Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

Dann fahren Sie fort.

(Zurufe: Alle Fraktionen noch einmal!)

Entschuldigung. Das wusste ich nicht, weil ich draußen war. Dann ist alles klar, dann stoppe ich jetzt erst einmal.

Wenn gestoppt ist, dürfen Sie gern, Frau Sudmann.

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann, Herr Thering?

Jetzt habe ich Ihnen noch mehr Redezeit verschafft. Herr Thering, Sie sprachen gerade von dem volkswirtschaftlichen Schaden. Wissen Sie, wie hoch der volkswirtschaftliche Schaden durch den Auto- und Wirtschaftsverkehr ist? Da gibt es Berechnungen der Krankenkassen und anderer Verbände, die das einmal ausgerechnet haben. Können Sie das bitte einander gegenüberstellen?

Gar keine Frage. Ich habe die Zahlen natürlich nicht, ich kann Ihnen aber sagen, das ist doch ein weiterer Grund dafür, dass der Verkehr in unserer Stadt fließen muss, damit die Leute nicht ständig im Stau stehen und an- und abfahren, denn das erhöht den CO2Ausstoß und macht die Leute krank. Das ist ein weiteres Argument dafür, den Verkehr zu beschleunigen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Noch einmal kurz zu Herrn Horch, zur Handelskammer und zum volkswirtschaftlichen Schaden. Gerade an Sie, Herr Horch – und man hört da viel zu wenig –, haben nicht nur wir, sondern auch die Wirtschaftsbetriebe eine ganz andere Erwartungshaltung. Sie müssten eigentlich der Schutzpatron der Wirtschaftsbetriebe sein, aber das passiert hier überhaupt nicht. Ich erinnere mich an die letzte Verkehrsdebatte, wo uns vorgeworfen wurde, wir würden bei der Handelskammer und deren Projekt abschreiben. Da wurde hier wortwörtlich von Frau Koeppen gesagt, das sei alles Quatsch, alles lächerlich. So wird hier mit Vorschlägen der Han

delskammer umgegangen. Spätestens da hätte man von Ihnen eigentlich einmal ein deutliches Machtwort erwartet.

(Beifall bei der CDU)

Ich erinnere mich an das Staudesaster im September 2016, als auf der A 7 im Süden gebaut worden ist und als Sie dann angefangen haben, die Ausweichrouten A 1, A 261 und A 252 gleichzeitig mit Baustellen vollzupflastern oder diese sogar teilweise komplett zu sperren. Also Sie sehen, die Probleme sind hausgemacht, und das liegt auch daran, Herr Horch, dass Sie eben nicht mit Ihren Länderkollegen vernünftig koordinieren.

(Beifall bei der CDU)

Dafür brauchen wir einen Baustellen- und Staukoordinator, der die ganze Metropolregion Hamburg betreut. Herr Fuchs, das wurde angesprochen, wäre dafür ein hervorragender Kandidat. Statten Sie ihn damit aus, befördern Sie ihn. Ich glaube, dann hätten wir auch deutlich weniger Probleme in unserer Stadt mit dem Stau. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann sind wir am Ende der Aktuellen Stunde angekommen.

Dann rufe ich Punkt 18 der Tagesordnung auf, Drucksache 21/6007, Senatsmitteilung: Abschluss eines Abkommens mit dem Lande Schleswig-Holstein zum grenzüberschreitenden Schulbesuch, Gastschulabkommen.

[Senatsmitteilung: Abschluss eines Abkommens mit dem Lande Schleswig-Holstein zum grenzüberschreitenden Schulbesuch (Gastschulabkommen) – Drs 21/6007 –]

