen sollte, ohne jede Debatte vom Tisch gewischt, mit Hinweis auf Umfragen, auf eine Nicht-Finanzierbarkeit, und haben letztendlich keine Alternative in den Raum gestellt. Dazu gibt es viele Fragen, auch von Bürgerinnen und Bürgern, die jeden Tag im Stau stehen,
die feststellen, dass die öffentlichen Nahverkehrsmittel überfüllt sind, zu selten fahren, und dass sie nicht dort hinkommen, wo sie hinwollen. Sie bleiben eine Antwort schuldig und verweigern auch da die Debatte, ebenso wie in anderen Punkten, die ganz wichtige Fragen aufwerfen.
Die Wissenschaftspolitik ist ein existenziell wichtiger Bereich für eine Metropole in der heutigen Zeit. In einer Wissensgesellschaft ist Forschung und Entwicklung sowie Ausbildung von jungen Menschen der entscheidende Punkt. Dass dieser Bereich unter Ihrer Führung zum Steinbruch für andere Wahlversprechen werden würde, konnte niemand ahnen. Die Menschen in dieser Stadt wollen darüber reden, aber Sie führen dieses Gespräch nicht, sondern reden hier über große Leitlinien und machen große Worte. Es kam von Ihnen inhaltlich kein einziges Wort zu dieser Weichenstellung, die Sie persönlich und Ihre Wissenschaftssenatorin vorgenommen haben. Wie passen diese großen Worte mit diesen Entscheidungen zusammen?
Zum anderen haben Sie gesagt, das Wichtigste sei, das umzusetzen, was man vor der Wahl versprochen habe. Da stimme ich Ihnen durchaus zu. Glaubwürdigkeit ist ein wichtiger Punkt in der Politik. Aber spricht nicht eine gewisse Selbstherrlichkeit daraus, wenn Sie damit im Grunde genommen auch sagen, worüber wir vor der Wahl nicht geredet haben, darüber reden wir jetzt auch nicht mehr? Das ist, als ob Sie in der neuen Rolle und im Austausch mit den Behörden überhaupt keine neuen Erkenntnisse gewonnen haben und als ob Ihnen Ihre Behörden in der Auseinandersetzung mit konkreten Sachverhalten nichts bieten können, was Sie nicht schon vorher wussten. Passt diese Selbstgefälligkeit zu den großen Worten, die Sie eben gemacht haben?
Ich glaube, Herr Bürgermeister, es wird höchste Zeit, dass Sie einmal die Gelegenheit ergreifen, auf konkrete Fragen und konkrete Probleme Ihrer Entscheidungen einzugehen und diese Debatte aufzunehmen. Ich bedauere es sehr, dass Sie diese Chance nicht genutzt haben, als Sie heute das Wort ergriffen haben. – Vielen Dank.