Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

Diese Schiffe sind in der Tat wirklich sehr beliebt zu allen möglichen Anlässen – auch dadurch, dass sie sich bewegen – mit Schulklassen, Hochzeitsgesellschaften und so weiter. Aber ich glaube, wir dürfen auch nicht ganz außer Acht lassen, dass vor 100 Jahren die Anforderungen an die Sicherheit nicht so waren wie heute und dass vor 100 Jahren ein Menschenleben auch nicht so viel wert war wie heute. Ich glaube, wir alle möchten hier nicht stehen und einen Unglücksfall im Hause diskutieren, der dadurch entstanden ist, dass eine Schulklasse auf einem Schiff geblieben ist, wo etwas passiert ist.

(Dorothee Martin)

Deshalb, glaube ich, hat die Bundesregierung, SPD und CDU, zu Recht gesagt, wir wollen an dieses Thema heran. Wir wollen, dass auch bei diesen historischen Schiffen die Sicherheit gewährleistet wird. Und es ist nicht ganz so, wie Sie sagen, es ist auch nicht ganz so dramatisch. Es geht nicht um die gleichen Ansprüche wie bei Berufsschiffen, und es geht natürlich auch darum, dass die Schiffe und Schiffsbetreiber den Vorteil haben, dass eben nicht alle zwei Jahre neue Zertifikate ausgestellt werden müssen. Wir haben uns dagegen vorgenommen, Planungs- und Investitionssicherheit zu schaffen.

Es ist auch vorgesehen in der Richtlinie, wenn Anforderungen nicht erfüllt werden können, dass dann gleichwertige Einrichtungen, Hilfsmittel und Maßnahmen akzeptiert werden, damit eben nicht an ein Traditionsschiff dieselbe Anforderung wie in der Berufsschifffahrt gestellt wird.

Trotzdem ist Ihr Antrag richtig. Ich hoffe in diesem Sinne, dass der Senat – das wurde auch gesagt – schon die Zeit genutzt hat, bis zum 5. Oktober 2016 gegenüber der Bundesregierung Stellung zu nehmen. Und wir sind wirklich am Anfang dieses Verfahrens. Es ist der Entwurf der Richtlinie. Bei uns heißt sie nicht Küstengang, aber auch unsere Politiker – an der Spitze Rüdiger Kruse – sind intensiv dabei, sich für die Hamburger Traditionsschifffahrt einzusetzen, damit in weiteren Gesprächen aus diesem ersten Entwurf der Richtlinie dann das wird, was für alle Sicherheit schafft, Planungssicherheit schafft, was aber auch die Schiffe mit Augenmaß von den Ehrenamtlichen weiter betreiben lässt. In diesem Sinne unterstützen wir Ihren Antrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Jetzt bekommt Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion das Wort.

(André Trepoll CDU: Sind Sie auch Mitglied der Gang?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin nicht Mitglied irgendeiner Gang, Herr Trepoll, ich bin nur Teammitglied. Und wir sind uns, glaube ich, zumindest unter den ersten drei Rednern, auch einer Rednerin

(Heike Sudmann DIE LINKE: Aha!)

das habe ich schon einmal vorsorglich, ohne dass du das gemerkt hast, nachgeholt –, relativ einig. Ich vermute auch, dass es für die weiteren Redner gilt. Wohingegen wir uns vielleicht nicht einig sind, ist, dass aus dem Ministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur häufiger einmal Vorstöße kommen, die nicht so ganz ernst zu nehmen sind. Pkw-Maut ist so ein Thema. Aber, Dietrich Wersich, dieses Gesetz wurde doch 2003 erlassen.

Das Gesetz, über das wir reden, und die Richtlinie sind nicht 100 Jahre alt, so wie die Schiffe, weil ich da die Aussage teile – das Gesetz selbst ist von 2003 –, und die Anzahl der Unfälle – das hat die Kollegin hier referiert – ist jetzt nicht so bombastisch, dass man das Gefühl hat, man müsse jetzt unbedingt eine Neuordnung dieser Richtlinie vornehmen. Aber vielleicht können wir uns darauf einigen, dass die Bayern insgesamt vielleicht ein bisschen weniger Ahnung von Küstenschifffahrt haben als wir im Norden.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Dr. Jörn Kruse AfD – André Trepoll CDU: Dafür haben sie mehr Ahnung von Sicher- heit!)

