Protokoll der Sitzung vom 31.03.2016

(Zuruf)

Schauen Sie doch einmal in meine Schriftliche Kleine Anfrage hinein, dort ist das Ganze aufgeführt.

(Sylvia Wowretzko SPD: Es stimmt nicht!)

Auch die Konsequenz des Regierungshandelns ist bekannt. Bei diesem Sparkurs des Senats sind die Krankenhäuser dazu verdammt, die für die medizinische Versorgung gedachten Gelder der Krankenkassen für Investitionen zweckzuentfremden. Dass Sie in Ihrem Antrag die Kosten- und Finanzierungsfrage der Zentren für Altersmedizin in den Bezirken komplett aussparen, lässt nichts Gutes vermuten. Sollen die Krankenhäuser doch selbst zusehen, wie sie die Versprechungen von RotGrün in die Tat umsetzen – ist das Ihre Meinung? Dann handeln Sie auch danach. Dann geben Sie ihnen das an die Hand, was sie benötigen. Darf der Senat sich dann mit den Verdiensten der hamburgischen Krankenhäuser schmücken? Ich denke nicht.

Die CDU plädiert dementsprechend an dieser Stelle eindeutig für mehr Transparenz und für mehr Fairness im Umgang miteinander. Deswegen bringen wir heute diesen Zusatzantrag ein, der sich danach richtet. Herr Lein hat es schon gesagt, weder einer Überweisung noch dem Antrag wird zugestimmt. Wir fordern ganz einfach, die für die Einrichtung und den Betrieb der Zentren für Altersmedizin einmalig und laufend anfallenden Kosten transparent darzustellen. Dem wollen Sie sich verwehren, einer transparenten Darstellung? Das finde ich bemerkenswert. Dann ist es, ehrlich gesagt, schwierig, Ihnen einen Blankoscheck auszustellen und sich an der Finanzierung der einmaligen und laufenden Kosten für die Einrichtung und den Betrieb der Zentren für Altersmedizin mit einem Ei

genbeitrag zu beteiligen. Sollten Sie sich unserer sachlichen Ergänzung nicht anschließen, werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten, denn einem Blankoscheck oder mangelnder Kostentransparenz können wir nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Blömeke von der GRÜNEN Fraktion bekommt nun das Wort.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Noch einmal der Hinweis: Es ist eindeutig zu laut.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Stöver, ich gehe gleich an geeigneter Stelle noch einmal auf Ihre Einwände ein.

Ich würde gern einleitend ein paar Sätze sagen. Wenn Sie mit alten oder älteren Menschen zu tun haben, im Wohnumfeld oder in der eigenen Familie, dann werden Sie sicherlich bestätigen können, dass das Leben sich im Alter zunehmend um gesundheitliche Fragen dreht, dass aber auf der anderen Seite die medizinische Sicht hier eindeutig an ihre Grenzen stößt. Denn körperliche Einschränkungen, mit denen alte Menschen ihren Alltag bewältigen müssen, oder drohende Vereinsamung können nicht durch eine Therapie geheilt werden, und die fehlende helfende Hand kann ebenso wenig auf Rezept verordnet werden. Im Alter zeigt sich besonders deutlich, dass die Weltgesundheitsorganisation recht hat, wenn sie sagt, Gesundheit sei nicht nur die Abwesenheit von Krankheit, sondern ein Zusammenspiel von körperlichem, seelischem und sozialem Wohlbefinden. Das erleben wir im Umgang mit alten und älteren Menschen immer wieder. Die rein medizinische Sicht reicht hier nicht aus, es geht ganz eindeutig auch um die soziale Unterstützung, um die Inanspruchnahme von weiteren Hilfsangeboten oder um das konkrete Wohnumfeld. Die Altersmedizin, die in unserer Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird, trägt diesem Umstand Rechnung und ist davon geprägt – das sagten auch meine Vorrednerinnen und Vorredner –, dass der Erhalt der Selbstständigkeit im Mittelpunkt aller Bemühungen steht: so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden, so lange wie möglich allein versorgen. Deshalb schaffen wir in jedem Hamburger Bezirk ein Zentrum für Altersmedizin.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Zentren werden an den schon vorhandenen geriatrischen, also den altersmedizinischen Abteilungen, in den Krankenhäusern angesiedelt werden.

