Vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Geflüchtete aus Kriegs- und Terrorgebieten zu uns gekommen sind, wird es bei der Hilfe in erster Linie um das Auffangen und um die Behandlung von depressiven Störungen, Angststörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen gehen. Das Traumazentrum soll sich aber auch um die Leistungsanbieter der Regelversorgung kümmern und durch Weiterbildungs- und Supervisionsangebote für die Qualifizierung des medizinischen und psychotherapeutischen Personals der Regelversorgung sorgen.
Ich möchte aber an dieser Stelle betonen, dass es in Hamburg bereits ein sehr gutes Netz vieler kompetenter und engagierter Träger gibt, die sich ebenfalls mit der Beratung und Behandlung traumatisierter Geflüchteter beschäftigen. Daher ist es auch keinesfalls so, dass die Geflüchteten in dem Zeitraum bis zur Umsetzung des Traumazentrums unversorgt waren. Vielmehr kommt jetzt dem neu geschaffenen Traumazentrum die Aufgabe zu, diese bereits sehr gut arbeitenden Träger miteinander noch besser zu vernetzen. Das war auch den Regierungsfraktionen wichtig und ist im Antrag daher bereits angelegt. Mit SEGEMI als Kooperationspartner an der Seite hat das UKE bereits einen Träger, der – und das ist bei der psychotherapeutischen Versorgung von Geflüchteten besonders wichtig – unter anderem für Sprachmittler sorgt. Denn gerade die psychische Behandlung von Geflüchteten kommt selbstverständlich ohne Sprachmittler, ohne Dolmetscher nicht aus. Bereits Ende August sind schon über 30 Träger und Einrichtungen mit dem Fokus auf die Versorgung von Geflüchteten in das Netzwerk einbezogen worden. Das ist auch gut so, denn die Erfahrung und die
Auch wenn wir wirklich lange warten mussten, bin ich aber davon überzeugt, dass wir nun mit dem koordinierenden Zentrum in Hamburg einen weiteren Baustein schaffen, der Geflüchteten Hilfe zur Bewältigung ihrer traumatischen Erlebnisse gibt und ihnen Wege aufzeigt, mit dem erlittenen Trauma zu leben. Somit leisten wir einen Riesenschritt für gelungene Integration und für das gesündere Leben der Menschen in dieser Stadt.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nicht alles wiederholen, was meine Vorrednerin bereits gesagt hat, ich möchte aber noch einmal betonen, dass die Arbeit mit den traumatisierten Geflüchteten jetzt, wo das koordinierende Zentrum seine Arbeit aufgenommen hat, nicht erst beginnt. Vielmehr gewinnt diese Arbeit, die auch bisher in Hamburg schon geleistet wurde, durch das Zentrum eine neue Qualität, und das ist wirklich ein Grund, das hier und heute noch einmal besonders zu würdigen.
Viele Geflüchtete haben in ihren Herkunftsländern Folter erlitten oder dort und auf dem Weg nach Europa schlimmste Erfahrungen machen müssen. Bei manchen hat dies zu posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen oder auch Angstund Substanzstörungen geführt. Die SPD und auch die GRÜNEN haben deshalb schon recht früh Überlegungen angestrengt, wie die sehr engagierten Regelangebote in Hamburg sinnvoll ergänzt und ertüchtigt werden müssten, damit die Betroffenen die nötigen Hilfen hier auch bekommen. Wir fanden, dass alle von einer Koordination und von der Übernahme von Dolmetscherkosten für die in der Regel gesprächsbasierten Behandlungen profitieren würden; beides haben wir deshalb mit Ersuchen an den Senat und teils mit großer Unterstützung hier aus dem Haus auch sichergestellt.
Die Stadt Hamburg hat in der ersten Reaktion auf die Zuwanderung der Geflüchteten von Beginn an dafür gesorgt, dass Ärzteteams direkt in den Erstaufnahmestellen vor Ort waren und psychiatrische Hilfe in akuten Fällen geleistet wurde. Viele medizinische Einrichtungen, Frau Blömeke hat es schon gesagt, und Vereine leisteten und leisten das auch immer noch – ein herausragender Beitrag –, und das verdient an dieser Stelle auch noch einmal ausdrücklich unseren Dank.
Um Sprachprobleme bei der psychotherapeutischen Betreuung zu lösen, hatten wir als Bürgerschaft auf Antrag von SPD und GRÜNEN bereits 2016 und zuletzt auch 2019/2020 nochmals 400 000 Euro zur Verfügung gestellt. Das hat den Zugang erleichtert und wirklich geholfen, wie uns immer wieder berichtet wurde.
Mit dem Abschluss der konzeptionellen Arbeiten und der anschließenden Ausschreibung konnte Mitte des Jahres, auch das hat Frau Blömeke schon gesagt, die Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE den Zuschlag als Träger des Zentrums erhalten. Inzwischen ist auch die Kooperation mit SEGEMI unter Dach und Fach, wie man so sagt, und geregelt. Mit dem Start des Traumazentrums wird die psychotherapeutische Versorgung also nochmals gestärkt, da es nun ein niedrigschwelliges Beratungsangebot für Personen über 18 Jahre gibt, und das ist gut so.
