Protokoll der Sitzung vom 26.04.2017

Sport ermöglicht einen sehr schnellen, praktisch voraussetzungslosen Anschluss, einen Einstieg in unsere gesellschaftlichen Strukturen. Sport ermöglicht den Geflüchteten, dass sie aufbauen können auf Erkenntnissen und Erfahrungen, die sie mitbringen. Es ist nicht alles neu; das, was sie schon in ihren Heimatländern erlebt haben, hat noch einen Wert, sie können auch hier damit etwas erreichen. Wir können damit eine schnelle Verständigung, eine Gemeinsamkeit mit denjenigen, die schon länger bei uns in der Gesellschaft sind, erreichen. Das heißt, da findet eine Verständigung, ein Austausch auf Augenhöhe statt, wie wir ihn sonst nicht überall haben. Es wird sehr schnell eine Gemeinsamkeit entwickelt, eine Identifikation, eine Zugehörigkeit. Das sind alles Dinge, die der Sport leisten kann und wo er einen einzigartigen Beitrag leistet. Insofern ist der Wert gerade der

(Christiane Blömeke)

Programme, die wir im Sport machen, und das, was der Sport an Beitrag leistet, sehr, sehr hoch.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Gibt es Nachfragen aus den Fraktionen? Das ist der Fall. Wir beginnen mit der stärksten Fraktion. Frau Timmermann für die SPD-Fraktion für maximal eine Minute.

Herr Senator, Sie erwähnten die 28 Stützpunktvereine. Können Sie die Arbeit dieser Vereine ein bisschen ausführen?

Das sind natürlich sehr viele unterschiedliche einzelne Maßnahmen. Ich werde diese zu Protokoll geben.** Zum Beispiel haben wir den Rissener SV, Sport mit Müttern und Kindern für Flüchtlinge, wir haben den FC Süderelbe. Es gibt eine ganze Reihe sehr, sehr unterschiedlicher Maßnahmen. Man kann sich zum Teil auch die Vereinsbeiträge durch das Programm fördern lassen.

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Die Idee ist, dass dann die Geflüchteten nicht nur in Einzelangeboten, sondern im normalen Programm dieser Sportvereine teilnehmen und über ihren Mitgliedsbeitrag sich ihnen das gesamte Programm erschließt, sodass ein besserer Austausch, eine bessere Begegnung stattfindet. Das Gesamtspektrum ist also unglaublich umfangreich.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut!)

Vielen Dank, Herr Senator. – Von der CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kreuzmann mit einer Nachfrage das Wort.

Herr Senator, daran möchte ich gern anknüpfen. Unabhängig von der Frage: Es wäre müßig, alle 28 Vereine aufzuzählen. Sie haben die parlamentarische Möglichkeit, es uns zu Protokoll zu geben. Ich glaube, das wäre zielführender.

(Senator Andy Grote: Mache ich gern!**)

Sie haben 860 000 Euro erwähnt, die in Sportmaßnahmen der Sportvereine für Flüchtlinge investiert wurden. Dankenswerterweise sind die Vereine in den Vordergrund getreten, ehe der Senat reagieren konnte. Das ist dann Gott sei Dank passiert. Wenn man sich aber vor Augen hält – und das, denke ich, können Sie nachempfinden –, dass es wenig zielführend ist, ausschließlich Sportangebote nur für die Flüchtlinge zu machen, denn dann bleiben sie in ihrem Mikrokosmos, dann wäre es doch zielführender, ähnlich wie bei "Kids in die

Clubs" eine Tür zu öffnen, damit das breit gefächerte Sportangebot der Sportvereine von allen, den Kids und den Erwachsenen, wahrgenommen werden kann. "Kids in die Clubs" ist verhältnismäßig einfach, für die Erwachsenen gibt es zurzeit noch kein Programm. Das ist eine Riesenlücke. Der Sportbedarf ist da. Mit welchen Maßnahmen und Initiativen, auch finanzieller Art, wollen Sie diese Lücke schließen?

