Protokoll der Sitzung vom 16.09.2015

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir sollten wirklich bei aller Diskussion versuchen, gemeinsam zu schauen, was wir politisch tun können. Da sind wir gemeinsam in der Großen Koalition gefordert. Frau Suding, Sie sagen, der Bürgermeister kümmere sich da nicht. Wenn sich jemand in den letzten Wochen und Monaten gekümmert hat, in den Verhandlungen mit der Bundesregierung für die Länder etwas herauszuholen, und das auch weiterhin tun wird, dann ist das unser Bürgermeister. Etwas anderes zu behaupten, ist einfach Unsinn, liebe Kollegin Suding.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es ist unsere gemeinsame Verantwortung von CDU und SPD, Gespräche mit anderen Ländern zu führen, weil die Lage in anderen Bundesländern noch viel schwieriger ist als in Hamburg. In Nordrhein-Westfalen sind beispielsweise unzählige Turnhallen belegt. Es läuft nicht alles schief in Hamburg, denn wir haben es beispielsweise geschafft, zum Schuljahresbeginn die kurzfristig belegten Turnhallen wieder frei zu bekommen, damit der Schulsport stattfinden kann und die Sportvereine ihre Arbeit wieder aufnehmen können. Fragen Sie einmal in Nordrhein-Westfalen nach, wie dort die Lage ist. Aber das bringt uns auch nicht weiter. Ich will nur unterstreichen, dass wir in Hamburg alles tun, um eine Situation zu schaffen, dass das normale tägliche Leben in der Stadt, den Schulen und Vereinen und an sehr vielen Stellen weitergehen kann, trotz dieser Herausforderungen, die wir gemeinsam schultern. Das ist unser gemeinsamer Anspruch, den wir wirklich haben müssen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Deshalb lautet auch meine Bitte, dass wir gemeinsam unseren Einfluss in Berlin geltend machen, damit am 24. September ein vernünftiges Paket herauskommt, das uns strukturell hilft. Ich glaube, da sind wir jetzt auf einem guten Weg, dass sich die Situation in die richtige Richtung entwickelt. Es hat gestern Abend auch noch einmal ein Treffen der Ministerpräsidenten bei der Kanzlerin gegeben. Wir müssen zum Beispiel auch erreichen, dass wir diese Baurechtsvereinfachung zustande bekommen, das Abweichungsgesetz. Ich finde, es gehört auch in dieses Haus, das hier anzusprechen. Wir müssen für eine befristete Zeit erreichen, dass in

(Christiane Schneider)

jedem Gebiet in dieser Stadt – und das gilt für ganz Deutschland – Flüchtlingsunterkünfte zulässig sein müssen. Anders werden wir es nämlich nicht schaffen. Das ist eine Angelegenheit, um die wir uns gemeinsam kümmern müssen, damit es dann auch in der Umsetzung klappt. Der Bund wird jetzt bis zum 1. November die Voraussetzungen dafür schaffen.

Es wird auch eine Verständigung geben über den repressiven Teil, den Sie angesprochen haben. Ich bin ganz sicher, dass es am Ende auch ein Paket gibt, das nicht nur im Bundestag beschlossen wird, sondern auch im Bundesrat. Ich denke, jeder hier auf jeder Seite dieses Hauses stellt sich im Moment seiner Verantwortung, ganz sicher auch unser grüner Koalitionspartner, da können Sie überzeugt sein, da brauchen wir keine Nachhilfe.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich komme noch einmal zu den Zelten. Natürlich ist es weiterhin unser Ziel, dass möglichst zu Weihnachten niemand irgendwo in einem Zelt schlafen muss. Kann das jedoch jemand in der momentanen Situation verbindlich versprechen? Wir wissen doch nicht, wie es in den nächsten Tagen und Wochen weitergeht. Wir wissen nicht, ob es in Europa eine Einigung gibt, ob es gelingt – und das finde ich sehr dringend erforderlich –, dass Europa sich einigt mit anderen Ländern in der Weltgemeinschaft, dass in den Lagern der Herkunftsländer, in den Krisenregionen, in denen sich Millionen von Menschen überlegen, ob sie sich auf den Weg nach Europa begeben oder nicht, endlich beim UNHCR die Millionen und Milliarden ankommen und dort verbleiben. Es muss doch unser Ziel sein, dass wir überall in der Zivilgesellschaft dafür plädieren, dass das passiert.

(Beifall bei der SPD und GRÜNEN – Glocke)

Herr Dr. Dressel, Sie ahnen, was ich Sie fragen will? Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dolzer?

Herr Dolzer, Sie haben das Wort.

Danke. – Danke, Herr Dressel, dass Sie mir eine Zwischenfrage gestatten. Ich habe eine Frage. Sie haben gesagt, Sie wollten wirklich alles tun, damit niemand mehr im Winter in Zelten schläft. Das finde ich sehr gut. Ich denke jetzt an die Möglichkeiten, die es da gibt. In Berlin ist schon ein Gebäude beschlagnahmt worden. Denken Sie so weit, dass Sie die SAGA und die städtischen Unternehmen dazu verpflichten, Wohnraum zur Verfügung zu

stellen, oder auch den massiven Leerstand an Büroraum umzunutzen oder ansonsten Gebäude zu beschlagnahmen?

