Protokoll der Sitzung vom 03.03.2016

Die CSCL Indian Ocean, ein Containerschiff mit 19 000 TEU, ist auf der Elbe auf Grund gelaufen, Herr Niedmers, nicht, wie Sie suggeriert haben, weil sie im Schlick stecken geblieben ist, sondern weil sie einen Ruderschaden hatte und ein sehr verantwortungsbewusster Lotse an Bord war, der dieses Schiff am Rande der Fahrrinne vernünftig abgesetzt hat, um dann im Anschluss die Indian Ocean nach einer Woche wieder freischleppen zu lassen.

(Ralf Niedmers CDU: Es wurde auch gebag- gert!)

Das war in einer sehr schwierigen Situation sehr gut gelöst und hatte überhaupt nichts mit der Thematik Schlick zu tun, über die wir die ganze Zeit reden. Sie haben einen völlig unzulässigen Zusammenhang hergestellt. Er ist ehrlich gesagt geradezu peinlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte das auch in Ergänzung zu der zweiten Sache sagen, die dort passiert ist. Es gab einen zweiten Frachter, der stecken geblieben ist, und zwar, weil der Kapitän einen nautischen Fehler machte und zu früh im Mühlenberger Loch abgebogen ist. Aber auch das hat nichts mit der Frage zu tun, ob und wie im Hamburger Hafen Schlick gebaggert wird. Deswegen würde ich gern zum eigentlichen Thema kommen. Herr Kruse, Sie haben gesagt, das sei erst einmal ein Thema des Bundes.

(André Trepoll CDU: Haben Sie nicht zuge- hört? Er hat sinnbildlich gesagt!)

Sie haben dann so getan, als ob der Bund den Schlick, den er aus der Elbe baggert, bei Neßsand verklappe.

(Ralf Niedmers)

(Michael Kruse FDP: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Doch, das haben Sie gesagt. Sie haben gesagt, das führe zu weiteren Kreislaufbaggerungen.

Das ist in der Sache schlicht falsch, da der Bund nämlich das tut, was wir auch gern tun würden und was vielleicht eine qualifizierte Kritik an der Einigung mit Schleswig-Holstein gewesen wäre, aber das haben Sie nicht vorgebracht: Der Bund verklappt seinen Schlick bei St. Margarethen. Das Entscheidende bei St. Margarethen ist, dass die Strömung dort so stark ist, dass der Schlick aus dem Elbeästuar ausgetragen wird und es gerade nicht zu Kreislaufbaggerungen kommt. Deswegen ist Ihre Annahme in der Sache falsch.

(Michael Kruse FDP: Es gibt andere Ablage- rungsorte, das wissen Sie ganz genau, Herr Tjarks!)

Der Bund hat damit in der Sache kein Problem.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben im Januar das letzte Mal über dieses zweifellos wichtige Thema diskutiert, und im Januar sagte uns der Wirtschaftssenator hier, bis April gebe es eine Einigung. Das haben Sie sich aufgeschrieben. Die Einigung gab es am 9. Februar 2016; jetzt ist Anfang März. Der Senat hat, könnten Sie an dieser Stelle sagen, Wort gehalten.

Wir haben doch Folgendes gemacht.

(Michael Kruse FDP: Aber das Problem nicht gelöst!)

Erst einigt man sich, dann arbeitet man und dann ist das Problem gelöst.

Jetzt haben wir uns, wie Herr Seeler vorgetragen hat, geeinigt. Wir haben die Möglichkeit, unseren Schlick bei der Tonne E3 zu verklappen. St. Margarethen wäre unter dem Kostenaspekt betrachtet besser gewesen, denn da hätten sie nicht weit hinausfahren müssen. Auf diese qualifizierte Kritik in der Sache haben Sie aber nicht abgehoben. E3 ist eine gute Lösung, weil aus ökologischer Sicht erstens der Schlick aus dem inneren Elbeästuar ausgetragen wird und somit das innere Elbeästuar nicht mehr mit Kreislaufbaggerung belastet wird. Deswegen ist das in der Sache eine ökologisch sinnvolle, vernünftige und gute Lösung, die übrigens auch von allen Umweltverbänden gutgeheißen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Kommen wir zur Kostenbetrachtung. In der Tat möchte Schleswig-Holstein dafür, dass der Schlick bei der Tonne E3 verklappt wird, ein wenig Geld haben. Fragen wir uns erst einmal, was diese Einigung in der Sache bedeutet. Herr Niedmers hat einiges noch nicht richtig verstanden, nämlich dass es unterschiedliche physikalische Messgrößen

