"Die Schuldenbremse verkürzt das zentrale Ziel der Zukunftsvorsorge einer Volkswirtschaft auf die Stabilisierung des Schuldenstandes der öffentlichen Hand. Mit dieser eindimensionalen Sichtweise fällt sie konzeptionell weit hinter die von den meisten Finanzwissenschaftlern und auch vom Sachverständigenrat befürwortete 'goldene Regel' zurück. Diese sieht vor, dass öffentliche Investitionen durch Kredite finanziert werden können. Die 'goldene Regel' erkennt also an, dass es neben der passiven Zukunftsvorsorge, die in einer Begrenzung der Verschuldung besteht, auch eine aktive Zukunftsvorsorge in der Form öffentlichen Investitionen geben muss."
Jetzt, sieben Jahre später, sind wir mit der Situation konfrontiert, dass entsprechend dieser unseligen Schuldenbremsenpolitik und deren Verankerung in Form des Finanzrahmengesetzes in der hamburgischen Verfassung Investitionen in dringend notwendige soziale Infrastrukturmaßnahmen, ausreichend bezahlbaren Wohnraum, Bildungsund Betreuungseinrichtungen und viele mehr ausbleiben und in dem Hamburger Kernhaushalt ein strikter Sparkurs vorherrscht. Während der Senat bei Finanzierungsmodellen spektakulärer Leuchtturmprojekte stets reichlich kreative Fantasie entwickelt, wird er nicht müde, allen sonst an ihn he
rangetragenen Anforderungen schmallippige Absagen zu erteilen mit dem Hinweis, man sei ja wohl nicht bei "Wünsch Dir was" und wir müssten den Gürtel alle enger schnallen. Das perfideste Argument ist aber das so gefällig daherkommende, man wolle der künftigen Generation keine so hohe Schuldenlast vererben, und deshalb müsse man jetzt die Kürzungsschraube enger drehen – leider.
Ich kann hier nun nicht die Diskussion aufmachen, wie überhaupt die Schulden und vor allem, mit wessen Verantwortung sie entstanden sind. Ich werde jetzt auch nur protokollarisch erwähnen, dass die Anhebung des Spitzensteuersatzes, die Einführung der Vermögen- und Erbschaftsteuer zu einer erheblichen Umverteilung des vorhandenen Reichtums und damit zu Mehreinnahmen in jährlicher Milliardenhöhe führen würde.
Ich will aber deutlich sagen, wie zynisch ich diese Argumentation finde, weil sie den Kindern und Jugendlichen, die heute in Kitas oder Schulen gehen, die heute einen Ausbildungsplatz suchen, die heute in Armut leben und damit gemeinsam mit ihren Eltern systematisch vom sozialen Leben ausgegrenzt werden, überhaupt nicht weiterhilft, ganz im Gegenteil. Die jetzige Generation unserer Kinder und Jugendlichen ist im Hier und Jetzt betroffen von schlecht ausgestatteter Inklusion, von zu großen Krippengruppen, von mangelnden Hilfe-, Unterstützungsund Beratungsangeboten, und Tausende von Hamburgerinnen und Hamburgern brauchen jetzt eine bezahlbare Wohnung, eine existenzsichernde Arbeit, einen vollqualifizierenden Ausbildungsplatz, angemessene Gesundheitsversorgung, würdevolle Pflege und auskömmliche Rente.
Aber der Herr Bürgermeister und mit ihm leider auch die rot-grüne Fraktion sind eher genervt vom Thema der sozialen Gerechtigkeit beziehungsweise der krassen sozialen Spaltung in unserer Stadt. Es ist leider so bekannt wie erschreckend: In seiner Regierungserklärung am 15. April letzten Jahres hat Olaf Scholz zu diesem Thema kein Wort gesagt. Wir stellen diese Frage aber jeden Tag aufs Neue, das versichere ich Ihnen, weil der soziale Friede und Zusammenhalt gerade in den Zeiten von Pegida und AfD-Rechtspopulismus und unserer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe einer humanen Flüchtlingspolitik wichtiger denn je sind.
"Die Aufstiegsperspektive, dass es einem selbst und seinen Kindern einmal besser gehen wird, ist längst nicht mehr selbstverständlich gegeben. Vielmehr macht sich in
Da frage ich den Senat natürlich – den Bürgermeister kann ich heute leider nicht fragen –: Was gedenken Sie denn konkret zu tun? Was ist Ihr Plan, um gegenzusteuern? Was sind Ihre konkreten Antworten darauf? Dass Handlungsdruck besteht, ist doch wohl unumstritten. Selbst Sigmar Gabriel mahnt ein soziales Investitionsprogramm an. Und auch die GRÜNEN im Bund fordern mehr Investitionen in Wohnung, Bildung und Kitas, jedenfalls Anton Hofreiter.