Jetzt komme ich zu Frau Stöver. Die Häuser bewerben sich dafür mit ihren eigenen Konzepten,

(Birgit Stöver)

und zwar freiwillig. Das heißt, die Krankenhäuser sind nicht verpflichtet, diese altersmedizinischen Zentren aufzubauen. Aber die Resonanz der Krankenhäuser ist enorm, denn obwohl zunächst keine zusätzlichen Mittel in die altersmedizinischen Zentren fließen – da haben Sie recht –, ist es für die Krankenhäuser ausgesprochen attraktiv, diesen Titel zu erwerben, da die Geriatrie insgesamt inzwischen an Bedeutung gewonnen hat. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass wir eine ausreichende Anzahl, wahrscheinlich sogar mehr, als wir benötigen, in jedem Bezirk gewinnen können. Denn wenn ein Krankenhaus attraktiv ist – das ist eine wirtschaftliche Rechnung –, werden dort natürlich auch mehr Patientinnen und Patienten hinkommen. Am Ende wird es sich für die Häuser rechnen, sonst würden sie sich nicht bewerben.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen bin ich der Ansicht, dass Sie mit Ihrem Antrag ein Zerrbild darstellen, wenn Sie eine finanzielle Kompensation für die Krankenhäuser fordern. Ihr Antrag ist in diesem Fall nicht zustimmungsfähig für uns, denn – ich betonte das bereits – es ist im Eigeninteresse der Häuser, sich als Zentrum ausweisen zu können.

Diesen Umstand nutzen wir, um vor allen Dingen die Versorgung der älteren Generation dort, wo es notwendig ist, nämlich genau an den Schnittstellen, zu verbessern. Denn gerade die älteren und alten Patientinnen und Patienten leiden unter der Trennung stationärer und ambulanter Versorgung. Man sagt: im Krankenhaus überversorgt und zu Hause unterversorgt. Was passiert? Wir haben oftmals einen Drehtüreffekt, das heißt wiederkehrende Krankenhausaufenthalte ohne echte Rehabilitation. Daher ist es ganz besonders wichtig, dass die altersmedizinischen Zentren die Übergänge von der stationären Versorgung in eine gute ambulante Versorgung für die Patientinnen und Patienten organisieren. Auch das wird eine Aufgabe der altersmedizinischen Zentren sein, es geht hier nicht nur um die reine medizinische Betreuung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Welche Folgen hat das? Es hat die positiven Folgen, dass stationäre Krankenhausaufenthalte auf Dauer vermieden oder verkürzt werden, indem eng mit umliegenden Versorgungs- und Betreuungsangeboten kooperiert wird. Dazu gehören natürlich auch eine gute Sozialberatung und ein umfassendes Entlassungsmanagement. Das spart am Ende Kosten, für die Krankenkassen und für unsere Gesellschaft. Ich glaube, das ist der richtige Weg, wie wir in Hamburg mit der Altersmedizin umgehen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich will einen anderen Punkt nicht verhehlen, der schon angesprochen wurde. Ein wichtiger Baustein sollen in der Tat die sogenannten geriatrischen In

