Leider haben jetzt in der neusten Umfrage 50 Prozent gesagt, sie hätten Angst vor der Asylpolitik, wie sie im Moment sei. Vielleicht erschüttert Sie das. Für die Bevölkerung tragen Sie die Verantwortung, und die CDU, Herr Trepoll, ist doch einmal für die Nichtentstehung von Parallelgesellschaften, für eine vernünftige und realistische Einwanderungspolitik gewählt worden. Sie macht das Gegenteil. Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken, hier jetzt die SPD angreifen zu müssen. Sie müssen die Politik der Kanzlerin im Bund rechtfertigen. Sie haben sich gemeldet, und ich bin sehr gespannt auf Ihren Debattenbeitrag.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Baumann, da Sie sich so viele Sorgen um die CDU machen, ganz kurz nur dazu. Sie haben recht, die CDU ist die Primärpartei dieser Republik, und wir haben den Wohlstand im Wesentlichen der CDU zu verdanken.
(Beifall bei der CDU – Dirk Nockemann AfD: Mit Abwärtstendenz! – Dr. Bernd Baumann AfD: Das ist das Volk!)
Aber die CDU hat eines nicht gemacht, Herr Baumann: Sie lässt sich nicht ausschließlich von Stimmungen, von Umfragen treiben, wie Sie das tun, sondern sie steht zu ihren Grundüberzeugungen, und das unterscheidet uns, Herr Baumann.
Das ist noch etwas, was uns unterscheidet, nämlich wenn man die politische Verantwortung hat. Das können Sie noch nicht wissen, das werden Sie auch nie erfahren, dafür werden wir weiter kämpfen, Herr Baumann.
Und dann muss man auch so eine Debatte über die Silvestervorfälle anständig und inhaltlich differenziert führen; das ist sehr wichtig. Man muss sie politisch aufarbeiten.
Man darf sie sowohl in die eine wie auch in die andere Richtung nicht politisch instrumentalisieren. Nur so zu tun, als seien es Probleme einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, nur so zu tun, als gehe es nur um sexualisierte Gewalt gegen Frauen, greift als Erklärung zu kurz.
Aus meiner Sicht waren es drei Dinge, die zu dieser großen öffentlichen Diskussion in Deutschland, auch in Hamburg, geführt haben. Das sind einerseits die Vorfälle bei dieser Ballung von Menschen, bei dieser Masse, so wie wir es noch nicht erlebt haben. Das ist ein Unterschied zu den Dingen, die Sie teilweise angesprochen haben. Es sind in erster Linie natürlich viele Beziehungstaten, und das ist etwas, was wir auch so noch nicht erlebt haben. Wir müssen kritisch darüber nachdenken, denn es ist ein teilweises Staatsversagen, dass wir mit unseren Sicherheitsorganen nicht in der Lage waren, einzugreifen und helfen zu können, und dies aus unterschiedlichsten Gründen.
Hier in Hamburg war es die Ballung, die örtliche Situation, möglicherweise auch eine Fehleinschätzung der Lage, man hatte nicht damit gerechnet. Und dann gab es natürlich auch die Diskussion darüber, dass diese Dinge so spät öffentlich geworden sind. Das hat man in NRW und auch in Hamburg noch einmal aufgearbeitet. Es lag möglicherweise so außerhalb der Vorstellungskraft,
dass dann die Pressestellen gemeldet haben, es sei alles ruhig gewesen an Silvester, und dann wunderte man sich auf einmal, dass es mehrere Hundert Anzeigen am nächsten Tag gab.
Das alles sind natürlich Dinge, die wir weiter politisch aufarbeiten müssen, und ich glaube, dass wir da grundsätzlich auf einem guten Weg sind.
Ich will noch eines ausdrücklich sagen: Ich finde, die Worte, die der Bürgermeister danach gefunden hat, waren absolut richtig, sie waren angemessen, klar in der Sache und deutlich im Ton. Und er hat sich in einer angemessenen Art und Weise korrigiert. Er hat noch vor Weihnachten gesagt, er halte nichts von einer Verschärfung des Asylrechts. Nach diesen Vorfällen hat er sich korrigiert und hat die Dinge, die die große Koalition gemeinsam in Berlin gemacht hat, mitgetragen. Das, finde ich, war ein anständiges politisches Verhalten. Da hat er auch unsere Rückendeckung und Unterstützung.
(Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD – Erster Bürgermeister Olaf Scholz: Das habe ich verhandelt!)
Sie können gleich noch einmal berichten, wie Sie sich dort als Law-and-Order-Mann durchgesetzt haben.
Aber ich habe Sie doch richtig verstanden, Herr Scholz, dass Sie noch vor Weihnachten gesagt haben, Sie wollten vorläufig keine Verschärfung des Asylrechts. Ich suche Ihnen das noch einmal heraus, dann können Sie es nachlesen.
Aber am Ende sind wir einer Meinung. Dieser Weg ist richtig gewesen, und deshalb haben Sie unsere Unterstützung.
Zu der anderen Frage, die Herr Dr. Steffen aufgeworfen hat und die wir auch in der CDU in der Mainzer Erklärung diskutieren:
Wir diskutieren natürlich erst einmal die Grundlagen. Da wir noch gar keine gesetzlichen Grundlagen haben, müssen wir diese jetzt, gern auch gemeinsam, erarbeiten.