gibt, nämlich die Messgrößen Kubikmeter und Tonne Trockensubstanz. Damit das jeder nachvollziehen kann, erkläre ich Ihnen das. Unser schwarzgrüner Senat hat 2008 eine Vereinbarung getroffen, die besagt, dass wir dem Land Schleswig-Holstein zwei Euro pro Kubikmeter Schlick zahlen, den wir verklappen. Nun hat der rot-grüne Senat eine Vereinbarung getroffen, die besagt: Wir zahlen fünf Euro pro Tonne Trockensubstanz. Man muss aber wissen, dass ein Kubikmeter nur 0,462 Tonnen Trockensubstanz ist. Deswegen ist der Preis in Wahrheit praktisch derselbe, auch wenn er sich für Sie anders anfühlt. Deswegen wird es am Ende nicht teurer, sondern viel billiger werden, da es nämlich schweineteuer ist, im Kreislauf zu baggern. Deswegen ist es auch eine ökonomisch vernünftige Lösung für den Haushalt und für den Hafen. Ich würde mich freuen, wenn Sie deshalb sagen würden: Gut gemacht, lieber Senat, das war eine vernünftige Sache für unseren Hafen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Was, was, was? – André Trepoll CDU: Zahlen wir mehr oder weniger?)

Der Kollege Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Das sind schon interessante Kapriolen, die hier geschlagen werden.

(Milan Pein SPD: Von wem?)

Natürlich von verschiedenen. Ich werde kurz darauf eingehen.

Die erste interessante Kapriole war die ökologische Verteidigung der bisherigen Schlickpolitik des Senats durch die GRÜNEN. Handwerklich gesehen ist natürlich richtig, was dort gemacht worden ist – das werden alle sagen –, aber ökologisch betrachtet, Herr Tjarks, – und das haben Sie jahrelang gern vorgetragen – ist es kurzfristig gedacht. Schon seit vielen Jahren hat der Senat – auch der Vorgängersenat – gesagt, man sei in der Lage, die Elbe so zu entwickeln, dass insgesamt weniger Schlick hervorkommt. Das ist die Auseinandersetzung um die Elbvertiefung. Es ist ein dramatisches ökologisches Problem, dass wir so viel Schlick haben und herausgeben müssen. Dieses Problem ist durchaus zu lösen. Sie liegen mit Ihren Versprechungen gegenüber den ökologischen Verbänden jahrelang zurück und deshalb sollte man das wieder einfordern.

(Beifall bei der LINKEN)

Das zweite einfache Problem ist, dass vor einem halben Jahr im Hafen etliches handwerklich schiefgelaufen ist. Die HPA hat an bestimmten Stellen nicht genug ausgebaggert. Auch das gehört zu ei

(Dr. Anjes Tjarks)

ner selbstbewussten und selbstkritischen Darstellung von Regierungspolitik.

Ansonsten halte ich die Zuspitzung auf das Thema Schlick im Hamburger Hafen für einen Fehler. Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren noch viel heftigere und zum Teil skurrile Diskussionen über den Hafen erleben, denn der Hamburger Hafen befindet sich in einer Krise. Darüber müssen wir diskutieren. Wir haben einen Rückgang von fast 10 Prozent an Containern, auch wenn der Senat etwas völlig anderes vorhergesagt hat, und damit müssen wir uns stark auseinandersetzen. Wir haben einen Rückgang des konventionellen Stückgutverkehrs, der eine sehr wichtige arbeitsplatzintensive Branche im Hamburger Hafen ist, von 14 Prozent. Der Senat überlegt, den Betrieb, der dort gegenwärtig noch Ladungsmengen umschlägt, nicht mehr weiter im Hamburger Hafen ansässig sein zu lassen, ohne ein Konzept dafür zu haben, wie dieser konventionelle, für den Hamburger Hafen wichtige Stückgutverkehr weitergeführt werden könnte. Stattdessen haben wir im Wirtschaftsausschuss leider nur einige schraffierte Flächen hingesetzt bekommen und das wurde Pläne genannt. Das ist unzureichend für den Hamburger Hafen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mein Problem ist, dass ich beim Senat die Ernsthaftigkeit vermisse, sich damit auseinanderzusetzen und Konzepte zu entwickeln. Die dritte Krise kommt auf den Hamburger Hafen zu, wenn die HHLA – einer unserer wichtigen Logistik-Betriebe ebenfalls schließen will.

In dieser krisenhaften Situation des Hafens redet unser Senat das alles schön und sagt auf Pressekonferenzen, die Pressevertreter seien schuld, weil sie so schlecht über den Hafen berichten. Angesichts Ihrer Unfähigkeit, diese Krise zu lösen, ist das eine unsägliche Arroganz der Macht. Wir müssen diese Krise lösen, aber leider sehe ich nicht viele Kräfte, die das in Hamburg wollen.

(Beifall bei der LINKEN und bei André Tre- poll CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Baumann von der AfD-Fraktion.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Hafen ist in der Krise, das haben wir von verschiedenen Seiten gehört. Wir haben uns schon oft darüber unterhalten; es ist heute nicht das erste Mal und wird auch nicht das letzte Mal sein. Klar muss sein, dass Senator Horch für die äußeren Rahmenbedingungen – Herr Kruse, Sie haben noch einmal angesprochen, dass China und Russland schwächeln – natürlich nichts kann. In Richtung FDP gesagt: Auch dafür, dass wir im Moment eine starke Baukon

junktur haben und die Preise und Investitionskosten steigen, kann Senator Horch wahrscheinlich nichts.