Da Sie offensichtlich auf stur schalten und nicht tätig werden wollen, muss DIE LINKE wieder einmal aktiv werden. Deshalb machen wir Ihnen heute ein Angebot, und es ist weder unsittlich noch unrealistisch.
Wir fordern nämlich nicht die Abschaffung der Schuldenbremse – jedenfalls heute nicht – oder die Öffnung des Finanzrahmengesetzes. Nein, wir beziehen uns ganz schlicht auf die von Ihrem Finanzsenator vorgestellte Summe aus den Steuermehreinnahmen in Höhe von 478 Millionen Euro, abzüglich der zu Recht zurückgestellten 160 Millionen Euro für die Finanzierung der Bedarfe der Geflüchteten, also auf 318 Millionen Euro, die auf dem Tisch des Hauses liegen und sofort investiert werden könnten.
Laut der Drucksache 21/4471 zweifelt selbst der Finanzsenator nicht mehr an der Höhe der zusätzlichen Einkünfte. Wir legen also mit unserem "Sofortprogramm für ein sozialeres Hamburg" kein allgemeines Wunschkonzert vor, wir machen damit auch niemandem ein Heilsversprechen einer rosigen Zukunft, nein, wir orientieren uns mit ihm an ganz konkret ermittelten tatsächlichen Bedarfen und sind uns sicher, dass dieses Investitionsprogramm zu ein wenig mehr an Lebens- und Arbeitsqualität in den Wohnquartieren beitragen würde, und zwar sowohl für die Alt- als auch für die NeuHamburgerinnen und -Hamburger, für Groß und Klein unter ihnen, für Junge und Alte.
Außerdem legen wir aus gutem Grund den fiskalischen Schwerpunkt unseres Sofortprogramms auf bezahlbares Wohnen, denn Wohnen ist ein Menschenrecht.
Diesbezüglich erwarten wir vom Senat deutlich mehr Anstrengung. Verabschieden Sie sich endlich vom Drittelmix und richten Sie Ihre Politik an den Bedürfnissen der Mehrheit der Hamburger Bevölkerung aus.
Ihre Zustimmung zu unserem Antrag würde weit mehr zu einem sozialen Ausgleich in unserer Stadt beitragen als Ihre Strategie, die Steuermehreinnahmen nun zum Teil in Rückstellungen zu verlegen und 100 Millionen Euro in die Altschuldentilgung zu geben. Ein solcher Effekt wäre verschwindend gering im Vergleich zu den Auswirkungen von unseren Vorstellungen, wo lediglich wenige Millionen Euro, manchmal sogar nur Tausenderbeträge, dazu beitragen würden, die wichtige Arbeit vor Ort in den Stadtteilen und dringend benötigten Wohnraum weiter auszubauen. Diese Investitionen würden sich in der Zukunft rechnen und heute einen Mehrwert für eine solidarischere Gesellschaft schaffen. Deshalb sagen Sie Ja zu 2 000 zusätzlichen Sozialwohnungen, zu einer kräftigen Aufstockung des RISE-Programms, zu mehr Lehrerinnen- und Lehrerstellen in der Inklusion und Erzieherinnen- und Erzieherstellen in Kitas. Sagen Sie Ja zu Babybegrüßungsbesuchen, die alle Neugeborenen und ihre Familien in den Blick nehmen. Sagen Sie Ja zu weiteren 800 öffentlich geförderten Arbeitsplätzen. Sagen Sie Ja zu einem verbesserten schulischen Ganztag und zu zusätzlicher Sportförderung für Kinder und Jugendliche, deren Eltern sich dies nicht leisten können. Und sagen Sie Ja zu einer deutlichen Verstärkung der sozialen Einrichtungen in den Quartieren und last, but not least zur zwingend notwendigen Ausweitung der Deutsch- und Integrationskurse an der Volkshochschule.
Es wird höchste Zeit, dass Sie erkennen, dass es ein Umsteuern geben muss. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit für Sie, einen kleinen, aber wichtigen Schritt in diese Richtung zu gehen. Denn eines steht fest: Soziale Gerechtigkeit geht nur mit Investitionen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gehören Vernunft und Disziplin dazu, Steuerüberschüsse nicht gleich wieder auszugeben. Unser Finanzkonzept fußt auf Vernunft und Disziplin, ebenso wie unser konkretes Handeln.