Ich wäre vorsichtig bei dem Wort. Du würdest mich von oben abklingeln in dem Moment.

Die Zielsetzung der Richtlinie für mehr Sicherheit auf Traditionsschiffen wird grundsätzlich natürlich begrüßt. Nur müssen wir auch differenzieren, was eigentlich der Unterschied zwischen Berufsschifffahrt und Traditionsschifffahrt ist. Wir haben einfach eine Situation, dass die Fahrgebiete erstens deutlich kleiner sind. Zweitens bestehen die Crews bei Traditionsschifffahrt häufig aus Ehrenamtlichen. Und wir haben eigentlich auch keine kommerzielle Nutzung der Schiffe, um sie zu refinanzieren, sondern vor allen Dingen eine ideelle Nutzung, über die wir uns dafür umso mehr freuen.

Wenn wir uns jetzt ansehen, was diese Richtlinie vorschreibt, dann bedeutet das Neue eine einmalige Schulung von 25 Stunden. Dann haben wir eine jährliche Belastungsübung, drittens eine jährliche praktische Einsatzübung neu, dann viertens jährliche theoretische Einweisung neu. Das ist mit Leuten, die das ehrenamtlich machen, mit Crews, die wöchentlich wechseln, weil man das nicht jedes Wochenende machen möchte, eigentlich nicht gangbar. Es kommt noch hinzu, dass es eigentlich eine Richtlinie ist, die am Ende des Tages dazu führen würde, dass die Traditionsschifffahrt in Deutschland eigentlich nicht mehr stattfinden kann. Und das wollen wir, glaube ich, gemeinsam verhindern.

Wir wollen stattdessen gemeinsam schauen, wie es vielleicht mit dem Ministerium für Digitale Infrastruktur und auch den Bayern zusammen geht, dass wir gemeinsam die Traditionsschifffahrt in Deutschland nicht nur erhalten, sondern unter Sicherheitsaspekten vielleicht noch ein wenig besser machen, aber sie ist schon ziemlich gut. Deswegen ist da vielleicht gar nicht so viel Handlungsbedarf. Und das wäre vielleicht im Sinne meines nachfolgenden Redners ein Beitrag zum Bürokratieabbau in Deutschland. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

(Dietrich Wersich)

Von der Fraktion DIE LINKE bekommt nun Herr Hackbusch das Wort.

(André Trepoll CDU und Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Sie sind auch für Demokratieabbau!)

– Ich bin Spezialist darin.

Meine Damen und Herren! Ich bin mir jetzt nicht so sicher, ob das die tollste Debatte ist, die man sich nur vorstellen kann, und so interessant. Wir sind alle einer Meinung. Wir sind natürlich der Meinung, dass man sich das gut ansehen muss und dass dort scheinbar überreagiert worden ist. Meine Küstengang hat dazu gesagt, dieser Antrag sei ganz okay, dem könne man zustimmen. Dementsprechend werde ich dem zustimmen. Aber es sind zwei kleine Fehler darin, die ich kurz nennen will.

Das eine ist, dass leider die Aufzählung nicht ganz richtig ist. Die großen Traditionsschiffe in Hamburg wie Cap San Diego oder MS Stubnitz oder auch die Bleichen sind davon nicht betroffen, weil sie in internationalen Gewässern fahren müssen und dementsprechend auf internationale Sicherheitsstandards angewiesen sind. Also gehören sie in diese Aufzählung nicht hinein, sondern es betrifft nur solche, die in Deutschland sind.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Dann ist unse- re Gang ja besser!)

