Protokoll der Sitzung vom 01.12.2016

Meinst du das? Du erklärst das gleich bestimmt noch.

Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass es den tüchtigen Beschäftigten in der BWVI gelungen ist, hierfür Mittel des Bundes zu akquirieren, nämlich aus der sogenannten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung. Was das genau ist, ist in der Drucksache erklärt, das ist jetzt hier nicht entscheidend. Entscheidend ist aber, dass der Bund auf diesem Wege erheblich zu den Kosten für diese neue S-Bahn-Station beiträgt, nämlich bis zu 17,8 Millionen Euro. Diese zusätzliche Finanzspritze des Bundes schont den Hamburger Haushalt und die uns zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel des Bundes, die damit in dieser Höhe für andere Schienenprojekte in Hamburg eingesetzt werden können. Ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für dieses Verhandlungsergebnis.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Nun, bei aller Freude über diese zusätzlichen Bundesmittel gibt es auch einen Wermutstropfen. Die neue Station wird, so weit, so gut, nach den hierfür geltenden üblichen Regularien der Deutschen Bahn AG ausgestattet. Für die Überdachung des Bahnsteigs sieht die Bahn daher aber nur ein 28 Meter langes Dach vor. Das sind gerade einmal 20 Prozent des Bahnsteigs. Was für manche ländliche Bahnhaltepunkte ausreichend sein mag, fällt hier in Hamburg doch sehr aus dem Rahmen. Zum Vergleich, die anderen neuen Haltestellen, die wir jetzt neu bauen, erhalten deutlich längere Dächer, Oldenfelde 85 Meter, Elbbrücken-S-Bahn 88 Meter, Elbbrücken-U-Bahn sogar eine Komplettüberdachung.

(Dennis Thering CDU: Was ist mit Otten- sen?)

Haben Sie mir nicht zugehört? Ich habe darüber gerade eben schon gesprochen und von 28 Metern geredet; 28 Meter sind es nur.

Man muss es bei diesen 28 Metern doch ein bisschen mit der Angst bekommen, dass bei dem typischen Hamburger Schmuddelwetter das Gedränge unter diesem sehr kurzen Dach so groß wird, dass vielleicht der eine oder andere Fahrgast auf die Gleise fallen könnte. Im derzeit laufenden Planfeststellungsverfahren hat dieses sehr kurze Dach auch Hamburger Behörden auf den Plan gerufen: Sowohl die BWVI als auch das Bezirksamt Altona haben das Dach als viel zu kurz und als unangemessen kritisiert. Recht haben sie.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

An der Planung hat dies bislang trotzdem nichts geändert. SPD und GRÜNE wollen daher, dass das Dach länger gebaut wird, wenigstens die Hälfte des Bahnsteigs soll überdacht werden, und dem dienen die Ziffern 1 und 2 des hier vorliegenden, heute zur Abstimmung stehenden Zusatzantrags. Die Kosten dafür können aus Regionalisierungsmitteln finanziert werden, nicht zuletzt auch, weil die kürzlich erzielte Einigung mit dem Bund über die Erhöhung der Regionalisierungsmittel für die Bundesländer uns diesen Spielraum eröffnet.

Wir wollen, dass sich die neue S-Bahn-Station Ottensen am Ende sehen lassen kann, und dafür braucht sie ein angemessen langes Dach. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Als Nächster erhält das Wort Dennis Thering von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! S- und U-Bahn sind zusammen mit den Buslinien das Rückgrat des Hamburger öffentlichen Personennahverkehrs. Allein die S-Bahnen beförderten im vergangenen Jahr 271 Millionen Fahrgäste auf sechs Linien inklusive der Verstärkerlinie. Und dass angesichts der Senatsprognose von weiteren Fahrgastzuwächsen von 1,6 Prozent pro Jahr die aktuellen knapp 160 Fahrzeuge nicht ausreichen, liegt auch auf der Hand.

