Protokoll der Sitzung vom 30.11.2016

(Hansjörg Schmidt SPD: Dann merken Sie, Sie sind im Mühlenkamp und sehen ein Pla- kat von Thering!)

Das merkt man natürlich einerseits gerade jetzt im Winter am Wetter, aber auch daran, dass man in

(Martina Koeppen)

Venedig aufs Wasser angewiesen ist, in Hamburg aber auch an Land schnell und gut an sein Ziel kommt.

(Dennis Thering CDU: Und das gerade in Hamburg!)

Ich finde, man sollte Politik nicht auf Gefühle aufbauen, sondern bei solchen Debatten eher auf die Fakten blicken.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wenn man bei meinem skizzierten Bild auf die Fakten blickt, dann habe ich keinen Anleger in fußläufiger Entfernung. Das ist jetzt aber auch erst einmal egal. Grundsätzlich möchte ich damit sagen, dass man sicherlich nicht mit dem Bus, mit dem man auch zum Ziel fahren könnte, zum Anleger fahren wird, um in ein Fährschiff umzusteigen. Das Fahrgastpotenzial einer solchen Alternative erübrigt sich aus der fußläufigen Entfernung rund um den Anleger. Denn wir haben in Hamburg eine sehr gute Erschließung, insbesondere eine sehr gute Erschließung der sternförmigen Verbindungen in die Innenstadt. Daraus folgt am Ende, dass im Grunde nur eine Direktverbindung, beispielsweise im Mühlenkamp zum Leben, am Jungfernstieg zum Arbeiten, interessant für Pendlerinnen und Pendler wäre. Genau das ist der Unterschied zur HADAG. Bei der HADAG haben wir ein Angebot über die Elbe, wo es keine gute Alternative an Land gibt, um über die Elbe zu kommen.

(Dennis Thering CDU: Das gibt es hier auch nicht! Sind Sie einmal von Winterhude in die Stadt gefahren?)

Hier können wir mit sehr vielen Verkehrsmitteln sehr gut in die Innenstadt kommen.

Das zweite Argument ist die Fahrzeit. Natürlich mag es entspannt sein, mit dem Schiff zu fahren. Aber bei dem täglichen Arbeitsweg zählt jede Minute. Entspannung gibt es dabei meistens nicht so sehr und das Schiff zu nehmen bedeutet meistens eine wesentlich längere Fahrzeit.

(Dennis Thering CDU: Das ist doch Bullshit! Sie haben sich mit dem Thema nicht be- fasst!)

Sie können die Situation nicht mit der Vergangenheit begründen, von wegen, das war ja schon einmal, sondern müssen sich fragen, warum es damals eingestellt wurde. Dieses Angebot wurde nicht mehr angenommen, weil es hinsichtlich der Fahrzeit für den täglichen Verkehr unattraktiv ist. Wie Frau Koeppen richtig gesagt hat, betrugen die Fahrgeldeinnahmen nur noch 10 Prozent der Kosten, als der HVV-Tarif der Alsterschifffahrt eingestellt wurde. Wir sollten diesbezüglich kein Credo betreiben, sondern dafür sorgen, wirtschaftliche Verbindungen herzustellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Dann kann man sich auch einmal ansehen, wann Fahrgäste einen öffentlichen Personennahverkehr attraktiv finden. Der öffentliche Personennahverkehr wird umso attraktiver, je höher die Taktzahlen sind.

(Dennis Thering CDU: Es soll keine Alterna- tive sein, sondern eine Ergänzung! Sie ver- stehen es nicht, Herr Bill!)

Der Bus fährt alle 3 bis 4 Minuten; Ihr Schiff würde wahrscheinlich alle 20 Minuten fahren. Wenn ich mir aussuchen könnte, ob ich einfach aus dem Haus gehe und der nächste Bus in spätestens 3 Minuten kommt oder ob ich genau auf den Punkt am Anleger sein muss, dann würde ich mich für meine täglichen Wege immer dafür entscheiden, die Verbindung mit der hohen Taktfrequenz zu nehmen. Denn das ist ein entscheidender Qualitätsfaktor und auch da haben wir eben kein Prä bei den Schiffen.

Und das letzte Argument bei der Wahl eines Verkehrsmittels ist schlicht die Verlässlichkeit. Wie Frau Koeppen eben schon angesprochen hatte, können diese Schiffe bei Eisgang im Winter nicht fahren.

(Dennis Thering CDU: Wann haben wir denn mal so eine Situation, dass die Alster zu- friert?)

Ja, wir hoffen immer, dass die Alster zufriert, und das ist dann auch immer sehr schön. Die Alster friert auch schon zu, bevor man sie betreten darf.