Ihr Gegenentwurf aber, den Sie, Frau Boeddinghaus, gerade dargelegt haben, Überschüsse vollständig auszugeben, bedeutet bei schlechter Konjunktur und wegbrechenden Steuereinnahmen eben auch, dass Hunderte von Millionen Euro ad hoc eingespart werden müssen, dann auch zulasten der Sozialpolitik. Und das kann kein vernünftiger Mensch ernsthaft wollen.
Natürlich stimmt das. Weil Sie nicht ehrlich sind in dem, was Sie in Ihrem Antrag schreiben und in Ihrer Pressemitteilung verkünden. Denn in Wirklichkeit soll bei acht von Ihren zehn Punkten nicht einmalig mehr Geld ausgegeben werden, sondern dort schaffen Sie strukturelle Mehrausgaben, die uns jedes Jahr wieder belasten, für die Sie sich aber nicht in der Verantwortung sehen. Etwas mehr Ehrlichkeit, auch in der Debatte, würde uns sicherlich um einiges weiterbringen.
So fragwürdig Ihr Antrag haushaltspolitisch ist, so wenig ist er fachpolitisch aus unserer Sicht erforderlich. Dazu komme ich gleich noch. Vorweg möchte ich aber aus gegebenem Anlass noch ein paar Sätze zu unserer Finanzpolitik sagen.
Unsere Ausgabenpolitik orientiert sich an dem konjunkturell bereinigten langfristigen Trend der Steuererträge. Die damit angestrebte Konsolidierung ist kein Selbstzweck, Frau Boeddinghaus, sondern dient der Einhaltung der Schuldenbremse ab 2019/2020, die wiederum sehr viel mit Generationengerechtigkeit zu tun hat, weil sie den Staat auch künftig handlungsfähig hält, gerade zugunsten derjenigen, die auf einen starken sozialen Staat angewiesen sind.
Unsere Finanzpolitik kommt also denjenigen zugute – den Jungen und den sozial Schwächeren –, deren Wohlergehen Ihrem Antrag zufolge auch Ihnen vorgeblich am Herzen liegt. Und wenn Sie unsere Politik verfolgen, was wir trotz Schuldenbremse in Kita, Schule und Hochschule, in die Abschaffung der Bildungsgebühren investiert haben, ist Ihre Argumentation, die Schuldenbremse schade Hamburg, vollkommen absurd.
Unser Konzept ist auch nicht starr oder verfolgt blind einen Weg, sondern eröffnet finanzielle Spielräume, unter anderem dann, wenn der Trend der Steuereinnahmen sich nachhaltig positiv verändert und das Finanzrahmengesetz, so wie wir es im Herbst getan haben, angepasst werden kann.
Aber unserer Ausgabendisziplin ist es auch zu verdanken, dass wir der derzeit großen finanziellen Herausforderung der Zuwanderung von Flüchtlingen begegnen können, ohne neue Schulden machen zu müssen oder den Rotstift bei anderen Dingen ansetzen zu müssen. Es zeigt sich als Konsequenz unseres Handelns, dass wir hier Bewegungsspielraum haben. Auch deswegen werden wir die Mittel, die jetzt zur Verfügung stehen, in bewährter Weise zentral vorhalten, um Bedarfe im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flücht
lingen und deren Integration befriedigen, aber auch andere wichtige Aufgaben angehen zu können, für die wir uns Reserven schaffen werden. – So viel zur Finanzpolitik.
Auch fachlich sind wir gut aufgestellt, weswegen wir Ihren Antrag ablehnen werden, weil wir dort, wo die Bedarfe sind, Frau Boeddinghaus, immer handeln. Lassen Sie mich einige Punkte herausheben. Zunächst zum Wohnungsbau. Das verstehen Sie leider nicht – Frau Sudmann ist an der Spitze der Bewegung der Nicht-Versteher –, deswegen sage ich es noch einmal.
Wir haben bisher im Bündnis für das Wohnen Zielzahlen von 6 000 Wohnungen gehabt. Wir werden das auf 10 000 Baugenehmigungen pro Jahr anheben. Die Zahl der geförderten Wohnungen ist von 2 000 über 2 300 auf 3 000 Wohnungen gestiegen. Sie sehen also, dass wir auch im Wohnungsbauprogramm noch einmal richtig in die Vollen gehen.