Die zwölf zusätzlichen Züge, die bei der Deutschen Bahn in Auftrag gegeben worden sind, werden passend zu dem Thema die Bahnhöfe dieser Stadt allerdings viel zu spät erreichen. Warum ist das so? Sehr einfach, nehmen Sie die Bahnanbindung des Hamburger Südens. Der Stauhorror, den die Stadtteile südlich der Elbe seit dem Ende der Sommerferien erleben, sucht seinesgleichen. Das hat

(Ole Thorben Buschhüter)

heute auch noch einmal die neueste Umfrage der ARD ergeben, dass Hamburg der Hotspot der Stauhauptstädte in Europa ist. Das ist bedauerlich und das muss diesem Senat auch endlich einmal zu denken geben.

(Beifall bei der CDU)

Nach den desaströsen P+R-Gebühren und der katastrophalen Baustellenkoordinierung, wofür dieser Senat unmittelbar verantwortlich ist, liegt es dann vor allem daran, dass die S-Bahn-Kapazität insbesondere zwischen Harburg und dem Hauptbahnhof in den Kernzeiten seit Langem bis an die Grenze des Zumutbaren angelangt ist.

Deswegen gibt es seit einer gefühlten Ewigkeit von verschiedensten Seiten die Forderung, eine dritte Verstärkerlinie in Hamburg einzurichten, nämlich die S32 in Richtung Harburg. Wir haben den Senat in den zurückliegenden Jahren mehrmals nach dem Stand der Planung gefragt, und mit jeder Anfrage verschob sich dann auch der Realisierungstermin immer weiter nach hinten. Noch im April 2013 hieß es, die S32 werde Ende 2018 fertig, im September letzten Jahres wurde daraus dann Ende 2019, und in der vorliegenden Drucksache 21/6615 steht nun passenderweise gar kein Realisierungsdatum mehr. Und raten Sie einmal, was Senator Horch bei der Vorstellung dieser Drucksache vor drei Wochen in der Landespressekonferenz zu dieser Frage gesagt hat. Ich kann es Ihnen sagen. Er sagte, frühestens 2020, eher 2021. Das ist zwar nicht so schlimm wie beim Hamburger Westen; die Sozialdemokraten, die schon etwas länger dabei sind, werden sich erinnern, Sie haben den Menschen nämlich bereits in den Siebzigerjahren eine Schienenanbindung versprochen, die nach aktuellen U5-Planungen des Senats irgendwann, vielleicht in 2035, fertiggestellt werden soll. Das ist SPD-Verkehrspolitik in unserer Stadt.

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Lieber Herr Bill, lieber Herr Buschhüter, sich dann hier hinzustellen und dafür feiern zu lassen, das ist wirklich peinlich, und das müssen Sie dann den leidgeplagten Hamburgern auch einmal in Ruhe erklären.

Aber nicht nur im Großen patzen Sie – in Sachen S-Bahn mit dem Planungschaos bei der S4 könnten wir hier eine gesamte Sitzung oder auch eine gesamte Doppelsitzung füllen –, auch im vermeintlich Kleinen patzen Sie. Nehmen Sie hier den Neubau der S-Bahn-Station Ottensen. Sie hatten das eben schon ausgeführt. Da patzen Sie nicht nur, sondern Sie beweisen auch noch einen besonders fragwürdigen Mut zur Lücke. Das ist zum einen die Lücke bei der zeitlichen Frage. Der Bahnhof soll jetzt erst drei Jahre später als ursprünglich geplant fertig werden. Es ist aber auch die finanzielle

Lücke. Die Maßnahmen sollen nun nämlich 22,5 Millionen Euro kosten, das sind 6,5 Millionen Euro Steuergelder mehr als ursprünglich geplant.

Das ist noch nicht die letzte Lücke, da kommt nämlich noch die Umfeldlücke, also das Verkehrsumfeld, das verständlicherweise dazugehört. Bike and ride wird so ein bisschen wischiwaschi angekündigt, aber ohne Standorte und irgendwelche validen Zahlen. Von Park and ride beziehungsweise Parkplätzen ist gar nicht die Rede. Gleiches gilt für Carsharing, E-Mobilität oder irgendeine Busanbindung. Alles Fehlanzeige. Das zeigt auch einmal wieder, wie schlecht diese Haltestelle geplant ist.