(Dennis Thering CDU: Bis 15 Zentimeter! Habe ich doch gesagt!)

Es gibt eine gewisse Zeitspanne davor und eine gewisse Zeitspanne danach. Da sieht man doch beispielsweise bei der Fähre Crantz–Blankenese ganz genau, was passiert, wenn sich eine Pendlerin oder ein Pendler nicht darauf verlassen kann, dass diese Fähre auch wirklich an dem Ort abfährt, der im Fahrplan aufgeführt ist. Dann wird die Fähre nämlich schlicht nicht benutzt. Also insgesamt eine charmante Idee, die die Fakten leider nicht untermauern können. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE bekommt nun das Wort.

Vorab möchte ich eines sagen: Ich teile die Begeisterung vieler Hamburgerinnen und Hamburger, sich auf dem Wasser fortzubewegen.

(Gerhard Lein SPD: Stand-up Paddling!)

(Martin Bill)

Von mir aus auch Stand-up Paddling, aber es ging jetzt mehr um öffentlichen Personennahverkehr.

Ich glaube, das Problem bei Rot-Grün ist, dass Sie nicht dazu bereit sind, über diesen Ansatz zu reden. Es ist sehr lobenswert, dass Herr Thering sich überlegt, wie man den öffentlichen Personennahverkehr stärken kann, dass Herr Thering sogar sagt, die Busse stünden im Stau. Wir nähern uns langsam dem Punkt, Herr Thering, an dem Sie sagen werden, es gebe eine Lösung für den Stau der Busse, nämlich Busspuren. Wir kommen der Sache langsam näher. Aber ich hege große Sympathien dafür, dass wir gemeinsam überlegen, weswegen die Alsterfähren damals eingestellt worden sind. Es war ein sehr großes Defizit. Was kann man tun, damit das Defizit nicht mehr entsteht? Ich glaube, es kann nicht in Ihrem Interesse sein,

(Dennis Thering CDU: Machen Sie es doch als Pilotprojekt!)

dass höhere Defizite dazu führen, dass die Fahrpreise des HVV weiter steigen. Es kann auch nicht in Ihrem Interesse sein, dass wir über einen öffentlichen Personennahverkehr reden, der vielleicht einen 20- oder 30-Minuten-Takt hat, denn es ist völlig klar, dass das nicht attraktiv ist. Heute streiten wir uns schon um jede Minute, die man vielleicht umsonst warten muss; es muss also ein kürzerer Takt sein.

Es gibt also sehr viel, worüber wir gern im Ausschuss diskutieren würden. Folgendes geht jetzt an Rot-Grün: Es ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal, ob es im Ausschuss Hamburg-Nord diskutiert wurde. Ich möchte es auch in der Bürgerschaft diskutieren und verstehe nicht, warum Sie sich dieser Diskussion nicht stellen wollen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dennis The- ring CDU)

Wir können prüfen, was in Hamburg-Nord gewesen ist, welche Ideen man dort hatte, was dort gesagt wurde. Aber jetzt einfach zu sagen, ach nein, das komme alle drei Jahre wieder, ist mir ehrlich gesagt zu billig. Dann kann Herr Thering im Ausschuss noch einmal darstellen, wie es im Winter ist. Im Winter ist das Angebot auf einmal eingestellt. Dann können Sie auch darstellen, was eigentlich passiert, wenn das Angebot so attraktiv ist, dass zig Hunderte fahren wollen und die Schiffe überfüllt sind, aber man 20 Minuten lang warten muss. Das alles sollten wir vernünftig im Ausschuss diskutieren und nicht einfach heute Nein dazu sagen. Da es wahrscheinlich keine Ausschussüberweisung gibt, Herr Thering, werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten. Aber wir würden gern einmal sehen, ob wir darüber im Ausschuss zu einer vielleicht weitergehenden Verständigung kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion bekommt nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist natürlich Zufall, aber bezeichnend. Ausgerechnet an dem Tag, an dem sich endgültig herausstellt, dass Hamburg deutsche Stauhauptstadt ist und im europäischen Vergleich an vierter Stelle steht – nur London, Paris und Rom sind noch schlimmer –, kommt heraus, dass die Hamburger rot-grüne Verkehrspolitik völlig versagt hat, die Autofahrer quält und Kosten von mehr als 7 Milliarden Euro verursacht. Genau an dem Tag sagt uns Rot-Grün, das sei eine neue Idee, die sie nicht im Ausschuss besprechen wollten. Das ist nichts anderes als ein Zeichen dessen, dass man nicht bereit ist, auch nur ein kleines bisschen darüber nachzudenken, was man besser machen könne. Ihre Ablehnung der Ausschussüberweisung ist ein Armutszeugnis; das kann man nicht anders sagen.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der AfD und bei Dennis Thering CDU)

Man kann lange über alle Details diskutieren, aber in der Verkehrssituation, in der Hamburg sich befindet, muss es möglich sein, über jede nur denkbare Möglichkeit nachzudenken und im Ausschuss zu diskutieren, wie man die Verkehrssituation in Hamburg verbessern kann. Wer das verweigert, verweigert sich irgendeiner kreativen Lösung und macht nichts anderes als nicht produktive Verkehrspolitik.