Die FDP-Fraktion möchte diese Drucksache an den Schulausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Frau Duden von der SPD-Fraktion erhält als Erste das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein abgeschlossene Gastschulabkommen schafft etwas ab, was in den Köpfen sehr vieler sowieso nicht mehr vorhanden ist, nämlich die Grenzen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein. Die Metropolregion Hamburg geht weit über Stadt- und Landesgrenze hinaus und sie ist ein Erfolgsmodell. Und wo Grenzen

weitgehend keine Rollen mehr spielen, da können sie in der Schullandschaft des Nordens keine Barrieren sein.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ab dem Schuljahr 2017/2018 müssen Eltern und Schüler in Hamburg oder auch in Schleswig-Holstein keine meldetechnischen Verrenkungen mehr machen, und Gewinner sind dann nicht mehr diejenigen, die über eine Oma in Hamburg verfügen. Ich denke, das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Künftig können Eltern und Schülerinnen und Schüler nach den Klassen 4 und 10 frei wählen, in welchem Bundesland sie eine weiterführende Schule besuchen wollen, und es braucht keine Ausnahmegenehmigung mehr. Ich denke, das ist eine unglaubliche Erleichterung, die die SPD-Fraktion hier sehr ausdrücklich begrüßt.

(Beifall bei der SPD)

Das Gastschulabkommen ist damit ein Sinnbild für ein vertrauensvolles Verhältnis mit unseren nördlichen Nachbarn. Gleichzeitig wird durch das Gastschulabkommen auch mehr Transparenz geschaffen. Offiziell besuchen 4 092 Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein eine Hamburger Schule und 976 Schüler aus Hamburg eine Schule in Schleswig-Holstein. Das ist, wie man unschwer erkennen kann, ein Überhang von circa 3 000 Schülern, für den Schleswig-Holstein 13,3 Millionen Euro überweist. Dieser Beitrag steigt jährlich um 100 000 Euro und endet bei 13,6 Millionen Euro im Jahre 2019.

Frühestens 2019 kann dieses Gastschulabkommen gekündigt werden, falls es dann keine Einigung über die Fortführung oder auch über die Finanzierung gibt. Und frühestens 2019 können die Schülerzahlen analysiert werden, um eventuelle Anpassungsbedarfe zu bewerten.

Weil ich schon höre, dass die Opposition gleich fragen wird, warum denn erst 2019, muss ich es deutlich machen: weil man im Augenblick nicht genau abschätzen kann, wie groß diese Grauzone der Schüler ist, die in Wirklichkeit in Schleswig-Holstein gelebt haben und in Hamburg zur Schule gehen. Wir wissen auch nicht, wie sich dieses Erfolgsmodell für beide Bundesländer in den Zahlen auswirken wird. Deshalb ist es sehr vernünftig, 2019 einmal darauf zu schauen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Sonderregelung für Schüler aus Barsbüttel, die Hamburger Gymnasien besuchen, entfällt. Aber ich will auch deutlich machen, dass sich für die circa 150 Förderschüler, die jeweils die anderen Bundesländer in Schulzweigen besuchen, auch nichts ändert.

(Dennis Thering)

Die Regelungen für das alte Gastschulabkommen von 2010 für den Besuch von Grund- und Berufsschulen bleiben unverändert. Für Grundschüler gilt für uns weiterhin: kurze Beine, kurze Wege.

Bei stark nachgefragten Schulen gilt eine Landeskinderklausel. Diese Klausel gewährt Hamburger Schülerinnen und Schülern einen Vorzug. Aber man muss auch deutlich machen, dass zurzeit davon nur die Julius-Leber-Stadtteilschule in Schnelsen betroffen wäre. Übrigens habe ich bei den Kommentaren im NDR heute gelesen, dass es Leute gibt, die sich zum Beispiel so ein Gastschulabkommen auch zwischen den Ländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern wünschen, weil man sich auch vorstellen kann, dass es im Bereich Lübeck und den Bereichen in Mecklenburg-Vorpommern wirklich gut wäre, so ein Abkommen zu schließen. Daran werden unsere Kollegen in Schleswig-Holstein sicher auch noch arbeiten. Dieses Gastschulabkommen gleicht einem Staatsvertrag und die Hamburgische Bürgerschaft nimmt heute davon Kenntnis.

Wichtig ist mir, zum Schluss noch einmal deutlich zu machen, dass ab dem kommenden Schuljahr alle Schülerinnen und Schüler aus Hamburg und Schleswig-Holstein erstmals ohne Einschränkungen alle weiterführenden Schulen des jeweils andern Bundeslandes besuchen können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Fazit ist: Dieser Vertrag wird von dem Geist getragen, dass beide Länder einem Schulbesuch im jeweils anderen Land positiv gegenüberstehen. Ein erster großer Schritt in der enger werdenden Zusammenarbeit beider Länder, ein großer Schritt für die Metropolregion Hamburg und eine große Erleichterung für Eltern, Schülerinnen und Schüler im Norden.

