Protokoll der Sitzung vom 29.03.2017

(Heike Sudmann)

stimmen. Der große Bringer wird das aber nicht werden, denn wie viele Möglichkeiten bieten sich innerhalb des Rings 2 sinnvoll an? Und inwiefern ist es sinnvoll, über den Ring 2 hinaus an eine Überbauung zu denken und sie prüfen zu lassen? Letztendlich wird das über den Preis pro Quadratmeter und die Kalkulation des Investors bestimmt, nämlich darüber, ob diese aufgeht oder nicht.

Seitens der U-Bahn bieten sich eigentlich nur drei Strecken an, zwischen Feldstraße und Sternschanze, Hammer Straße bis Burgstraße und Lutterothstraße bis Hagenbeck, jeweils mit nur ein paar 100 Metern. Das war es im Grunde genommen schon, denn alle anderen oberirdischen Gleise verlaufen auf Stelzen, einem Bahndamm oder befinden sich in einer solchen Randbezirkslage, dass die eingangs erwähnte Kalkulation aufgrund der dort herrschenden Preise nicht aufgehen wird, sie sind also ungeeignet für realisierbare Überbauung. Und bei der S-Bahn sieht es in Summe nicht viel anders aus.

Die Idee, den Zug- und den Autoverkehr in Städten teilweise unter die Erde zu verlegen, ist grundsätzlich gut und richtig und Unterstützung wert. Wirklich Sinn macht der Antrag daher eigentlich nur, wenn wir diesen auf die Straßen ausdehnen, hier natürlich insbesondere auf viel befahrene Straßen. Wir haben von Frau Stöver und Herrn Meyer Beispiele gehört. Bei der Problematik, wie man das Überseequartier an die Innenstadt anbindet, bietet sich eigentlich kaum eine andere Lösung an als die von der Handelskammer vorgeschlagene. Ich verspreche mir davon mehr Potenzial als bei den Gleisen. Deswegen müssen die Straßen mit hinein in diesen Prüfauftrag. Wir haben einen Zusatzantrag gestellt, der genau das fordert und Ihren Antrag eigentlich erst auf eine nennenswerte Größe bringt.

Und nun zu dem eingangs erwähnten Antragstellungswesen. Vielleicht kennt der eine oder andere das Gedicht "Das Huhn und der Karpfen" von Heinrich Seidel. Darin geht es um ein Huhn, das täglich ein Ei legt und ein mächtiges Spektakel daraus macht; es kakelte, mirakelte und spektakelte. Der Karpfen legt eine Million Eier im Jahr und macht überhaupt keinen Hype draus. Sie wollen, dass wir um Ihr rot-grünes Eichen kakeln, mirakeln und spektakeln. Das lohnt nicht. Nicht nur, dass es nur ein Ei ist, es ist auch noch winzig, jedenfalls ist es das ohne unseren Zusatzantrag. Deswegen beende ich meinen Redebeitrag und erwarte eigentlich die Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Nun bekommt Frau Senatorin Dr. Stapelfeldt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Neue Flächenpotenziale für die Stadtentwicklung im Allgemeinen und für den Wohnungsbau im Besonderen zu entwickeln, ist ein ständiges Anliegen des Senats. Gerade innerstädtische Flächen werden immer knapper. Daher begrüßen wir ausdrücklich die Initiative, wenn Sie so wollen, stille Reserven zu heben, neue Baupotenziale zu finden und in dicht bebauten Quartieren neue, benutzbare Freiflächen zu gewinnen.

Herr Duge hat schon das Richtige zu einigen Anmerkungen von Frau Stöver gesagt. Ich glaube, Frau Stöver, wir sollten ernsthaft darüber reden, welche Strategien wir verfolgen, aber Ihre in den Raum gestellten Hinweise auf 3 oder 4 Millionen Einwohner entbehren jeder Grundlage, und das wissen Sie auch. Wir gehen von einer Prognose des Statistischen Bundesamtes aus, die sagt, dass wir 100 000 Einwohner mehr in Hamburg haben werden. Darauf richten wir unsere städtischen Planungen aus, insbesondere im Wohnungsbau. Deswegen brauchen wir Jahr für Jahr das, was wir im vergangenen Jahr schon erreicht haben und uns für dieses und die kommenden Jahre vornehmen, nämlich pro Jahr rund 10 000 Wohnungsgenehmigungen und davon 3 000 öffentlich gefördert.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben mit der Überdeckelung der A 7 ein positives Beispiel für ein Projekt, mit dem mehrere wichtige Ziele verbunden sind: die großflächige Stadtreparatur, das Schaffen von neuen Wohnungsbauflächen für 3 200 Wohnungen und das Entstehen von neuen Grünzügen auf diesem Deckel. Das ist eine großartige Perspektive für die Stadtentwicklung im Hamburger Westen in den Zwanzigerjahren und sicherlich vorbildhaft dafür, was wir strukturell machen können.