Vier Arbeitsbereiche sind dabei zentral: die ambulante Erstbehandlung und Krisenintervention, zum Zweiten die Fort- und Weiterbildung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Beratungseinrichtungen, drittens ein Konsildienst zum Beispiel auch für das Jobcenter und viertens die Möglichkeit, Supervision in Anspruch zu nehmen. Ich bin mir sicher, dass das Traumazentrum schon bald als Ort und Einrichtung sichtbar sein wird und als eine Anlaufstelle das Hilfsangebot der Stadt signifikant verbessern wird.
Auch ich hätte mir gewünscht, dass das Ganze schneller vonstattengegangen wäre, aber im Vorfeld der Zuwendungsvergabe musste dort einiges geregelt werden. Sie wissen alle, eine gute Sache will gut vorbereitet sein, und am Ende muss das Ergebnis überzeugen; und das ist gelungen, wie ich finde. Ich möchte allen Beteiligten in und auch außerhalb der Behörden für ihren Einsatz und ihr Engagement für das Traumazentrum danken.
Es ist eine Bereicherung für Hamburg, und ich wünsche ihm im Interesse der Menschen, die es brauchen, viel Erfolg. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Traumata verhindern für die Betroffenen Teilhabe am sozialen
und gesellschaftlichen Leben und können bis zur Zerstörung ganzer Biografien führen. Deswegen ist es richtig gewesen, dass dieses Haus im April 2016 ein koordinierendes Zentrum für die Beratung und Behandlung von Folteropfern und traumatisierten Flüchtlingen beschlossen hat.
Im Gegensatz zu den Beiträgen meiner beiden Vorrednerinnen bin ich aber weit davon entfernt, das ganze Geschehen so ein bisschen zu verblümen und in Watte zu packen. Natürlich hat es sehr lange gedauert. Aber wenn Sie sich erinnern, dass schon in einer Kleinen Anfrage meiner Fraktion 2017 festgestellt wurde, dass die Errichtung dieses Zentrums eine Priorität haben müsste, ist doch lange nichts passiert und erkennbar jedenfalls nichts geschehen. Insofern kann, Frau Blömeke, von Ihrer soliden Planung nach meiner Überzeugung und der Überzeugung meiner Fraktion nicht die Rede sein. Es bleibt unterm Strich natürlich schon als positives Ergebnis festzuhalten, dass es letztendlich so weit gekommen ist, aber die Geschichte bis heute führt eigentlich zu der Erkenntnis, dass die Bedeutung des Themas vom Senat offenbar lange Zeit nicht erkannt worden ist.
Sie wissen wahrscheinlich auch, unter anderem aus den Berichten des Jobcenters, dass psychische Probleme ein durchaus beachtliches Integrationshemmnis sind und nach wie vor bleiben, auch bei der Aufnahme von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Schülerinnen und Schüler berichteten, dass sie dem Unterricht nicht folgen konnten, weil die verarbeiteten Fluchterlebnisse sie niederdrückten. Diese Erkenntnisse hätten eigentlich zu einer forscheren Vorgehensweise im Senat führen müssen; dies beklagt meine Fraktion insbesondere. Überraschend war im Übrigen auch die Aussage der beauftragten Behörden, dass Hamburg bereits über eine gute Infrastruktur zur psychosozialen Beratung und Behandlung von Opfern von Gewalt und traumatisierten Personen mit Migrationshintergrund verfüge – das ist in der Drucksache 21/7325 so dargelegt – und eine zusätzliche Einrichtung nicht nötig sei. Möglicherweise liegt da auch ein Hemmnis in der Fortentwicklung dieses Unternehmens.
Nun können wir sagen, glücklicherweise ist es so weit gekommen. Ich hoffe, dass der Regelbetrieb dann sehr schnell aufgenommen wird. Bei allem Verständnis ist das natürlich viel zu spät, es soll jedoch das Ergebnis nicht schmälern. Aber der ganze Verlauf der Errichtung des Zentrums ist wahrlich kein Ruhmesblatt für den Senat, und so sage ich dann, möge dem Unternehmen dennoch zum Wohle der Betroffenen ein sehr guter und anhaltender Erfolg beschieden sein.
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Blömeke, es ist nicht so, dass eigentlich nur das Ergebnis zählt. Ich glaube, da sind Sie auf einem Irrweg, und das will ich auch kurz erläutern. Es sind genau vier Jahre vergangen, dass wir das erste Mal ein Zentrum für von Folter betroffene und traumatisierte Flüchtlinge hier beantragt haben.