Wir werden dieses an den Schulausschuss überweisen, damit wir dort noch einmal die Einzelheiten besprechen können. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Als Nächste erhält das Wort Karin Prien von der CDUFraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Duden, Sie haben recht, es mutet schon ein bisschen befremdlich an, wenn man bedenkt, welch große Anstrengungen heute unternommen werden müssen, um die europäischen Grenzen einigermaßen offenzuhalten; dann ist es schon komisch, wenn Bürgerinnen und Bürger häufig den Eindruck haben, dass an der Grenze zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein oder Hamburg und Niedersachsen so etwas wie eine gläserne Mauer steht. Das ist etwas, das kaum noch jemand nachvollziehen kann. Deshalb

ist, und das will ich ausdrücklich sagen, diese Weiterentwicklung des Gastschulabkommens ein richtiger Schritt. Das kann ich auch für meine Fraktion hier insgesamt so sagen. Und es ist auch ein Fortschritt in Hinblick auf die Weiterentwicklung der Metropolregion.

Ich habe mir einmal angeschaut, was Senator Rabe 2010 zum neuen Gastschulabkommen gesagt hat. Er hat damals auch gesagt, grundsätzlich sei es in Ordnung. Er hat zwei Dinge kritisiert. Das eine war die Art und Weise des Zustandekommens und das andere war die Frage, wie man eigentlich die Ausgleichszahlungen regelt. Im Grunde können wir heute genau das Gleiche sagen. Was das Zustandekommen angeht, da muss man sagen, haben Sie eine ganze Weile gebraucht und haben wohl auch kennenlernen müssen, dass das gar nicht so einfach ist, zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein zu einer vernünftigen Regelung zu kommen.

Und was die Ausgleichszahlungen angeht, Herr Rabe, da haben Sie damals aus meiner Sicht völlig zu Recht gesagt, man müsste eigentlich jedem Kind so eine Art Rucksack mit den entsprechenden Ressourcen mitgeben, das wäre der richtige Weg. Das wäre auch heute noch der richtige Weg, nur leider sind Sie den nicht gegangen, meine Damen und Herren von der SPD und den GRÜNEN.

Was Sie gemacht haben, ist wieder eine pauschale Regelung, die nicht transparent ist. Und auch hier habe ich mir einmal die Mühe gemacht zu schauen, was Sie denn so gefordert haben, als Sie noch in der Opposition waren. Da haben Sie gesagt, beim Abschluss künftiger Gastschulabkommen seien alle Berechnungsgrundlagen und Kosten transparent zu regeln und der Bürgerschaft zur Kenntnis zu geben. Das war Ihr Antrag 19/5806 vom 30. März 2010. Hinter diesem Anspruch, Herr Rabe, sind Sie allerdings mit Ihrem Gastschulabkommen heute weit hinterhergeblieben.

Zu den Inhalten. Es ist leider kein umfassendes Freizügigkeitsabkommen, sondern es ist ein Abkommen, das die Freizügigkeit generiert für Schülerinnen und Schüler an den weiterführenden Schulen. Es ist keines, das die Grundschulen mit einbezieht, es ist keines, das die Sonderschüler in größerem Umfang mit einbezieht. Und es ist auch keines, das die beruflichen Schulen uneingeschränkt mit einbeziehen wird. Insofern ist es ein Schritt, aber – und ich hoffe, da sind wir uns einig – wir sind noch lange nicht am Ende angelangt.

Man muss sicherlich einmal betrachten, wie es sich eigentlich mit der Kostenregelung verhält. Seit 2011 war es so, dass die Ausgleichszahlungen vonseiten Schleswig-Holsteins jährlich um 200 000 Euro angestiegen sind. Dieses Jahr sind es erstmals nur noch 100 000 Euro, und in den nächsten drei Jahren sind es auch nur jeweils 100 000 Euro. Insofern fragt man sich schon,

(Barbara Duden)

warum Sie, wenn es um die Ausgleichszahlungen geht, in dieser Form nachgegeben haben. Dafür jedenfalls findet sich in der Drucksache selbst leider keine Begründung.