(Beifall bei der CDU)

Dann ist da noch die Lücke mit der Überdachung, darauf müssen wir einfach noch einmal eingehen, weil es so dilettantisch gemacht worden ist. Bei diesem Teilaspekt führen nämlich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, seit Wochen einen Eiertanz auf, man könnte sagen, bei der Kürze des Dachs könnte es auch ein Regentanz sein. Ihr Senat selbst wollte nämlich bei dieser auf dem Reißbrett geplanten komplett neuen Station nur ein Minidach bauen lassen. Anders als bei Bestandshaltestellen haben Sie aber hier die einmalige Möglichkeit, für verhältnismäßig wenig Geld ein vernünftiges Dach zu installieren.

Als wir dann einmal gefragt haben, wie das denn so zustande kam, begann der Eiertanz des Senats. Der Senat sagte uns, dafür sei kein Geld da, außerdem habe die Deutsche Bahn das nicht geprüft. Dann haben wir die Deutsche Bahn befragt, und die Deutsche Bahn wiederum sagt, der Senat habe sie gar nicht aufgefordert zu prüfen und habe überhaupt kein Interesse daran gehabt, wie teuer doch ein Volldach sei. Das zeigt uns einmal wieder, dass der Senat uns hier versucht vorzuführen. Das funktioniert aber nicht, weil die Deutsche Bahn sich hier vom Senat nicht vorführen lässt und sagt, wie es nämlich wirklich ist: Der Senat hat gar kein Interesse an einem Volldach. Und das gehört auch zur Wahrheit und das müssen wir den Ottensenern dann auch ehrlicherweise so erklären.

Jetzt kommt nun auf wunderbare Weise ein Zusatzantrag von SPD und GRÜNEN daher, der zu dieser Drucksache auf einmal fordert, das Dach zu erweitern. Jetzt sei doch auf einmal Geld da, allerdings sei das Geld vom Bund und das Dach solle nur zur Hälfte bebaut werden. Da sagen ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, solche halben Sachen können Sie allein machen. Wer auf der einen Seite Hunderttausende von Euro zum Fenster hinauswirft, indem er intakte Radwege abreißt, Fahrradzählersäulen, die bekannterweise falsch zählen, in der Stadt aufstellt oder kostspielige Abschiedssausen für verdiente SPD-Verkehrsfunktionäre schmeißt, der hat nichts verstanden und kann am Ende des Tages

auch nicht auf die Unterstützung der Opposition pochen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste erhält das Wort Frau Heike Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Die beiden Vorredner von Rot und Grün hatten ein bisschen Schwierigkeiten, Schwung in die Debatte zu bringen. Sie haben sehr schön und lang noch einmal referiert, was es alles gibt. Aber sie haben nicht angesprochen und auch Herr Thering nur ansatzweise, was eigentlich in dieser Stadt los ist. Wenn Sie mit der S-Bahn fahren, beispielsweise mit der S21 von Bergedorf nach Hamburg, dann werden Sie merken, was da los ist. Sie werden merken, wie oft wir Ausfälle haben. Sie werden merken, wie oft die Bahn viel zu voll ist, weil die Züge viel zu kurz sind. Wenn Sie mit der S3 vom Hauptbahnhof in Richtung Harburg fahren oder umgekehrt, werden Sie merken, was es heißt, sich sehr nahezukommen, wenn Sie es gar nicht wollen. Darüber reden Sie relativ wenig, und vor allen Dingen schreiben Sie auch relativ wenig zu dem Thema S3, S31, S32. Da muss ich Herrn Thering ausnahmsweise sogar einmal recht geben. Aber was Herr Thering nicht gesehen hat und was mich viel mehr erschreckt: Wenn Sie in die Drucksache schauen, heißt es da nämlich sehr eindeutig, und das ist für die Leute südlich der Elbe wirklich nicht sehr erfreulich, für Leistungsausweitungen innerhalb des Bestandsnetzes, insbesondere auf der Strecke Innenstadt–Harburg, seien derzeit keine Abstellflächen vorhanden. Das ist die Begründung dafür, warum es keine S32 gibt.

