Frau Dr. Schaal hat in der Tat schon festgestellt, dass ein Großteil unseres Zusatzantrags identisch ist mit dem, was Sie beantragt haben. Da sage ich, richtig gelesen, nichtsdestotrotz ist in Ihrem Antrag der Finanzierungsvorbehalt einfach viel zu groß. Das heißt, das Handeln, das Tun an dieser Stelle, die Einschränkung mit dem Gegebenenfalls, und natürlich auch gewisse Allgemeinplätze, zu denen ich gleich noch kommen werde, haben uns dazu bewogen, ein leicht geändertes Petitum dazu zu beantragen.
Die Verrechnung von sich nicht rechnenden Flächen, bei denen die Sanierung zu teuer ist, bedeutet nach wie vor, dass es etwas geben wird wie 120 Hektar Oberbillwerder, wenn denn nicht genug billiger zu sanierender Raum in der Stadt vorhanden ist. Das kann nicht wirklich das Ziel von Flächensanierung sein, mit denen letztendlich auch die folgenden Generationen entlastet werden und die Zukunft der Stadt weiter gesichert wird.
Letztendlich fehlt in Ihrem Antrag auch der Punkt der personellen Absicherung in der Behörde, um die daraus hoffentlich resultierenden größeren Aufgaben sicherzustellen. Wenn wir uns den vor gerade erst sechs Wochen verabschiedeten Doppelhaushalt und die Kennzahlen dort anschauen, dann sehen wir, dass sich dort eigentlich gar nichts geändert hat. Die Gefährdungsabschätzungen sind sogar auf die Hälfte für die kommenden Jahre gesenkt worden, die laufenden Sanierungen sind um 16 Prozent gestiegen, alle anderen Kennzahlen,
was das Flächenrecycling angeht, was die Gefährdungssuche angeht, sind gleichgeblieben. Ich weiß nicht, was in den sechs Wochen außer Weihnachten und Silvester sonst noch so passiert ist,
dass Sie eine solche Umorientierung angestoßen haben. An der Stelle kann ich es mir nicht verkneifen darauf hinzuweisen, dass Frau Dr. Schaal gesagt hat, dass die Flächen erfasst werden und dass Sie wissen, um welche Flächen es sich handelt, dass Sie selbst unseren Antrag abgelehnt haben, während die Nachbarländer es gemacht haben, Bohrschlammgruben als Gefährdungspotenziale in dieser Stadt zu suchen. Das ist Ihnen anscheinend völlig egal.
Wer den Flächenfraß stoppen will, kann unmöglich auf einen solch defensiven Antrag setzen, auch wenn er mehr ist als das, was wir im Moment haben. Die Absicht ist also in der Tat bei der Regierungskoalition anzuerkennen. Das Handeln muss in den Vordergrund gestellt werden. Das heißt aber auch, dass wir dafür Personal und eine flächengenaue Planung brauchen; beides ist in diesem Antrag aber nicht enthalten.
Vor allen Dingen darf die Relativierung der Kosten, ob es sich lohnt, eine solche Fläche zu sanieren, oder ob nicht doch stattdessen unberührter Naturraum in Hamburg in Anspruch genommen wird, natürlich keine Prämisse eines solchen Antrags sein. Für mehr Tempo, mehr Handeln, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht unser Zusatzantrag, und deswegen bitte ich um Zustimmung dafür. – Danke.
Vielen Dank. – Nachdem auch die Getränke der Vorredner entfernt sind, ist das Pult wieder jungfräulich bereit für Jens Meyer von der FDP.
Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gerade einmal vier Wochen her, da haben wir Ihnen hier im Rahmen der Haushaltsberatungen einen Antrag vorgelegt, der genau die gleiche Zielrichtung hatte wie nun der von RotGrün aus dem Hut gezauberte Antrag zur Altlastensanierung. Unser Antrag wurde mit Zustimmung der gesamten Opposition gegen die Stimmen von Ihnen, meine Damen und Herren von Rot-Grün, abgelehnt.
Heute erprobt die Bürgerschaft zum ersten Mal den modifizierten Sitzungsverlauf, in dem durch Mittel wie Kurzdebatte und Senatsbefragung dem geneigten Publikum das parlamentarische Handeln unterhaltsamer und kurzweiliger und letztlich Politik interessanter gemacht werden soll. Aber was glauben Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, was unsere Zuschauer denken, wenn Sie sinnvolle Anträge der Opposition abschmettern,
um sie dann selbst etwas geschliffener als Regierungsfraktion einzubringen und dann natürlich mit großem Tamtam zu beschließen? Finden Sie das nicht selbst lächerlich? Finden Sie es nicht armselig, dass Sie in den Haushaltsberatungen nicht einem einzigen Oppositionsantrag zugestimmt haben?