Wir sind der Meinung, dass jede Art von Verkehrsweg genutzt werden muss, um den Menschen das Los zu erleichtern. Was bietet sich besser an als der Wasserweg, gerade in einer Stadt wie Hamburg? Darum ist es in der Tat richtig, den CDU-Antrag wie auch die Überweisung an den Ausschuss zu unterstützen und dort wenigstens über ein Pilotprojekt zu diskutieren, um auch die Alster zu nutzen, um Busse und Bürger zu entlasten. Das ist vom Ansatz her ein völlig richtiger Antrag.

Allerdings würden Juristen – das hatte Frau Koeppen schon angedeutet – sagen, das sei ein Minus gegenüber dem, was wir schon in der Tat vor drei Jahren beantragt hatten. Ihr Kollege Stemmann von der CDU, der der Bürgerschaft nicht mehr angehört, hat zu unserem Antrag gesagt, dieser Vorschlag sei rückwärtsgewandt. Ich freue mich, dass die CDU nun dazugelernt hat und unseren Vorschlag von vor drei Jahren in abgespeckter Form aufgreift. Wir hatten damals nicht nur eine Verbindung zwischen Mühlenkamp und Jungfernstieg beantragt, sondern dass die gesamte Alsterkreuzfahrt dem HVV zugerechnet werden solle. Wir hatten dies damals, übrigens auch in finanzieller Hinsicht, schon einmal durch Anfragen vom Senat erfragt. Wenn ich jetzt höre, das alles sei zu teuer, man

(Heike Sudmann)

könne es sich nicht leisten, dann schauen wir uns doch die Zahlen an, nicht für den CDU-Vorschlag, der ein kleiner Vorschlag ist, sondern für das Thema insgesamt. Die gesamte Alsterkreuzfahrt per HVV-Ticket zugänglich zu machen, wird etwa 1,1 Millionen Euro kosten, so der Senat laut Drucksache 20/8700. Umgekehrt würden Einnahmen über 570 000 Euro entstehen, also Gesamtkosten über 500 000 Euro, und zwar für die gesamte Nutzung. Bei den drastischen HVV-Tariferhöhungen, die Sie jedes Jahr dem HVV oder für Ihre alberne Weiße-Farbe-Pinselei auf Hamburgs Straßen ermöglichen, die viel mehr Geld kostet, wären diese 500 000 Euro ohne Weiteres machbar. Das Finanzargument ist kein Argument.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wie ich schon sagte, werden wir dem CDU-Antrag und auch einer Ausschussüberweisung zustimmen. Ansonsten sehen wir das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit einem weinenden Auge, weil es Schicksal der FDP ist, programmatisch immer weit voraus zu sein, auch der CDU weit voraus zu sein, und es braucht immer ein paar Jahre, damit auch die CDU aufschließt.

(Beifall bei Jennyfer Dutschke FDP)

Wir hoffen, dass auch Rot-Grün in weiteren drei Jahren aufschließt. Sie können sich darauf gefasst machen: Wir als FDP werden immer konstruktive, zukunftsweisende Vorschläge machen und nach und nach kommen die anderen Parteien auch auf die Idee. Wir kämpfen dafür. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion bekommt nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn Herr Thering mir schon verbale Schläge angedroht hat für den Antrag, den wir zur U4 gestellt haben, möchte ich ihm an dieser Stelle für die Initiative und für sein Vorgehen danken, dass er nämlich die Wiederaufnahme des Linienverkehrs der Alsterschiffe offen diskutieren wollte, entsprechende Schreiben herumgeschickt und dazu eingeladen hat, Ideen zu sammeln und sich konstruktiv damit zu beschäftigen. Ich hatte gedacht, das sei ein Vorgang, der gang und gäbe ist. Nach wenigen Wochen hat mir die rot-grüne Regierung aber ganz schnell den Zahn gezogen, dass es eben doch die Ausnahme ist oder gar nicht stattfindet, und Herr Thering hat gezeigt, dass es geht, wenn man will und unvoreingenommen den Meinungsaustausch sucht.

Zu Ihrem Antrag: Wir wissen, dass es in der Vergangenheit bereits mehrfach den Versuch gab,