Wir wissen doch alle, dass unser Hafen verglichen mit anderen globalisierten Häfen grenzwertig flach ist, dass wir immer wieder nachbaggern müssen, weil dauernd der Nordsee-Schlick hereingespült wird. Das ist nicht zum Lachen, sondern ein ernstes Thema. Für die natürlichen Bedingungen des Hafens kann Senator Horch auch nichts. Aber angesichts dieser natürlichen Nachteile unseres Hafens ist es umso wichtiger, dass das Hafenmanagement und die Qualität stimmen und dass Made in Germany im Hafen geleistet wird, wenn die Schiffe aus der ganzen Welt kommen. Das war zu wenig der Fall.

Dort, wo Schlick war, das haben wir nun breit diskutiert, konnten Schiffe nicht festmachen; das kostete Zeit, kostete Ladung und war geschäftsschädigend. Die Dauerverzögerung bei der Elbvertiefung führt zu erheblichen Ladungsverlusten. Auch das ist geschäftsschädigend. Zentrale Infrastrukturinvestitionen unterbleiben, Straßenerneuerung verzögert sich oder bleibt aus. Brücken sind marode.

(Michael Kruse FDP: Warum denn? Weil es teurer wird! Eben haben Sie doch noch ge- sagt, das ist kein Problem!)

Die Erreichbarkeit des Hafens für Schwerlastverkehr ist damit nicht mehr hinreichend gegeben. Auch das ist geschäftsschädigend. Die geplante Westerweiterung des Hafens, 2005 einmal beschlossen, 2010 sollte sie fertig sein, gibt es immer noch nicht. Auch das ist geschäftsschädigend. Der Mittel- und Oberlauf der Elbe sollten mindestens 1,60 Meter Tiefe bekommen, was bisher politisch auch nicht gelungen ist. In gewisser Weise wirkt sich das auch für den Binnenanschluss, den Binnenverkehr und die Binnenschifffahrt geschäftsschädigend aus. Das ist ein Katalog des Grauens. Das kann so nicht weitergehen. In dieser Breite müssen wir das diskutieren.

(Beifall bei der AfD)

Worauf ich den Fokus legen möchte, ist, dass man bei all diesen Themen mehr oder weniger erkennen kann, dass der grüne Koalitionspartner derjenige ist, der Sand ins Getriebe streut und bremst. Das Kernproblem des Hafens ist das ewige Schielen des grünen Koalitionspartners auf eine ganz bestimmte Wählerklientel, wo sich Modernisierungsverweigerer, Fortschrittsblockierer und Ökoradikale unter gewisse Gruppen mischen, die schon einmal die Oberhand gewinnen können. Auch das ist nicht zum Lachen. An den Projekten kann man sehen, welche Folgen das im Einzelnen hat. Diese Klientel war so wichtig, Herr Tjarks, dass Sie schon gleich in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben haben, Sie seien uneinig bezüglich der Notwendigkeit der Elbvertiefung. Das ist eigentlich ein Skan

(Norbert Hackbusch)

dal für einen Koalitionsbeginn in einer Stadt wie Hamburg. An den ausufernden Ökoauflagen leidet der Elbvertiefungsprozess immer noch. Nach 14 Jahren wurden 5 000 Einwendungen gemacht. Pflanzen wie der Schierlingswasserfenchel spielten teilweise eine größere Rolle als 10 000 Arbeitsplätze. Das muss man sich einmal vor Augen führen. Das reicht bis in die jüngste Zeit, wo der grüne Senator Kerstan bei der Elbvertiefung zu verzögern suchte, indem er nahestehenden Umweltverbänden noch einmal längere Fristen zur Stellungnahme einräumen wollte, auch wenn es dann nicht funktioniert hat. Vom Elbvertiefungsthema über die Ziele an Mittel- und Oberelbe, die wir nicht erreicht haben, bis zum momentanen Entschlickungsdesaster im Hafen streuen die GRÜNEN mit ideologisch angeschlossener Blockiererklientel immer Sand ins Getriebe. Das ist das eigentliche Problem, während flinke Konkurrenten in Antwerpen und Rotterdam im beinharten Wettbewerb den Kunden schnelle Lösungen bieten. Das ist das Problem des Hafens, und hier muss sich etwas ändern.

(Beifall bei der AfD)

Bei einem solchen Koalitionspartner kann man schon einmal Mitleid haben mit einem Menschen wie Frank Horch, unserem Wirtschaftssenator, der eine Vita als gestandener Manager vorweisen kann und vor dem man wenigstens Respekt haben kann, anders als zum Beispiel Sie, Herr Tjarks,

(Heiterkeit bei der SPD)