Ich habe ganz klar gesagt, dass wir das Ziel haben, die Zelte abzuschaffen, und dass im Moment alle Behörden alles dafür tun, dass das gelingt. Und es wird auch an allen Stellschrauben gedreht, die das ermöglichen. Es geht jetzt darum, auch Baumarktflächen beziehungsweise ehemalige Baumarktflächen …

(Christiane Schneider DIE LINKE: Oberpost- direktion! – Gegenruf von André Trepoll CDU: Rote Flora!)

Liebe Frau Schneider, jeder, der noch eine kluge Idee hat, möge das Herrn Scheele und anderen sagen. Für zusätzliche Räumlichkeiten wird jede gute Idee geprüft, und wir werden darauf zurückgreifen, wenn eine Sache auch möglich ist. Das prüfe nicht ich, ich denke, dafür haben wir Behörden, und die machen diese Flächenprüfungen übrigens sehr gut.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich finde so einen Hinweis richtig. Natürlich schauen wir jetzt auch kurzfristig nach Hallenkapazitäten. Ich glaube nämlich, dass ein Zelt oder eine Notunterkunft in einer Halle immer besser ist, als wenn das Zelt irgendwo draußen steht. Deswegen wird genau das geprüft, auch beispielsweise Hallenflächen oder ehemalige Baumarktflächen – keine Sorge, kein aktiver Baumarkt. Aber wir haben ehemalige Baumarktflächen. Das wird alles geprüft, und das Ziel ist, dass man solche Flächen auch kurzfristig bekommen kann. Keiner muss die Sorge haben, dass er dafür nicht später eine entsprechende Miete erhält. Das wird probiert.

Ich habe das vorhin in einem anderen Rahmen gesagt: Jeder, der die Möglichkeit hat, eine große Fläche in Hallenkapazität anzubieten, sollte dies auch tun. Das wird im Moment aufgegriffen, geprüft und man sieht zu, das alles zu schaffen. Alle tun alles dafür, damit dieses Ziel erreichbar ist. Und deshalb muss sich niemand vorwerfen lassen, dass er nicht wirklich alles Engagement dort investiert hat.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Ein letzter Punkt ist der Hauptbahnhof, der vorhin angesprochen wurde. Ich glaube, da hilft ein Blick beispielsweise zum "Hamburger Abendblatt" Online, NDR Online und so weiter. Gerade weil wir wissen, dass dort im Moment Menschen gestrandet sind, sind heute direkt auf dem Hachmannplatz Zelte aufgestellt worden, damit die Menschen nicht alle in der Wandelhalle liegen müssen.

(Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)

Aber es ist doch gut, wenn es im Zusammenwirken funktioniert, dass man kurzfristig auf solche Sachen reagiert.

Die Stadt und die Zivilgesellschaft, wir tun alles. Das sollten wir auch gemeinsam in den Vordergrund stellen. Es geht auch einmal etwas schief, das ist in der Situation unvermeidlich. Lassen Sie uns diese Herausforderung in den nächsten Wochen und Monaten gemeinsam bewältigen. Ich denke, das sind wir den Flüchtlingen und dieser Stadt schuldig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Das Wort bekommt Frau Prien von der CDU-Fraktion.

Sie haben natürlich recht, Herr Dressel: Die Aufgabe, die wir gemeinsam zu bewältigen haben, ist nicht geeignet für parteipolitisches Gezänk. Dafür ist sie zu groß. Aber das gilt natürlich dann auch vice versa, und insofern haben wir uns, glaube ich, gegenseitig nichts vorzuwerfen in der heutigen Debatte.

