Drittens: 1 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Wir fordern mehr, aber halten Sie erst einmal Ihr Versprechen ein und schaffen Sie die 1 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose. Wo sind sie denn?
Viertens: Um die Armut in dieser Stadt zu bekämpfen, muss der Landesmindestlohn erhöht werden. Er ist eingeführt worden, aber er muss erhöht werden, damit die Menschen keine aufstockenden Hilfen beantragen müssen.
Fünftens: Sie müssen eine Optimierung der Beratung und Begleitung von Langzeitarbeitslosen schaffen. Gleichzeitig muss mit den Sanktionen aufgehört werden. Die Menschen, die in Arbeitslosigkeit geraten sind, können nichts dafür. Wenn sie Arbeitsplätze nicht annehmen können, kann es nicht sein, dass sie zusätzlich sanktioniert werden.
Ich komme zum Schluss. Als Begründung wird immer angeführt, wir hätten kein Geld in dieser Stadt. G20: Milliardenkosten. Elbphilharmonie: Milliardenkosten. Jetzt kommt die HSH Nordbank, die auch Milliarden frisst. Wenn man in den Mittelpunkt seiner Sozial- und Arbeitsmarktpolitik Menschen stellt, dann sollten wir sie im Vordergrund haben. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Drucksachen eignen sich wirklich nur bedingt für eine umfassende, ausführliche Debatte. Aber bei so viel Papier finden auch die Regierungsfraktionen einen Anhalt zu ein bisschen Lobhudelei; das ist doch Sinn der Sache.
Drei Punkte in Kürze. Den ersten hat die Kollegin schon angesprochen: Digitalisierung der Arbeitswelt. Der Senat ignoriert den technischen Fortschritt in seinem Arbeitsmarktprogramm einfach einmal komplett. Dabei läuft heutzutage kaum eine Diskussion ohne das Thema Arbeit 4.0. Und gerade weil die Digitalisierung für Teile unserer Bevölkerung eine unbekannte und unsichere Komponente ist, muss vorausschauende Politik hier Chancen aufzeigen und Ängste abbauen. Das hier ist kein zukunftsorientiertes Arbeitsmarktprogramm, was Sie vorlegen, sondern die Abarbeitung einer Pflichtübung. Von daher: Konzept für eine digitale Arbeitswelt? Leider Fehlanzeige.
Der nächste Punkt ist die Fachkräftesicherung und -qualifizierung. Der Fachkräftemangel trifft bereits jetzt einzelne Branchen. 70 Prozent der gemeldeten freien Stellen sind auf Fachkräfteniveau, aber nur 34 Prozent der Arbeitslosen sind auf Fachkräfteniveau und können diese Stellen demzufolge besetzen. Das Passungsproblem ist hinlänglich bekannt. Auch freie Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden, weil qualifizierte Bewerber fehlen, und gleichzeitig finden viele Jugendliche keinen Ausbildungsplatz. Das ist vor allen Dingen ein Bildungsproblem, das dieser Senat hier zu verantworten hat.
Den jüngsten Aussagen der Handelskammer nach wird die Deckungslücke der unbesetzten Stellen auf Fachkräfteniveau in den nächsten 13 Jahren um 7 Prozentpunkte ansteigen. Das wären rund 60 000 unbesetzte Stellen im Jahr 2030. Trotzdem liefert der Senat keine konkreten Planungen, was er zur Fachkräftesicherung tun will, und verweist in seinem Konzept nebenbei auf eine Fachkräftestrategie – die darüber hinaus genauso veraltet ist. Vor dem Hintergrund, dass über 40 Prozent der Ham
burger Unternehmer ein Geschäftsrisiko darin sehen, dass sie nicht genügend qualifiziertes Personal finden, ist die Lösung dieses Zukunftsproblems wahnsinnig relevant, und das findet hier nicht statt. Insofern: Fachkräftesicherung und Zukunftsfähigkeit der rot-grünen Arbeitsmarktpolitik? Fehlanzeige.