Es bestand bereits damals dringender Handlungsbedarf, weil ein Großteil der Geflüchteten traumatisiert und an posttraumatischen Belastungsstörungen erkrankt war, und sie haben schnellstmöglichen Zugang zu Therapieangeboten gebraucht. Wir haben immer wieder betont, dass frühes Erkennen und Behandeln psychischer Belastungen für die Heilung eine sehr wichtige Angelegenheit ist, und wir haben davor gewarnt, dass Nichtbehandeln von traumatisierten Flüchtlingen zu Chronifizierungen führt und ein großes Integrationshemmnis darstellt. Der Senat hat es jedoch versäumt, schnell und entschlossen zu handeln. Wenn man vier Jahre braucht, um ein Konzept zu erstellen, dann grenzt das für mich schon fast an Arbeitsverweigerung,
und das mit verheerenden Konsequenzen für die Geflüchteten. Herr Ploog hat uns die Beispiele genannt: Egal ob bei Bildung, Ausbildung oder der Aufnahme eines Arbeitsplatzes – Traumata sind für Geflüchtete ein schwerwiegendes Hindernis. So wird die Teilhabe von betroffenen Geflüchteten am gesellschaftlichen Leben nicht funktionieren.
Ein weiteres Problem, das nicht benannt wird, ist auch das Erkennen von Schutzbedürftigkeit. Die EU stellt in der Aufnahmerichtlinie unter anderem für traumatisierte Personengruppen einen erhöhten Schutzbedarf fest und verpflichtet auch die Mitgliedsstaaten, diese Personen zu identifizieren und angemessen zu versorgen. Obwohl in anderen Bundesländern schon erprobte Verfahren existieren, kommt der Senat auch in dieser Hinsicht seiner Pflicht nicht in ausreichendem Maß nach. Die Frage, wie die traumatisierten Geflüchteten mit Hilfebedarf identifiziert und erreicht werden sollen, wird auch in dieser Drucksache nicht beantwortet. Zudem haben wir das große Problem, dass die Behandlungskapazitäten im Regelsystem bei Weitem nicht die Bedarfe decken. Wartezeiten von mehreren Monaten in der psychotherapeutischen Versorgung sind keine Seltenheit, und viele Therapeuten arbeiten auch nicht mit Sprachmittlern.
Durch das Koordinierungszentrum schaffen wir keine zusätzlichen Kapazitäten in der Regelversorgung. Was bringt die beste Vermittlung, wenn es keine Therapieangebote gibt? Deshalb sind wir nach wie vor für die Schaffung eines interdisziplinären psychosozialen Behandlungszentrums, das
Zusammengefasst kann ich nur sagen, dass das Koordinierungszentrum viel zu spät kommt und Sie zudem die strukturellen Defizite in der Regelversorgung nicht angehen. Das ist kostengünstige Symbolpolitik, die sich weiterhin größtmöglich auf Hilfeorganisationen im Flüchtlingsbereich stützt. Dabei wäre es höchste Zeit, dass wir nachhaltige Lösungen entwickeln und umsetzen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was Menschen auf ihrer Flucht vor Krieg und Verfolgung erleben müssen, ist für unsereins kaum vorstellbar. Die Auswirkungen auf die seelische Gesundheit der Menschen können immens sein. Niedrigschwelliger Zugang zu schneller Hilfe ist unerlässlich. Insbesondere für eine Gruppe von Menschen, die ohne Vorkenntnisse unserer Systeme mit sprachlichen Hürden und unterschiedlichen Traumata Hilfe benötigen, muss der Zugang besonders niedrigschwellig sein. Wir Freie Demokraten haben das Traumazentrum bereits vor über drei Jahren befürwortet und tun dies auch jetzt noch. Nun soll es endlich seinen Betrieb aufnehmen, knapp dreieinhalb Jahre nach dem Beschluss durch die Bürgerschaft. Aber, Frau Blömeke, wenn ich Sie hier kurz zitieren darf, Sie lehnten am 14. April 2016 eine Überweisung mit den Worten ab – ich zitiere –:
"[…] weil wir erst den Senat beauftragen wollen, dieses Konzept zu erstellen. Dann erhalten wir wieder einen Bericht in der Bürgerschaft mit einem Konzept, und dann ergibt es für uns Sinn, dieses Thema im Ausschuss weiter zu diskutieren. Aber erst einmal wollen wir das koordinierende Zentrum auf den Weg bringen, denn Hilfe ist nötig."
Nun wurde ein knappes Konzept vorgelegt, welches auf den ersten Blick durchaus plausibel und zielführend wirkt. Doch nach dem zweiten, dritten und vierten Blick stellen sich immer wieder Fragen, die unbeantwortet bleiben. Zum Beispiel erstens: Warum richtet sich das Zentrum nur an die über 18-Jährigen? Zweitens: Wann ist die Festlegung eines genauen Standortes …
(unterbrechend) : Einen Moment bitte. Entschuldigung, ich wollte Ihnen vor allem bei Ihrer Fraktion etwas mehr Gehör verschaffen.
Zweitens: Zu wann ist die Festlegung eines genauen Standortes geplant? Ist bereits einer in Aussicht und zu welchen Kosten? Drittens: Wie genau sollen die Zuständigkeiten für die Übernahme von Fortbildungskosten geregelt werden für Fälle, in denen das UKE auch einen unabhängigen Nutzen zieht? Viertens: Gibt es hier klare Abgrenzungen?