Auch im Hamburger Streckennetz der Hochbahn bieten sich entsprechende Potenziale, an die man schnell denkt – zum Teil sind sie schon genannt worden –, zum Beispiel an den Abschnitt der U2 zwischen den Haltstellen Burgstraße und Hammer Kirche oder der U3 beim Schlump. Natürlich sind dies ideale Lagen, um weitere Flächen für den Wohnungsbau in der Innenstadt zu realisieren.

Aber ich will Ihnen auch offen sagen – ich glaube, das braucht eine solche Debatte –, dass solche Projekte wie Gleisüberbauungen große technische Herausforderungen mit sich bringen – Herr Meyer hat eben darauf hingewiesen –, die wir dann lösen müssen und, wenn wir es wollen und es möglich ist, auch lösen werden. Eine Überdeckelung von Gleisanlagen ist technisch sehr anspruchsvoll, denn insbesondere bei einer Wohnnutzung auf einem Deckel sind die Anforderungen an Lärm- und Schallschutz sehr hoch und sehr kostenintensiv. Natürlich muss auch die Standsicherheit auf alle Eventualitäten ausgelegt werden, und natürlich

(Detlef Ehlebracht)

müssen wir einbeziehen, was die Bauphase einer solchen Überbauung mit sich bringt, bei der zum Beispiel Betonpfähle für die Statik eingebracht werden müssen. Auch das ist eine große Herausforderung. Das heißt also: Egal, ob wir das im laufenden Betrieb machen oder Strecken zeitweise nicht nutzen können, das sind große Herausforderungen. Ich glaube aber, dass man sie im Sinne der inneren Stadtentwicklung gut auf den Weg bringen kann.

Wir wissen alle, dass die hohen Kosten aufgrund dieser technischen Herausforderungen für die Schwingungsdämpfung Ende der Neunzigerjahre das Projekt Legienstraße haben scheitern lassen. Wir haben also nur eine einzige Gleisüberbauung: den Campus der Handelskammer. Aber ein Deckel über eine Gleistrasse muss nicht unbedingt und unmittelbar für den Wohnungsbau genutzt werden. Denn gegebenenfalls lassen sich – analog zum A7-Deckel, insofern ist er wirklich ein gutes Beispiel – auch Freiflächen gewinnen. Das heißt, verlagerungsfähige Nutzungen könnten auf die überbaubaren Flächen platziert werden, damit Wohnungen an anderer Stelle realisiert werden können. Die verschiedenen Möglichkeiten müssen im Einzelfall sehr sorgfältig untersucht werden, aber ich kann mir vorstellen, dass ein intelligenter Flächentausch wie bei den A7-Deckeln auch ein Schlüsselelement sein kann und den Vorteil bietet, dass es neben dem Wohnungsbau andere städtische Nutzungen, sei es für Sport oder Grün, geben könnte, die dann davon profitieren.

Das heißt also insgesamt: Es ist richtig, über Gleisüberbauungen nachzudenken. Sie sind keine einfachen Projekte und lassen sich nicht auf jeder Trasse realisieren. Und natürlich muss, wenn eine solche Überbauung technisch möglich ist, betrachtet werden, welche wirtschaftliche Implikation das hat, also ob sie wirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht. Deswegen wird man generell sagen können, dass sich eine Überbauung für den innerstädtischen Bereich deutlich besser eignet als für die Randlagen der Stadt.

Wir werden mit den zuständigen Stellen, also der Hochbahn und dem Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen, LIG, prüfen, welche Streckenabschnitte sich nach diesen Kriterien grundsätzlich für eine Gleisüberbauung eignen. Diese Flächen werden wir mit den Bezirken besprechen und einige Potenzialflächen auswählen, die beispielhaft als Pionierprojekte dienen können und zu denen wir zusammen mit dem LIG die Grundlagen für die Projekte bis zur Ausschreibungsreife erarbeiten werden.

Ich hoffe sehr, dass es uns auch auf diesem Wege gelingen kann, zusätzliches Potenzial für Wohnungsbau oder andere Nutzungen zu generieren und damit die Stadtentwicklung, auch innerstäd

tisch, ein Stück weiterzubringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Kienscherf von der SPD-Fraktion.

Ich glaube, dass es klug ist, was die Senatorin gesagt hat: Die Behörde wird jetzt beauftragt, mit den Bezirken zusammen Flächen zu identifizieren und diese gemeinsam mit Investoren zu entwickeln, und dann können wir in der Bürgerschaft oder den Bezirken in Ruhe die einzelnen Projekte beraten. Ich glaube, es macht keinen Sinn, dass wir vor der Prüfung über die Prüfung beraten.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wir können ja eine Grundsatzdebatte führen!)