Ja, unsere Gang hat da ganz gut gearbeitet.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Zweite: Ich denke, nur als Anregung für den Bericht für Herrn Horch, dass wir natürlich mittlerweile nicht nur in einem deutschen Zusammenhang sind, sondern auch in einem europäischen. Wir merken beim Hamburger Hafenfest immer, dass uns gerade die niederländischen oder die russischen Schiffe sehr erfreuen und wir dementsprechend einen internationalen, zumindest einen europäischen Standard haben sollten, also nicht nur die deutsche Kappe, sondern die europäische Kappe. Das sind unsere kleinen Korrekturen, aber Herr Senator wird das aufnehmen und wir werden das einvernehmlich in eineinhalb Jahren besprechen. – Tschüs.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Von der FDP-Fraktion bekommt nun Herr Meyer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das maritime Erbe Hamburgs ist wertvoll und muss daher geschützt werden. Das ist völlig klar.

Mit dem vorliegenden Antrag haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, ein Thema aufgegriffen, das wir bereits vor längerer Zeit angestoßen haben, schließlich hatten meine Parteifreunde der niedersächsischen FDP-Fraktion diesen Antrag bereits 2014 nahezu wortgleich ins Parlament eingebracht.

(Beifall bei der FDP)

Das ist einen Applaus wert.

Im Landtag in Hannover kam es darauf zu einer fraktionsübergreifenden Initiative, Herr Dr. Dressel. Insofern freue ich mich sehr, dass wir uns nun in Hamburg mit diesem Thema befassen und uns dabei hoffentlich – und so sieht es auch aus – alle einig sind.

Worum geht es genau? Frau Martin hat es schon sehr ausführlich erklärt. In Hamburg, aber auch in anderen norddeutschen Häfen liegen zahlreiche sogenannte Traditionsschiffe, alte Schiffe, die, außer Dienst gestellt, von Museen oder Ehrenamtlichen liebevoll gepflegt werden, alte Feuerschiffe, Lastschiffe, Lotsenschiffe, Segelschiffe, Passagierdampfer und vieles mehr. Diese Schiffe sind erhaltungswürdig, stehen teilweise sogar unter Schutz und zeigen anschaulich, wie die Schifffahrt und die Häfen in früheren Jahrzehnten funktioniert haben. Sie sind Kulturgut und ein Aushängeschild unserer regionalen und hafenwirtschaftlichen Identität.

Das Bundesverkehrsministerium will nun mit einer neuen Sicherheitsrichtlinie – Sie haben es schon gehört – die Instandhaltung dieser zahlreichen Traditionsschiffe unnötig erschweren. Zahlreiche Schiffe sind damit akut bedroht, weil die Vereine diese überzogenen Vorschriften oftmals nicht umsetzen können. Natürlich muss es auch für historische Schiffe Sicherheitsvorschriften geben, aber – auch das wurde schon gesagt – mit Augenmaß.

Stattdessen jedoch wiehert der Berliner Amtsschimmel, weil die Große Koalition in Berlin entweder ihre Gesetzesinitiativen nicht zu Ende denkt oder den Niedergang der Traditionsschiffe in Kauf nimmt. Beides finde ich bedenklich.

Es ist höchste Zeit, dass die betroffenen Länder Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern koordiniert gegen dieses vergeigte Gesetz vorgehen und im weiteren Verfahren beteiligt werden. Für uns in Hamburg ist die Lage besonders absurd. Da gibt der Bund über 100 Millionen Euro für die Errichtung eines Hafenmuseums aus und betreibt nebenbei durch unverhältnismäßige Bürokratie die Stilllegung wertvoller Ausstellungsobjekte.

Die Traditionsschiffe sind in Hamburg ein Teil unseres kulturellen Erbes, das Touristen zu uns lockt, Arbeitsplätze sichert und damit neben der kulturellen auch eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat. Wir sollten daher alle gemeinsam und im ge

meinsamen Interesse darauf hinwirken, dass Berlin diese Richtlinie überarbeitet. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nun bekommt von der AfD-Fraktion Herr Professor Kruse das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle sind für Traditionsschiffe. Wir auch. Aber ich glaube, so einfach kann man es sich nicht machen. Ich will einen Punkt hinzufügen, der auch schon angesprochen worden ist. Das ist gemacht worden von einem Verkehrsminister aus Bayern, und Bayern verstehen doch bekanntermaßen nichts von Schiffen. Das kann überhaupt nichts sein. Außerdem kommt es von einer Partei, die in Hamburg wenig beliebt ist. Von daher ist es also komplett abzulehnen.

