Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Wir kümmern uns aber – da soll kein falscher Eindruck entstehen – nicht nur um die Betriebskosten der Kultureinrichtungen, nein, wir kümmern uns

auch über den Sanierungsfonds um die Instandhaltung. Und wie sich das für eine Stadt mit Hafen und am Wasser gehört, kümmern wir uns auch sehr gern um die Kultureinrichtungen, die sozusagen schwimmen. Da seien exemplarisch genannt die MS Stubnitz und das Theaterschiff HoheLuftschiff. Hier erhalten beide aus dem Sanierungsfonds Mittel für dringend benötigte Sanierungsmaßnahmen. Und das ist doch auch ein ordentlicher Erfolg.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zu den Haushaltsanträgen der Opposition. Die CDU-Fraktion übernimmt zahlreiche Forderungen von Verbänden und Einrichtungen 1:1, und ich kann das persönlich natürlich auch gut verstehen. Finanzieren sollen wir all das aus dem allgemeinen Finanzhaushalt, und gleichzeitig wird an anderer Stelle gefordert, alle Zinsersparnisse in die Schuldentilgung zu geben. Meine Damen und Herren von der Union, hü oder hott?

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der SPD und der CDU: Hü hott, hü hott!)

Und dann kommt die AfD um die Ecke und schlägt dem Fass den Boden aus. Sie fabriziert Anträge, die über die Hintertür eine unliebsame, weil unbequeme und engagierte Kultureinrichtung schließen sollen. Das finde ich schon einigermaßen originell. Man könnte das glatt als Grundlage für eine Performance verwenden mit dem Titel "Ist das Kunst oder kann das weg?"

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Diese Performance soll aber dann bitte auf Kampnagel dargeboten werden. Meine Herren hier auf der rechten Seite, ich kann mir auch gut erklären, warum Sie immer diesen – man muss es schon Kulturkampf nennen – Kulturkampf führen. Aus der Szene der Kreativen gibt es natürlich immer wieder Widerstand gegen Chauvinismus und Ausgrenzung. Und das ist auch verdammt gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir GRÜNE und Sozialdemokraten arbeiten hart dafür, dass sich unsere Wertschätzung für die Kulturszene in den Zahlen des Haushalts ausdrückt. Er ermöglicht daher neben der sehr großen auch die sehr lokale Kultur.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Die Elbphilharmonie findet ihren Platz genauso wie das kleinste Privattheater und auch der verschrobenste Livemusik-Klub. Albert Schweitzer hat einmal gesagt:

"Kultur fällt uns nicht wie eine reife Frucht in den Schoß. Der Baum muss gewissenhaft gepflegt werden, wenn er Frucht tragen soll."

GRÜNE und SPD haben eines verstanden: Kunst und Kultur sind der Humus der Gesellschaft. Und Rot-Grün lässt den Kulturdschungel in Hamburg und für Hamburg weiter blühen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Von der Fraktion DIE LINKE bekommt nun Herr Hackbusch das Wort.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Jetzt erwarten wir Lobpreisungen! – Gegenruf von André Trepoll CDU: Bei so viel Selbstverliebtheit ist das nicht nötig!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin gnädig gestimmt nach dem Essen, nach der Esskultur. Ich muss natürlich erst einmal sagen – ich glaube, dass wir das gemeinsam tun –, dass wir Frau Kisseler vermissen und dass es schon auch ein wichtiger Punkt ist, dass wir das gemeinsam hier feststellen, weil sie eine gute Kämpferin war für unsere Stadt und für die Kultur.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, der CDU, den GRÜNEN, der FDP und der AfD)

Und ich hoffe, dass wir eine würdige Nachfolgerin bekommen. So weit.

Den Zweiten, den ich loben möchte, ist Herr Wersich. Es ist doch in der Kultur manchmal eine erstaunliche Situation, die wir haben, aber wir haben dort eine relativ lange Zusammenarbeit. Ich hätte viele Sachen, die er vorgetragen hat, ähnlich vortragen können. Das ist schon eine seltene Situation, die man in der Kultur dann und wann hat. Und da ich häufig gern austeile, möchte ich auch gern sagen, was wir an Lob dort zu geben haben. Ich fand es so, dass ich einen großen Teil meiner Rede praktisch nicht halten muss.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Vizeprä- sidentin Christiane Schneider übernimmt den Vorsitz.)