Wir können das mit dem Eigentumsbereich vergleichen: Bei Ihnen zu Hause wird eingebrochen, und der Einbrecher geht straffrei nach Hause, weil er gesagt hat, Sie seien nicht zu Hause gewesen und konnten ihm nicht mitteilen, dass Sie nicht wollten,
dass eingebrochen wird. Das müssen wir natürlich auch auf diese Vorfälle übertragen. Deshalb ist die Diskussion richtig, und wir wollen auch diese Verschärfungen im Strafrecht vornehmen. Sie müssen ausgewogen und differenziert sein. Wir müssen sie in unseren Straftatenkatalog richtig einordnen, denn man muss schon darüber diskutieren, was so ein Grapschen im Vergleich zu einem Schlag ins Gesicht oder Ähnlichem in der Strafzumessung bedeutet. All das ist wichtig. Aber wir müssen natürlich dann auch wieder zu der Diskussion zurückkommen, ob das an Silvester ausgereicht hätte. Das haben wir schon andiskutiert, und das müssen wir weiterhin tun. Wir müssen hier zu unserer Grundordnung stehen, und ich glaube, dass wir sie als deutsche Gesellschaft noch viel stärker und offensiver und nicht aus falsch verstandener Toleranz vertreten müssen, und das möglichst gemeinsam. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, es ist gut, dass wir zum Schluss dieser Debatte noch einmal versuchen, uns einig zu sein, auch in der Mitte dieses Hauses, vielleicht nicht so sehr in den äußeren Bereichen. Alle Umfragen in diesen Tagen zeigen, dass das Ergebnis der öffentlichen Diskussionen nicht sein darf, dass insbesondere die Rattenfänger am rechten Rand nachher erfolgreich ihr Süppchen kochen.
(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN, der FDP und bei Neba- hat Güçlü und Dora Heyenn, beide fraktions- los)
Deshalb war es richtig – das ist auch vorhin in der Debatte unwidersprochen gewesen –, dass die Silvester-Vorgänge in Hamburg gleich nach den ersten Erkenntnissen benannt wurden. Die Erkenntnisse gab es am Tag danach, als die ersten Anzeigen eingingen und der Polizeipräsident davon Kenntnis hatte. Es wurde alles sofort benannt, auch die Frage der Herkunft, es wurde nichts unter den Teppich gekehrt, sondern alles beim Namen genannt. Das ist, glaube ich, auch ein wichtiges Zeichen für diese Debatte.
lich gratulieren und ihm bei dieser schwierigen Aufgabe eine gute Hand wünschen –, dass die Präsenz im Bereich St. Pauli verstärkt worden ist. Wir haben ohnehin auf St. Pauli schon seit sehr vielen Jahren die allerstärkste Polizeipräsenz, unterstützt durch eine Vielzahl von Maßnahmen. Das ist unser klares Ziel. Wir wollen, dass sich auch dort, wie überall in Hamburg, die Menschen sicher fühlen und sicher feiern können.
Ich glaube, dass Hamburg in der Frage, wie man polizeilich reagiert, wie man bei den Ermittlungsbehörden reagiert, wie man bei all den Fragen des Ausländerrechts reagiert, aber auch mit dem Blick auf eventuell notwendige Gesetzesverschärfungen eine überaus konstruktive Rolle auf Bundesebene einnimmt.
Hamburg hat mit dafür gesorgt, dass beispielsweise bei den minderjährigen Flüchtlingen jetzt zum ersten Mal eine Verteilung stattfinden kann. Was für ein wichtiges Zeichen in dieser ganzen Diskussion. Wir nehmen dort eine gute Rolle ein, und deshalb finde ich es ganz prima, dass es auf Bundesebene einen Reformprozess beim Sexualstrafrecht gibt. Wir lenken den Blick auf diese aktuelle Lage, diese Vorfälle, diese schrecklichen Taten, wo im Sexualstrafrecht Handlungsbedarf besteht. Es ist ein wichtiges Zeichen nach Berlin, aber auch an die Hamburgerinnen und Hamburger, gerade an die Hamburgerinnen, dass wir das ernst nehmen und zusehen, dass da angemessen sanktioniert werden kann.
Ich sage das auch noch einmal mit Blick auf diesen Fall in Ohlstedt, der mich als Wahlkreisabgeordneten und als Vater wirklich mitgenommen hat. Dass es bei einer solchen Rechtsprechung quasi auf die zeitliche Länge des Kusses ankommt, um zu beurteilen, ob es ein sexueller Missbrauch von Kindern war, das ist etwas, bei dem man nicht Jurist oder Nichtjurist sein muss, sondern das ist einfach schwierig zu verkraften. Deshalb muss man zusehen, wo noch nachgesteuert werden muss. Ich glaube, das sind wir dem Rechtsempfinden der Bürgerinnen und Bürger und auch den Kindern schuldig.
Beim Thema Ausländerrecht geht es gar nicht um Sippenhaft – das sage ich jetzt in Richtung der LINKEN. Es ist nun einmal eine Konsequenz, die sich aus unserem Recht ergibt, dass man darauf achtet, was möglich ist oder an welchen Stellen noch Veränderungsbedarfe sind. Ich finde es gut, dass sich die Große Koalition auf den Weg gemacht hat, um Nachsteuerungsbedarfe zu ermit
teln, und dabei werden wir sie entsprechend begleiten. Ich glaube, das ist das Richtige in dieser Situation. Wir müssen gemeinsam handlungsfähig sein, damit die Diskussion über Staatsversagen nicht erst aufkommt. Die aktuellen Zahlen aus Hamburg zeigen vielleicht auch, dass wir alles dafür tun müssen, dass nicht die AfD in einer solchen Situation fröhliche Urständ feiert. Wir müssen in Hamburg und Berlin gemeinsam handlungsfähig sein, das ist die richtige Antwort, das ist das Gebot der Stunde. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, verein- zelt bei der CDU und der LINKEN und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP und Nebahat Güçlü fraktionslos – Zuruf von Dr. Bernd Baumann AfD)