Die Zielrichtung der Frage ist völlig richtig. Unsere Idee ist, dass wir nur dort, wo Flüchtlinge besonderen Unterstützungs- und Betreuungsbedarf haben, auch auf sie speziell ausgerichtete Angebote unterstützen wollen. Es ist nicht so, dass jeder sich sofort in ein Angebot, in eine bestehende Mannschaft, in eine bestehende Gruppe, in einen Kurs so hineinbegeben kann und von einem Tag auf den andern dabei ist. Da gehört schon ein bisschen was an Betreuung, an qualifizierten Übungsleitern dazu, um diesen Weg in den Sport zu ebnen. Dazu gehört, dass wir besondere Maßnahmen haben, zum Beispiel für geflüchtete Frauen. Das ist eine Zielgruppe, die in ihren Heimatländern nicht immer sportlich bereits aktiv war, die wir aber auch erreichen wollen. Wir finden, es gehört auch zum Ankommen in unserer Gesellschaft, dass auch Frauen intensiv Sport betreiben. Ein Viertel der Maßnahmen etwa bezieht sich darauf.

Aber natürlich soll dann der Übergang in die normalen Angebote des Vereins erfolgen. Und dazu ist die Idee, die wir zusammen mit insbesondere den großen Sportvereinen entwickelt haben, dass die Mitgliedsbeiträge dort auch mit den Mitteln aus diesem Programm übernommen werden. Das heißt, wir übernehmen den Mitgliedsbeitrag des betreffenden Flüchtlings und er kann dann an allen Angeboten dieses Vereins teilnehmen. Denn natürlich wollen wir, dass es nicht nur sozusagen einzelbetreute, spezielle Angebote für Flüchtlinge gibt, sondern dass sie in die Struktur hineinwachsen. Übrigens dann nicht nur in den gemeinsamen Sport – dort entsteht ja erst die richtige Integrationswirkung, indem ich nicht in gesonderten Gruppen, sondern mit allen zusammen Sport treibe –, sondern auch in die Verantwortung, in die Strukturen der Sportvereine, in die Organisation, in die Übernahme ehrenamtlicher Verantwortung zum Beispiel. Ein Teil des Programms zielt darauf ab. Das kennen viele nicht. Das ist etwas Einzigartiges in unseren Sportvereinen. Auch das ist das Ziel. Sie sollen komplett in die Vereine und die Strukturen der Vereine hineinwachsen. Und auch das wird finanziell gefördert.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Yildiz von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben das Wort für eine Nachfrage.

(Senator Andy Grote)

Protokollerklärung siehe Seite 4154

Herr Senator, vielen herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Ich glaube, bei der Integration durch Sport haben wir keine Differenzen.

(Senator Andy Grote: Das ist doch schon einmal gut!)

Da, glaube ich, dass wir zwar miteinander streiten, aber wenn es um das Zusammenleben geht, an einem Strang ziehen.

Wir haben letztes Jahr im Dezember einen Sportlerratschlag veranstaltet, an dem sehr viele Vereine, hauptsächlich Klein-Vereine, teilgenommen haben. Viele Vereine kennen die Förderstrukturen nicht einmal, weil sie ausschließlich ehrenamtlich funktionieren, und auch viele Migrantensportvereine kennen diese Fördermöglichkeiten nicht. Meine Frage ist: Was überlegt sich der Senat, um auch Klein-Vereine, die einen Riesenbeitrag zur Integration durch Sport leisten, zu fördern und zu unterstützen, dass sie diese Fördermöglichkeiten überhaupt kennen und beantragen können? Ich bitte Sie, das Problem nicht auf den Hamburger Sportbund oder die Hamburger Sportjugend zu schieben, weil viele Vereine nicht die Möglichkeit haben, das mit ihnen zusammen zu entwickeln. Was konkret plant der Senat in diesem Bereich selbst? – Vielen Dank.

