Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Trepoll, als Sie mir den Vorwurf gemacht haben, ich sei mit Ihrer Rede oberflächlich umgegangen, wollte ich fast sagen, nein, das wollte ich nicht. Aber nachdem Sie nun so platt auf meine Rede reagiert haben, lasse ich es lieber.
Das ist doch genau der Punkt. Die politischen Entscheidungen, die wir zu fällen haben, sind eben nicht so einfach. Und sie sind auch nicht so einfach, wie Sie sie skizziert haben. Es geht nur zum einen Teil darum, wie hoch die Anerkennungsquote in diesem Land für Menschen ist, die zum Beispiel aus Marokko kommen und hier Asyl beantragen. Es geht aber auch darum, was wir machen, wenn wir ein Land als sicheres Herkunftsland anerkennen, in dem die Polizei foltert oder in dem Homosexualität nicht offen gelebt werden kann,
Journalistinnen und Journalisten ihre Meinung nicht sagen dürfen. Das ist nur ein Teil der Bandbreite der Entscheidungen, die wir zu treffen haben. Ich weiß, dass das natürlich auch die CDU diskutiert. Herr Jarchow, zur FDP habe ich gar nichts gesagt. Ich weiß, dass dieses Thema auch bei Ihnen diskutiert wird. Diesen Raum müssen wir uns nehmen. Wogegen wir uns aber wehren – und das auch durchaus platt, weil es auch ein platter Vorwurf ist –, ist, dass wir GRÜNEN die Einzigen sind, die aus Prinzip etwas nicht mitmachen wollen. Das ist nämlich falsch.
Es sind Entscheidungen, die auch für europaweite Entscheidungen wegweisend sein werden. Wir wollen, dass das rechtsstaatlich sauber ist, dass es auch in den Auswirkungen für die Menschen, über die wir reden, akzeptabel ist. Und wir wollen, dass es politische Signale beinhaltet, die nicht in die völlig falsche Richtung gehen und den Ländern, über die wir reden, einen Freibrief ausstellen. Das darf nicht passieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich mache es kurz. Ja, es ist eine schwierige Entscheidung, bei der man mit guten Gründen der einen oder der anderen Auffassung sein kann.
Das haben wir sehr wohl deutlich gemacht. Im Bundestag hat die SPD zugestimmt. Jetzt hat die Bundesregierung dieses Vorhaben auf den Weg gebracht. Es ist nun einmal seit Jahrzehnten in deutschen Koalitionen so, dass es Bundesratsklauseln gibt – auch, glaube ich, keine Erfindung von SPD und GRÜNEN, sondern überall – und dass man sich der Stimme enthält, wenn es eine Uneinigkeit gibt. Das kann man natürlich bedauern, aber es ist nun einmal ein Fakt, mit dem wir umgehen müssen. Wir haben unsere Positionen und die GRÜNEN haben ihre Positionen. Das ist in Ordnung und das halten gute Koalitionspartner miteinander aus. So weit in Ordnung.
Natürlich werden wir die Sachverhalte weiter beobachten und natürlich uns auch ansehen, wie sich die Fallentwicklung weiter darstellt. Aber ich glaube, es ist kein Grund, eine solch politische Schauspielerei anzufangen, wie das hier passiert ist. – Vielen Dank.
Wir kommen zum Punkt 55 unserer heutigen Tagesordnung, Drucksache 21/4698, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Hamburg braucht innovative Konzepte für frei finanzierten und bezahlbaren Wohnungsbau: "Hamburger Effizienzwohnungsbau" als wichtige Ergänzung des Mietwohnungsbaus.
[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Hamburg braucht innovative Konzepte für frei finanzierten und bezahlbaren Wohnungsbau: "Hamburger Effizienzwohnungsbau" als wichtige Ergänzung des Mietwohnungsbaus – Drs 21/4698 –]
[Antrag der CDU-Fraktion: Nicht viel reden, schreiben, prüfen, sondern einfach handeln – Den 2. Förderweg stärken! – Drs 21/4867 (Neufassung) –]
Auf Wunsch der Fraktionen der LINKEN und der FDP soll die Drucksache 21/4698 an den Stadtentwicklungsausschuss überwiesen werden.
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Trepoll, noch einmal ein kleines Nachhaken, wenn Sie mit Verhinderungsstrategie kommen. Sie haben jahrelang im Wohnungsbau eine solche Strategie betrieben. Darunter leiden die Hamburgerinnen und Hamburger noch heute.
Herr Kienscherf? Haben Sie diese Glocke gehört? Der Kollege Trepoll möchte Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen und ich frage Sie jetzt: Möchten Sie diese beantworten?
Vielen Dank. – Herr Kienscherf, sagt Ihnen die Zahl 45 485 irgendetwas? Das wäre meine Frage, die ich Ihnen auch gleich beantworten würde. Sie machen ein Gesicht, als wüssten Sie nicht, worüber ich rede. Das ist die Zahl der in der Dekade 2000 bis 2010 fertiggestellten Wohnungen. Ist Ihnen diese Zahl bekannt?
Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir innerhalb von fünf Jahren mehr als 30 000 Wohnungen fertiggestellt haben; das ist eine beeindruckende Leistung.
Das ging ein bisschen nach hinten los, wie im Allgemeinen Ihre Wohnungspolitik eher ergebnislos war.
Wie gesagt, seit 2011 wird in Hamburg wieder aktive Wohnungspolitik betrieben. Ich habe die fertiggestellten 30 000 Wohneinheiten schon angesprochen. Allein im letzten Jahr, Herr Trepoll, konnten wir über 8 500 Wohnungen fertigstellen. Fördermittel für über 10 000 Sozialwohnungen sind bereitgestellt worden. Wir haben den Mieterschutz ausgeweitet. Wir haben die Kappungsgrenze eingeführt. Wir haben die Mietpreisbremse eingeführt. Das zeigt, dass Hamburg beim Wohnungsbau und beim Mieterschutz in der Bundesrepublik an der Spitze liegt.
Aber man muss natürlich auch anerkennen, dass die Lage des Hamburger Wohnungsmarkts nach wie vor schwierig ist. Sie ist in vielen Städten in Deutschland und in vielen Wachstumsmetropolen in Europa schwierig, weil es einen verstärkten Zuzug in diese Wachstumsmetropolen gibt. Wenn man sich ansieht, wie viele Menschen aus Deutschland und aus der EU nach Hamburg kommen und wie das in anderen Ländern, in anderen Städten aussieht, dann kann man sagen, dass Hamburg noch gut dran ist verglichen mit den angestiegenen Mieten in München, London oder Paris. Trotzdem dürfen wir beim sozialen Wohnungsbau nicht lockerlassen. Wir müssen eine Schippe drauflegen. Die Wohnungsfrage wird die entscheidende soziale Frage in dieser Stadt und in anderen Städten sein. Wir müssen sie lösen.
Deswegen ist es richtig, dass wir viele Weichenstellungen getroffen haben. Wir haben die Baugenehmigungszahlen erhöht. Wir haben aber auch den sozialen Wohnungsbau von 2 000 auf 3 000 Wohneinheiten deutlich erhöht. Wir haben die Planungskapazitäten in den Bezirken durch die Bereitstellung von 50 zusätzlichen Kräften erhöht. All das wird dazu führen, dass die Wohnungsbauleistungen in den nächsten Jahren kräftig erhöht werden. Diese Stadt braucht das. Und wir müssen alle dafür sorgen, dass wir mehr Wohnungen in dieser Stadt bauen.
Dazu gehört aber auch, dass wir uns insbesondere darum kümmern müssen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. 3 000 Sozialwohnungen sind ein ambitioniertes Ziel. Wir alle wissen, dass wir den frei finanzierten Wohnungsbau brauchen. Wir wissen aber auch, dass viele Menschen sich Mieten in Höhe von 12, 14 oder 16 Euro pro Quadratmeter nicht leisten können. Deswegen ist unser Ziel, mit einer sogenannten dritten Säule, nämlich dem Hamburger Effizienzwohnungsbau, dafür zu sorgen, in dieser Stadt Wohnungsneubau im frei finanzierten Bereich mit Mieten zwischen 8 und 9 Euro pro Quadratmeter zu ermöglichen. Damit schaffen wir es, endlich breite Bevölkerungsschichten auch im frei finanzierten Wohnungsbau berücksichtigen zu können. Das ist ein wichtiger Fortschritt.
Das ist in der Tat ein engagiertes Vorhaben. Dazu brauchen wir städtische Grundstücke, weil wir letztendlich auch die Bodenpreise haben müssen, die dies ermöglichen. Wir müssen auch die Bereitschaft haben, effizienter zu planen. Man fragt sich doch wirklich, warum das, was in allen Wirtschaftsbereichen, vom Automobilbau bis zum Hotelbau,
dauernd angewandt wird – das heißt Standardisierung, Typenbildung –, im Wohnungsbau Teufelszeug sein soll. Nein, es kann die Lösung eines großen Problems sein. Es kann jedenfalls einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Wir wollen dieses Potenzial heben. Ich glaube, das ist im Sinne vieler Hamburgerinnen und Hamburger.
Wenn man sich das eine oder andere Schreiben anguckt, äußern sich die Richtigen zu diesem Thema. Wir fragen uns in der Tat, warum jedes Haus jedes Mal neu geplant werden muss. Jedes Mal sind Architektenleistungen zu zahlen. Warum profitieren gerade die Architekten besonders davon, wenn das Haus besonders teuer wird?
Die Architektenkammer ist jetzt sehr nervös; sie hat uns gestern einen Brief geschrieben. Herr Hamann, ich kann Sie nur dazu einladen, bei der Realisierung dieses Wohnungsbaus mitzuhelfen.