Finden Sie nicht auch, dass man angesichts eines solchen parlamentarischen Gebarens über Attraktivitätssteigerungen des Parlaments eigentlich gar nicht weiter nachzudenken braucht?
Ganz ehrlich, ich finde dieses Verhalten im höchsten Maße arrogant und selbstgefällig. Es ist bezeichnend für diesen Senat.
In der Sache ist Ihr Antrag natürlich richtig, und deshalb stimmen wir auch zu. Er ist etwas allgemein vielleicht, oberflächlich und auch wenig konkret, aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Der Zusatzantrag der LINKEN ist wenigstens etwas konkreter, aber wir wissen doch nun alle, dass dieser Zusatzantrag genauso viele Chancen auf Zustimmung hat wie unser Antrag vor vier Wochen, nämlich gar keine, und das gilt auch für den Zusatzantrag der AfD.
Ich bin sicher, dass sich alle Fraktionen dieses Hauses darin einig sind, dass die Sanierung kontaminierter Flächen angesichts des knappen Wohnraumangebots und auch knapper Gewerbeflächen dringend vorangetrieben werden muss. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit macht dies aus ökologischer, ökonomischer und auch aus sozialer Sicht Sinn, weil Gesundheitsgefahren durch Kontamination, Infrastrukturausgaben und soziale Fördermaßnahmen reduziert werden können.
Allerdings, und das muss man zu diesem etwas weichgespülten Antrag von Rot-Grün ergänzen, ist der Verweis auf das Verursacherprinzip eigentlich entbehrlich, weil selbstverständlich. Natürlich gilt das Verursacherprinzip, was denn bitte sonst? Das bestreitet wohl niemand. Allerdings hilft es uns nicht weiter, wenn wir mit Flächensanierungen warten, bis Verursacher identifiziert oder gerichtlich
verpflichtet werden, denn das ist doch vielfach gerade das Problem. Herr Gamm hat das vorhin schon ausgeführt. Die Verursacher sind oftmals nicht oder nur schwer zu identifizieren und angesichts der enormen Sanierungskosten teilweise gar nicht in der Lage, die Sanierung zu bewältigen. Statt langwieriger Verfahren brauchen wir deshalb pragmatische Vorgehensweisen und Kompromisslösungen, um im Sinne der Flächenaktivierung schnell und effizient voranzukommen.
Dass dies geht, haben private und auch behördliche Stellen bereits bewiesen. Es gibt allerdings noch viel Luft nach oben. Reduzieren Sie deshalb die Hürden und den bürokratischen Aufwand und wirken Sie aktiv mit, die Risiken der Altlastensanierung auch für private Investoren zu minimieren.
Anstatt Grün- und Ackerflächen zu bebauen, muss die Flächensanierung Vorrang haben. Das hilft der Umwelt und das hilft Hamburg. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir begrüßen den Antrag der Regierungskoalition zur Altlastensanierung. Die Altlastensanierung von belasteten Grundstücken in der Stadt erfährt aktuell nicht die Bedeutung, die ihr zustehen sollte. Vielmehr sind die Senatsziele in dem Bereich sehr bescheiden gesteckt. Gerade einmal 3,5 Hektar jährlich sollen saniert werden. Eine Sanierung sämtlicher belasteter Flächen dauert somit Jahrzehnte oder noch länger. Ich erlaube mir an dieser Stelle auf unseren diesbezüglichen Haushaltsantrag in der gerade erst beendeten Haushaltsdebatte hinzuweisen. Es reicht eben nicht, immer nur schöne Worte zur Lebensqualität in Hamburg zu finden. Es reicht eben nicht, nur Symbolpolitik zu betreiben, mit der man sich als Umweltsenator in der Stadt gut präsentieren kann. Nein, es müssen auch die schwierigen, die häufig langwierigen, die unangenehmen Themenkomplexe angegangen werden. Dazu gehört zweifelsohne die Sanierung belasteter Grundstücke. In Ihrem Antrag fordern Sie nun vernünftige Schritte; daher stimmen wir dem im Grunde auch zu. Sie verschenken aber zu viel Zeit mit der Erstellung von Konzepten, anstatt parallel schon einmal tatkräftig zu beginnen.
Das heißt nicht, dass eine Konzepterarbeitung falsch ist. Es darf nur nicht dazu führen, dass in der Zwischenzeit im bisherigen Modus weitergear
beitet wird. Um es deutlich zu sagen: Zurzeit macht der Senat zu wenig. Ich wundere mich doch sehr, wenn der Senat offensichtlich einen Sanierungszeitraum von vielen Generationen für angemessen hält. Anders lassen sich die Planungen im Haushalt nicht verstehen. Der jetzt vorliegende Antrag ändert nichts Grundlegendes. Die richtige Richtung wird in sehr zurückhaltender Geschwindigkeit eingeschlagen.