stitutsambulanzen werden. Unser Wunsch ist es, dass alle altersmedizinischen Zentren neben dieser Krankenhausstation auch eine geriatrische Ambulanz im Sinne einer geriatrischen Institutsambulanz betreiben. Allerdings, das wurde schon gesagt, ist die Genehmigung durch die ärztliche Zulassungsstelle bislang ein Problem. Dafür haben wir in unserem Antrag Vorsorge getroffen. Sollten die entsprechenden Anträge beim Zulassungsausschuss tatsächlich nicht durchkommen, dann wird sich Hamburg auf der Ebene der Gesundheitsministerkonferenz oder eventuell gar per Bundesratsinitiative für den Abbau von Zulassungshürden einsetzen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Altersmedizin nimmt das konkrete Lebensumfeld der Patientinnen und Patienten in den Blick, um echte Rehabilitation zu erwirken und Selbstständigkeit im Alter zu erhalten. Deswegen geht Hamburg mit den altersmedizinischen Zentren einen entscheidenden Schritt in der Versorgung älterer und alter Menschen voran, und das nicht nur mit Blick auf die medizinische Versorgung, sondern auch mit Blick auf all die sozialen Kontextfaktoren, die in unserer Gesellschaft für ein gutes Leben im Alter notwendig sind. Ich glaube, dass wir damit einen guten Beitrag leisten, und werbe noch einmal um die Zustimmung der CDU, auch wenn Sie noch an der einen oder anderen Stelle damit hadern. Ich hoffe, ich war überzeugend für Sie. – In dem Sinne: Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Celik von der Fraktion DIE LINKE bekommt nun das Wort.

Verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir begrüßen die Initiative der Regierungsfraktionen, in jedem Bezirk ein Zentrum für Altersmedizin einzurichten, und werden Ihrem Antrag zustimmen.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Die Tatsache, dass neben der medizinischen Versorgung auch Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten sowie die Kooperation mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und Pflegestützpunkten einen zentralen Stellenwert in Ihrer Initiative einnehmen sollen, unterstützen wir ausdrücklich, genauso die Zielsetzung, stationäre Aufenthalte durch ganzheitliche Behandlungskonzepte zu verringern. Allerdings entspricht es nicht den Tatsachen, Frau Wowretzko, wenn Sie behaupten, dass Hausärzte keine Hausbesuche mehr durchführten und dass das der Grund für zunehmende stationäre Aufenthalte sei.

(Sylvia Wowretzko SPD: Das habe ich so nicht gesagt! – Christiane Blömeke GRÜNE: Sie hat doch gar nicht geredet!)

(Christiane Blömeke)

Nein, nicht hier, aber so wurden Sie im "Hamburger Abendblatt" zitiert; vielleicht wurden Sie falsch zitiert.

Ich wollte sagen, dass das die falsche Begründung ist. Aber wenn Sie sagen, Sie haben das nicht gesagt, nehme ich das zurück.

(Sylvia Wowretzko SPD: Das habe ich so nicht gesagt!)

Gut. Das wäre nämlich die falsche Begründung für die richtige Sache.

Wenn wir nachhaltig die Selbstständigkeit von älteren Menschen fördern wollen, müssen wir neben den Zentren für Altersmedizin natürlich auch Konzepte entwickeln für quartiersbezogene ganzheitliche Herangehensweisen, und selbstverständlich gehören Hausbesuche von Hausärztinnen und Hausärzten als wichtiger Bestandteil zu solchen Konzepten dazu und müssen gefördert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch wir finden, dass die Berücksichtigung der individuellen Umfeldbedingungen sehr wichtig ist für eine ganzheitliche Versorgung. Neben medizinischen und pflegerischen Angeboten müssen auch soziale Angebote unterbreitet werden. Das sehen wir genauso, Frau Blömeke. Nun ist das aber auch keine so innovative Idee, sondern üblicher Inhalt von Assessment-Verfahren in geriatrischen Abteilungen.

