Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

(Beifall bei der FDP und bei Joachim Len- ders CDU)

Meine Damen und Herren, sparen Sie bei Ihren öffentlichen Unternehmen mit derart peinlichen Ausgaben, bevor Sie die Bürger in dieser Stadt weiter belasten. Sauberkeit und Ordnung, das ist allerdings eine staatliche Kernaufgabe. Da möchten wir Ihnen sogar recht geben.

(Zuruf von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Herr Dressel, Sie haben in vorauseilendem Gehorsam in der letzten Debatte zu diesem Thema gesagt, man dürfe da nichts privatisieren. Warum denn eigentlich nicht? Wir legen in dieser Stadt sogar die Betreuung von Kindern in die Hände privater Unternehmen und privater Träger; das wissen Sie. Nur für Sauberkeit und Ordnung sorgen, das soll kein privater Dienst hinbekommen. Sagen Sie das einmal den privaten Reinigungsunternehmen in dieser Stadt, dann werden Sie Ihr blaues Wunder erleben, was die Ihnen zu sagen haben. Die sind nämlich sehr unzufrieden mit der zusätzlichen Konkurrenz, die ihnen öffentliche Unternehmen machen.

(Beifall bei der FDP – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Ich habe die Zeit angehalten. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dressel?

Die Zeit läuft aber weiter. Ungern, weil ich dann das Problem habe, meine Redezeit zu überziehen.

Also nein?

Dann starte ich jetzt Ihre Redezeit wieder, okay?

Sie läuft die ganze Zeit durch.

(Beifall bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Ja, aber nur unten.

Jetzt denken wir das einmal zu Ende. Sie schaffen zusätzliche Gebührentatbestände für staatliche Kernaufgaben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Aber dann kannst du keine Knöllchen verteilen!)

Was kommt denn dann als Nächstes? Sicherheitsgebühr beim Polizeieinsatz, Eintrittsgeld für öffentliche Parks? Sie merken, das sind absurde Vorschläge, genau wie Ihre zusätzliche Gebühr. Diese zusätzliche Gebühr muss gestoppt werden.

(Beifall bei der FDP)

Kommen wir zur Energiepolitik. Da gibt es ja eigentlich bis vor einem Dreivierteljahr ohnehin nur energiepolitische Wunschträume von Herrn Kerstan, aber mittlerweile befindet er sich offensichtlich in einer Art Schockstarre. Er bekommt zwar die Veränderungen mit, das gestehen wir Ihnen sogar zu, ist aber ist offensichtlich nicht in der Lage, darauf zu reagieren. Die Folge dieser verfehlten Senatspolitik ist in der Laufzeitverlängerung des uralten Kohlekraftwerks in Wedel nur zu deutlich erkennbar. Dem rot-grünen Senat fehlt es an einer ganzheitlichen Strategie zur nachhaltigen Energieversorgung in dieser Stadt. Und was macht Ihr Senator? Er hangelt sich von Gutachten zu Gutachten und jede kleine Minieinigung wird als großer Wurf verkauft. Das reicht nicht aus. Aufgrund Ihrer ideologischen Vorbehalte, liebe GRÜNE, wurden ökologisch und ökonomisch sinnvolle Maßnahmen, wie beispielsweise der Anschluss des Kraftwerks Moorburg, ignoriert.

(Dr. Monika Schaal SPD: Warum redet ei- gentlich Herr Duwe nicht?)

Erst Jahre später präsentiert Herr Kerstan im Energienetzbeirat dann die Moorburg-Trasse. Natürlich, Herr Jersch, die wird kommen. Manchmal frage ich mich, ob Sie eigentlich nur sich oder auch den Wählern etwas vormachen. Wir sind uns nicht ganz sicher, wen Sie hier hinter die Fichte führen, ob nur sich oder alle. Wir wissen gar nicht mehr, wie wir das alles noch hinnehmen sollen. Wir wissen gar nicht mehr, wie wir das noch ertragen sollen. Wachen Sie aus Ihren energiepolitischen Wunschträumen auf, denn Sie haben bisher nichts weiter produziert als heiße Luft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt erhält das Wort Andrea Oelschläger von der AfDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem von der Umweltbehörde fast ein Jahr kaum etwas zu hören war, weil sie sich erst finden musste – das verstehe ich sogar, denn ich musste mich als neue Abgeordnete auch einarbeiten –, hat sie tatsächlich etwas auf die Reihe gebracht: Die Überschwemmungsgebiete sind verkleinert worden, die Regenwasserbewirtschaftung kann man sicher auch als Erfolg sehen, der Lärmaktionsplan einschließlich Fluglärm wurde auf den Weg gebracht; ob das reicht, werden wir sehen. Aber die Behörde für Umwelt und Energie hat natürlich auch viel Augenwischerei betrieben: Das Kaffeekapselverbot war genauso ein Werbegag wie das Klimasparbuch für Studenten, und der Ausweis von mehr Naturschutzgebieten allein macht Hamburg auch nicht grüner, sondern wirkt sich nur schönfärberisch in der Statistik aus. Bei all dem spricht momentan hauptsächlich für die Beibehaltung der Behörde, dass eine sofortige Rückstrukturierung in etwa die gleichen finanziellen und personellen Ressourcen benötigt würde, die in den vergangenen Monaten zur Nichtwahrung der BUE geführt haben. Wir sind also bereit, uns den Fortgang noch eine Weile anzusehen. Zur neuen Legislaturperiode hin wird sich die Frage erneut stellen, womöglich aber nicht mehr mit diesem rot-grünen Senat.