Von daher tun wir gut daran, dass es losgeht mit dem Wohnungsbau,

(Birgit Stöver CDU: Waren unsere Vorschlä- ge nicht gut genug?)

dass es losgeht mit der Projektentwicklung, anstatt hier endlos zu debattieren.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Aber ein, zwei Sachen will ich dann doch sagen. Liebe Frau Stöver, Ihr Beitrag – mein Kollege Duge hat es schon erwähnt – ist verwirrend, ja erschütternd. Ich fand ihn eher erschütternd. Sie fragen, wie weit Hamburg eigentlich noch wachsen solle. Liebe Frau Stöver, das entscheiden nicht wir. Wir werden keine Mauer um diese Stadt bauen, wenn die Menschen hierher kommen. Diese Stadt hat immer durch den Wandel gelebt. Diese Stadt hat immer von Dynamik gelebt. Im Gegensatz zu anderen Gegenden, die vergreisen, hat Hamburg diese demografischen Probleme nicht.

(Dennis Thering CDU: Das haben wir der SPD zu verdanken!)

Wir leben von der Zuwanderung. Wir leben vom Wandel. Unser Ziel ist es, dass wir allen Menschen hier eine bezahlbare Wohnung bieten wollen. Das ist keine Gefahr für Hamburg, sondern eine Chance für die Entwicklung unserer Stadt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und in welchem Rahmen sich das abspielt, hat die Senatorin doch gesagt.

Dann kann ich es auf der anderen Seite überhaupt nicht verstehen, dass Sie, wenn Sie so etwas ausführen, nur Monate vorher dem Senat sagen, nicht 10 000 Wohnungen seien gefordert, sondern es müssten 14 000 und mehr gebaut werden.

(Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

(Birgit Stöver CDU: In einem Wohnungs- markt, nicht in zwei!)

Das haben Sie vor Monaten hier gefordert, und heute sagen Sie auf einmal: Mein Gott, wie weit soll Hamburg denn noch wachsen? Nein, Sie sind keine Alternative. Sie haben kein wohnungspolitisches Konzept. Das hatten Sie in Ihrer Regierungszeit nicht und das haben Sie heute immer noch nicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Nebenbei: Herzlichen Dank an Herrn Meyer, dass er sich auf den Antrag bezogen hat. Ihre Schlussfolgerungen können wir leider nicht nachvollziehen.

Jetzt zu Frau Sudmann. Es ist doch immer wieder dasselbe Spiel. Wenn man sich einmal anschaut, wo die Menschen wohnen wollen, wo sie Wohnraum nachfragen, dann ist das – Sie haben es selbst angesprochen – das Karoviertel, dann ist das das Kerngebiet Eimsbüttel. Da fragen die Bürgerinnen und Bürger doch, ob wir es nicht schaffen, dass endlich Wohnungsbau dazukommt. Und dieses Stück Gleisfläche – fahren Sie einmal mit der U-Bahn dort entlang – ist nichts Romantisches. Das ist eher ein Loch, das danach ruft, im Karoviertel, in diesem innerstädtischen Bereich, neuen Familien Wohnraum zu ermöglichen. Warum gerade DIE LINKE dagegen ist, weiß ich nicht. Das ist nicht sozial und es ist nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und dann mit dem Thema Randgemeinden anzukommen, nach dem Motto, eigentlich müssten wir dort mehr Wohnungsbau machen – Sie haben doch selbst die peinliche Nummer miterlebt im Umweltausschuss, wie Ihr Kollege Jersch gekämpft und gesagt hat, nein, wir dürfen nicht in den Außenbereichen bauen, wir müssen die Grünflächen erhalten.

(Dennis Thering CDU: Da hat er recht! Wir wollen nicht in Naturschutzgebieten bauen!)

Da frage ich mich doch ganz ehrlich: Was will DIE LINKE eigentlich? DIE LINKE will eben nicht, dass es für alle Menschen bezahlbaren Wohnraum in dieser Stadt gibt, sondern DIE LINKE will, dass Wohnraum weiterhin knapp wird, weil sie davon letztendlich politisch lebt, weil sie davon lebt, das immer anzumahnen. Alternativen wollen Sie gar nicht schaffen. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zur Flächenentwicklung. Kollegin Sudmann, Sie wissen doch, warum die Flächenentwicklung so zugenommen hat. Es liegt an den Einpersonenhaushalten, die zugenommen haben und erheblich mehr Fläche in Anspruch nehmen. Wenn Sie meinen, Sie wollen das reduzieren, dann stellen Sie doch einen Antrag auf Flächenreduzierung bei

bestehendem Wohnraum. Ich möchte einmal wissen, wie das in der Stadt ankommt. Anstatt dauernd irgendwelche Fensterreden zu halten, stellen Sie sich der Verantwortung,

(Farid Müller GRÜNE: Das können die nicht!)

machen Sie endlich einmal vernünftige Vorschläge und meckern Sie nicht dauernd nur herum. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Hamann von der CDU-Fraktion hat das Wort.