Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Trotzdem: Sportanlagen in die Höhe zu bauen, bringt auch Probleme mit sich; ein paar sind angesprochen worden. Wir haben in der Presse lesen können, dass sie beispielsweise wetterbedingt viel öfter geschlossen sind als andere. Die Zugänglichkeit ist eingeschränkt, und am Ende sind die Aufbauten oder die Modelle oft sehr teuer. Man muss wirklich jeden Einzelfall sehr genau anschauen. Es gibt kein Modellprojekt, zu dem man sagen kann, das übertrage man jetzt auf andere, sondern jeder Fall ist individuell, und es muss sehr genau geguckt werden, wo es sich eventuell machen ließe.

Hinzu kommt – das möchte ich betonen –, dass Sportflächen viele Funktionen erfüllen. Es geht nicht nur darum, Sport zu treiben, sondern es geht auch um eine Stadtteileinrichtung. Sportflächen sind besonders dann sinnvoll, wenn sie in den Stadtteil integriert und gut zugänglich sind, wenn sie eine hohe Aufenthaltsqualität haben und Identität stiften. Diese Qualitäten können gefährdet sein, wenn man den Sport über den Köpfen der Menschen ansiedelt. Keineswegs sollten wir räumlich ausweichen und Sportflächen als i-Tüpfelchen denken. Wir müssen weiterhin Boden für den Sport gut machen und erhalten.

(Daniel Oetzel FDP: Machen Sie ja nicht!)

Das machen wir.

(Beifall bei Farid Müller GRÜNE und Juliane Timmermann SPD – Daniel Oetzel FDP: Das ist ein Widerspruch!)

Als Regierungsfraktionen setzen wir uns in der Tat konsequent dafür ein, dass Sportflächen von Anfang an bei der Stadtplanung mitgedacht werden. Wir haben dazu intensiv – Herr Oetzel, Sie waren auch dabei – im Sportausschuss beraten. Ergebnis ist ein bürgerschaftliches Ersuchen an den Senat mit Eckpfeilern für einen Paradigmenwechsel in der Sportflächenplanung. Und – ich will es noch einmal erwähnen – Rot-Grün hat außerdem dafür gesorgt, dass allein 2018 58,8 Millionen Euro für die Verbesserung der Sportinfrastruktur in Hamburg eingesetzt wurden. Dieser Trend – Herr Oetzel, das muss die FDP auch zur Kenntnis nehmen – wird verstetigt. Mindestens bis in das Jahr 2020 werden 60 Millionen Euro jährlich in die Sporttinfrastruktur fließen. Natürlich kann es im Einzelfall auch einmal eine Sportanlage sein, die gestaffelt ist oder sich vielleicht auf den Dächern befindet. Aber die Pauschalität, mit der Ihr Antrag jetzt

kommt und das als neue Idee verkauft, ist ein bisschen schräg.

Ich diskutiere gern im Ausschuss mit Ihnen über das Potenzial dieser vertikalen Sportflächen in Hamburg. Aber ich bin wirklich der Überzeugung, dass wir auf dem Boden bleiben sollten, um der zentralen Bedeutung des Sports auch weiterhin den notwendigen Raum in Hamburg zu verschaffen, der ebenerdig besser angesiedelt ist als in luftiger Höhe, wo wir mit vielen Widerständen und mit Konkurrenzen zu tun haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Yildiz von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag ist ein Prüfauftrag. Daher unterstützen wir, dass er an den Ausschuss überwiesen wird. Aber wenn ich mir die Regierungsfraktionen anhöre, habe ich das Gefühl, es werde alles gut und schön gemacht,

(Beifall bei Christiane Blömeke GRÜNE – Juliane Timmermann SPD: Ja, ist ja auch so!)