Selbstverständlich geht viel schief, das kann gar nicht anders sein, aber es klappt auch viel, das will ich an dieser Stelle auch deutlich sagen, und es klappt natürlich vor allem deshalb, weil nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern eben auch die vielen Freiwilligen wirklich tun, was sie können, keine Frage. Das wird Ihnen niemand vorwerfen. Was wir Ihnen aber vorwerfen müssen, ist, dass es strukturelle Fragen gibt, die Sie einfach nicht angehen, und dass Sie nicht rechtzeitig angefangen haben, die Frage der Flächenidentifikation vernünftig zu organisieren. Und wir reden über einen Zeitraum von zwei Jahren, das hat mit der Kanzlerin nun wahrlich gar nichts zu tun. Es gibt so viele Flächen in den Bezirken, die Ihnen gemeldet worden sind, schon im Dezember vor zwei Jahren. Ich frage mich, warum es Ihnen – nicht Ihnen, aber den zuständigen Behörden – nicht möglich ist, rechtzeitig für genügend qualifiziertes Personal zu sorgen, das dann auch eine qualifizierte Prüfung durchführt. Das sind strukturelle Mängel, die wir Ihnen vorwerfen. Genauso, wie wir Ihnen vorwerfen müssen, dass Sie nicht frühzeitig die großen Hilfsorganisationen, die sich im Katastrophenschutz auskennen, mit einbezogen haben. Sie wollten gern alles allein machen und im Griff haben, aber Sie haben eben nicht alles im Griff. Das werfe ich Ihnen im Einzelfall nicht vor, aber strukturell müssen wir Ihnen das leider vorhalten. Insofern ist das kein parteipolitisches Gezänk, sondern es geht um wichtige Strukturfragen, die sich nicht nur jetzt stellen, sondern die sich auch in den nächsten Monaten und Jahren stellen werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Müller, ich muss mich doch wirklich sehr wundern: Während wir im Haushaltsausschuss alle gemeinsam davon ausgegangen sind, dass wir diese Drucksache Ende des Monats beraten, nach dem 24. September, wenn die finanziellen Fragen einer weiteren Klärung zugeführt sein werden – ich bin auch sehr optimistisch, Herr Dressel, dass uns das in Berlin gemeinsam gelingen wird –, ist es Ihnen zwei Tage später plötzlich doch ganz eilig, und Sie wollen gern vorzeitig, nämlich heute schon, beraten. Und dann werfen Sie uns vor, dass wir Ihnen mit unseren Ressourcen, die – das werden Sie einräumen – vielleicht ein bisschen geringer sind als die der Finanzbehörde, keinen fertigen Haushaltsplan präsentieren. Das kann nun wirklich nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie so argumentieren, dann können wir in Zukunft Ansinnen Ihrer Fraktion auf Verkürzung der Beratungszeiten oder ein nachträgliches Hineinnehmen in die Tagesordnung nicht mehr zustimmen. Dann brauchen wir die Zeit, dann machen wir das nicht mehr.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dressel, wenn Sie es wirklich ernst meinen damit, dass wir das gemeinsam lösen müssen, dann brauchen wir – und das haben nicht nur wir vorgeschlagen, das hat auch die FDP vorgeschlagen – einen Flüchtlingsgipfel in Hamburg. Dann müssen wir uns tatsächlich einmal zusammensetzen und über den richtigen Weg im Einzelnen sprechen. Wir sind dazu bereit. Sie waren bisher dazu nicht bereit, weil Sie alles allein können. Solange Sie diese Haltung aufrechterhalten, müssen Sie sich nicht wundern, wenn wir auch in angemessener Form Ihre Politik kritisieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Das Wort bekommt Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zwischendurch habe ich gedacht, wir sind so weit auseinander, dass wir gar nicht wieder zusammenkommen. Die letzte Runde habe ich dann aber schlicht und einfach noch einmal sehr hilfreich gefunden. Vielleicht bekommen wir es als Parlament gemeinsam doch noch hin, uns dahingehend zu einigen, dass wir mit dem Beschluss über die Drucksache tatsächlich eine gute Grundlage schaffen. Ich habe es vorhin schon gesagt: Wir wollen weg von den Notfallmaßnahmen, von dem ständigen nur kurzfristig Reagieren-Können.

Zum Flüchtlingsforum. In Hamburg heißt es Flüchtlingsforum, die anderen nennen es Flüchtlingsgip

(Dr. Andreas Dressel)

fel. Die Idee, diejenigen zusammenzubringen, die in diesem Bereich arbeiten, seien es Freiwillige und Initiativen, seien es Wohlfahrtverbände oder Behörden, haben wir schon beim letzten Mal beschlossen. Dieses Forum wird stattfinden. Da kann man sagen: Das ist aber spät. Man kann sagen: Die Drucksache hat lange gedauert. Und man kann auch noch einmal all die Dinge aufzählen, die die Kolleginnen von der LINKEN aufgezählt haben.

Die Körber-Stiftung beißt sich auch gerade die Zähne aus an der schwer in Gang zu bekommenden Initiative in Richtung der privaten Wohnungseigentümer. Auf ihren Aufruf hin haben sich 30 Menschen gemeldet, die sich das vorstellen können. Man bekommt keine Masse zusammen, das ist dabei ein bisschen das Problem. Aber der Impuls ist selbstverständlich richtig, und die Behörden nehmen ihn ernst. Wir nehmen ihn ernst. Jeder soll mit solch einem Impuls kommen, sich an die Behörden wenden, genauso im Übrigen auch mit Vorschlägen, wo es Leerstand oder noch Grundstücke gibt. Ich glaube, das ist alles behoben. Das waren Startschwierigkeiten; Herr Dressel hat es ausführlich gesagt.

Ja, natürlich ist vieles zu spät schnell in Gang gekommen. Aber all das, was kritisiert wurde, was nicht funktioniert, ist uns doch allen klar. Die Aufgabe ist, dort nachzusteuern. Das machen die Behörden, das machen wir in der Politik, und das machen eigentlich auch alle, die in dem Bereich arbeiten, denn auch die Ehrenamtlichen, die Freiwilligen lernen natürlich immer wieder dazu. Man muss zusammenkommen, das Netzwerk muss sich treffen. Das soll bald passieren und wird bald passieren. Ich werbe noch einmal dafür, diese Drucksache zu unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann können wir zu den Abstimmungen kommen.

Wir beginnen mit dem Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 21/1588.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen dann zum gemeinsamen Bericht des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration aus der Drucksache 21/1536.