Das Problem kennen wir natürlich, und deswegen war ausdrückliches Ziel der Gestaltung dieses Programms, dass das Verfahren einfach ist, unbürokratisch und leicht zu bedienen, und die Anforderungen, die ein kleiner Verein leisten muss, um an diese Mittel heranzukommen, so gering wie möglich gehalten werden. Wir glauben allerdings schon, dass der Hamburger Sportbund als der Dachverband, die Struktur, in der der organisierte Sport in der Stadt betreut und unterstützt wird – mit allem, was es dort an Knowhow, an Mitarbeitern und Ressourcen gibt –, die richtige Anlaufstelle ist, um die Vereine dort zu unterstützen. Das klappt auch gut. Ich habe noch von keinem Fall gehört, wo ein Verein die Mittel für sein Projekt nicht bekommen hätte. Es läuft, ist aber erst seit Beginn 2017 angelaufen. Das muss man wissen, weil erst ab jetzt, seit Anfang des Jahres, die Mittel zur Verfügung stehen.

Wir haben auch eine umfangreiche Kommunikationsarbeit in die Vereine hinein gemacht – das war Teil des Programms – und auch in Richtung der Geflüchteten, damit sie wissen, dass es diese Möglichkeiten, diese Programme gibt. All das, was Sie angesprochen haben, ist Teil dieses Programms und wird mitgemacht.

(Beifall bei der SPD)

Herr Oetzel von der FDP-Fraktion.

Herr Senator, Sie haben ausgeführt, welche Maßnahmen und welche Projekte, auch struktureller Art, von den Vereinen und Verbänden umgesetzt werden. Was tun Sie dafür oder welche Planung haben Sie, um sowohl die Mittel von der Landesebene als auch die Mittel von der Bundesebene weiter zu verstetigen, um dafür zu sorgen, dass vor allem die Strukturarbeit, die jetzt geleistet wird, nicht nur ein Strohfeuer ist, sondern dass Hamburg und die Geflüchteten auch langfristig etwas davon haben?

Wir gehen davon aus, dass die Aufgabe, die sich uns stellt, keine ist, die innerhalb von einem oder auch von zwei Jahren komplett erledigt ist. Aber sie wird sich in ihrer Struktur, in ihrem Umfang, in ihren konkreten Aufgabenstellungen verändern. Wir glauben nicht, dass die Gruppe der Flüchtlinge in dieser Größenordnung, wie sie jetzt ist, dauerhaft in dieser Weise betreuungsbedürftig ist, sondern wir wollen sie ja gerade so integrieren, dass sie dann ihren Platz in den Regelsystemen, in den Sportvereinen finden. Sie werden nicht auf Dauer in diesem Umfang unterstützungsbedürftig bleiben, dann hätten wir auch etwas falsch gemacht. Aber wir müssen natürlich die Vereine so ausrüsten und ausstatten, dass sie ihren gesellschaftlichen Aufgaben – die können in zwei Jahren auch schon wieder andere sein – dauerhaft gerecht werden können.

Wir haben jetzt einen Einstieg gefunden. Der kann sich sehr gut sehen lassen. Ich glaube nicht, dass alle Kommunen oder überhaupt andere Kommunen oder Länder sich in diesem Umfang dort engagieren. Wir werden, denke ich, nach einem Jahr schauen: Wie läuft das eigentlich? Wie wird das nachgefragt? Funktioniert das an allen Stellen? Haben wir noch Bedarfe, die wir nicht abgedeckt bekommen? Wie entwickelt sich das perspektivisch weiter? Was wird nachgefragt, was wird nicht so nachgefragt?

Die Idee bei der Förderung des Mitgliedsbeitrags ist auch, dass man am Anfang den gesamten Vereinsbeitrag übernimmt, dann irgendwann den halben und dann gar keinen mehr, weil die Geförderten irgendwann selbst in die Lage kommen, das erstens wirtschaftlich tragen zu können, und sie zweitens auch den Wert erkennen und ihnen das Wert ist, den in der Regel relativ geringen Beitrag in den Sportvereinen zu leisten.