Das Dritte ist, dass ich mich natürlich darüber freue, dass viele kritische Anmerkungen, die im Zusammenhang mit Kultur gemacht worden sind, und Streitereien der letzten Monate und Jahre sich durchaus niedergeschlagen haben, dass wir einige Verbesserungen in kulturellen Einrichtungen erreicht haben, bei den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen und auch in vielen anderen Bereichen. Und das will ich durchaus lobend anführen, weil es nicht üblich ist in vielen anderen Bereichen, dass hier durchaus Ansätze vorhanden waren. So weit zu meinen Lobbereichen.

Deutlich muss man aber auch sagen, dass es natürlich in gewisser Weise eine Lebenslüge war, mit der Sie existiert haben. Und wenn wir uns die Kulturdebatten der letzten Jahre angehört haben von

(René Gögge)

Rot und Rot-Grün, war es immer die Lebenslüge, die gesagt hat, wir kürzen doch gar nicht. Wir geben doch das gleiche Geld an die Bücherhallen, an die Privattheater, an die Stadtteilkultur. Das kann man doch nicht Kürzen nennen. Und wir haben Ihnen immer hier vorgerechnet, dass es, wenn keine Inflation ausgeglichen ist und Sie das gleiche Geld bekommen, natürlich eine Kürzung ist. Ich bin froh, dass jetzt in einigen Bereichen nicht irgendwie mehr Geld ausgegeben worden ist, sondern dass es jetzt zum ersten Mal ausgeglichen worden ist.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist keine Kür- zung, Herr Hackbusch!)

Natürlich ist es eine Kürzung. Ich weiß nicht, wo Sie sonst existieren, womit Sie das machen können, aber das ist keine Art und Weise, wie man normal existieren kann. Von daher ist es wichtig zu sagen, dass das eine Kürzung war.

(Dirk Kienscherf SPD: Das war keine Kür- zung!)

Und wir haben jetzt in bestimmten Bereichen erreicht, dass es nicht mehr so stark durchgeführt worden ist. Aber wir müssen auch deutlich feststellen, dass die wichtigen Forderungen, die gestellt worden sind – und das waren keine Forderungen von den kulturellen Bereichen Privattheater oder in der Freien Szene nach dem Motto Wünsch dir was, wie Sie das immer so gern darstellen –, einfach klar auch in den Haushaltsberatungen dargestellt waren, dass es absolute Notwendigkeiten waren, um weiterhin existieren zu können. Und selbst diese haben Sie nicht erfüllt. Das können wir doch auch feststellen. Davon haben Sie nur einen kleinen Teil erfüllt, obwohl die Taktik doch so war, dass Sie nicht die großen Forderungen gestellt haben, sondern wir Ihnen deutlich aufgezeigt haben, dass etwas innerhalb dieser Bereiche kaputtgehen wird, wenn das nicht ausgeglichen wird. Und ich befürchte, dass davon einiges kaputtgehen wird in den nächsten Monaten und Jahren. Das werden Sie auch trotz Ihres Schönredens im Zusammenhang mit dem, was Sie jetzt genannt haben, feststellen können.

Und wir müssen auch leider in weiten Bereichen der Kultur diese Erfahrung machen, dass sie nicht so lebendig und toll ist, wie Sie das so darstellen. Ich will das nur mit Stichworten benennen. Natürlich sind die Museen unterfinanziert, und man merkt das den Museen auch an. Sie haben nicht die kulturelle Kraft und die Vielfalt, die man eigentlich von ihnen erwarten könnte. Natürlich sind viele kleine Einrichtungen damit beschäftigt, vor allen Dingen irgendwelche Anträge an Fonds zu stellen, von denen Sie jetzt so viele aufgemacht haben, und vergeben unheimlich viel künstlerische Kreativität und Kraft in Sachen, die eigentlich für andere Dinge notwendig wären. Und das ist diese Kraft, die wir eigentlich in dieser Gesellschaft brauchen,

die deutlich geworden ist in den letzten Monaten und Jahren.

Stichwort Willkommenskultur. Ich fand sie am wertvollsten und das, was wir in den letzten Monaten und Jahren in dieser Stadt festgestellt haben. Und diese Willkommenskultur ist häufig in den Einrichtungen wie Stadtteilkultur, Bürgerzentren und so weiter auch gelebt und organisiert worden. Das muss noch ein bisschen stärker ausgebaut werden, weil die Auseinandersetzungen, die wir dort in den nächsten Monaten und Jahren bekommen, noch intensiver sein werden. Dementsprechend wäre es toll gewesen, wenn wir dort nicht nur einen Teil erfüllt bekommen hätten, sondern etwas mehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist wertvoll für diese Gesellschaft. Und ich glaube, für uns alle wäre es das Beste gewesen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Hackbusch. – Herr Meyer von der FDPFraktion, Sie haben jetzt das Wort.