Der letzte Punkt: W.I.R - work and integration for refugees. Der letzte Sachstandsbericht des Senats hat zu ernüchternden Erkenntnissen geführt, dass nämlich nur 20 Prozent der in W.I.R erfassten Flüchtlinge formale berufliche oder akademische Qualifikationen mitbringen. 30 Prozent werden vom Senat euphorisch als labour skilled ausgewiesen, wobei im Ausschuss auch darauf verwiesen wurde, dass Flüchtlinge in beiden Kategorien erfasst sein können. Das heißt, mehr als die Hälfte der Flüchtlinge, deren Kompetenzen erfasst wurden, hat im hoch qualifizierten Hamburger Arbeitsmarkt kaum eine Chance. Das belegen auch die Zahlen, die aus der Stichprobe des Senats von W.I.R hervorgehen, die nun über einen langen Zeitraum beobachtet werden sollen. Von den 1 068 Personen, deren Arbeitsmarktintegration wir beobachten, konnten nur 97 in Arbeit vermittelt werden. Und auch hier konnte der Senat nicht konkretisieren, ob es sich dabei um Vollzeitjobs in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung handelt oder ob das Minijobs sind. Nur 19 Flüchtlinge fanden im Berichtszeitraum einen Ausbildungsplatz. Diese Ergebnisse sind ernüchternd vor dem Hintergrund, dass für W.I.R ein Millionenetat veranschlagt ist. Auch wenn der Vernetzungsgedanke von W.I.R und der Versuch, Flüchtlinge zielgruppenorientiert in den Arbeitsmarkt zu bringen und an den Arbeitsmarkt heranzuführen, von uns durchaus positiv begrüßt wurde, bleibt der erhoffte Erfolg bislang aus. W.I.R ist bisher vor allem bürokratisch, personalintensiv und teuer. Insofern fällt auch diese Bilanz nüchtern aus. Gelungene Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen bis dato? Fehlanzeige. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die allgemeine Konjunkturlage ist derzeit recht gut, aber auf dem Hamburger Arbeitsmarkt verschlechtert sich die Lage zehntausender Menschen rapide, nämlich die der geringer qualifizierten, mit und ohne Migrationshintergrund. In nur noch 12 Prozent aller Stellenangebote werden sogenannte Helfer gesucht, also was man früher Hilfsarbeiter nannte, ungelernte und angelernte Arbeitskräfte. Die Situation für diese Helfer beziehungsweise Hilfsarbeiterjobs verschlechtert sich weiter. Und jetzt kommen die Flüchtlinge hinzu. Die Arbeitsämter – heute sagt man Arbeitsagentu
ren und Jobcenter – haben die schulischen und beruflichen Qualifikationen der Flüchtlinge weitgehend analysiert im Hinblick auf ihre Jobchancen und die Bundesagentur für Arbeit hat in einer Aufstellung die neusten Daten zusammengetragen. Das Ergebnis ist: Die Arbeitsvermittler in den Ämtern suchen in über 80 Prozent der Fälle für die Flüchtlinge am deutschen Arbeitsmarkt allenfalls Helferjobs, oder man weiß noch gar nicht, wie sie einzusetzen sind. Viele Experten hatten das genau so erwartet, Bildungsforscher wie Ludger Wößmann vom ifo Institut; das haben wir alles schon besprochen. Trotzdem behauptet der Hamburger Senat in seinem neuen Arbeitsmarktprogramm, die Flüchtlingspolitik leiste einen nennenswerten Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs. Meine Damen und Herren, das ist faktisch endgültig widerlegt. Hören Sie doch auf, die Bürger und sich selbst so in die Irre zu führen. Das ist unredlich, was Sie hier machen.
Der Senat rechnet nun bis Ende des Jahres 2017 mit 60 000 Flüchtlingen in Hamburg. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass es in Hamburg bereits vor der großen Flüchtlingswelle 50 000 Menschen gab, die schon so lange arbeitslos waren, dass sie Hartz IV bezogen. Davon hatten und haben bereits rund 60 Prozent einen Migrationshintergrund. Und diese Menschen sind ja meist schon länger hier gewesen, oft hier aufgewachsen, beherrschen Sprache und Schrift, sind in der Kultur sozialisiert, haben hier die Schule besucht, eine Berufslaufbahn eingeschlagen. Hier scheitern Sie schon seit Jahren, längst integrierte Migranten in den Arbeitsmarkt zu bringen, und jetzt behaupten Sie, Sie könnten 60 000 neue Migranten aus Orient und Afrika ohne Sprach- und Schriftkenntnisse, ohne hier aufgewachsen zu sein, ohne entsprechende Qualifikationen im Hamburger Arbeitsmarkt qualifizieren. Auch das ist unredlich. Geben Sie es endlich zu.
Die entscheidende Frage ist doch: Wo können denn die zehntausenden Arbeitsplätze, die neuen, herkommen? In Ihrem neuen Arbeitsmarktprogramm ist davon keine Rede. Es ist nur die Rede davon, wo es schon welche gibt: in der Gastronomie, Putzkräfte, Lager, Hilfsarbeiter, Leiharbeiter. Aber Sie sagen nicht, an keiner Stelle, nirgends, wo die zehntausenden neuen Jobs herkommen sollen.
