Protokoll der Sitzung vom 10.09.2014

Hier geht es um die Bilanz 2010–2014. Es sind viel mehr Maßnahmen umgesetzt worden, und es ist viel mehr bei den Stadtteilen angekommen. Wir machen in dem Bereich eine Konsolidierung und eine Absenkung, aber dies wird eben nicht dazu führen, dass es einen Kahlschlag gibt. Dies wird dazu führen, dass es eine Konzentration gibt und man andere Mittel akquiriert, und daher begrüßen wir diesen Weg. Er ist schmerzhaft, aber er führt dazu, dass diese Stadtteile auch weiterhin unter

stützt werden. Das zeigt, dass wir Sozialdemokraten die Stadtteile weiterhin fördern, und wir gehen auch mit schwierigen Haushaltslagen verantwortungsvoll um. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat das Wort Herr Hamann von der CDU-Fraktion.

(Sören Schumacher SPD: Mach es kurz, wir müssen morgen früh wieder hier sein!)

Es kurz zu machen, weil wir morgen eine Sitzung haben, ist immer ein guter Vorschlag. Kurz hatte vorhin auch schon die Kollegin Suding in der Debatte in der Aktuellen Stunde angesetzt, um aufzuzählen, wo diese Senatorin hier wenig erfolgreich agiert. Ich glaube, das Wort "versagt" ist mehrfach gefallen, nicht nur bei Ihnen, sondern auch bei anderen. RISE ist da ein ganz großes Thema, und ich habe Ihnen vorhin zugerufen, wenn Sie hier schon in der Fünfminutendebatte anfangen wollten, das aufzuzählen, dann würden die fünf Minuten nicht ausreichen, und da hatte ich recht, denn zum Thema RISE sind Sie gar nicht erst gekommen. Aber RISE ist eines der wichtigsten Themen, die wir in der Stadt haben.

(Jan Quast SPD: Dafür haben Sie es aber schlecht angefangen!)

Es wird zugegebenermaßen auch von uns Fachpolitikern etwas sträflich behandelt, rückt aber jetzt vollkommen zu Recht in den Fokus, und das nicht nur vor dem Hintergrund des anstehenden Wahlkampfs, sondern auch aufgrund der Misserfolge dieses Senats gerade in diesem sehr wichtigen Bereich. Herr Kollege Kienscherf, ich erinnere mich an die letzte Debatte im Ausschuss, als nachgefragt wurde, warum das nicht klappt mit der Umsetzung und dem Mittelabfluss, und Sie von Ihren neuen Finanzkonstrukten gesprochen haben – alle sicherlich sehr kreativ und anderen Unternehmen sonst würdig, über die wir heute auch schon diskutiert haben und die von Ihrer Seite sonst eher als Heuschrecken bezeichnet werden –, die Sie jetzt erstmals dort erarbeiten, also nicht einmal die Behörde selbst, sondern andere Behörden. Das soll trotzdem alles als RISE gezählt werden, und der Bund soll es natürlich finanzieren. Massig Schecks auf Kosten anderer ausstellen – das ist nun die neue Strategie oder das neue Haushaltsverhalten, das hier in der Behörde an den Tag gelegt werden soll. Als das dann deutlich wurde und die Peinlichkeit immer weiter zunahm, war alles, was Ihrer Seite dazu einfiel, zu sagen, RISE sei so, wie es konstruiert wurde, ein Monster.

(Dirk Kienscherf SPD: Damals!)

Es fiel Ihnen also nichts anderes ein, als Ihr eigenes Unvermögen und Ihre Erfolglosigkeit damit zu übertünchen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Warum sind denn da 20 Millionen Euro nicht abgeflos- sen?)

dass Sie so einen Buhmann aufbauen und sagen, das hätte niemand schaffen können mit RISE, das sei ein Monster. Dass Sie seit 2011 in dieser Stadt regieren und erst kurz vor Ende Ihrer Regierungszeit feststellen, dass das alles nicht läuft und Sie nach Ihrer eigenen Aussage ein Monster geerbt haben, ist wenig überzeugend. Auch in diesem Punkt versagen Ihr Senat und auch die Senatorin.