Inhaltlich halten wir es für unabdingbar, auch mit der Sanierung solcher Grundstücke zu beginnen, auf denen eine Bauaktivität nicht unmittelbar bevorsteht. Bei einer Priorisierung müssen verschiedene Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Welche Sanierungen haben eine besondere Priorität aufgrund der Belastung oder eines allgemeinen Interesses? Welche Sanierungen müssen begonnen werden, weil sie einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen? Und welche Sanierungen müssen aufgrund von Bauvorhaben vorgenommen werden?
Diese Richtung gibt unser Zusatzantrag vor. Erstens schneller sanieren, zweitens diversifizierter und nicht nur vor Bauaktivitäten sanieren, und drittens durch die Aktivierung geeigneter, bislang nicht berücksichtigter Grundstücke die Nachverdichtung um jeden Preis beenden. Bei einer weiteren Nachverdichtung besteht eine akute Gefahr. Diese kann auf Kosten der Lebensqualität in den Wohnquartieren gehen. Natürlich wenden wir uns dabei nicht gegen jede Nachverdichtung, wollen aber Alternativen für Bauherren und für Stadtentwickler aufzeigen. Um dies zu verhindern und in einer angemessenen Zeitspanne ein weitgehend altlastenfreies Hamburg zu erreichen – dass es vielleicht nicht ganz erreicht wird, wissen wir auch –, bitten wir um Zustimmung für unseren Änderungsantrag. Dem Antrag von Rot-Grün werden wir mit den genannten Bauchschmerzen zustimmen. Immerhin geht er in die richtige Richtung. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! In einer Industrie- und Hafenstadt wie Hamburg sind Umweltverschmutzungen aus der Vergangenheit häufig ein Problem, das weit in die Gegenwart hineinragt. Deshalb ist es richtig, dass wir heutzutage nicht nur dafür kämpfen, dass keine neuen Umweltbelastungen entstehen oder bestehende auf ein verträgliches Maß reduziert werden, und es ist auch richtig, Altlastenflächen, die wir in vielerlei Hinsicht an vielen Stellen dieser Stadt haben, zu sanieren, nicht nur, um Gefahrenabwehr zu betreiben, sondern auch, um notwendige Flächenreserven zu heben angesichts
von Flächenknappheiten und angesichts des großen Bedarfs für Wohnungsbau. Insofern begrüßen wir den Antrag der Regierungsfraktionen sehr, weil es ein vernünftiger Ansatz ist, um ein dringendes Problem zu lösen.
In der Tat sind auch schon die Altlastensanierung und das Flächenrecycling ein zentraler Baustein unserer Flächenpolitik. Im Eckpunktepapier zum Bündnis für das Wohnen haben sich die Stadtentwicklungsbehörde und meine Behörde, die Behörde für Umwelt und Energie, auf die Priorität der Innenverdichtung vor Außenentwicklung geeinigt. Wir wollen mehr Wohnraum in einem grünen Hamburg schaffen, das auch grün bleiben soll, und damit gleichzeitig auch die Lebensqualität in unserer Stadt verbessern. Und das schaffen wir, indem wir die Flächen des grünen Netzes von Bebauung möglichst freihalten, Landschaftsschutzgebiete, Biotopverbunde und Landschaftsachsen erhalten und auch große neue Naturschutzgebiete schaffen.
Aber damit all das gelingt, müssen wir auch die Bauweise, wie wir die Stadt entwickeln, ändern. Wir brauchen eine dichtere Wohnbebauung auf den Siedlungsflächen unserer Stadt. Eine Aufstockung an manchen Stellen um Stockwerke ist kein Drama, sondern letztendlich auch etwas, was der Urbanität städtischer Quartiere zugutekommt. Es wird auch notwendig sein, entbehrliche Verkehrsflächen einer neuen Nutzung zuzuführen, das, was wir gerade bei der Marseiller Straße vorhaben, und nicht zuletzt so, wie es dieser Antrag vorsieht, verstärkt Flächenrecycling und damit eine forcierte Altlastensanierung zu betreiben. Das ist ein umfassendes und vernünftiges Konzept.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Senator Kerstan, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann?
Herr Senator, Sie sprachen eben von Verdichtung auf den Siedlungsflächen der Stadt. Bisher wird doch Verdichtung vor allen Dingen in den innerstädtischen, dichter bebauten Bereichen betrieben. Werden Sie es auch auf die Villengebiete, auf die Vororte, auf die Walddörfer ausweiten, wo sehr viele Einfamilienhäuser in sehr großen Abständen stehen?