Was ist denn die Folge? Sehen wir dem doch ins Auge. In diesen engen Arbeitsmärkten muss und wird ein entsetzlicher Verdrängungswettbewerb entstehen; das kann gar nicht anders sein. Die Zuwanderer stoßen jetzt hinzu, es geht ja nicht anders, vom Staat extrem mit Steuer- und Förderungsmitteln gefördert. Sie stoßen auf die, die hier schon gerade ihr Auskommen fristen, die
Schwächsten hierzulande. Sie, diese Schwächsten, sind also die Knautschzone Ihrer verfehlten Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik.
Sie werden missbraucht und sie müssen für diesen Stoß herhalten und nicht die gut verdienenden GRÜNEN-Wähler in ihren schicken Loftappartements.
Es bleibt ein dramatisches Nullsummenspiel. Wenn die Strategie, Flüchtlinge irgendwie in Arbeit zu bringen, misslingt, bleiben zehntausende Migranten in Hamburg arbeitslos und deren Familien Dauersozialfälle in abstürzenden Stadtteilen; eine schlimme Katastrophe wäre das für das Land. Die andere Alternative ist: Sie kommen tatsächlich in Arbeit, nach allen heute bekannten Daten dann überwiegend in Helferjobs. Dann verdrängen sie, vom Staat extrem gefördert, Einheimische in die Arbeitslosigkeit,
Migranten und Nichtmigranten hier in Deutschland, und in den Sozialstaat. Auch das ist eine Katastrophe. Ihre Integrationspolitik in den Arbeitsmarkt zeigt nur zwei Möglichkeiten auf und beide sind Katastrophen.
Da bleibt der Arbeiterschaft, wie man sieht, nur ein Ausweg: Sie müssen noch mehr die AfD wählen, um die Flüchtlingspolitik insgesamt in diesem Land zu ändern.
Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stelle ich fest, dass die vom Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration empfohlenen Kenntnisnahmen aus den Drucksachen 21/8668 und 21/8667 erfolgt sind.
Wir kommen zu Punkt 18 unserer Tagesordnung, Drucksache 21/8579, einem Bericht des Verkehrsausschusses: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 28. Mai 2015 "StadtRAD-Stationen ausbauen – Bezirke bei der Standortsuche beteiligen" und Mit Augenmaß und ohne Zwang – Erfolgsgeschichte StadtRAD weiterdrehen.
[Bericht des Verkehrsausschusses über die Drucksachen 21/6049 und 21/6154: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 28. Mai 2015 "StadtRADStationen ausbauen – Bezirke bei der Stand
ortsuche beteiligen" – Drucksache 21/448 (Se- natsmitteilung) und Mit Augenmaß und ohne Zwang – Erfolgsgeschichte StadtRAD weiterdrehen (Antrag der CDU-Fraktion) – Drs 21/8579 –]
Dieser Tagesordnungspunkt ist von der SPD-Fraktion als Kurzdebatte angemeldet worden, sodass jeder Rednerin und jedem Redner pro Debattenbeitrag jeweils zwei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das StadtRAD in Hamburg ist eine echte Erfolgsgeschichte.
Das ist auch immer noch richtig, Herr Trepoll. Über 3 Millionen Fahrten im vergangenen Jahr, 300 000 registrierte Nutzerinnen und Nutzer und mittlerweile über 200 Stationen des StadtRAD zeigen das eindeutig in unserem Stadtbild. Auf diesem Erfolg werden wir aufbauen. So läuft der Vertrag mit der DB Rent zum Jahresende 2018 aus und die Neuausschreibung ist in Vorbereitung. Auch der Verkehrsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft hat sich damit beschäftigt und sich mit den Erweiterungsmöglichkeiten auseinandergesetzt.
Der Blick auf die Vergangenheit zeigt, mit welcher Priorität der Senat die kontinuierliche Verbesserung des StadtRAD-Systems und den Ausbau betrieben hat. Wir haben seit 2011 eine Verdopplung der Stationen erreicht und die Zielzahl aus dem Koalitionsvertrag von über 70 neuen Stationen umgesetzt. Und auch vermeintliche Insellagen in Hamburg, wie beispielsweise die Bezirke Harburg und Bergedorf
ich sage ausdrücklich: vermeintliche Insellagen –, sind mittlerweile angeschlossen an das StadtRAD-System, und auch dort können die Bürgerinnen und Bürger mit dem StadtRAD in die Hamburger Innenstadt fahren oder es in ihrem Bezirk nutzen.
Auch die Unternehmen in Hamburg haben das StadtRAD als gutes Verkehrsmittel erkannt, sodass immer mehr Unternehmen entsprechend StadtRAD-Stationen auf oder vor ihren Unternehmensgeländen anbieten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von diesem Verkehrsmittel profitieren.