In der Planung für die beiden kommenden Jahre gibt es eine Reihe von Punkten, die wir unterstützen, nämlich den Ausbau und die bessere Unterhaltung öffentlicher Toiletten und generell die Sauberkeit in Hamburgs Parks und Grünanlagen. Über die konkrete Ausgestaltung und über die Finanzierung kann man dagegen durchaus geteilter Meinung sein. Seit 2011 läuft beispielsweise eine Spendenaktion für Straßenbäume. Jeder Hamburger kann für seinen Straßenbaum spenden und die Behörde zahlt noch die gleiche Summe hinzu.

(Michael Kruse)

Schade nur, dass ein so vernünftiges Projekt nicht ausreichend bekannt gemacht wird. Obwohl es nicht so scheint, weil Hamburg in den letzten Jahren viele Bäume verloren hat, hat auch der Senator ein Herz für Bäume. Auch er weiß, dass diese der Luftreinhaltung dienen, einen Wärmeausgleich und vieles mehr liefern. In diesem Bereich gibt es noch sehr viel zu tun.

Hamburg ist eine wachsende Stadt und mir ist natürlich klar, dass dies Wohnungsbau, Nachverdichtung und mehr Gewerbestandorte bedeutet. Für die Lebensqualität wäre es besser, wenn das nicht der Fall wäre. Aber dann wäre Hamburg irgendwann nur noch die Heimat von Superreichen und Minimalisten. Wir wollen Hamburg als lebenswerte Stadt für zukünftige Generationen bewahren. Umso wichtiger ist es, heute für die nächsten Jahrzehnte vorzusorgen. Wir beantragen daher die Anlage von neuen Parks und, wenn möglich, von Wäldern und von neuen Straßenbäumen und Grünflächen. Damit wäre schon einiges gewonnen.

Auch den Bau von Kinderspielplätzen begrüßen wir ausdrücklich. Grund und Boden ist dabei in Hamburg der Fläche nach begrenzt. Entsprechend essenziell ist die gute Nutzung der vorhandenen Flächen. Flächensanierungen halten wir deshalb für besonders vordringlich. Hier tut der Senat nach unserer Auffassung deutlich zu wenig. Dreieinhalb Grundstücke pro Jahr zu sanieren, das kann man nicht als ehrgeiziges Ziel betrachten. Aber man ist natürlich dann in 460 Jahren auch mit der Sanierung durch.

Das alles gibt es nicht zum Nulltarif und spätestens, wenn die Steuereinnahmen nicht mehr sprudeln, wenn wieder einmal Banken gerettet werden müssen oder andere Katastrophen passieren, müssen wir die Prioritäten neu setzen. Dann wird man auch einmal auf kostspielige Dinge verzichten müssen. Auf diesem Weg gilt es also, die vorhandenen Ressourcen gut auszunutzen, unsinnige Projekte zu stoppen und andere Geldquellen anzuzapfen. Das Beispiel der Baumpatenschaften zeigt exemplarisch, wie durch den Einsatz öffentlicher Gelder auf freiwilliger Basis weitere Geldquellen erschlossen werden können und im Ergebnis ein Gewinn für die ganze Stadt steht.

Reine Symbolpolitik und teure ideologiegetriebene Projekte, wie beispielsweise die Fahrradzähler an der Außenalster, sind hingegen unabhängig von der Einzelplanzuordnung Geldverschwendung. Als weiteres Beispiel sei die Produktgruppe 292.10 genannt, in der kaum noch von Symbolpolitik gesprochen werden kann, sondern richtigerweise von Placebo-Politik die Rede sein muss, wenn sich ernsthaft in der Behörde beschäftigt wird mit – ich zitiere –:

"[…] Verwendung der CO2-Kompensation für Flugreisen der Bediensteten der Stadt für internationale Klimaschutzprojekte."