(Beifall bei der CDU)

Das ist an diesem Punkt besonders übel für die Stadt. Es ist auch viel schlimmer als die Unannehmlichkeiten und die Peinlichkeiten, die wir heute zum Thema SAGA gehört haben, die Entschuldigungen und was dort alles gelaufen ist. Wir haben heute auch nur die Ouvertüre gehabt zu dem, was wir dort wahrscheinlich alles noch herausfinden und was wir in der Zwischenzeit gehört haben, denn RISE ist eine wirklich existenzielle Frage für die Stadt. Als solche haben wir sie in der letzten Legislaturperiode auch alle begriffen, aber sie ist von Ihnen nicht als solche weitergeführt worden. Sie haben Ihr Wohnungsbauprogramm vor sich hergetragen und die dortigen Erfolge, was auch richtig und wichtig ist, dabei aber völlig vergessen, dass Sie auch RISE haben. Dort hat so gut wie überhaupt nichts funktioniert,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was? Haben Sie nicht zugehört?)

und ich fürchte, Herr Kollege, dass sich innerhalb dieser Legislaturperiode daran auch nichts mehr ändern wird, weder unter der jetzigen Senatorin noch unter der Nachfolgerin der jetzigen Senatorin, die wir mit Sicherheit noch in dieser Legislaturperiode kennenlernen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Duwe von der FDP-Fraktion hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und des nächsten Tagesordnungspunktes werde ich kurz darauf eingehen, was wir an Vorschlägen haben, um RISE noch zu verbessern. Die negativen Sachen werde ich auslassen, weil das ein bisschen länger dauern würde. Was uns bei RISE immer noch nicht so gefällt, ist diese Komplexität,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, das ist genau das Problem!)

und natürlich ist auch die Einbindung der Akteure noch nicht so, dass man in die Zukunft geschaut Strukturen und Netzwerke schaffen kann, in denen, auch nachdem ein RISE-Gebiet ausgelaufen

(Dirk Kienscherf)

ist, Stadtteilbeiräte et cetera weiterbestehen, die nicht andauernd mit Staatsgeldern finanziert werden müssen. Es gibt da Beispiele, etwa Heimfeld, aber meistens ist es so, dass mit dem Ende eines RISE-Gebiets eben auch die ganze Infrastruktur, was die Netzwerke betrifft, kaputtgeht. Das ist nicht gut.

Das Zweite, was ich in der letzten Ausschusssitzung gelernt habe, ist, dass die Schuldenbremse natürlich auch Auswirkungen auf das Denken der Behörden hat. Ich begrüße es, dass man mit einem Mal merkt, dass der Eigenanteil bei Investitionen nicht nur aus der eigenen Behörde kommen muss, sondern auch aus anderen Behördenmitteln generiert werden kann, auch aus öffentlichen Unternehmen, sodass der Eigenanteil der BSU eigentlich gar nicht so groß sein muss beziehungsweise man mit dem Geld der BSU noch mehr machen könnte, als man bisher gemacht hat. Es ist ein Eingeständnis, und ich hoffe, dass es jetzt einigermaßen vernünftig läuft und auch die 10 Millionen Euro Plus in diesem und im nächsten Jahr abgerufen werden können, und das natürlich auch noch intelligent. Ansonsten werde ich mich jetzt weiteren Kommentaren enthalten, denn wir haben noch einen anderen Tagesordnungspunkt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Dann hat jetzt Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Als das Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung 2009 startete, wurden damit sehr viele Erwartungen und Hoffnungen verbunden. Es war aber von Anfang an klar, zumindest für DIE LINKE, dass es mit dem Konzept nicht gelingen kann und nicht gelingen wird, die Verhältnisse grundlegend zu verbessern. Ich glaube, auch Sie sind davon ausgegangen, dass nur versucht werden kann, das Schlimmste zu mindern. Daher war es damals noch relativ erfreulich, dass über 30 Millionen Euro zur Verfügung standen. Diese Gelder, es ist schon gesagt worden, wurden immer weiter gekürzt, und Herr Kienscherf hat gerade noch einmal ein wunderbares Beispiel dafür geliefert, wie man mit Haushaltskonsolidierung und der vermurksten Schuldenbremse alles runterreden kann. Es mag Ihnen, Herr Kienscherf, und auch der SPD vielleicht nicht wehtun, aber den Leuten vor Ort, die immer noch sagen, ihre Wohnumfeldverhältnisse seien überhaupt nicht gut und ihnen fehlten die Einrichtungen, die nicht mehr finanziert werden, tut es wirklich weh. Daran werden Sie aber nichts ändern wollen. Und wenn der Senat auf die Große Anfrage antwortet, es seien viele Überlegungen noch nicht abgeschlossen und zu neuen Fördergebieten könne er noch nichts sagen, dann zeigt das doch, dass Sie überhaupt kein Interesse daran haben