Die Zielsetzung ihres Antrags, die Vorgabe "ambulant vor stationär" zu erfüllen, ist schlichtweg irreführend. Sie erwecken mit Ihrem Antrag eine Erwartung, die Sie unserer Meinung nach nicht erfüllen können. Auch in der Berichterstattung habe ich vernommen, dass zumindest der Anschein erweckt wurde, dass stationäre Aufenthalte reduziert werden sollen und ambulante Versorgung in den Krankenhäusern stattfinden soll. Das geht leider nicht. Für eine ambulante Behandlung in den geriatrischen Institutsambulanzen gibt es keine gesetzliche Grundlage. Das ist deshalb nicht umsetzbar. Gerade im vergangenen Sommer haben der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf Bundesebene eine Vereinbarung getroffen. Darin steht ausdrücklich, dass diagnostische Leistungen und keine therapeutischen Leistungen enthalten sein dürfen.

(Christiane Blömeke GRÜNE: Deswegen wollen wir es ja ändern!)

Das heißt, die Behandlung eines Patienten soll weiter von den Haus- und Vertragsärzten durchgeführt werden. Die Ärzte, die in einer Ambulanz tätig sind, können nur Behandlungspläne erstellen, die einen empfehlenden Charakter haben. Zudem kann eine Institutsambulanz durch den Zulassungsausschuss nur ermächtigt werden, wenn eine Unterversorgung festgestellt wird. Daher auch

Ihre Sorge und diese Ungewissheit, dass eine Zulassung durch den Zulassungsausschuss vielleicht doch nicht erfolgen könnte. Sie haben in Ihrem Petitum in den Punkten 4 und 5 in Aussicht gestellt, auf Bundesebene tätig zu werden, um hier nachzusteuern. Wir fragen uns, warum Sie vor dem Hintergrund, dass die Senatorin schon vor zwei Jahren verkündet hat, dass diese Zentren kommen sollen, nicht bereits im Vorfeld initiativ tätig geworden sind, sondern erst jetzt, nachdem diese Vereinbarung steht, nachgesteuert werden soll. Das ist unserer Meinung nach keine vernünftige Herangehensweise, sondern eher Symbolpolitik.

Zu der Finanzierung. Das sehen wir genauso wie Frau Stöver. Es muss Transparenz hergestellt werden, um eine angemessene Ausstattung zu gewährleisten und multiprofessionelle Teams zu bilden. Deshalb werden wir den Antrag der CDU unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun bekommt Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gar keine Frage: Die Geriatrie ist jetzt schon ein großes Problem, und das Problem wird noch wesentlich größer werden. Die Behandlung alter Menschen ist nicht wie Behandlung junger Menschen. Ich bin regelmäßig in einem Pflegeheim, und ich sage Ihnen: Die Tätigkeit dort ist wichtig, aber sie ist deutlich anders als in der Praxis. Trotzdem ist sie notwendig. Hier muss einiges passieren. Aber ich habe den starken Eindruck, dass das, was in diesem Antrag gefordert wird, vielleicht für sozialdemokratische Ohren und Augen gut ist, an den wahren Problemen aber vorbeigeht. Zumindest ist Ihr Antrag nicht zustimmungsfähig.

Ich will Ihnen einmal erläutern, warum. Zunächst einmal geht es um den Standort Hamburg. Man kann darüber diskutieren, ob man solche Zentren in dünn besiedelten Regionen braucht. Darüber kann man nachdenken. Aber Hamburg hat anerkanntermaßen eine sehr hohe Arztdichte und mehrere Krankenhäuser mit geriatrischer Kompetenz.

Wenn man wir uns einmal die Petita ansehen, staunt man. In Punkt 1 steht ernsthaft, der Senat solle Zentren für Altersmedizin schaffen. Der Senat soll sie schaffen, nicht Krankenhäuser oder die Ärzte oder sonst irgendjemand – die Krankenkassen zum Beispiel –, nein, der Senat selbst. Das ist nichts anderes als Staatsmedizin. Der Staat oder die Stadt Hamburg ist nicht geeignet, Zentren zu schaffen.

Der zweite Punkt des Petitums: Der Senat – das steht wörtlich so darin – solle Case-ManagementSysteme etablieren. Donnerwetter. Ich halte viel