Aber ich glaube, ein kleines bisschen differenzierter muss man das doch betrachten. Stellen Sie sich einmal vor, eines der Traditionsschiffe würde auf der Elbe untergehen, Menschen kommen ums Leben und es stellt sich dann heraus, dass es daran gelegen hat, dass bestimmte Sicherheitsstandards, die heute üblich sind oder die man erwarten kann, nicht eingehalten worden sind. Ich glaube, dann wäre hier die Stimmung im Hause sehr anders. Ich will damit nur Folgendes sagen: Wir sind nicht für Traditionsschiffe und damit gegen Sicherheit, genauso wenig wie wir für Sicherheit und damit gegen Traditionsschiffe sind und sie alle verschrotten wollen, sondern es ist eine Frage des Details. Das ist etwas, was man hier im Parlament gar nicht pro und kontra diskutieren kann, sondern es kommt darauf an, dass die Leute, die etwas davon verstehen, im Detail festlegen, welche Anforderung sinnvoll ist bei Schiffen, die es aufgrund ihrer baulichen Gegebenheiten von vor 100 Jahren schwerer haben. Die Leute, die etwas davon verstehen, müssen beurteilen, welche Anforderungen erforderlich sind und durchgeführt werden müssen und welche nicht, wo man also gewissermaßen großzügig sein kann. Ich persönlich bin überhaupt nicht in der Lage, das in irgendeiner Weise inhaltlich zu bewerten.

Damit komme ich zu dem Antrag. Genau das, was ich eben gesagt habe, beinhaltet der Antrag, denn wir geben es einer Gruppe von Leuten, die etwas davon verstehen – jedenfalls um Klassen mehr als ich –, und die entscheiden das. Weil das eine vernünftige Vorgehensweise ist, unterstützen wir den Antrag, der hier vorgelegt worden ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD] Vizepräsidentin Antje Möller: Meine Damen und Herren, nun bekommt Herr Senator Horch das Wort. Senator Frank Horch: Sehr geehrte Frau Präsi- dentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeord- nete! Es ist jetzt vieles Richtige zu dem Vorgang gesagt worden, und es gibt von der Seite her auch eine große Einigkeit. Ich will nur einmal kurz zu- sammenfassen, wie die weitere Vorgehensweise jetzt aussehen soll. Traditionsschifffahrt gehört zum maritimen und kul- turellen Erbe in Deutschland, und das besonders mit einem großen Anteil in Hamburg. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Traditionsschiffe geben dabei auch Einblicke in die früheren Zeiten der Schifffahrt und des Schiffbaus – für Hamburg besonders wichtig – und dienen eben dieser Traditionspflege. Neben dieser besonderen Bedeutung und den touristischen Hintergründen hat Traditionsschifffahrt auch eine gesamtgesellschaftlich wichtige Funktion, denn in diesem Bereich werden regelmäßig, gerade auf den Schiffen in Hamburg, Jugendarbeit geleistet und Bildungsprojekte hoch zielgerichtet ausgeübt.

Unser erklärtes Ziel ist es, den Fortbestand der Traditionsschiffe zu sichern. Gleichzeitig müssen aber auch, was von allen betont wurde, Sicherheitsanforderungen auf den Schiffen erfüllt werden, und dabei sollte stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in so einer Entscheidung zwischen Berufsschifffahrt und Traditionsschifffahrt gewahrt werden.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Der aktuelle Entwurf der Verordnung zur Änderung der sicherheitsrechtlichen Vorschriften über Bau und Ausrüstung von Traditionsschiffen schafft in vielen Bereichen auch eine erforderliche Rechtssicherheit. Das ist nicht zu unterschätzen, beinhaltet er doch erhebliche Verschärfungen, die aus der Sicht des Senats, auch von mir persönlich, überarbeitungsbedürftig sind. Daher setzen wir uns gemeinsam – und das ist das Entscheidende überhaupt – mit unseren Partnern, mit Schleswig-Holstein, mit Niedersachsen, mit Mecklenburg-Vorpommern und mit Bremen, gegenüber der Bundesregierung für eine Anpassung der aktuellen Verordnung und dieser Gesetzesänderung ein.