es sei unnötig, dass wir uns mit dem Thema beschäftigen. Sie geben nicht zu, dass Sie in den letzten Jahren ein Investitionsprogramm aufgelegt haben, weil die Sporthallen, in erster Linie Schulsporthallen, marode waren und über Jahrzehnte keine Investitionen stattgefunden haben und nur 310 Millionen Euro in dem Bereich investiert worden sind. Sie hatten dabei auch unsere Unterstützung, weil wir das seit Jahren gefordert haben. Aber diese Investitionen, die schon hätten getätigt sein müssen, stellen Sie so dar, als seien sie neue. Wiederum haben Sie kein Konzept bezogen auf Sportflächengewinnung, Sportflächenbau oder Sanierung der Sportanlagen. Wenn irgendein Verein mit seiner Macht Druck ausübt, dann wird Geld freigemacht.

(Juliane Timmermann SPD: Dann haben Sie das nicht richtig verstanden!)

Es wurde mit dem HSB über Monate darüber verhandelt, dass der Senat mehr Geld für die vereinseigenen Sportanlagen in dem Vertrag bewilligt. Sie haben sich geweigert. Danach haben Sie gesagt, Sie packten noch einmal 10 Millionen Euro für die Vereine obendrauf. Sie haben kein Konzept, keine Bedarfsfeststellung, wie es in den nächsten Jahren in Hamburg mit dem Sport weitergeht. Ich glaube, da muss in erster Linie angesetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben von dem siebten Hamburger Sportbericht gesprochen. Ich war der Einzige, der Kritik geübt hat, denn wenn der Senat schreibt, nicken die

(Christiane Blömeke)

anderen nur mit dem Kopf. Die Zukunftskommission Sport hat nicht selbst geschrieben, sondern der Senat und seine Vertreterinnen und Vertreter haben geschrieben und die Kommission hat nur zugestimmt.

(Juliane Timmermann SPD: Aber sie kann ja auch ablehnen!)

Das ist ein Lob an den Senat. Das, was Sie aufgezählt haben, stimmt nicht mehr, es gibt keine Perspektiven. Wir fragen, wie das in den nächsten Jahren aussieht, denn wir haben bis zum Jahr 2030 noch 30 000 zusätzliche Sporttreibende. Gibt es bei der Stadtteilentwicklung überhaupt Kriterien für Sport, Kultur, Gesundheit, Bildung und baut man die Stadtteile entsprechend? Gibt es ein Konzept in den Stadtteilen, wo zusätzlich gebaut wird, sodass man auch diese Bereiche berücksichtigt?

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, machen wir doch!)

Sie haben gar kein Konzept.

(Dirk Kienscherf SPD: Natürlich! – Sylvia Wowretzko SPD: Die Antwort ist, es gibt ei- nes!)

Hamburg-Billwerder ist ein Beispiel, weil es dort Druck gab; da haben Sie nachgegeben. Aber es ist nur eine punktuelle Entwicklung. Es gibt keine Gesamtentwicklung, die Sport, Stadtteilentwicklung, alle sozialen Infrastrukturen berücksichtigt.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Natürlich! – Zurufe)

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In Mümmelmannsberg warten die Menschen seit Jahrzehnten auf ein Kulturzentrum. Da wird ein Discounter gebaut, aber statt auf dem Dach …

(Zuruf von Christiane Blömeke GRÜNE)

Das hat alles einen Zusammenhang, und daher, Christiane, geht es nicht nur um Sport.

Statt auf dem Dach Möglichkeiten für Sport, Kultur und so weiter zu bauen, wird dort, ohne dass vorher die Bedarfe festgestellt wurden, ein Bau fertiggestellt. Was hat das mit Sport und Stadtteilentwicklung zu tun? Sie, Christiane Blömeke, wissen selbst, dass es in Mümmelmannsberg einen Riesenbedarf an Kulturräumen, an Sporträumen gibt. Wenn der Senat dort jetzt etwas entwickelt, was ich richtig finde, warum sollen da neben Wohnungsbau nicht auch Sport und Kultur berücksichtigt werden? Dieses konzeptionelle Herangehen fehlt dem Senat. Ich glaube, da müssen Sie ran.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Timmermann, Sie sagen, dass Sie alles machen. Aber dann frage ich mich, wozu Sie den Antrag überweisen. Das heißt, Sie machen doch nicht alles.