weiterzumachen. Schauen Sie nach Wilhelmsburg; dort ist 2013 alles ausgelaufen, da gibt es keine Fortführung.

Ich fasse mich kurz, weil wir unsere Redezeit noch für unser Hauptthema brauchen. Deswegen sage ich ganz klar – und ich glaube, da können Sie nicht widersprechen –: Der Senat und die SPD verabschieden sich nach und nach davon, dass sie einen wirklich spürbaren Beitrag leisten wollen gegen die Verarmung breiterer Teile der Bevölkerung. Die soziale Benachteiligung in den Quartieren ist Ihnen nicht mehr wichtig, Sie lassen sie so weiterlaufen. Das ist wirklich ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte die Drucksache gerne an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Ich stelle fest, dass wir von der Großen Anfrage Kenntnis genommen haben.

Punkt 19, Drucksache 20/12837, Antrag der FDPFraktion: Keine Enteignung durch behördlich festgesetzte Überschwemmungsgebiete!

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/12967 ein Antrag der GRÜNEN Fraktion vor.

[Antrag der FDP-Fraktion: Keine Enteignung durch behördlich festgesetzte Überschwemmungsgebiete! – Drs 20/12837 –]

[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Ausweisung von Überschwemmungsgebieten: Miteinander reden statt still und heimlich Fakten schaffen! – Drs 20/12967 –]

Die Ursprungsdrucksache möchte die FDP-Fraktion federführend an den Umweltausschuss und mitberatend an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Herr Dr. Duwe hat eben schon angekündigt, dass er das Wort wünscht, und er bekommt es.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zukünftig geplanten Ausweisungen weiterer Überschwemmungsgebiete in Hamburg haben eklatante Auswirkungen auf die Besitzverhältnisse beziehungsweise die Vermögensverhältnisse der Bewohnerinnen und Bewohner in den neuen Überschwem

mungsgebieten und auch auf die Verfügungsgewalt über ihre Grundstücke. Es mag zwar für Leute, die nicht in solchen Überschwemmungsgebieten wohnen, relativ einfach erscheinen, es können aber erhebliche finanzielle Nachteile entstehen. Grundstücke können weniger wert werden, es kann zu Problemen mit Versicherungen kommen, es kann Probleme mit Banken bei der Finanzierung geben, man wird auch Probleme haben, überhaupt ein Grundstück oder ein Haus, das man als Altersvorsorge angesehen hat, zu verkaufen. Es gibt eine Menge Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt, die durch die bisherige Informationspolitik der BSU aufgebracht sind. Ich muss es einfach so sagen, eine Information lediglich im Amtlichen Anzeiger zu schalten, ist ein Hohn gegenüber der Bürgerbeteiligung in dieser Stadt.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Martin Bill GRÜNE)

Das ist Bürgerinformation nach Gutsherrenart. Im Kaiserreich gab es auch Dekrete, die in amtlichen Anzeigern geschaltet wurden, nur, damals haben sehr viele Leute diese amtlichen Anzeiger gelesen, weil es wenige andere Möglichkeiten gab, sich zu informieren. Heute ist diese Informationspolitik eine Schande für diese Stadt.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb begrüßen wir sehr, dass die BSU und die SPD Vorschläge gemacht haben, wie man dieses Informationsdefizit endlich beseitigen kann.

Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt, den man natürlich nicht vernachlässigen kann. Diese Überschwemmungen werden nicht durch Naturkatastrophen verursacht, sondern durch Maßnahmen der Behörden und auch Maßnahmen der Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Jahrzehnten. Dazu gehört die Versiegelung der Stadt, die Begradigung von Gewässern, die Nichteinhaltung von Maßnahmen, auch dass man unter Straßen keine Siele erstellt, sondern die Abwässer in die Gräben und damit natürlich auch in die Gewässer abfließen lässt. Das alles führt dazu, dass in einigen Bereichen dieser Stadt alle hundert Jahre Hochwasser entstehen kann, wo es bisher nie aufgetreten ist. Daher erklärt sich auch, dass sehr viele Leute sehr überrascht darüber sind, in einem Überschwemmungsgebiet zu leben, weil es nach aller Erfahrung dort nie eine Überschwemmung gegeben hat. Aus diesem Grund sehe ich auch eine moralische Verpflichtung der Stadt, dort etwas zu tun, anstatt nach dem Motto "Was wir versäumt haben, müssen andere ausbaden" zu handeln und zu sagen, wir sammeln das ganze Regenwasser ein, und da wir kein Geld haben und nicht wissen, wie wir das Problem lösen sollen, schütten wir es einfach irgendwelchen anderen Leuten vor die Tür. Das geht so nicht.

(Beifall bei der FDP)

Bei diesem Aspekt muss man sehen, dass in der Behörde und auch bei HAMBURG WASSER bereits Bestrebungen im Gange sind. Ich spreche von dem berühmten Projekt RISA, Regeninfrastrukturanpassung. Das hat sich aber hingeschleppt und wie es bei solchen Projekten immer so ist, sind bisher keine richtigen Maßnahmen daraus erwachsen. Recht gut ist, dass endlich die Projekt-Website wieder online ist; das ist natürlich leider erst auf Grundlage meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage geschehen. Daran kann man sehen, welche Priorität dieser Problemkreis beim Senat bisher hatte.

Wie kann man Abhilfe schaffen? Natürlich dadurch, dass man diesen Wasserläufen mehr Raum gibt, dass man Renaturierung betreibt und dass schon geplante wasserbauliche Maßnahmen endlich umgesetzt werden. Ich denke zum Beispiel an Schöpfwerke in den Vier- und Marschlanden, was schon seit Jahrzehnten geplant ist, die aber immer noch nicht in Betrieb sind. Man muss auch nach Retentionsflächen schauen, und bei dieser Ausgleichsflächensuche müsste man den Blick der BSU auch einmal in andere Richtungen lenken und zum Beispiel Flächen in den Bereichen der Oberläufe unserer kleinen Bäche suchen und festhalten. Es ist wohl besser, dort zu suchen, als die Vier- und Marschlande zu 100 Prozent zu vermessen; das bringt nun überhaupt nichts mehr. Wenn man einen Etat für den Ankauf von Flächen hat, dann sollte man auch schauen, ob man nicht vielleicht an der Kollau oder der Berner Au etwas aufkauft. Es gibt dort Pferdewiesen, die nicht schon von Planungen betroffen sind. Dort müssten die Bodenpreise auch nicht so hoch sein.

Schauen wir in die Zukunft. Leider ist es so, dass die Behörde gerade nicht in diesen Bereichen ihre Prioritäten setzt. Wenn wir uns den HaushaltsplanEntwurf, Einzelplan 6, Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, wo die Maßnahmen angesiedelt sein müssten, einmal anschauen, was sehen wir dann? Der Ansatz "Baumaßnahmen an Gewässern" wird gesenkt. Der Ansatz "Wasserwirtschaftliche Instandhaltung von Gewässern" wird gesenkt. Meine Damen und Herren, das ist keine nachhaltige Politik, und dort muss ein Umdenken in der Behörde geschehen.

(Beifall bei der FDP und bei Birgit Stöver CDU)