Hier wird Geld ausgegeben, um das schlechte Klimagewissen zu bekämpfen, wenn der Herr Senator und seine Mitarbeiter zu Klimakonferenzen um die halbe Welt jetten. Hier und an vielen anderen Stellen können wir problemlos finanzielle Spielräume für sinnvollere Dinge einsetzen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt erhält das Wort Herr Senator Jens Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Moderne Umweltpolitik in unserer Stadt ist, nachdem, was ich hier von manchen der Kolleginnen und Kollegen gehört habe, ein Beitrag zu Lebensqualität, zur Bewahrung der Lebensgrundlagen nicht nur der heutigen, sondern auch der künftigen Generationen, und bringt durch die Modernisierung der Wirtschaft die Stärke, den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Stadt voran. Die jetzt alleinstehende Behörde für Umwelt und Energie tut genau das. Das bildet sich in diesem Haushalt sehr deutlich ab.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zum einen ist es natürlich so, dass es etwas mit Gerechtigkeit zu tun hat, nämlich mit Gerechtigkeit unter den Generationen, wenn nicht die heutige Generation alle natürlichen Ressourcen verbraucht, verschmutzt und zerstört und künftigen Generationen nichts als Müll, Abfall, Umweltverschmutzung und Gifte hinterlässt. Deshalb ist es ein wichtiger und auch ein gerechter Ansatz, wenn man die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen schützt, was gleichzeitig Hand in Hand geht damit, dass man die Lebensqualität in unserer Stadt – Stichwort Luftqualität, Lärm, sauberes Trinkwasser, Grünanlagen und Bäume – stärkt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Mi- chael Kruse FDP: Dann machen Sie doch mal was!)

Aber eine ambitionierte Umweltpolitik leistet natürlich auch einen Beitrag zur Gerechtigkeit in der heutigen Zeit, denn die Umweltbelastungen in unserer Stadt sind natürlich nicht gleich verteilt. Wer wohnt denn an den viel befahrenen Straßen mit hohen Lärmbelastungen und Schadstoffen? Wer wohnt denn dort, wo es wenig Grün gibt? Das sind diejenigen in unserer Gesellschaft,

(Philipp Heißner CDU: Und Sie bauen Flüchtlingsheime und Sozialbauten an der Autobahn! Das sind Sie, das sind Ihre Plä- ne, das ist Ihr Senat!)

die sich keine bessere Wohnqualitäten erlauben können.

(Dennis Thering CDU: Scheinheilig! – Glocke)

(Andrea Oelschläger)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Ich bitte Sie, den Redner zu Wort kommen zu lassen, auch wenn er kein so lautes Organ hat wie manche hier im Saal.

Insofern ist eine Politik, die die Grünflächen, die Parks, die Straßenbäume erhält, nicht nur eine Umweltpolitik, die gut ist für die Umwelt, sondern sie leistet gleichzeitig einen Beitrag zu Gerechtigkeit und sozialem Zusammenhalt in unserer Stadt leistet, weil sie Menschen zugutekommt, die kein eigenes Haus und keinen Garten haben und auf öffentliche Grünanlagen angewiesen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zum anderen ist es natürlich ein rückwärtsgewandter Ansatz, einen Gegensatz zwischen Umwelt und Wirtschaft zu konstruieren, wie es die Kollegen auf der rechten Seite dieses Hauses immer wieder tun. Denn angesichts der weltweiten Belastungen ist eine Modernisierung der Wirtschaft, die Wirtschaft und Ökologie zusammenbringt, eine erfolgreiche Strategie für neue Industrien, die auch Arbeitsplätze in den bestehenden Industrien schafft und sichert, wenn man es ernst meint. Nicht umsonst ist Deutschland mit Tausenden von Arbeitsplätzen im Bereich erneuerbare Energien, grüne Technologien weltweit führend. Auch das leistet die ambitionierte Umweltpolitik in unserer Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das zeigt natürlich ein Blick in diesen Haushalt. Herr Gamm, ich bin nun wirklich schon seit vielen Jahren Mitglied dieses Hauses.

(André Trepoll CDU: Jetzt nicht mehr!)

Ich muss sagen, dass ich es bisher selten erlebt habe, dass in einer Haushaltsdebatte ein Abgeordneter über sein Fachgebiet spricht, aber keine einzige Zahl nennt und keinen einzigen Verweis auf die Haushaltszahlen gibt – wie übrigens auch Sie, Herr Kruse –,