(Zurufe von der SPD – Zuruf: Was ist denn das für eine Logik?)

Von daher bin ich der Auffassung, Sie sollten einmal offen für die Diskussion sein. Der Sportausschuss hat in den letzten Jahren eine beispielhafte Arbeit dafür geleistet, dass Sport und Stadtteilentwicklung regelmäßig thematisiert werden, dass man sich informieren konnte, dass man Vorschläge gemacht hat. Diesen Ansatz sollten wir weiterhin verfolgen, statt sich hier hinzustellen und zu sagen, man mache doch alles gut. Das geht nicht. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Lorkowski von der AfD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ausreichende Sportflächen sind die Voraussetzung für ein aktives Hamburg. Leider sind die dafür benötigten Flächen sehr knapp. Der nun vorliegende Antrag befasst sich mit der Nutzung von Sportflächen auf und in Gebäuden, die als eine zusätzliche Lösungsmöglichkeit dienen könnte. In einer Stadt, in der Wohnraum und Bauflächen immer knapper werden, besteht auch für den Breitensport die Notwendigkeit, kreativ zu werden, was die Beschaffenheit von Flächen angeht. Eine Verlagerung von Sportflächen auf die Dächer von Gebäuden stellt eine geeignete Möglichkeit dar, um den Herausforderungen der wachsenden Stadt gerecht zu werden. Da empfiehlt es sich natürlich, aktiv und in Bewegung zu bleiben.

In diesem Sinne ist es für uns als AfD-Fraktion selbstverständlich, dass ein Antrag, der die Gesundheit der Hamburger Bevölkerung unterstützt, auch von uns unterstützt wird.

Der Bau von Sportflächen in die Höhe scheint ein höchst ungewöhnliches Anliegen zu sein. Doch in anderen Großstädten sehen wir, dass dieses Konzept durchaus Zukunft hat und auch bei uns erprobt werden sollte. Gerade bei zunehmender Flächenverdichtung, wie sie in Hamburg künftig noch notwendiger sein wird, könnte diese Idee Teil einer Lösung für das durchaus entstehende Platzproblem sein. Hoffentlich bedeuten vertikale Sportflächen auf dem Dach allerdings nicht, dass dem Breitensport in luftiger Höhe die Breite verloren geht. Die AfD-Fraktion schließt sich dem vorliegenden Petitum an. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Senator Grote.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Active-City-Idee

(Mehmet Yildiz)

lebt geradezu davon, dass Sport- und Bewegungsangebote überall in der Stadt für jeden leicht zugänglich sind. Deswegen wurde noch nie so intensiv, systematisch und zielgerichtet und zukunftsorientiert in den Sport und in die Sportinfrastruktur investiert wie jetzt, allein 60 Millionen Euro im letzten Jahr. Insofern ist es Unsinn, dass die Sportfläche sinkt.

Bei den Sportplätzen wird nicht die Kapazität in Quadratmetern, sondern in Nutzungsstunden gemessen. Da haben wir in den letzten fünf Jahren um 40 000 Stunden zugelegt. Bei den Sporthallen haben wir in den letzten Jahren zusätzliche Hallenflächen massiv dazugewonnen, und das wird die nächsten Jahre noch so weitergehen. Wir haben bisher noch für jede einzelne Sportanlage – Herr Kreuzmann, das wird auch für Lohbrügge gelten – eine Regel, eine Idee, eine Lösung gefunden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN – Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Oetzel?

Ja, sehr gern.

Herr Oetzel, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank. Herr Senator, stimmen Sie mir zu, dass im siebten Hamburger Sportbericht steht, dass Hamburg seit 2013 50 000 Quadratmeter Sportfläche verloren hat?

(Dennis Thering CDU: Ja, schau an!)