Das heißt, wir sehen schon, dass es eine dauerhafte Aufgabe sein wird, sich an der Stelle auch im Sport gesellschaftlich zu engagieren, aber es wird sich immer wieder verändern. Insofern müssen wir sehen, wo wir in einem Jahr stehen, und dann werden wir den Kurs für die Zukunft festlegen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Dr. Wolf von der AfD-Fraktion mit einer Nachfrage.

Herr Senator, ich möchte anknüpfen an der Frage von Herrn Kreuzmann und noch einen leicht anderen Aspekt beleuchten, Stichwort Vermeidung von Parallelgesellschaften; ich spreche jetzt nicht von der Erstbetreuung der Flüchtlinge, sondern bei der Integration in die Vereine. Wie ist gewährleistet, kümmert sich der Senat darum, dass dann dort in den Vereinen die ansässige Bevölkerung beziehungsweise die angestammten Vereinsmitglieder auch so zahlreich vertreten sind, dass tatsächlich eine Integration der Zugewanderten stattfindet und nicht Parallelgesellschaften in eigenen Vereinen passiert?

Wenn ich mir die Vereinslandschaft in unserer Stadt ansehe und die Zahl der Mitglieder, ist es ein großer Teil der Hamburger Bevölkerung, der aktiv Vereinssport betreibt. Da hätte ich jetzt nicht die Befürchtung, dass durch die Geflüchteten – die einige Tausend, aber nun auch wirklich nicht mehr als einige Tausend, die dort dazukommen – eine Dominanz oder eine Prägung entsteht, die kontraproduktiv für das Integrationsziel ist. Im Gegenteil glaube ich, dass die Unterschiedlichkeit, die wir in unserer Gesellschaft haben, und auch die gewissen Fragmentierungen und Dinge, die nicht immer zusammenlaufen, wie sie zusammenlaufen sollten, dass sich diese Teile von Gesellschaft nirgendwo in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit besser abbilden in ihrer Vielfalt und wir nirgendwo die Gesellschaft in ihrer gesamten Breite so vertreten haben wie in den Sportvereinen. Das heißt, es gibt keinen besseren Ort, um Parallelgesellschaften zu vermeiden, als den Sportverein, und deswegen forcieren wir genau diesen Weg.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Senator. – Damit ist unsere Senatsfragestunde für heute beendet.

Wir kommen zu unseren Abstimmungen und starten mit den Berichten des Eingabenausschusses, das ist unser Tagesordnungspunkt 4, die Drucksachen 21/8605 und 8606.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 21/8605 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 21/8606 –]

Ich beginne mit dem Bericht 21/8605.

Wer möchte sich gern der Empfehlung anschließen, die der Eingabenausschuss zu der Eingabe 162/17 abgegeben hat? – Wer stimmt dagegen? – Und wer enthält sich? – Dann ist das mit Mehrheit so beschlossen.

Wer möchte den Empfehlungen zu den Eingaben 604/16 und 714/16 folgen? – Auch hier die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann haben wir das einstimmig so beschlossen.

Wer folgt den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das war einstimmig.

Wir kommen zum Bericht 21/8606.

Wer hier der Empfehlung folgen möchte, die der Eingabenausschuss zur Eingabe 311/17 abgegeben hat, zeige bitte jetzt auf. – Wer stimmt dagegen? – Und wer enthält sich? – Dann ist das mehrheitlich so beschlossen.

Wer möchte sich sodann den Empfehlungen zu den Eingaben 271, 314, 315, 328 sowie 331, alle aus 2017, anschließen? – Wer nicht? – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Wer schließt sich den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben an? – Auch hier die Gegenprobe. – Und die Enthaltungen? – Dann war das einstimmig.