Verehrte Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich versuche es noch einmal mit meiner Stimme, die über den Verlauf des Abends nicht besser geworden ist.

Die Kultur ist das Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts. Sie setzt einen Rahmen, in dem Bildung, soziale Gerechtigkeit, aber auch wirtschaftliche Entwicklung kultiviert stattfinden können. Kultur ist der Blick in den Rückspiegel unserer Geschichte, aber auch der Ausblick in die Zukunft. Kultur vermittelt Werte, regt zum Denken an, streichelt die Seele und beflügelt die Fantasie, die Poesie und auch die Philosophie. Kultur lässt Zweifel und Widerspruch zu und schafft Raum für Ideen, Alternativen und den Blick über den Tellerrand. Kultur ist auch Protest, Provokation und Kontroverse, die wir in unserer demokratischen Gesellschaft brauchen, um Positionen immer wieder infrage zu stellen und neu zu denken.

Die Wichtigkeit, die Kultur damit für uns alle und in allen Lebensbereichen hat, wird vielfach verkannt, weil es oftmals schon im Kindesalter an der Vermittlung der kulturellen Bedeutung hapert. Wir alle haben hier als Gesellschaft noch wesentlich mehr zu leisten und zu vermitteln. Wir sollten die Finanzierung der Kultur daher auch nicht als Subvention, sondern als Investition in unsere Zukunft verstehen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Kultur kostet Geld. Und bei uns Freien Demokraten fällt anders als bei einigen anderen Fraktionen in diesem Hause das Geld nicht vom Himmel. Somit

(Norbert Hackbusch)

liegt auch jedem unserer kulturpolitischen Haushaltsanträge ein seriöser Gegenfinanzierungsvorschlag zugrunde.

(Beifall bei der FDP)

Zunächst aber möchte ich mich auf die Anträge der Regierungsfraktionen beziehen. Wir Freien Demokraten begrüßen die Korrekturen, die Sie hinsichtlich der Finanzierung der Privattheater und auch in Teilen der Freien Szene nach langen Diskussionen im Kulturausschuss vorgenommen haben. Opposition wirkt hier offenbar, und auch der Aufschrei aus der Stadtteilkultur, die aufgrund des massiven Ausfinanzierungsdefizits auf der Roten Liste des Deutschen Kulturrats gelandet ist, hat Sie offensichtlich zu Nachbesserungen veranlasst.

Das ist nicht viel, aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Schließlich leistet gerade die Stadtteilkultur einen sehr erheblichen Beitrag im integrativen, sozialen und bildungspolitischen Bereich. Auch das wertvolle Engagement für die Ausstellungen im KomponistenQuartier, das maßgeblich von der Carl-Toepfer-Stiftung und vielen Ehrenamtlichen getragen wird, unterstützen wir ausdrücklich und stimmen Ihrem Antrag zu.

Wenn es um die Quantität der Anträge geht, war die CDU im Kulturbereich, lieber Kollege Wersich, eindeutig am fleißigsten. Was das Hafenmuseum betrifft, stimmen wir dem Antrag selbstverständlich zu und bitten die Regierungsfraktionen, kein unnötiges Geld für die eigentlich überflüssige Standortsuche auszugeben. Denn am Schuppen 52 kommt wohl niemand, der es mit dem Deutschen Hafenmuseum ernst meint, vorbei. Das müsste Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, spätestens bei der Anhörung im Kulturausschuss im Frühjahr dieses Jahres eigentlich bereits klargeworden sein.

Ansonsten, liebe CDU, stimmen wir mit vielen Ihrer Anträge überein, werden uns aber bei einigen auch enthalten müssen, weil uns die Gegenfinanzierungsvorschläge nicht überzeugen konnten. Das gilt insbesondere für den Antrag von ganz links, der ein Füllhorn an kulturpolitischen Wohltaten fordert, sich aber über die Finanzierbarkeit wie üblich vollkommen ausschweigt. Nach dem Motto, das muss drin sein, fällt Ihnen dazu vermutlich außer dem Begriff Vermögensteuer auch nichts anderes ein. Das ist uns zu einfach. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der FDP)

Im Ergebnis ist es dann wie mit der AfD, die gar nicht erst einen kulturpolitischen Antrag gestellt hat. Das ist auch eine Aussage.