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Wenn Sie aber weiterlesen, werden Sie feststellen in der Tabelle, die uns der Senat hier mit abgedruckt hat, dass Sie auch 2020 ff. keine Abstellflächen in dem Bereich planen. Deswegen bin ich gespannt auf die Diskussion im Verkehrsausschuss, wie uns der Senat dann darstellen will, wann wir denn irgendwann auch einmal eine Verstärkung auf der S3, S31, – Klammer auf, S32, Klammer zu – nach Harburg bekommen. Denn so, wie es hier steht, sieht es eher sehr schlecht aus. Da haben Sie wirklich völlig versagt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich lese dann, wir bestellen jetzt zwölf zusätzliche Fahrzeuge, weil wir schon heute absehen können, es wird Nachfragezuwächse geben. Wir haben aber heute die Nachfrage, die nicht befriedigt wird. Dann frage ich Sie: Warum wollen Sie zwölf Fahrzeuge bestellen? Die Option, die 2013 abgeschlossen wurde, war, es gäbe auch die Möglichkeit,

22 Fahrzeuge zu bestellen, und wir haben den Engpass. Auch diese Frage werden der Senat und Rot-Grün im Ausschuss beantworten müssen.

Dann kommen wir zu Ottensen. Ich weiß nicht, Herr Thering, zum einen scheinen Sie sich nicht so gut auszukennen. An der geplanten S-Bahn-Station in Ottensen fährt die Metrobuslinie 2 vorbei, die fährt relativ häufig und sie wird auch den S-Bahnhof erschließen können. Aber das ist gar nicht mein Thema. Sie haben gerade die Deutsche Bahn so in Schutz genommen, die Deutsche Bahn, die Sie doch so gern privatisieren wollen. Die Deutsche Bahn fällt doch sehr dadurch auf, dass sie, wenn sie neue Bahnhöfe plant, es nicht gerade mit dem Komfort für die Kunden und Kundinnen hat. Die Debatte über die Länge der Dächer haben wir doch nicht nur hier in Ottensen. Aber bei 28 Meter langen Dachflächen, wie sagte Herr Buschhüter eben, werden die Leute sich schön kuscheln können. Das erinnert mich ein bisschen an die Werbung von Parship, sich alle fünf Minuten neu verlieben, denn Sie haben gar keine Chance, Leuten auszuweichen. Das wollen wir, glaube ich, dort nicht haben.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Dr. An- dreas Dressel SPD)

Es ist gut, wenn der Senat sich dafür einsetzt, dass es gefälligst ein langes Dach gibt, denn das, was wir zurzeit dort haben, ist ein größerer Regenschirm. Wir brauchen aber eine wirklich lange Abdeckung und da haben Sie ausnahmsweise meine Zustimmung.

(Vizepräsidentin Christiane Schneider über- nimmt den Vorsitz.)

Was ich aber nicht verstehen kann, Herr Thering, ist, dass Sie davon sprechen können, mitten in Ottensen, in einer Gegend, in der es wirklich eine enge Bebauung gibt und in der man einen sehr guten Einzugsbereich hat, dort Park and ride zu errichten. Geht es noch? Also das brauchen wir nun definitiv nicht, und da haben Sie wieder einmal gezeigt, dass Sie so autofixiert sind, und dann ist es kein Wunder, dass diese Stadt immer noch im Stau erstickt.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich hoffe, dass wir im Verkehrsausschuss etliche Fragen beantwortet bekommen. Ich kann dem heute zustimmen, aber befriedigend ist es noch nicht, was der Senat hier vorgelegt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Sudmann. – Das Wort hat jetzt Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.

(Dennis Thering)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich diesen Antrag sah, schaute ich so ein bisschen, und als er dann zur Debatte angemeldet wurde, fiel mir eigentlich nur eines ein: Ja, wohin ist denn Rot-Grün mit der Verkehrspolitik schon gekommen? Jetzt haben Sie gerade einmal zwölf S-Bahn-Wagen, die Sie mehr haben wollen, und Sie wollen einen Bahnsteig an einer vorhandenen Strecke einrichten. Das ist Ihnen schon eine Debattenanmeldung wert. Da können Sie einmal sehen, Sie bekommen nichts zustande, Sie müssen die größten Kleinigkeiten hier schon zur Debatte anmelden. Aber wenn Sie die Debatte haben wollen, dann erhalten Sie die auch.

(Beifall bei Jörg Hamann CDU)

Diese beiden Drucksachen zeigen an zwölf Punkten, die ich Ihnen gleich vortragen werde, die ganze Unfähigkeit der Hamburger Verkehrsbehörde.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)